Liefert die Bundesrepublik keine Waffen an die Ukraine aus Furcht vor russischer Vergeltung? Nein, sie liefert…

Ich habe aktuelle Kommentare hinsichtlich der derzeitigen Einsatzfähigkeit der Bundeswehr so verstanden, dass die sie zur Zeit die Landesverteidigung mehr schlecht als recht gewährleisten kann.
Angesichts eines russischen Staatspräsidenten, der die Souveränität der Ukraine nicht beachtet, wäre eine Invasion oder zumindest Angriff Polens und Deutschlands keine Unmöglichkeit.

Versuchen wir uns hier wegzugucken? In der Hoffnung, dass die Ukraine Putin reicht? Polen und ein Teil Deutschlands waren ja zumindest auch mal Teil des Warschauer Paktes. Vielleicht hat Putin Sehnsucht nach seinem alten Einsatzort.

Es gibt sehr viele Aspekte dazu.

Folgende habe ich bereits vernommen:

  1. Historsiche Verantwortung gegenüber Russland aus dem 2. WK
  2. Scharfe Waffenexportregulierung im Verhältnis zu diversen anderen Europäischen Staaten
  3. Mangelnde Ausstattung ist ja bereits ein Thema, gerade, wenn man einen Krieg befürchten muss, kann man nicht „alles“ weggeben
  4. Deutschland hat in den letzten 8 Jahren viele Milliarden an die Ukraine gezahlt, davon wurde das ukrainische Militär aufgerüstet
  5. Grundsätzlich werden eigentlich keine Waffen in Krisengebiete geliefert, weil sie „dem Feind“ nicht in die Hände fallen sollen, also nicht missbraucht werden sollen → Ukraine ist aktuell ein Krisengebiet
  6. Die Ukraine ist kein offizieller Verbündeter Staat, sondern lediglich einer, dessen Souveränität derzeit angegriffen wird. Man kann nicht einfach seine Waffen überall hinliefern.
  7. Ja, auch aus Angst vor Vergeltung

So die Argumentationsketten. Ich denke auch, dass es etwas komplizierter ist und dort noch weitere Überlegungen reinspielen. Das waren aber die Argumente, die ich bisher so gehört habe und ehrlicherweise möchte ich auch nicht so einfach darüber entscheiden.

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Die These ist überholt. In der Tagesschau wird gerade berichtet, dass wir nun Waffen liefern.

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Also nach dem Chat des schwedischen SVT hat Deutschland Waffenexporte genehmigt:

1000 Panzerfäuste und 500 Stinger Flugabwehrraketen

Die Nachricht ist von 19:46

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  1. Historie
    Die deutsche Regierung sieht sich traditionell als Makler zwischen Russland und „dem Westen“. Das ist einerseits etwas schizophren, da wir ja gleichzeitig das Hauptaufmarschgebiet der US-Streitkräfte sind - aber andererseits auch wieder nicht, denn uns hätte es ja zu Zeiten des Kalten Krieges als erstes und am ärgsten getroffen, wenn es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung gekommen wäre. Zusätzlich war (West-)Deutschland aufgrund der Teilung dazu prädestiniert, eine Brücke zwischen Osten und West zu bauen. Aufgrund der deutsch-deutschen Kontakte war der Eiserne Vorhang hier noch am durchlässigsten für Menschen, Ideen und Güter.
    Und unterm Strich war diese „Ostpolitik“ ein riesiger Erfolg. Schaut man sich an, wo Deutschland heute steht und vergleich das mit 1945 oder 1949, dann ist dies das größte Comeback seit Lazarus. Ohne das gute Verhältnis zu Moskau hätte es die Wiedervereinigung aber vermutlich nicht gegeben.

  2. Ökonomie
    In und um Deutschland schlägt das industrielle Herz Europas. Um diesen Apparat am Laufen zu halten, braucht es gewaltige Mengen an Rohstoffen - von Energieträgern über Metalle bis zu Vorprodukten der chemischen Industrie. Schon allein die Geographie legt nahe, diese bevorzugt aus dem benachbarten Riesenreich Russland zu beziehen, das mehr als 10% der globalen Landfläche umfasst (und entsprechend reich an Rohstoffen ist). Es wäre für die Europäer und den Westen insgesamt ein kaum auszugleichender ökonomischer Schlag, wenn der russische Rohstoffreichtum stattdessen exklusiv der chinesischen Wirtschaft zur Verfügung stünde.

Aber diese Argumente für eine enge Bindung an Russland sind allesamt für die Tonne, wenndort ein Irrer (korrekter: im Alter irre gewordener) nach Gutdünken schaltet und waltet, wie es nun der Fall zu sein scheint.

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Korrekt, Deutschland liefert nun doch Waffen. Und ich denke, dass das in dieser Situation das einzig Richtige ist. An diesem Punkt hat Russland klar eine Grenze übertreten und es ist ausgesprochen wichtig, dass Russland aus diesem Krieg nicht als Gewinner hervorgeht, sondern in wenigen Jahren auf diesen Angriffskrieg zurückgeschaut wird und er einhellig als eine der größten Torheiten des 21sten Jahrhundert erkannt wird.

Ich muss zugeben, dass ich bis zuletzt nicht gedacht hätte, dass Putin so größenwahnsinnig ist, die Ukraine derart anzugreifen. Er kann und wird diesen Konflikt nicht langfristig gewinnen können. Das Land überrennen - ja. Die Großstädte einnehmen - vielleicht. Aber das Land und vor allem die Städte halbwegs langfristig halten? Never ever. Absolut unmöglich.

Der Westen scheut einen direkten Krieg mit Russland, weil ein direkter Krieg zwischen Atommächten aus gutem Grund gefürchtet wird. Aber das Mindeste, was wir nun tun können, ist, die Ukraine mit allen Mitteln direkt und indirekt zu unterstützen. Waffenlieferungen und massive wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland sind das absolute Minimum.

Der Blutzoll für diese Aktion auf der Seite Russlands ist bereits jetzt schon recht hoch, wenn die ukrainischen Quellen nicht völlig übertreiben. Und er muss so hoch werden, dass selbst Putin das nicht mehr seinem Volk verkaufen kann. Und dazu sind Stinger-Flugabwehrraketen und Panzerfäuste sehr gut geeignet, insbesondere, um den Schaden an russischem Militärgerät in Milliardenhöhe zu treiben.

Ich bin eigentlich immer gegen Waffenlieferungen in Krisengebiete, aber hier steht einfach viel zu viel auf dem Spiel… das ist nicht der Zeitpunkt für moralische Fragen, jetzt muss entschlossen gehandelt werden, damit das Verhalten Russlands nicht Schule macht.

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In vielem stimme ich Dir zu, aber den Begriff „moralisch“ sehe ich etwas anders. In einem friedlichen, ausgewogenen Zustand halte ich ein Motto wie „Frieden schaffen mit immer weniger Waffen“ für moralisch. Aber wenn ein Land ungerechtfertigt einen Überfall auf ein anderes startet, halte ich es durchauf für moralisch, das Opfer bei Bedarf dabei zu unterstützen, sich zu verteidigen.

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