LDN432 - Ehegattensplitting

Moin,

Danke für euren hervorragenden Podcast, welchen ich immer mit Freuden höre. Ich hätte jedoch ein paar Anmerkungen und würde mich freuen, wenn ihr diese in eure zukünftigen Ausführungen mit in Betracht ziehen würdet.

Aus meiner Sicht sind eure Aussagen zum Ehegattensplitting gerne mal etwas tendenziös. Eine Ehe ist eine gegenseitige soziale Absicherung. Die damit mögliche gemeinsame Veranlagung kann wenn es schlecht läuft auch mit Nachteilen einher kommt. Verheiratete bilden eine Bedarfsgemeinschaft, so dass z.B. beim Bürgergeld das Einkommen beider Ehepartner bei der Berechnung des Bedarfs berücksichtigt wird. Das aber nur nebenbei.

In der LDN432 um 24:16 klingen eure Aussagen „Lohnt sich am meisten wenn einer garnicht oder wenig arbeitet.“ aber so, dass sich mehr Arbeitsstunden bei (meist) der Frau nicht lohnen würden. Bitte schaut euch an, wie eine Versteuerung am Jahresende bei Ehegattensplitting funktioniert. Zusätzliche Verdienste durch zusätzliche Arbeitsstunden lohnen sich ungeachtet der Lohnsteuerklasse bei beiden Partnern gleich. Jeder zusätzliche Euro (egal von welchem Partner und egal über Lohnerhöhung oder zusätzliche Arbeitsstunden) wird am Jahresende mit dem gleichen Steuer- und Abgabensatz belegt.

Es gibt lediglich einen unschönen psychologischen Nebeneffekt bei den monatlichen Abrechnungen bei verschiedenen Lohnsteuerklassen. Das kann bei der schlechten Lohnsteuerklasse frustrierend sein, aber am Jahresende ist dieser unfaire Spin weg. Da zählt jeder verdiente Euro beider Partner gleich. Deswegen sollte man die Steuerklassen mit Faktor verpflichtend machen – was glaube ich auch geplant ist.

Zudem fehlt mir die Frage ob es wirklich fairer ist, wenn eine Familie mit den Einkommen €30.000 und €50.000 am Jahresende weniger hat als eine Familie mit 2x €40.000. Da stecken ja nicht nur unterschiedliche Arbeitsstunden drin, sondern unter Umständen auch unterschiedliche Berufe (z.B. Physiotherapeut und Ingenieur).

Richtig ist, dass manche Sonderformen wie „geringfügig Beschäftigt“ wie eine Falle wirken, weil wir uns in Deutschland nicht auf weiche Übergänge verstehen. Das gilt aber auch bei der Zuverdienstgrenze bei Bürgergeldempfangende oder ähnlichem.

Ich schreibe, weil ich die LDN für einen der wenigen Podcast halt, welche sich bei Themen um die ausgewogene aber auch etwas detailreichere Berichterstattung nicht wegdrücken

Beste Grüße

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Hierzu gab es eine sehr kontroverse Diskussion

Das Ehegattensplittung bringt bei zwei Personen, deren Einkommen jeweils den Grundfreibetrag übersteigen, nur wenig. Da liegt das Problem nicht. Die Ehe des C4-Uniprofessors mit seiner liebsten Studentin ist jedenfalls nicht der Standard, an dem man dieses Probleme diskutieren sollte. Psychologisch bedeutsamer ist die Steuerklassenwahl III/V. Da arbeitet der eine Partner das Jahr über gegen die Besteuerung und fragt sich, wozu die Mühe lohnt. Vom Ende her betrachtet ist das natürlich mit dem Jahressteuerbescheid jeweils „Schnee von gestern“, aber zwölfmal pro Jahr bei der Monatsabrechnung ein dickes Ätsch. Das größte Problem sind aber die Minijobs. Aus so einem Minijob heraus in die reguläre Arbeit zu wechseln ist der helle Wahnsinn, wenn der andere Partner schon gut verdient.

Ein weiteres Hindernis zur Arbeitsaufnahme an der Seite eines gut verdienenden Partners - vor allem, wenn dieser zurücksteckt, um die Familie im Gleichgewicht zu halten, sind die Sozialversicherungsbeiträge. Vor allen die Krankenversicherungsbeiträge sind niedrig gedeckelt und sinken nicht, wenn der besser verdienende Partner weniger verdient, steigen beim schlechter verdienenden Partner aber mit jeden zusätzlichen Euro. M.E. muss das ganze System der Behandlung der Arbeitsentgelts auf den Prüfstand, um vernünftige Ergebnisse zu erzielen. Die Abschaffung des Ehegattensplitting alleine wird es nicht bringen.

Und dann gibt ja noch die Nebenbedingungen (Kinder, pflegebedürftige Eltern und Schwiegereltern usw.)

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Dein Beitrag ist in zweierlei Hinsicht falsch.
Erstens:

Je größer der Unterschied der Gehälter, desto lohnender wird es. Das hat mit dem Grundfreibetrag nichts zu tun.

Auch das ist falsch. Mittlerweile greift ein Faktor, der für optimale Verteilung zwischen den beiden Steuerklassen sorgt. Aus diesem Grund wollte die letzte Regierung IV/IV eigentlich abschaffen.

Hier stimme ich jedoch zu. Die Beitragsbemessungsgrenze ist zu niedrig. Eine Anpassung hier würde aber auf jeden Fall vor dem Bundesverfassungsgericht landen. Zum Einen, weil die Besserverdienenden sich das leisten können und zu viel zu verlieren haben, zum Anderen, weil bisherige Urteile die mögliche Interpretation zulassen, dass möglicherweise die gedeckelte Leistung höhere Beiträge nicht rechtfertigen würde. Ich habe da eine andere, aber vor Gericht und auf hoher See liegt man in Gottes Hand.

Jein. @DrFB hat dahingehend Recht, dass der Freibetrag der massivste Unterschied ist. Den Freibetrag des Partners verfallen zu lassen ist extrem kostspielig. Du hast dahingehend Recht, dass „nur wenig“ auch keine passende Umschreibung für Fälle ist, in denen der Freibetrag zwar nicht verfällt, aber dennoch ein großer Gehaltsunterschied vorliegt. Mal in Zahlen:

Vielverdienender Partner verdient 80.000 Euro im Jahr.
Wenn der andere nichts verdient und kein Ehegattensplitting stattfindet, gehen knapp 8.500 Euro Steuerersparnis verloren.
Wenn der andere 12.000 verdient (also seinen Freibetrag ausnutzt), gehen nur noch 4.300 Euro Steuerersparnis verloren.

Diese ersten 12.000 Euro („Grundfreibetrag“) machen also schon einen wesentlichen Teil der Ersparnisse durch das Ehegattensplitting aus, aber eben nicht so viel, dass der Rest nur noch „nur wenig“ sei.

Das ist wieder die Frage, ob die Krankenversicherung als Sozialversicherung eher „sozial“ oder eher als „Versicherung“ konzipiert sein sollte. Ich persönlich denke, dass das keine Angelegenheit ist, über die das BVerfG urteilen sollte, weil die Verfassung m.M.n. recht eindeutig beide Sichtweisen zulässt, sodass es dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers obliegt, wie die Sozialversicherung zu gestalten ist. Sowohl ein komplett als Versicherung gedachtes System als auch ein komplett als Solidarsystem gedachtes System ist meines Erachtens verfassungskonform denkbar.

Es gibt aber immer noch III/V. Und diese Wahl wird auch von Doppelverdienern häufig getroffen, obwohl das Faktorverfahren für sie besser wäre (abgesehen von den Fällen drohender Arbeitslosigkeit oder wg. Elterngeld oä.)

Verheiratete bilden eine Bedarfsgemeinschaft, so dass z.B. beim Bürgergeld das Einkommen beider Ehepartner bei der Berechnung des Bedarfs berücksichtigt wird.

Ergänzung - die Bedarfsgemeinschaft entsteht durch den gemeinsamen Haushalt auch bei Unverheirateten. Richtig ist - Ehepartner sind einander unterhaltspflichtig, Unverheiratete nicht. Die Anrechnung des Haushaltseinkommens gilt aber trotzdem.