LdN434 Vermögen (edit: Einkommen) und Gerechtigkeit

Zur Gerechtigkeitsdiskussion würde ich gerne beitragen, dass aus meiner Sicht viel über die Ungerechtigkeit bezüglich Vermögen gesprochen wird und kaum bis gar nicht über die Ungerechtigkeit in Bezug auf die Bewertung einer Arbeit und Tätigkeit , auch in Bezug auf ihren gesamtgesellschaftlichen Wert. Woraus begründet sich exorbitant hohe Gehälter von einigen Berufen, die vorrangig der eigenen Vermögensbildung dienen. Berufe in soziales, Bildung, Pflege sind bedeutsam, weil sie gesamtgesellschaftlich bedeutsam sind, weil sie jeder braucht. Im Vergleich dazu sind diese gehälter im Witzbereich. Von den Gehältern Ballspielender Idole ganz abgesehen. Also woraus genau begründet sich, dass Arbeit in manchen Bereichen derart überwertig bezahlt wird? Aus meiner Sicht wäre das auch eine wichtige Wertediskussion.

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Eine kleine Kritik an dem Vergleich von Frau Linartas in dem sie sagt, die Ungleichheit werde dadurch illustriert, dass zwei Familien etwa so viel Vermögen besitzen, wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Ja das ist richtig, aber ich finde es sehr schwer diese akkumulativen Vermögensvergleiche zu interpretieren. Und das liegt daran, dass - und das ist sicher auch in Gesellschaften mit weniger Ungleichheit der Fall - die ärmsten der Bevölkerung auch ein negatives Vermögen haben können. Wie würde man spontan reagieren, wenn ich behaupte, dass ich mehr Geld besitze als die ärmsten 20% der Bevölkerung? Hört sich erstmal nach viel an, denn es bedeutet, dass eine Person alleine mehr besitzt als knapp 17 Millionen zusammen. Allerdings gilt dieser Vergleich für jeden, der mehr als einen einzigen Cent besitzt. Das kann man z.B. gut anhand der Daten der Hans Böckler Stiftung nachvollziehen [1]. Die sind leider etwas alt (2017) aber das Prinzip wird glaube ich klar. Die untersten 5% der Haushalte besitzen im Schnitt -3000, die nächsten 5% 0, die nächsten 600 und die danach 2400€. Das macht in Summe für die ärmsten 20% - 0.
Die Analyse, dass die Vermögensverteilung in Deutschland hoch problematisch ist teile ich absolut. Aber den Vergleich finde ich aus o.g. Gründen wenig illustrativ.

[1]

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Ich könnte durch eine Vermögenssteuer die negativen Vermögen aber verhindern. Insofern ist der Vergleich legitim.
Wir reden konkret über 1,4% des Vermögens.
Ich habe hier Zahlen von 2020 gefunden:

DIW Berlin: MillionärInnen unter dem Mikroskop: Datenlücke bei sehr hohen Vermögen geschlossen – Konzentration höher als bisher ausgewiesen

Demnach haben die unteren 5% negative Vermögen, die 20% darüber kein Vermögen, die 25% darüber im Schnitt 22.000€.
Beim obersten 1% sind es dann im Schnitt über 1 Million (die ist wie üblich mit Vorsicht zu genießen, da unsichere Datenlage).

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Es geht mir nicht um Legitimität sondern um Aussagekraft. Selbst in Ländern, in denen wir eine geringe Ungleichheit haben, gibt es eine signifikante Anzahl verschuldeter Haushalte. Man wird ähnliche Vergleiche also immer machen können, ohne dass man dadurch ein besonderes gutes Bild bekommt. Noch absurder wird es ja, wenn man sich überlegt, dass die meisten der unteren 20% gemäß der Hand Böckler Zahlen selbst ein Vermögen knapp über 0 haben und damit selbst mehr Vermögen besitzen als eine sehr große Gruppe gemeinsam, der sie selbst wiederum angehören. Finde diese Vergleiche daher weitgehend sinnlos, es sei denn es geht einem um Effekt-Hascherei. Dabei wäre das gar nicht nötig. Man kann diese Ungleichheit wunderbar verständlich illustrieren, wenn man z.B. darstellt, wie das Vermögen einiger Superreicher sich im Vergleich mit dem Median Vermögen verhält. Oder welcher Anteil des Gesamt(!)vermögens in der Hand weniger Superreicher liegt.

Ein wichtiger Punkt – aber ob eine Tätigkeit „gerecht“ entlohnt ist, entscheidet im Markt letztlich nicht ihr gesellschaftlicher Nutzen, sondern wie viele Menschen bereit sind, für deren Ergebnis zu zahlen (also der subjektive Wert) Dass etwa Pflege gesellschaftlich unverzichtbar ist, heißt nicht automatisch, dass dafür hohe Gehälter gezahlt werden – wenn die Zahlungsbereitschaft fehlt. Umgekehrt erzielen manche Berufe hohe Einkommen, weil sie auf viele zahlungsbereite Nachfrager treffen, nicht weil sie „wichtiger“ sind oder weil es wenig Menschen gibt die diesen Beruf mit hoher Qualität ausführen können. Das mag emotional schwer nachvollziehbar sein, ist aber Ausdruck eines Systems, das sich an individueller Bewertung und Knappheit orientiert – nicht an moralischen Kriterien. Die eigentlich spannende Frage wäre: Wie schaffen wir es, den Wert gesellschaftlich relevanter Berufe marktwirtschaftlich besser abzubilden?

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Und das ist ein Problem, welches Vertreter der freien Marktwirtschaft leider selten anerkennen. Denn nach der Ideologie der freien Marktwirtschaft sind die Löhne gerade deshalb fair, weil sie an einem freien Markt entstanden sind. Wer hingegen sozial-progressiv denkt, wird hier zu einer anderen Definition von „Fairness“ kommen.

Ja, und das ist das zentrale Problem.

Eine Firma, die extrem gut verdient, zahlt extrem gute Gehälter. Ein Mensch mit gleicher Qualifikation in einer Firma, die nicht so gut läuft, verdient deutlich weniger. Und wer in einem Bereich arbeitet, der zweifelsohne zwingend notwendig ist, aber gar nicht gewinnorientiert operiert (wie Pflege, Gesundheitswesen, Kita, Schule, Staat allgemein), bekommt deshalb auch nur schlechte Löhne. Das ist ein Fehler im System, denn die eigentlich gewünschte Steuerung wird in’s Gegenteil verkehrt: Zu viele Menschen studieren BWL, zu wenige Pflegewissenschaften oder Soziale Arbeit…

Im Kleinen sieht man das auch in Unternehmen. Auch hier sind die Löhne in den Abteilungen, die „Gewinn erwirtschaften“ (z.B. Vertrieb) häufig höher als die Löhne in Abteilungen, die „den Betrieb am Laufen halten“ (z.B. Buchhaltung), wenngleich der Vertrieb nicht arbeiten könnte, wenn die Buchhaltung nicht ihren Job machen würde - aber die Buchhaltung schreibt halt keine schwarzen Zahlen, die erzeugt nur Kosten, keine Gewinne. Und schon erliegen wir oft dem falschen Denken, dass der „gewinnnähere“ Bereich eine höhere Bezahlung verdient habe (und dann sparen die Unternehmen in der Buchhaltung und jammern hinterher über potenziell existenzbedrohende Steuernachzahlungen, wenn das Finanzamt die Buchführung verwirft… :wink: )

Das geht einfach nicht. Das geht nur durch regulative Eingriffe in die Marktwirtschaft. Freie Märkte sind eben nicht das Allheilmittel, sie können nicht alles abbilden. Sie können die Konkurrenzsituation zwischen produzierenden Unternehmen oder sogar zwischen Branchen abbilden, aber nicht die Allgemeinkosten. Das gilt für Allgemeinkosten im Hinblick auf Umweltschäden ebenso wie im Hinblick auf Sozialkosten. Hier müssen Staaten die Märkte regulieren, hier kommt das „Soziale“ der „Sozialen Marktwirtschaft“ zum Tragen.

Mögliche Eingriffe sind hier z.B. hohe Steuern für Vielverdiener in der Industrie, die dann wiederum genutzt werden, anständige Löhne im sozialen Bereich zu zahlen. Oder generell hohe Unternehmenssteuern, die das Sozialsystem finanzieren (das ist genau diese Umverteilung von „Industrie“ auf „Sozialwesen“; aber dann kommt natürlich direkt das Gegenargument der Wettbewerbsfähigkeit…). Oder wir setzen eben einen Schritt später an und nehmen über eine hohe Erbschaftssteuer das Geld ein, dass wir brauchen, um das Sozialsystem zu finanzieren und dort anständige Löhne zahlen zu können. Egal, wie wir es drehen und wenden, es wird sich um Umverteilungsprozesse handeln, welche dazu dienen, die Fehlsteuerung der Märkte zu korrigieren.

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Die wenigsten Fußballer bekommen die Millionengehälter, die Spannbreite der Gehälter geht von Null bei Kreisligaspieler bis hin zu Millionen.bei den Topstars. Und warum sollen die Topstars nicht von den Millionen, die mit Fußballrechten verdient werden, auch ihren Teil abbekomme?.

Die Albrechts und die Schwarz gehören zu den reichsten Familie. Was würde passieren, wenn sie Vermögen abgeben würden. Viel ist Betriebsvermögen, Grundstück, Supermarkt, Produktionsstätten. Wahrscheinlich müssten sie an die Börse, sonst könnten sie die geforderte Summen nicht zahlen. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Aktionäre mit den jetztigen Renditen zufrieden geben. Es könnte der Fall sein, dass die Preise dann steigen werden.
Aldi und Lidl kann man vorwerfen, dass sie sehr rüden mit ihren Lieferanten umgehen. Die Kunden profitieren wahrscheinlich genauso wie die Anteilseigner selbst von der jetzigen Situation. Ich halte das für ein realistisches Szenario.

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Nein, das ist ein moralisches Dilemma der Arbeitnehmer und eine Folge, weil in des System eingegriffen wurde.
So muss bei Streik immer eine Notversorgung sichergestellt werden. Wäre das nicht so und die Arbeitnehmer würden einfach die Arbeit niederlegen bis die Gehälter stimmen (so wäre das in einem streng kapitalistischen System) würden die Gehälter schnell angepasst oder die Patienten und Altenheimbewohner sterben und die kleinen Kinder sitzen zu Hause. Da kommt dann die moralische Komponente dazu. Kapitalismus funktioniert aber besser ohne Moral.

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Hältst du das wirklich für realistisch? Dass die Ärzte und Pfleger ernsthaft drohen geschlossen nicht mehr aufzutauchen und die Patienten sterben zu lassen? Ich glaube, wenn meine Kind auf der Intensivstation sterben würde, weil ein Arzt statt gebotenen 2,5% mehr Gehalt gerne 3% hätte, wäre ich nicht solidarischer mit ihm.

Das ist nun der zweite Vorschlag von dir innerhalb weniger Tage („wir sollten Belarus den Krieg erklären“), der die Konsequenzen völlig ausblendet.

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  1. Was wäre schlecht daran? Die Börse ist demokratisierter Kapitalismus. Jeder, der auch nur ein bisschen Geld übrig hat, kann plötzlich in Unternehmen investieren und von deren Gewinnen was abbekommen, zu denen er vorher keinen Zugang hatte. Ganz ohne dass man in irgendwelchen Country-Clubs Mitglied sein und die richtigen Leute kennen muss, wie das der Fall ist, wenn es um den Handel von Anteilen nicht börsennotierter Unternehmen geht (die sind nämlich in den seltensten Fällen in der Hand einer Person).

  2. Das ist das bekannte Fake-Argument gegen Vermögens- und Erbschaftssteuern. Leider vollkommen gegenstandslos: selbstverständlich könnten und würden derartige Steuern über Jahre und Jahrzehnte gestundet und gestreckt, so dass man sie aus dem Cashflow eines profitabel laufenden Betriebs bezahlen kann. Das Prinzip ist auch jetzt schon Usus, wenn es mal irgendwo zu größeren Steuernachforderungen an Betriebe kommt, wie ich aus sicherer Quelle (Bekannte im Finanzamt) weiß. Der Staat hat generell sehr viel Geduld mit Steuergroßschuldnern, Hauptsache das Geld kommt mit der Zeit rein.

Du kannst dir sicher sein, dass die Familien Albrecht und Schwarz auch jetzt schon nicht genügsam sind, was die Rendite ihrer Firmen angeht - da gibt es genau denselben Effizienzdruck, dem auch ein börsennotiertes Unternehmen unterliegen würde (auch hier wieder: ich hab beruflich bedingt ein kleines bisschen Einblick gehabt in einen der betreffenden Konzerne, aus dem ich das ableiten kann). Insbesondere da es sich hier sowieso in beiden Fällen nicht um eine homogene Familie handelt, wie man sich eine Familie vor dem geistigen Auge vorstellt, sondern um ein relativ weit verzweigtes Netz von Hunderten von Begünstigten, die irgendwie miteinander verwandt sind, und vom in einem komplizierten Stiftungskonstrukt verwalteten Unternehmen finanziell profitieren. Da sind längst völlig unterschiedliche Interessenslagen und Konflikte vorhanden, was nicht zuletzt ja einer der Gründe ist, warum die Firmen in Stiftungen liegen - damit da nicht ein Nachkomme allein alles bestimmen kann. Gar nicht so unähnlich zu Aktienunternehmen mit breit gestreutem Aktienbestand. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass du, um da reinzukommen, entweder in die „richtige“ Familie geboren sein oder einheiraten musst.

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In keinster Weise.
Das ist Kapitalismus in Reinform. Du willst, dass Deine Mutter versorgt wird?Dann mache es selbst oder zahle einen fairen Preis dafür. Darauf zu bauen, dass es Leute aus Nächstenliebe für die Hälfte tun ist unredlich - und hat was von Sozialismus.

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Fakt ist, dass die Preise bei uns im Einzelhandel sehr gering sind. In den USA unterbieten beide Discounter die Preise der Konkurrenten, das kann aber anderen Konzept liegen, es kann aber auch daran liegen, dass man die Gewinnerwartungen an den Börsen nicht erfüllen muss. Die Konkurrenten in den USA, Kroger, Walmart, sind fast alle börsennotiert.
Ein Teil der Effizienzgewinne dürften in Deutschland auch an den Kunden gehen, weil man damit seine Macht auf den Markt stärkt, denn niemand kann sie unterbieten. Das ist ein Teil des Erfolgskonzepts auf den amerikanischen Markt, man kann sich mit weniger Rendite zufrieden geben und seine Marktmacht still und heimlich ausbauen. Man muss nicht an der Börse performen,
Um das Leben der Begünstigten der Stiftungen muss man sich keine Sorgen machen. Vielleicht reicht für sie ein halbes Prozent aus, um ein wirklich gutes Leben zu führen, das sind immer noch zig Millionen.
An der Börse reicht es nicht mehr aus. ,

Börsen sind nicht demokratisch, sondern es gibt eine Eintrittsbarriere. Man muss sich die Aktien erst kaufen. Das Gewicht von aktionistischen Aktionären mit kurzfristiger Agenda auf die Geschäftsführung ist höher.

Man kann gerne über die Marktmacht sprechen, dazu braucht es.andere Instrumente als Vermögensbesteuerung.

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Ich verstehe nicht ganz wieso man nicht beides tun sollte. Die Marktmacht muss reguliert werden und Vermögen vernünftig besteuert. Deutschland hat einen Nachholfbedarf in Investitionen von über einer Billionen Euro während sich bei Millionären und Milliardären seit Jahrzehnten das Geld vervielfacht.
Es ist auch völlig unerheblich WO das Vermögen steckt. Man kann das trotzdem besteuern, nur muss der Besteuerte dann eben einen Kredit aufnehmen oder Unternehmensanteile verkaufen. Wenn ich besteuert werde, kann ich auch nicht sagen „Ja, sorry, aber das Geld steckt gerade in meinem Haus und meinem Auto“.
Auch die irreführende Geschichte „Wenn aber das Vermögen auch in Kunstobjekten steckt“ ist nur vorgeschoben. Die sind in der Regel versichert und die Versicherung wird sehr genau den Wert dieser Gegenstände kennen.
Auch die Mär vom Wegzug ist eine Geschichte, die man gerne hört. Dabei haben wir einerseits eine Wegzugsbesteuerung und zum anderen würde die Mehrheit der Millionäre und Milliardäre nicht weg ziehen, weil Deutschland eben ein sehr sicheres Land ist, mit klarer Gesetzeslage und eben auch Schutz vor spontanen Enteignungen.
Wir können es uns als Demokratie nicht leisten Vermögen und Erbschaften ab einem gewissen Grad massiv zu besteuern, wenn wir eine Demokratie bleiben wollen.

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Nein, es ist nicht egal, worin das Geld steckt. Es ist doch ein Unterschied, ob das Geld in Yachten, in Kunstobjekten und in Villen oder in Firmenanteilen oder Maschinen steckt. Das eine ist Privatvergnügen, das andere ist Unternehmertum. Unternehmer brauchen einen gewissen Spielraum, auch mal Dinge auszuprobieren, die dann auch scheitern können.
Und wollen wir wirklich, dass alle Unternehmer ihre Unternehmen oder Teile ihrer Unternehmen verkaufen?
Nehmen wir an, Sie wären Unternehmer. Wie groß müsste Ihre Firma sein, damit Sie auf den Papier Millionär wären? Wie viele Angestellte müssen Sie haben?

Hollande hat bewiesen, dass manches eben keine Mär ist. Er ist mit dem Piketty-Kurs baden gegangen,
Ich behaupte, diese Diskussion ist schädlich, weil es Gräben aufmacht, die wir nicht gebrauchen können. Klimaschutz in den USA scheitert auch deswegen, weil sie grüne Ummantlung für sozialistische Ideen galt. Klimaschutz ist für manche Unternehmen eine Bedrohung, für andere auch ein Zukunftsfenster.

Sind Kunstwerke alle versichert? Woher wissen Sie das? Kann der Wer von Gemälde auch steigern, sich verändern.

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Und dass man im richtigen Country Club Mitglied sein und die richtigen Leute kennen muss oder in die richtige reiche Familie geboren sein muss ist demokratischer?

Weil das ist, wie es ohne Börse ist.

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Es ist beides nicht demokratisch. Auch wenn Unternehmen an der Börse theoretisch demokratischer sind, als gar nicht öffentlich gehandelte Unternehmen, folgt daraus nicht automatisch, dass sie wirklich demokratisch sind und dass die Konsequenzen aus dieser Struktur positiv sind. Allein schon der Aspekt der ungleichen Stimmgewichte sollte einen die Beschreibung als demokratisch hinterfragen lassen.

Ein paar Stichpunkte, die gegen börsennotierte Unternehmen sprechen:

  • Akkumulation von Anteilen bei Großinvestoren und institutionellen Anlegern (BlackRock etc)
  • Fokussierung auf kurzfristige Gewinn- und Kurssteigerung
  • intransparente Entscheidungsprozesse, insbesondere für Kleinanleger bzw nicht hauptberufliche Anleger Intransparenz an der Börse durch komplexe Finanzkonstrukte, Informationsasymmetrie zwischen privaten und institutionellen Anlegern und regulatorischen Lücken
  • Unterordnung unter Kriterien der Finanzwirtschaft: Die Börse hat ein Eigenleben mit eigenen Regeln und Logiken, getrennt von sozialen Überlegungen und gesellschaftlichen Vorstellungen von Unternehmen und Wirtschaft. Aktienunternehmen agieren zwangsläufig nach dieser Logik. Dadurch steigt u.a. der Einfluss dieses Finanzdenkens auf die Wirtschaft

Edit:
Es war auch nie das Hauptziel der Börse, eine Demokratisierung der Wirtschaft zu erreichen. Das Ziel war und ist es, durch den Verkauf von Anteilen und das Bereitstellen von Darlehen Kapital für Unternehmen zu sammeln und auf Seiten der Investoren möglichst effektiv Gewinne zu generieren. Das heißt natürlich nicht, dass private Unternehmen besser sind als börsennotierte, aber das habe ich auch nirgends behauptet.

Edit2: (Stichpunkte angepasst nach Hinweis auf Transparenzpflichten)

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Ich behaupte, diese Diskussion ist dringend notwendig, da sie Gräben aufzeigt, die gesellschaftlich existieren und als Teil der Problemanalyse viel zu oft ausgeblendet werden.

Mal angenommen, diese Beschreibung würde stimmen. Dann wäre dies vor allem ein Armutszeugnis für die wirtschaftliche und politische Bildung in den USA. Absolut nichts an der von den USA geplanten oder durchgeführten Klimapolitik ist sozialistisch. Darüber hinaus kann man den Demokraten wohl vieles vorwerfen, aber nicht, dass sie zu hardcore-sozialistisch seien. Wer solche Thesen aufstellt, muss diese erstmal belegen (und dabei am besten auch definieren, was genau er/sie unter „sozialistisch“ versteht).

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Da wird aber ganz schön gerudert, oder? Natürlich ist es egal in welcher Form Vermögen vorliegt. Auch Unternehmensanteile oder Maschinen sind Teil des Vermögen des Unternehmens.
In anderen Ländern wird da auch überhaupt kein Theater gemacht. Diese „unehrliche“ Art der Diskussion, als ob man bei Vermögenssteuern oder Erbschaftssteuern immer irgendwelchen Handwerkern mit 3 Angestellten oder der Oma das Haus wegnehmen will, führt uns da nicht weiter. Wir reden hier von Vermögen, die sich selbst nicht nur erhalten, sondern regelmäßig vermehren.
In der Theorie sollen Unternehmen natürlich investieren, aber das passiert trotz ausgesetzter Erbschafts- und Vermögenssteuer fast nicht. Stattdessen kaufen Unternehmen von Gewinnen eigene Anteile zurück und schütten Dividenden an Aktionäre aus.
Diese Idee, dass Unternehmen bei geringeren Steuern investieren ist schon länger widerlegt. Und genau da greifen eben Steuern. Das ist ein „entweder man investiert die Gewinne oder der Staat schöpft sie ab“ und investiert dann selber damit.
Wie das in anderen Ländern läuft daran könnte man sich gerne mal ein Beispiel nehmen.

Die angesprochenen Gräben gibt es bereits länger.
Während VW Boni an die Führungskräfte auszahlt, trotz Diesel-Gate und komplettem Verschlafen des E-Autos, bangen die VW Mitarbeiter*innen, die für die Gewinne verantwortlich sind, um ihre Jobs.
Während die deutsche Infrastruktur seit Jahrzehnten an Wert verliert, vervielfachen Milliardäre ihre Vermögen.
Während uns eine riesige Finanzierungslücke durch Rentenzahlungen aus der Staatskasse für ehemalige Niedriglohnsklaven droht, redet die Politik von privater Vorsorge.
Die Gräben zuschütten wäre nötig.

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Das ist das Normalste von der Welt. Unternehmen sind Organisationsstrukturen die unabhängig von wechselnden Besitzern funktionieren können, dafür gibt es ja Aktiengesellschaften.

Wenn der Erbe die beste Person ist um das Unternehmen zu leiten, dann kann er ja immer noch CEO sein (und damit mehr als genug verdienen), aber ich bezweifle, dass das in der Regel die beste Wahl ist.

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Bei Vermögenssteuern geht es nicht um die Besteuerung von Betriebsgewinnen, sondern von Bestand.
Wenn man nicht will, dass Aktien zurückgekauft wird, kann man das verbieten. Das wurde auch schon getan. Der Rückkauf von Aktien hat nichts mit der Anteilseignerstruktur zu tun, sie kann auch divers verteilt sein. Meinetwegen wieder erneut…
Das meiste Betriebsvermögen steckt in Deutschland nicht in Aktiengesellschaften und die meisten Aktiengesellschaften an den deutschen Börsen sind nicht in Besitz von deutschen Milliardären und Multimillionären.

Die Rentenproblematik liegt daran, wie wir die Renten. organisieren, Braucht es das Aquivalenzprinzip noch? Ansonsten ist in Deutschland Demographie das Problem.
Die Piechs und Porsche, die Anteilseigner von Volkswagen neben Niedersachsen, leben in Österreich, die Erbschaftssteuer würde In Österreicht abfließen, wenn sie denn eine hätten.

Sorry, Baumstamm, Aktiengesellschaften funktionieren meist anders als inhabergeführte Unternehmen, Aktiengesellschaften denken kurzfristig, nichtbörsennotierte Unternehmen können sich den Luxus erlauben, langfristig zu denken, weil sie nicht an der Börse performen müssen und schlechtere Quartale bewusst aussitzen oder riskieren können. Ob von diesem Luxus immer Gebrauch gemacht wird, steht auf einem anderen Blatt.
Im Zweifelsfall ist bei einem Börsenunternehmen der Manager vielen verantwortlich, bei einem nicht notierten Unternehmen einen oder einer Familie, die ihr Okay geben muss. Das kann negativ sein, weil man wichtige Themen versäumt oder verdrängt. Das kann auch sehr positiv sein, weil man gegen die Masse schwimmt und etwas wagt.
Manager in Aktiengesellschaften fühlen sich oft gezwungen, mit dem Mainstream mitzulaufen, weil man dann nichts falsch machen kann und sich schön mit der Ausrede herausreden kann, dass es alle so machen, wenn mal was schief gelaufen ist.
Nein, es nicht egal, nach welchen Spielregeln Spieler spielen. Unterschiedliche Besitzverhältnisse, unterschiedliche Spielregeln. Den Unterschied habe ich hoffentlich verständlich genug erklärt.

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