Ich weiß nicht, ob das Sinn macht. Nehmen wir den Klimawandel: keiner zweifelt mehr ernsthaft an, dass es hier ein Problem gibt, das angegangen werden muss. Wenn es aber die persönliche Art zu leben zu beeinflussen droht, wird sofort auf Durchzug gestellt und jedes Contra-Argument ausgepackt, ist es auch noch so lächerlich.
In einer Zeit des Wandels wirst du immer auf eine Mehrheit treffen, die will, dass alles so bleibt wie es ist. Und wenn das nicht geht, dann wird der Populist gewählt, der entgegen aller Vernunft das Gegenteil behauptet.
Die meisten AFD-Wähler sind an einem politischen Diskurs nicht interessiert, sondern wollen, dass die Politik sich nicht in ihr Leben einmischt und vor allem verschont mit schlechten Nachrichten.
Die AFD zu verbieten würde es nur schlimmer machen. Wenn es stimmt, dass ca. 5% wirklich Ultra rechts sind, sind fast alle AfD Wähler nicht radikal. Meine These: sie wählen Protest um aufzuzeigen, dass die relevanten Themen für sie nicht mehr abgebildet sind in der Politik, bzw. alles so läuft, dass es ihnen schlechter geht. Das löst sich nur durch mehr Bezug zu relevanten Themen. Entweder macht das eine Partei und legt drastisch zu, oder eine neue Partei wird schnell groß, oder die AFD bleibt weiter stark.
Mal ehrlich, wenn die politik nichtmal den Anschein erweckt, relevante Themen aufzugreifen, tja dann darf man sich nicht wundern.
Spannend wird es, wie die Wagenknecht Partei Einfluss nimmt auf die Verteilung….
Wenn nur 5% „ultra rechts“ sind, heißt das nicht, dass 95% „nicht radikal“ seien. Zwischen dem offen Rechtsextremen mit Hakenkreuz-Flagge im Wohnzimmer und dem Rechtsradikalen, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit rassistisch gegen Migranten wettert, liegen eben doch noch Welten.
Der Anteil der offen Rechtsextremen AfD-Wähler liegt vermutlich tatsächlich nicht signifikant über 10%, aber den Anteil der Rechsradikalen (dh. derjenigen, die das aktuelle System an der Wurzel (=radikal) ändern wollen, ohne dabei offen zu Gewalt aufzurufen!) würde ich eher auf mindestens 30% einschätzen.
Wenn also ein großer Teil der Bevölkerung etwas falsches denkt und deswegen eine problematische Partei droht, Macht zu gewinnen, wird dieses Problem dadurch gelöst, dass die anderen Parteien das Falsche selbst aufgreifen?
Angenommen, wir würden nicht über Rassismus bezogen auf Migration, sondern über Antisemitismus reden. Würdest du da in einer ähnlichen Situation auch ähnliches vertreten?
Der Vergleich soll nur zeigen, dass die Denkweise problematisch ist - natürlich bleibt die Frage offen, ob Rassismus gegenüber Migranten ähnlich problematisch wie Antisemitismus ist und wo die Grenzen liegen, ab der die Politik nicht mehr einer Stimmung in der Bevölkerung folgen sollte. Dass solche Grenzen existieren soll der Antisemitismus-Vergleich zeigen, ob diese Grenze vor oder hinter einer „Festung Europa“-Politik liegt wird der Konservative vermutlich anders beantworten als der Progressive.
So gesehen begrüße ich auch die Wagenknecht-Partei. Ich würde sie nie wählen und halte ihre Positionen für problematisch, aber wenn sie im Idealfall dafür sorgt, dass einige Menschen nicht die AfD wählen, ist sie in jedem Fall das kleinere Übel. Im Idealfall werden sich die beiden Parteien um die „migrationskritischen“ Wähler schlagen und dafür sorgen, dass wenn die „migrationskritischen Wähler“ irgendwann in eine Regierung einbezogen werden müssen, weil anders keine Mehrheiten möglich sind, zumindest eine Alternative zur AfD besteht. Auch nicht ideal, aber eine Regierung und BSW-Beteiligung (oder Duldung) wäre immer noch akzeptabler als eine unter AfD-Beteiligung (oder Duldung)
Meine These ist: die meisten Wähler der AfD wissen, dass das Programm der AfD und die offen rechts-ganz-weit-außen Positionen nix ist. Aber wie zeigt man sonst den bestehenden Parteien, dass das so nicht weiter gehen kann.
- unsere Sozialsysteme sind eh schon eine Katastrophe, die jeden Tag schlimmer wird und die man bald nicht mehr mit Geld lösen kann.
- die Abgaben werden immer mehr, Inflation ist deutlich über der Lohnentwicklung
- im unteren Lohnsegment ist der Anreiz zu arbeiten gering. Ich wäre da ziemlich sauer, wenn ich trotzdem 40h arbeiten würde, und kaum mehr habe als andere, die nicht arbeiten. Das Problem ist ja nicht die Höhe des Bürgergelds, sondern die fehlende Pflicht zu arbeiten.
[ … bitte keine rassistischen Fake News verbreiten …]
- der Wechsel von fossiler Energie zu Nachhaltigkeit wird die Hausbesitzer überfordern, warten wir mal das ganze in 5-6 Jahren ab, wenn die normalen ländlichen Kommunen keine Fernwärme haben und die Umrüstungen anstehen.
- die steigenden Strompreise werden eh mittelfristig uns Wirtschaftlich Probleme machen. Produktion wird einfach zu teuer, insb von leicht transportierbaren Gütern.
Zu guter letzt haben wir die erste Regierung, die offensichtlich keinen Plan hat. Und sobald sie ihn hat, dauert es keine 2 Wochen, da fällt der eine dem anderen in den Rücken und wieder keinen Plan…
Meine Hoffnung ist die Wagenknecht Partei, die den Protest wahrscheinlich bündeln wird… auch wenn Frau Wagenknecht im Kontext Russland schon sehr exklusive Positionen hat und deswegen für viele nicht wählbar bleibt.
Wenn man in dem Pulverfass die AFD verbietet, schießt man sich ins Knie. Schon jetzt stellt sich die Frage, wie man gegen 30% der Wähler eine Regierung bilden will. Und wenn man eine bildet, endet es im Fiasko, weil die Positionen einfach zu weit weg sind.
Ja, weil die Hausverwaltung sich unzureichend um Reparaturen kümmert, zünde ich einfach das Haus an. Das ergibt total überhaupt keinen Sinn.
Ich stelle dem folgende These entgegen: Weil diese Personen der Ansicht sind, an ihrer Situation würde sich eh nichts zum positiven ändern, egal wen sie wählen, ziehen sie sich ihre gefühlte Selbstwirksamkeit stattdessen daraus, möglichst vielen anderen Menschen das Leben möglichst drastisch zu verschlechtern und eine perverse Art von Glück aus der resultierenden Schadenfreude zu gewinnen.
Schlechte Menschen eben.
Nein, das Problem ist, dass keine angemessenes Arbeitsplätze für die Menschen zur Verfügung stehen. Hinter der vor allem von konservativer Seite verbreiteten Forderung nach „mehr Fordern“ (in deinen Worten: „Pflicht zum Arbeiten“) steckt letztlich der Irrglaube, die Menschen, die Bürgergeld beziehen seien a) in der Lage zu arbeiten und b) gäbe es Stellen, die für diese Menschen zumutbar sind.
Das Resultat hinter einer „Pflicht zum Arbeiten“ ist immer ein massiver Eingriff in die Markt-Mechanismus, der sonst von konservativ-liberaler Seite immer abgelehnt wird: Denn gäbe es eine harte Pflicht zu arbeiten, könnten Arbeitgeber noch schlechtere Jobs zu noch schlechteren Bedingungen anbieten und Menschen würden gezwungen, diese Jobs anzunehmen. Mechanismen von Angebot und Nachfrage, die in der Theorie dazu führen sollten, dass Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen und Entlohnungen erhöhen, werden dabei gezielt ausgehebelt. Das Resultat ist quasi, dass wir die schlechtesten Aspekte des Sozialismus mit den schlechtesten Aspekten des Kapitalismus verheiraten würden. Yay, was für eine tolle Welt.
Egal, das führt alles zu sehr vom Thema weg. Wenn Bedarf besteht, dieses Thema weiter zu erörtern (dh. wenn auf diesen Beitrag noch jemand antworten möchte) würde ich die Diskussion aus dem Thread ausgliedern.
Größtenteils vermutlich zumindest Schlecht in dem Sinne, dass sie denken, dass das Wählen einer Partei mit offen rechtsextremen Strömungen ein zulässiger Weg ist, Unzufriedenheit mit dem System zu bekunden. Ich glaube aber tatsächlich nicht, dass der Großteil der AfD-Wähler „die Welt brennen sehen möchte“, sondern Umfragen zeigen immer wieder, dass AfD-Wähler vor allem von Verlustängsten betroffen sind. Das sind häufig die Leute in der unteren Mittelschicht, die befürchten, dass sie durch Migration und Sozialstaat ihren (geringen) Abstand zur Unterschicht verlieren könnten. Und deshalb wählen diese Leute eine sozialstaats- und migrationsfeindliche Partei. Und ja, das spricht auch nicht dafür, dass es sich um „gute Menschen“ handelt, insofern hast du mit „schlechte Menschen“ vermutlich auch in Bezug auf diese Gruppe Recht.
Die Parteien fahren seit den 70ern Deutschland konsequent gegen die Wand. Das der jetzigen Regierung anzulasten ist unfair. Und zeigt auch den Denkfehler der AFD-Wähler. Wir können weder die Uhr zurückdrehen noch die Zeit anhalten. Und selbst wenn wir das könnten, würde die AFD genau die gleichen Fehler wieder machen. Wir haben ca 1/6 der Wähler, die es wirklich verstanden haben: nämlich, dass die Probleme alle egal sind, wenn wir das mit dem Klimawandel nicht geregelt bekommen. Dann ist es nämlich nicht der erfolgreiche Unternehmer oder der von der Erbschaftsteuer gebeutelte Erbe der in schlecht gedämmten unklimatisierten Mietwohnungen leidet oder wegen stark gestiegener Lebensmittelpreise stöhnt, da jede zweite Ernte von Unwettern oder viel zu frühen Sommern vernichtet wird. Auch sind es sicher nicht die, die sich jederzeit ein neues Grundstück leisten können, die dann wohnen, wo die Hochwasser regelmäßig Existenzen vernichten werden.
Besonders interessant wird es aber, wenn die Produktionskosten von Luxusgütern steigen, die wir momentan noch als selbstverständlich ansehen, weil z. B. die Transportkosten wegen wenig wasserführender Flüsse oder zukünftiger Krisen (siehe aktuell Suezkanal) nur eingeschränkt befahrbar sind.
Ansonsten interessant wie die Diskussion um ein Verbot schon wieder zu einer Grundsatzdiskussion wurde.
Für ein Verbot ist es völlig irrelevant warum der Wähler sich für die AFD entscheidet.
Sollte man einfach sagen: Lass die AFD in einem (voraussichtlichem ostdeutschen) Bundesland regieren und die Menschen werden sehen, dass sich nichts ändert?
Oder würde sich die AFD einfach als „Opferrolle“ inszenieren und sagen „Wir konnten nichts ändern, da Berlin alles bestimmt“? Ich kann mir auch vorstellen, würde die AFD die Bundesregierung stellen, würde sie das gleiche mit Brüssel machen (aka DEXIT).
Das Szenario AFD an der Macht wird früher oder später in Kraft treten (meiner Meinung nach), ich hoffe nur, das man dort dann als Opposition allen Quatsch sofort „offenlegt“. Irgendwann sind die Länder so mürbe, dass die AFD eine Minderheitsregierung stellen werden, bei der sie mit 40% alleine „regieren“ kann.
Aber selbst dort wird sie sich in der Opferrolle aufstellen und sagen, alle anderen verhindert, dass sie etwas produktives machen können.
Die ersten Bürgermeister haben wir ja jetzt, mal sehen, wie es läuft (übrigens interessante Umfrage auf der Seite, die Zielgruppe hat den Artikel also wohl gelesen)
Spannend, dass noch keiner, der sich gegen ein AfD-Verbot ausgesprochen hat, meine Frage beantwortet hat: Was muss denn passieren DASS wir die AfD verbieten?
Und selbst in deinem gewählten Artikel kannst du dich einfach mit Rhetorik in die Opferrolle stellen.
„Ich konnte das nicht machen, weil „Berlin“.“
„Ich konnte das nicht umsetzen, weil die Parteien vorher alles kaputt gewirtschaftet haben.“
„Ich konnte das Leben der Menschen nicht ändern, weil ich vom Land kein Geld bekommen habe“.
Und schon sitzt du als kommulaler AFD Politiker an der Macht und musst nichts ändern, kannst weiter hetzten etc.
Und noch schlimmer: Du kannst jede langfristige Investition oder Projekt als dein eigenes Verkaufen.
Ich denke, es besteht auch die Gefahr, dass sie die Demokratie aushöhlen.
Auch der ehemalige Präsident des BVerG Andreas Voßkuhle sieht in der AfD eine ernsthafte Gefahr.
[Voßkuhle warnt: AfD will „Systemveränderung“ Voßkuhle und Neumann warnen: AfD will "Systemveränderung" - ZDFheute](Voßkuhle warnt: AfD will „Systemveränderung“ Voßkuhle und Neumann warnen: AfD will "Systemveränderung" - ZDFheute)
Hier ein Beitrag dazu:
Das Beste wäre wahrscheinlich, wenn alle demokratischen Parteien im Bundestag mal eine wahrhaft „Große Koalition“ bilden würden und sich ohne Einbeziehung der AfD auf gute Politik einigen würden.
Nur funktioniert leider Wahlkampf so nicht
Ich befürchte, die Definitionen von „gut“ liegen hier viel zu weit auseinander, die meisten Parteien wollen nur ihren eigenen Wählern direkt „Gutes“ tun und haben die Zukunft wenig im Blick.
Ja, da wirst Du wohl recht haben. Wenn drei Parteien sich schon schwer tun Kompromisse zu finden und dazu zu stehen, wird es bei Fünfen nicht besser.
Vielleicht geht damit auch keine gute Politik, da es zu sehr der kleinste gemeinsame Nenner wäre, als ein Best of.
Und natürlich wäre es für alle Wähler genauso schwierig dies zu akzeptieren, wie man an der vielen Kritik auch hier jeden Tag lesen kann. Da Negatives ins Rampenlicht zu stellen natürlich viel einfacher und „Like it“ - verdächtiger ist.
Vielleicht ist es auch eine Illusion und es wäre besser eine deutliche links oder deutliche Rechts-Koalition zu haben, die weniger Kompromisse finden muss. Aber das dürfte mMn mehr zu weiterer Spaltung beitragen.