Die Frage ist eher, ob die Russen es bis dahin schaffen. Das ist auch von unseren Hilfen abhängig.
Für die Frage was danach geschehen soll: Ein zurück zu den Beziehungen mit Russland vor Februar 2022 wird es nicht geben. Zumindest nicht mit dem System Putin. Die Message an die ganze Welt wäre fatal, wenn wir selbst einen uns freundlich gesinnten Staat an unserer direkten Ostflanke so fallen lassen würden: Ein Diktator kann alles an Verbrechen (!) abziehen. Er muss sich dann halt paar internationale Player raussuchen (in der multipolaren Welt mit China und Indien kein Problem) die sich den westlichen Sanktionen nicht anschließen und letztendlich nur ein paar Monate abwarten bis den Menschen im Westen schlichtweg das Interesse verloren geht und sie lieber abends am See chillen wollen. Der letzte Teil mag jetzt polemisch klingen, aber Menschen wie Putin sehen den westen wirklich als verweichlicht an und handeln eben auch entsprechend. Auch jetzt wird er wahrscheinlich auf einen abnehmenden Willen in den westlichen Bevölkerungen hoffen, für die Ukraine einzustehen.
Zur Ukraine: Großzügige wirtschaftliche und vor allem militärische Unterstützung.
Ich sehe noch einige weitere wichtigere Aspekte, die kritikwürdig sind.
Die Ukraine ist seit Beginn des Kriegs (2014) von ihren Nachschubmöglichkeiten für Fahrzeuge und Munition weitgehend abgeschnitten, da diese insbesondere im Donbass angesiedelt war. Seit Anfang März diesen Jahres ist nun auch das nächste größere Rüstungszentrum der Ukraine (Charkiw) durch Raketenangriffe und Artillerie de facto außer Betrieb gesetzt. Die Konsequenz ist der durch die Zeitung gegangene absehbare Munitionsmangel bzw. die Unmöglichkeit eigene Verluste an schwerem Gerät durch Nachproduktion zumindest teilweise zu ersetzen. Eine ernsthafte Unterstützung der Ukraine muss also zwangsläufig über die Lieferung großer Mengen schwerer Waffen + dazugehörige Munition erfolgen, da mittelfristig entweder kaputt oder ohne Munition, die nicht so einfach von jetzt auf gleich außerhalb produziert werden kann, sein werden. Man kommt also gar nicht drum herum, die Ukraine im großen Stil mit NATO-Gerät auszustatten und sollte so früh wie möglich beginnen, damit die Soldaten entsprechend ausgebildet werden können.
Man sollte auch den qualitativen Unterschied zwischen NATO-Gerät und russischem/ukrainischem Gerät nicht unterschätzen. Die Artillerie und HIMARS, die nun geliefert wurden, sind mit einigem Abstand die hochwertigsten Waffen, die auf ukrainischem Boden aktuell zu finden sind. Die 2000 zerstörten russischen Panzer sind zum überwiegenden Teil noch T-72er oder ähnlich veraltete Modelle, die ebenfalls hinter modernen westlichen Modelle weit hinterherhinken. Mit moderner Technik dürfte sich auch das traditionell angenommene Zahlenverhältnis für die Eroberung im Stellungskrieg ändern.
Einen besonders wichtigen Unterschied kann auch die Präzision der Waffen haben. Im Gegensatz zu den Russen haben die Ukrainer ein elementares Interesse daran, ihr eigenes Land nicht komplett zu zerschießen. Gleichzeitig sparen präzise Waffen Munition und erhöhen die Wahrscheinlichkeit tatsächlich zu treffen. All das wird mit westlichen Waffen ebenfalls besser erreicht.
Die fehlende Formulierung, dass die Ukraine gewinnen soll, deutet für mich eher auf ein politisches Kalkül hin. Die Interessen der NATO-Verbündeten und der Ukraine sind nicht überall deckungsgleich. Während die Ukraine ein offensichtliches und verständliches Motiv hat, ihr Staatsgebiet zurückzuerobern, geht es der NATO möglicherweise auch um die langfristige Bindung russischen Ressourcen, die es Russland nicht erlauben würde, weitere Kriege zu beginnen. Ein solches Kalkül fände ich sehr kritikwürdig.
Dazu passt dieser Tweet von nexta, die bisher in meiner Wahrnehmung mit so etwas meistens richtig lagen:
Ist also sehr gut möglich, dass es im Spätsommer bereits einen, wie auch immer gearteten, Waffenstillstand gibt und Russland erst mal seine Beute sichert. Ich habe die Befürchtung das wird wie 2014 laufen.
Heute in der Süddeutschen, der aufschlussreich, Tenor: Deutschland kann gar nicht mehr liefern, klingt plausibel und die SZ steht nicht im Verdacht, schludrig zunrecherchieren: