LdN350 Einfamilienhaus teilen um Wohnraum zu schaffen wegen mangelndem Parkplatz nicht möglich

Ich bin ein Dorfkind, und in meinem Dorf wohnen in vielen Häusern die eigentlich für Familien gebaut wurden nur noch ein Mensch. Gründe sind, die Kinder ziehen weg, Trennung der Paare, ein Partner stirbt, usw…
Meine Mutter bewohnt in ihrem Haus nur das untere Stockwerk, das obere steht faktisch leer. Leider ist das Haus so gebaut, dass es nicht von zwei Parteien bewohnt werden kann.
Nun wollte sie ihr Haus teilen, sodass oben und unten jeweils eine Wohnung entsteht. Geld ist durch ein Erbe gerade vorhanden. Die Baumaßnahmen aufwendig, aber möglich.
Beim Bauamt hat sie die ersten Pläne eingereicht. Diese haben aber nun verlangt, dass sie einen neuen Parkplatz bereitstellen muss. Das ist bei ihrem Grundstück aber nicht möglich, da es ein Reihenhaus an einem Fußweg ist. Virtuelle Parkplätze gab es von der Stadt wohl in der Vergangenheit, aber nun nicht mehr.
Nun ist das Vorhaben auf Eis, und sie kann nicht für mehr Wohnraum in einem Speckgürtel einer Großstadt sorgen. Andere Menschen im Dorf bewohnen ebenfalls große Häuser alleine.
Es handelt sich hierbei um ein Dorf welches eingemeindet wurde, und zu den 15 teuersten Städten Deutschlands gehört. Der Speckgürtel einer Großstadt. Leider eine extrem bescheuerte Situation.

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Schöne Schilderung der Problematik.

Das Problem ist, dass gerade Städte mit großer Wohnraumnot i.d.R. auch Parkplatznot haben. Dadurch kommen dann solche Vorschriften zu Stande, die bei der Bebauung eine ausreichende Zahl von Parkplätzen voraussetzen - so passiert es auch schon mal, dass ein z.B. 8-Parteien-Mehrfamilienhaus nicht gebaut werden kann, weil das Grundstück nicht groß genug ist, die in der Landesbauordnung des betroffenen Bundeslandes vorgeschriebenen Parkplätze einzurichten. So wird dann auf dem Gelände dann - wenn überhaupt - nur ein 4- oder 6-Parteien-Haus gebaut.

Die Lösung für die Parkplatznot verschärft somit in Fällen wie dem deiner Mutter die Problematik für die Wohnungsnot. Gerade in Speckgürteln von Großstädten hat man dieses Problem natürlich besonders stark, weshalb gerade hier ein guter ÖPNV wichtig ist, um langfristig die Zahl der notwendigen Kraftfahrzeuge zu senken, sodass man von solchen Parkplatz-Vorschriften abrücken kann.

Das Problem ist hier tatsächlich die Autofixiertheit der Gesellschaft und damit auch der Bauordnungen, die diese Fixiertheit der Gesellschaft letztlich nur abbilden.

Ulf und Philipp haben ja im Podcast auch kurz auf Stellplatzpflichten Bezug genommen. Hier könnte man wirklich eine verkehrspolitische und eine baupolitische Fliege mit einer Klappe schlagen. Tokio hat es mit einer Politik der Verknappung von Parkplätzen zB zu einer sehr lebenswerten, autoarmen Stadt geschafft (Krautreporter Wochenpost, leider mittlerweile hinter der Paywall). Habe auch auf PBS mal ein Interview mit einem US-amerikanischen Verkehrsexperten gesehen, der Ähnliches vorschlug und Stellplatzpflichten, zB in Chicago, scharf kritisierte (am Rande: Chicago hatte große Probleme, da man dort auch das Recht, Parkgebühren für öffentliche Parkplätze zu erheben, für eine absurd lange Zeit an ein privates Unternehmen verliehen hatte, was jegliche Baumaßnahmen enorm erschwerte).
Dieses Video von Vox geht in eine ähnliche Richtung.

Die entsprechenden Regeln unterscheiden sich in D übrigens zwischen den Bundesländern. So ist laut Wikipedia in Brandenburg die Stellplatzpflicht entfallen und nun Sache der Kommunen. In Bayern sieht es deutlich anders aus. Bei mir in Niedersachsen gilt mit § 47 NBauO eine Art Opt-Out-Möglichkeit für Kommunen. Lieber wäre mir ein Opt-In. Es gibt auch Regelungen, nach denen ein Geldbetrag statt Parkplatzbau bezahlt werden kann. Der ist dann ggf. von der Gemeinde zweckgebunden zu verwenden (zB § 47 Abs. 5-7 NBauO). Gefällt mir eigentlich ganz gut. @Petra: Vielleicht gibt es so etwas ja auch bei euch? § 47 Abs. 5 NBauO liest sich für mich so, als gebe es einen Anspruch der Bauherrin darauf, dass der Geldbetrag als Ersatz für Stellplätze akzeptiert wird. Oder war das die nicht mehr gegebene Möglichkeit der virtuellen Parkplätze, die Du angesprochen hast?

PS:
Ein Schmankerl für Freunde der Bürokratie ist übrigens der § 47 Abs. 3 NBauO, nach dem unter wirklich vorbildlich bürokratischen Bedingungen, u.a. alljährliche Nachweispflicht, möglich ist, Stellplätze dadurch zu ersetzen, dass vergünstigte ÖPNV-Tickets angeboten werden. Ich vermute, falls diese Regelung jemals Wirkung entfaltet haben sollte, ist sie mit dem 49-Eurro-Ticket endgültig tot.