Legales Kiffen und das Auto

Liebe Lage,

eine. Aspekt vermisse ich gerade in der aktuellen Berichterstattung zur Legalisierung und leider habt ihr auch nichts dazu gesagt.

Was heißt das denn fürs Autofahren.
Wenn ich heute mit 1 Gramm Grass von der Polizei hops genommen werden (auch ohne Auto), wird die Führerscheinbehoerde informiert und wenn ich Pech habe, muss ich zum Psychotest. Was passiert denn da in Zukunft. Und was passiert, wenn ich Samstags legal gekifft habe und Montags mit dem Auto nach Bayern fahre. Muss ich dann damit rechnen, dass ich meinen Führerschein verliere, weil die Abbauraten von Rest-THC in Körper ja doch sehr langsam gehen.

Läuft das faktisch drauf hinaus, dass das Gesetz nur für Leute ohne Führerschein Erleichterungen bedeutet, oder ist da auch etwas geplant.

Ich würde mich freuen, wenn ihr den Aspekt auch noch einmal beleuchten würdet, dazu habe ich bisher nichts eindeutiges gelesen.

VG,
K.

Das Thema wurde bei vorherigen Behandlungen schon angesprochen.

Beim Überfliegen der Eckpunkte des neuen Cannabisgesetzes konnte ich zu dem Thema nichts finden, sodass ich davon ausgehe, dass es hier einfach noch keine Einigung / Planung gibt. Selbstverständlich wird man das Thema bei der konkreten Gesetzesfassung berücksichtigen und etwaige andere Gesetze ändern müssen.

Dazu muss angemerkt werden, dass die Promille-Grenzen für den Alkoholkonsum auch lange Zeit nur durch Richterecht (dh. durch die Rechtsprechung und schließlich eine höchstrichterliche Rechtsprechung) gefestigt wurden, lediglich die 0,5 Promille-Grenze ist nun in § 24a StVG enthalten. Die strafrechtlich relevanten Grenzen für die relative Fahruntüchtigkeit (0,3 Promille), absolute Fahruntüchtigkeit (1,1 Promille) und Schuldunfähigkeit (2 Promille) sind weiterhin nicht gesetzlich, sondern nur Richterrechtlich festgelegt.

Ähnlich wird es vermutlich auch für den Cannabis-Konsum werden. Es wird eine grobe, generelle Regel festgelegt werden und die anderen strafrechtlich relevanten Werte werden dann im Rahmen des aktuellen Forschungsstandes von den Gerichten erarbeitet.

In der Schweiz hat man sich über das Thema scheinbar schon Gedanken gemacht und kommt zu dem Schluss, dass eine Blutkonzentration von 3 bis 4,1 ng/ml THC von seinen Auswirkungen her den üblichen 0,5 Promille Alkohol zu vergleichen sein soll. Daher wird der Grenzwert wohl irgendwo in diesem Bereich liegen.

Die Gefahr ist natürlich, dass man beim „Naturprodukt Cannabis“ höhere Abweichungen im THC-Gehalt hat als dies bei Alkohol der Fall ist. Das Risiko des „versehentlichen Überkonsums“ trägt wie beim Alkohol auch natürlich der Autofahrer.

Naja… das eine hat ja nichts mit dem anderen zu tun.

Nur weil man Cannabis legalisiert hat natürlich keinerlei Einfluss darauf, dass man unter Drogen-Einfluss nicht fahrtüchtig ist.
Ist ja bei Alkohol auch nicht anders: Nur weil der Konsum legal ist, heißt das ja noch lange nicht, dass man deswegen im angetrunkenen Zustand fahren darf.

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Ist das wirklich so? Also, wenn ich betrunken bin und einen Unfall baue, sollte ich besser noch eine Reserveflasche Wodka im Handschuhfach haben, um im Nachgang noch diese Grenze zu erreichen?

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Das ist richtig, aber es wäre schon gut, wenn es irgendeinen Richtwert gäbe.

Heute ist es ja so das die Behörden einen bereits bei niedrigsten Konzentration belangen auch wenn man seit Wochen nichts geraucht hat.

Die Regelung und das Testverfahren müssten so sein, dass man nach zwei Tagen wieder fahrtüchtig ist, also einen Joint am Samstag nichts im Wege steht.

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Da hast du meinen Post wohl nicht richtig gelesen und redest von einem völlig anderem Sachverhalt, wenn jemand bekifft Auto fährt.

Aktuell ist es so, dass du deine Führerschein riskierst, wenn du Canabis besitzt, auch wenn du gar nicht am Steuer sitzt. Und weil Canabis sich merkwürdig abbaut, kannst du auch eine Woche nachdem du gekifft hast, noch die aktuellen Grenzwerte überschreiten, auch wenn die Wirkung lange weg ist. Wie man damit umgeht hängt nach meiner Meinung schon sehr wohl damit zusammen wenn man das Rauchen und Besitzen erlaubt, dann aber auf andere Weise (Lappen weg) sanktioniert, auch wenn man in keiner Weise unter Wirkung der Droge Auto fährt.

Das wird dir nicht helfen. Es würde jetzt sehr in’s Detail gehen, es genau zu erklären, daher nur die oberflächliche Situation:

Wenn du mehr als 2 Promille im Blut hast geltest du juristisch zwar als Schuldunfähig, aber dafür hat der Gesetzgeber Auffangtatbestände geschaffen. Siehe dazu § 323a StGB, der besonders bei Verkehrsdelikten Anwendung findet:

Die genauen juristischen Folgen im Einzelfall sind hingegen ein sehr komplexes Thema. Aber grundsätzlich: Nein, die Ausrede „Ich war alkoholbedingt schuldunfähig, als ich den Unfall gebaut habe, deshalb kann ich strafrechtlich nicht belangt werden“ hat keine Aussicht auf Erfolg :wink:

Exakt, natürlich muss es bei einer Teil-Legalisierung Richtwerte für die Rechtsprechung geben, minimalste Spuren im Blut können natürlich dann nicht mehr zu erheblichen Konsequenzen wie Fahrverboten oder gar dem Führerscheinentzug führen.

Eine kurze Recherche ergibt, dass THC im Blut etwa 7 bis 12 Stunden in höheren Konzentrationen nachgewiesen werden kann, bis zu 27 Stunden können noch Spuren von Abbaustoffen nachgewiesen werden (die für eine (bedingte) Fahruntüchtigkeit vermutlich nur reichen würden, wenn es zu offensichtlichen Zeichen für Fahruntüchtigkeit kommt, wie es auch bei der bedingten Fahruntüchtigkeit i.S.d. 0,3 Promille-Grenze der Fall ist. Daher: Wer zwischen 0,3 und 0,5 Promille im Blut hat und auffällig fährt (z.B. Schlangenlinien) kann belangt werden. Ähnlich wird es mit Minimalkonzentrationen von THC-Resten im Blut geregelt werden, würde ich zumindest schätzen.

So gesehen werden die Ruhezeiten von THC und Alkohol sich kaum unterscheiden. Nach mäßigem Konsum sollte nach einer Nacht kaum noch etwas übrig sein, nach massivem Konsum auch etwas länger.

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Wenn man kurz googlet, sieht man aber ganz andere Aussagen für den Status-quo, wenn man öfter kifft:

Nutzers zusammenhängt. Die gespeicherte Menge des THC bleibt im Blut in höherer Konzentration nachweisbar, wenn der Konsum regelmäßig erfolgt. Der Grenzwert im Straßenverkehr liegt bei 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blut. Dafür muss ein Konsument etwa 10 Tage lang keinen Joint geraucht haben.

(Quelle: https://www.ra-samimi.de/thc-im-blut-abbau-nachweis/)

Wie gesagt, der Status Quo ist quatsch und basiert auf der Kriminalisierung jeglichen Konsums. Wenn der Stoff generell illegal ist, kann man natürlich schon den kleinsten Nachweis eines Abbauproduktes zum Anlass nehmen, die charakterliche Eignung eines Fahrzeugführers in Zweifel zu ziehen.

Der Nachweis von Abbauprodukten im Blut reicht daher nach dem aktuellen Status Quo schon für zumindest ordnungsrechtliche Konsequenzen, selbst wenn es unzweifelhaft ist, dass die gemessene Konzentration keine realistische Auswirkung auf das Fahrverhalten hat.

Daher wird man nach einer Reform wohl eher auf die wissenschaftlich anerkannten Grenzwerte wählen, die eher im Bereich 3 bis 4 ng/mL THC im Blut liegen.

Ein großes Problem ist aber tatsächlich die Wechselwirkung mit Alkohol, da sich beides gegenseitig verstärkt. Daher wird meines Erachtens vor allem die Rechtsprechung der „bedingten Fahruntüchtigkeit“ (aktuell ab 0,3 Promille) an Bedeutung gewinnen - nämlich für Fälle, in denen sowohl die THC als auch die Blutalkoholkonzentration einzeln betrachtet unter den Grenzwerten liegen, aber wegen der gegenseitigen Verstärkung dennoch Ausfallerscheinungen beobachtet werden. Möglicherweise wird auch gelten, dass beim Konsum eines Stoffes der andere nicht konsumiert werden darf, daher jede Form der Kombination als strafbar erachtet wird. Das würde dann natürlich für den Gelegenheitskiffer wegen der langen Nachweisbarkeit von THC im Blut zum Problem.

Man sieht hier schon: Das Thema wird auf jeden Fall noch interessant und man darf gespannt sein, zu welchem Ergebnis Politik und Experten kommen werden. Weiß jemand wie die Rechtslage in den Niederlanden oder Portugal ist, wo das Kiffen ja schon weitestgehend im Alltag angekommen ist?

Haben diese Grenzwerte etwas damit zu tun, ob der Cannabiskonsum legal ist, oder nicht?

Vermutlich nicht. Daher bleibe ich dabei: Ist eine andere Baustelle! Sicher eine, die man sich auch mal näher anschauen sollte. Aber einen konkreten Zusammenhang sehe ich hier nicht.

Seh ich anderes…welchen Sinn hat eine Erlaubnis zu kiffen & straffrei zu besitzen, wenn beides anderweitig hart sanktioniert wird (Führerscheinentzug). Insoweit gehören die Themen sehr eng zusammen, aber das wird dann wohl in den Details geregelt…nur dass es dazu aktuell wohl dann noch keine Aussagen gibt.

Es ist eine Sache, ob man für legalisierten Konsum ist, aber eine andere, ob man will, dass diese Leute noch Auto fahren… Es gibt Alternativen…

Da machst du es dir etwas einfach. Nur weil ich etwas labordiagnostisch nachweisen kann, heißt das noch lange nicht, dass das auch eine Auswirkung auf den Körper hat. Ethylglucuronid als Abbauprodukt von Alkohol ist z.B. in den Haaren auch nach Monaten noch nachweisbar.

Wenn ich mir allerdings an einem Freitagabend komplett die Batterie abklemme und am Montagmorgen zur Arbeit fahre, interessiert das schlicht niemanden, auch wenn der Konsum noch nachweisbar ist. Bei Cannabis hingegen reicht es aktuell ja schon aus, beim Autofahren lediglich Cannabis dabei zu haben um den Führerschein zu verlieren.

Das gilt übrigens auch für Menschen, denen aus (schmerz-)therapeutischen Maßnahmen Cannabis verordnet wird.

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Dem widerspreche ich ja auch nicht… Ich sage nur, dass das (aus meiner Perspektive) juristisch eine andere Baustelle ist.

Anderes Beispiel: Wenn jemand wegen einer Krankheit schwere Betäubungsmittel verschrieben bekommt, kann er diese legal besitzen und konsumieren (auch heute schon).
Das sagt allerdings nullkommanichts darüber aus, ob und inwieweit er dann fahrtüchtig ist. Das kann (und sollte) man komplett getrennt davon betrachten, ob legal oder nicht.

…und wenn ich ein Politiker wäre, dem an der Legalisierung von Cannabis gelegen ist, dann würde ich dieses Fass auch tunlichst geschlossen halten.

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Du vermischst hier einige Punkte: Der aktuelle Grenzwert (nach regelmäßiger Rechtssprechung 1ng/mL Blutserum) sagt rein gar nichts über die Fahrtüchtigkeit aus. Er wurde gewählt, weil das die Konzentration ist, die auch nicht-spezialisierte Labore in Deutschland recht problemlos nachweisen können.

Siehe auch:

Tatsächlich war der Grenzwert von einem Nanogramm pro Milliliter Blutserum nie als Richtwert für die Fahrtüchtigkeit gedacht. „Es ist ein rein analytischer Wert“, sagt Tönnes. Als er vor Jahren eingeführt wurde, ging es darum, THC überhaupt nachzuweisen und die größtmöglich denkbare Sicherheit für den Straßenverkehr zu gewährleisten. Also legte man den kleinstmöglichen Wert fest, den alle Labore deutschlandweit sicher nachweisen konnten. Quelle

Man darf dieses Thema nicht übermäßig vereinfachen und vor allem nicht mit den Promille-Werten beim Alkohol gleichsetzen, da THC einer komplett anderen (und weitaus komplexeren) Pharmakokinetik unterliegt als Alkohol.

Der Alkoholabbau im Körper entspricht einer Reaktion 0. Ordnung - ist also weitgehend unabhängig von der Konzentration des abzubauenden Stoffes. Der Abbau von 3,5 auf 3‰ dauert also ähnlich lange wie die Ausnüchterung von 0,5 auf 0‰ (in Annäherung, im selben Individuum).

THC (und auch andere im Cannabis enthaltene Substanzen) unterliegen einer wesentlich komplexeren Pharmakokinetik: Nicht nur, dass THC sehr lipophil ist, sich also in hohem Maße im Fettgewebe anreichert, es zirkuliert auch im enterohepatischen Kreislauf, was eine Vorhersage des abgebauten Blutgehalts beinahe unmöglich macht.

Nun ist es so, dass jemand, der pro Woche einige Joints raucht, regelmäßig über den 1ng/mL kommen wird - ohne, dass damit (abseits der akuten Wirkung) auch nur ansatzweise eine Fahruntauglichkeit bestünde. Ein Beibehalten dieses willkürlich gesetzten Grenzwertes würde also zu einem quasi-Verbot für Menschen führen, die auf ein KfZ angewiesen sind.

(1/2)

Leider wird es wohl so sein - da die o.g. Zusammenhänge wohl zu kompliziert sind, um sie nonchalant in einer Bundestagsrede zu verpacken, ohne eine Projektionsfläche des konservativen Populismus darzustellen. Die Meinung der Profis, die das a.e. umfassend einordnen können (d.h. der Rechtsmediziner) ist allerdings relativ eindeutig: Die bisherige Grenze ist völlig willkürlich.

Orientiert man sich an den Einschränkungen der Alkoholwirkung, die rechtlich bis 0,5‰ toleriert werden, müssten die Grenzwerte um ein Vielfaches (2-7ng/mL) hochgesetzt werden. Angefügt werden muss auch, dass bei ungeübten Trinkern kognitive und motorische Ausfallerscheinungen deutlich vor 0,5‰ beginnen und dass beim Alkohol (noch stärker als bei den Amphetaminen/Kokain) die kognitiven Ausfälle mit einem einzartigen Maß an Enthemmung und Selbstüberschätzung einen toxischen Bund eingehen - eine Grenze von z.B. 3ng wäre daher vmtl. eher vorsichtig/konservativ gewählt.

Wenn wir in der aktuellen Drogenpolitik aber etwas nicht brauchen, dann ist das noch mehr Bauchgefühl und Willkür.

Um es mal etwas plump zu formulieren: Wenn ich mir das Patientenkollektiv meiner Klinik anschaue, sind es nicht die Kiffer, die mich inzwischen lieber einmal öfter nach Links und Rechts schauen lassen. Die kommen meist ohnehin nicht vom Sofa hoch und lassen sich ihre Burger liefern, während die 78-jährige Omi mit gemischter Demenz wie selbstverständlich zum Metzger zwei Dörfer weiter fährt.

(2/2)

Dein eigenes Zitat sagt was anderes:

Finde ich legitim. Kann wegen mir auch so bleiben!

Lieber eine Nummer zu Sicher, als eine Nummer zu unsicher.

Kann man gerne auch bei Alkohol einführen: Null Promille!
Dann ist man auf der sicheren Seite! Auch wenn jemand der pro Woche mehrere Bier trinkt nicht ansatzweise seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt.

Hat damit aber immer noch nichts damit zu tun, ob man Cannabis nun legal konsumieren kann oder nicht…

Nein, mein Zitat sagt etwas komplett anderes. Wie oben beschrieben, entspricht dieser Wert der (historischen) Nachweisgrenze, die dem Narrativ folgt, dass ein Mensch, der Marihuana anrührt, generell kein Fahrzeug bedienen dürfte.

Würde man dieser Logik folgen, würden Menschen ab einem gewissen Alter und bei vielen Erkrankungen (Vaskuläre Erkrankungen, MCI, beginnende Demenz, Diabetes, Bluthochdruck, Depressionen, AD[H]S und viele mehr) nicht ohne Weiteres auf die Straße dürfen. Diese wären sehr bald sehr leer, da die kumulierte Prävalenz der genannten Erkrankungen deutlich >50% liegt.

Ich würde mir in der Hinsicht mehr Sensibilität wünschen, da in der Diskussion gefühlt viele tradierte Stereotype des veranwortungslosen Drogenkonsumenten bedient werden, während weite Teile der Bevölkerung bei genauer Betrachtung nicht als uneingeschränkt fahrtauglich eingeschätzt werden würden.

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Oh bitte nicht.

Das würde auf Fahrverbot für ein paar Medikamentenabhängige hinauslaufen.

Mit 0,1 Promille kannst du solche Leute dann schützen, da passt dann auch immernoch kein kleines Bier rein ohne die Grenze zu reißen.

Heißt Alkoholkonsum ist dann nicht mehr möglich, während die paar Medikamente mit Alkohol oder auch eine Schnapspraline kein Problem darstellen.