Wenn nur 5% „ultra rechts“ sind, heißt das nicht, dass 95% „nicht radikal“ seien. Zwischen dem offen Rechtsextremen mit Hakenkreuz-Flagge im Wohnzimmer und dem Rechtsradikalen, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit rassistisch gegen Migranten wettert, liegen eben doch noch Welten.
Der Anteil der offen Rechtsextremen AfD-Wähler liegt vermutlich tatsächlich nicht signifikant über 10%, aber den Anteil der Rechsradikalen (dh. derjenigen, die das aktuelle System an der Wurzel (=radikal) ändern wollen, ohne dabei offen zu Gewalt aufzurufen!) würde ich eher auf mindestens 30% einschätzen.
Wenn also ein großer Teil der Bevölkerung etwas falsches denkt und deswegen eine problematische Partei droht, Macht zu gewinnen, wird dieses Problem dadurch gelöst, dass die anderen Parteien das Falsche selbst aufgreifen?
Angenommen, wir würden nicht über Rassismus bezogen auf Migration, sondern über Antisemitismus reden. Würdest du da in einer ähnlichen Situation auch ähnliches vertreten?
Der Vergleich soll nur zeigen, dass die Denkweise problematisch ist - natürlich bleibt die Frage offen, ob Rassismus gegenüber Migranten ähnlich problematisch wie Antisemitismus ist und wo die Grenzen liegen, ab der die Politik nicht mehr einer Stimmung in der Bevölkerung folgen sollte. Dass solche Grenzen existieren soll der Antisemitismus-Vergleich zeigen, ob diese Grenze vor oder hinter einer „Festung Europa“-Politik liegt wird der Konservative vermutlich anders beantworten als der Progressive.
So gesehen begrüße ich auch die Wagenknecht-Partei. Ich würde sie nie wählen und halte ihre Positionen für problematisch, aber wenn sie im Idealfall dafür sorgt, dass einige Menschen nicht die AfD wählen, ist sie in jedem Fall das kleinere Übel. Im Idealfall werden sich die beiden Parteien um die „migrationskritischen“ Wähler schlagen und dafür sorgen, dass wenn die „migrationskritischen Wähler“ irgendwann in eine Regierung einbezogen werden müssen, weil anders keine Mehrheiten möglich sind, zumindest eine Alternative zur AfD besteht. Auch nicht ideal, aber eine Regierung und BSW-Beteiligung (oder Duldung) wäre immer noch akzeptabler als eine unter AfD-Beteiligung (oder Duldung)