Lockdown und Maßnahmen in der öffentlichen Wahrnehmung

Vielen Dank für diese sehr umfangreiche Diskussion der aktuellen SItuation und der Rationale hinter den Maßnahmen. Ihr habt mir selten so sehr aus der Seele gesprochen.

Ich möchte natürlich nicht alle Punkte, die ich wichtig fand wiederholen, habe aber noch zwei Ergänzungen, die mich seit einiger Zeit beschäftigen.

Sowohl in vielen Medien als auch in der Politik scheint das vorherrschende Narrativ zu sein, dass der Lockdown „der Gegner“ ist. Am Tag der letzten MPK kamen im ZDF in den Nachrichten drei Leute aus der Fußgängerzone zu Wort. Eine Mutter, die das alles nervig und als Zumutung und zu anstrengend und zu lang empfindet. Ein Mann, dessen Ehefrau sich gerne die Haare färben lassen würde und dessen Einschätzung nach die Hygienekonzepte der Friseursbetriebe für eine Öffnung ausreichen. Eine ältere Dame, die zumindest sagte, dass eine Kontrolle des Virus wichtig sei und sie Sorge hat, dass die Zahlen ja auch wieder steigen könnten. Also 2:1. Im ZDF spezial eine Viertelstunde später: Eine Grundschullehrerin, ein Gastwirt und ein Fitnessstudiobetreiber, alle der Meinung, dass das so nicht geht, die Schäden seien zu groß, die Hilfen der Politik kommen nicht an. Implizite Antwort: Weg mit den Maßnahmen, wir wollen unser normales Lebe zurück. Das. geht. nicht. Warum wird das nicht - so wie hier - journalistisch eingeortnet? Zwar kam noch Prof. Brockmann zu Wort und hat gesagt, dass aus wissenschaftlicher Sicht wir noch deutlich niedrigere Zahlen brauchen und die entsprechenden Kurven wurden gezeigt, aber das ist ja völlig egal, die Leute sind genervt und wir müssen irgendwie doch jetzt auch mal lockern, weil ist ja mal gut jetzt.

Dann: Aussagen der Oppositionsparteien. Buzzwords, ohne die Sprecher zu nennen könne niemand sicher sagen, welche Aussage von der Linken, welche von der FDP und welche von den Grünen kommt.

Nirgendwo ein Wort, worum es eigentlich geht und wo die Politik versagt hat.
Dass die Medien mehr die direkten Virusfolgen in den Blick nehmen sollten war bei euch und z. B. auch auf Übermedien mal Thema, aber wo ist eigentlich die politische Opposition, die aus einer NoCovid Perspektive argumentiert? Das Problem ist doch Stand 09.02.21 nicht, dass der Lockdown verlängert wird, sondern wie wir dahin gekommen sind und wie viele Menschen auf dem Weg gestorben sind und dass das nach 3 Monaten „Lockdown“ nötig ist. Liegt das nur daran, dass alle Parteien in Landesregierungen beteiligt sind und deshalb das Schultergeklopfe mitmachen wollen?

Es kann doch nicht sein, dass Merkel und vielleicht noch Söder hier die vernünftigsten sind, aber gegen die geballte Dummheit und Ignoranz nicht ankommen. Das Interview mit Prof. Brinkmann war allerdings auch ein wirklich erschreckender Augenöffner in der Hinsicht.

Würde mich über andere Ideen für Ursachen, Meinungen und natürlich auch Gegendarstellungen, die mir hoffentlich nur durchgegangen, sind freuen.