Lernfähigkeit der Regierung / Erstellung verfassungskonformer Gesetze

Hallo :slight_smile:

Mit dem Entwurf für ein Identifikationsnummerngesetz will unsere Bundesregierung offenbar erneut und ziemlich dreist, ein Gesetz „grenzwertiger Verassungskonformität“ auf den Weg bringen.

Mit dem Verweis auf unsere Erfahrungen vor 100 Jahren wollen wir in Deutschland ja keine eindeutige Personenkennziffer haben.

Vor einigen Jahren haben wir dann eine eindeutige Steuer-ID bekommen - mit hohem und heiligem Versprechen, diese Nummer würde niemals als Personenkennziffer missbraucht.

Jetzt, nach ein paar Jahren Abklingzeit, wird mit großer Chuzpe gleichzeitig das Versprechen gebrochen und die Vorgabe aus der Verfassung ignoriert: Die Steuer-ID soll wohl doch Primärschlüssel/Personenkennziffer verschiedene Register normalisieren.

Mir komt es wie eine weitere Perle auf der Schnur „grenzwertige Gesetze seit 9/11“ vor: Schritt für Schritt nimmt der Staat seinen Bürgern Freiheitsgrade und damit Souveränität:

Otto-Kataloge, VDS, Staatstrojaner, Verfassungsschützer als inländische Hacker und Hacksen, Weltraum-Theorie des BND und nun die Nummer, etc. p - und nun die Steuer-ID als „Bürgernummer“:

  1. ist es von unserer Verfassung so gewollt, dass der Gesetzgeber fast offenkundig verfassungswidrige Gesetze auf den Weg bringt, um dann bis zum kassieren durch das BVerfG „verfassungsfreie Beinfreiheit“ zu haben?

Die VDS ist ja schon legendär: Mit Ignoranz und der Perpetuierung unbewiesener Behauptungen zur Wirksamkeit der VDS rennt man so lange gegen das BVerfG, bis es irgendwann so besetzt ist, dass der verfassungs-fernen Status Quo festgeschrieben wird.

Ist das wirklich so gewollt und legitim?

  1. Wenn nicht: Was könnte/müsste man unternehmen, um einem offenkundig „übergriffigen“ Gesetzgeber einen durchaus bissigen Verfassungs-Wachhund zur die Seite zu stellen?

Bei mir wächst die Sorge, dass sich Bürger in einer Verantwortungslosigkeit und Bevormundung wieder finden, die auch Raum für autoritäre Strukturen bietet.

Und wenn der rechte Rand jetzt mit dem Hinweis über genau diese Bevormundung demonstrieren geht, dann sollte man das vielleicht zweischneidig sehen: Sie greifen mit dem Argument nicht ganz zu unrecht unsere demokratische Gesellschaft an (natürlich, um sich zum Opfer zu stilisieren…). Zudem wird aber sicherlich auch die Hoffnung existieren, auf Fehlentwicklungen wie VDS, Staatstrojaner oder jetzt die Steuer-ID aufsetzen und sie für ihre autokratischen Phantasien ausbauen zu können.

Wenn Ihr das Thema Steuer-ID aufgreifen und auch die Frage nach einer frühzeitigen Überprüfung Verfassungs-kritischer Gesetze zu diskutieren, würde mich das freuen.

Die Frage, die mich im Kontext dieses und ähnlicher Gesetze brennend interessiert ist: Was können wir tun?

Es ist ein natürliches Interesse des Staates, möglichst viel über die eigenen Bürger zu wissen und gleichzeitig natürliches Interesse der Regierung, möglichst wenig von sich selbst preis zu geben. Was kann man dieser der Politik inhärenten Dynamik entgegensetzen und wie kann man sie umkehren?

Ein Zermürbungskampf zwischen Politik und Bürger, wie er status quo ist, kann langfristig ja nur in die Richtung des gläsernen Bürgers führen. Es muss also doch einen anderen Ausweg geben, bei dem der Kampf für die freie und offene Gesellschaft kein opt-in mehr ist, sondern im Gegenteil: es müssen doch systemische Bedingungen setzbar sein, in deren Rahmen eine Gesellschaft aktiv für die Aufgabe von Bürgerrechten stimmen müsste, statt zur ständigen Verteidigung genötigt zu werden.