Löschung von dokumentiertem Kindesmissbrauch - Antwort der Bundesregierung

tl;dr: Ein Abgeordneter, den ich zu diesem Thema angesprochen habe, hat eine schriftliche Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Frage und Antwort findet ihr hier.

Schriftliche Frage des Abgeordneten Michael Brand
Eingang im Bundeskanzleramt am 1. Juni 2022
(Monat Mai 2022, Arbeits-Nr. 5/481)

Frage
Was konkret unternimmt die Bundesregierung u.a. in technischer und personeller
Hinsicht, um zum Schutz betroffener Kinder endlich eine umgehende Löschung von
illegalem Foto- und Videomaterial im Zusammenhang mit aufgeklärten Fällen von
Kindesmissbrauch und Kinderpornografie sicherzustellen und dieses Material schwe-
rer Verbrechen aus dem Netz zu entfernen und auch zu löschen?

Antwort
Zur Bekämpfung der sexuellen Gewalt gegen Kinder im Internet hat der Deutsche
Bundestag bereits in der 17. Legislaturperiode auf Vorschlag der Bundesregierung
entschieden, neben einer konsequenten Strafverfolgung der Täter auch auf das Prin-
zip „Löschen statt Sperren“ zu setzen. Der Grundsatz „Löschen statt Sperren“ beruht
auf der Überzeugung, dass im Interesse eines bestmöglichen Opferschutzes eine
schnellstmögliche Löschung derartiger Inhalte angestrebt werden muss.

Soweit nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei Sachverhalten, die dem
Bundeskriminalamt (BKA) gemeldet geworden sind, um strafrechtlich relevante In-
halte handelt, wirkt es darauf hin, dass von den zuständigen Strafverfolgungsbehör-
den der Länder die erforderlichen Schritte eingeleitet werden. Die Priorisierung ein-
zelner Schritte innerhalb eines Ermittlungsverfahrens obliegt gemäß der Strafpro-
zessordnung der jeweils sachleitenden Staatsanwaltschaft.

Bei Darknet-Plattformen (wie z. B. dem ehemaligen „Boys-town“) steht in aller Regel
zunächst die Identifizierung der Täter aktiver, andauernder Missbrauchshandlungen
im Fokus, um diese schnellstmöglich unterbinden zu können. Um die Löschung die-
ser Inhalte zu veranlassen, wird nach Abschluss der Beweissicherung im Anschluss
der Internet-Provider informiert, bei dem die Daten physisch gespeichert sind.

In aller Regel sind die Host-Betreiber im Inland auf Grund ihrer Verpflichtung gemäß
dem Telemediengesetz bereit, nach einer entsprechenden Information diese Inhalte
zeitnah zu löschen. Die Löschung dieser Inhalte im sog. Clearnet (World Wide Web –
WWW) erfolgt daher oftmals schon innerhalb weniger Stunden nach Eingang der
Meldung.

Für die Löschung von Inhalten auf Plattformen im Ausland wendet sich das BKA
nicht direkt an ausländische Anbieter bzw. Verantwortliche, sondern wählt den Weg
über die jeweils zuständige Interpol-Dienststelle, um einerseits eine mögliche Straf-
verfolgung im Ausland gewährleisten zu können, andererseits möglicherweise bereits
im Ausland laufende Ermittlungsmaßnahmen nicht zu gefährden. Im Ausland gehos-
tete Inhalte, die nicht gelöscht werden, werden nach Durchführung eines Indizie-
rungsverfahrens oder nach einer rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichts in eine
von der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) geführte Liste
jugendgefährdender Medien aufgenommen und die betreffenden Internetadressen
(URL) in ein von der BzKJ zur Verfügung gestelltes Modul − eine Datei zur Filterung,
die sich in geeignete Filterprogramme integrieren lässt − eingearbeitet. Die der Frei-
willigen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter e. V. angehörenden Suchmaschi-
nenanbieter haben sich verpflichtet, die im Modul aufgelisteten URL im deutschen
Suchdienst nicht anzuzeigen.

Die Bundesregierung veröffentlicht seit dem Jahr 2013 jährlich einen „Bericht über
die ergriffenen Maßnahmen zum Zweck der Löschung von Telemedienangeboten mit
kinderpornografischem Inhalt im Sinne des § 184b des Strafgesetzbuchs“. Die hohen
Löschquoten und die relativ kurzen Bearbeitungszeiten sind ein Beleg dafür, dass
das Konzept „Löschen statt Sperren“ insgesamt wirkungsvoll ist.

Mit der Frage der Löschung dieser Inhalte aus dem Netz haben sich auch aktuell die
Innenminister von Bund und Ländern im Rahmen der Innenministerkonferenz be-
fasst. Es besteht grundsätzlich Einvernehmen, dass die Löschung von Dateien mit
Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen sowie von
kinder- und jugendpornografischen Inhalten im Internet ein unverzichtbarer Bestand-
teil einer ganzheitlichen Bekämpfungsstrategie des sexuellen Missbrauchs von Kin-
dern und Jugendlichen sein muss. Aspekte des Opferschutzes müssen bei der Bear-
beitung entsprechender Verfahren mehr Beachtung finden. Die Möglichkeiten eines
koordinierten und bundesweit abgestimmten Melde- und Löschprozesses sollen da-
her geprüft und umgesetzt werden.

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