Hallo,
in der Folge wird es als gute Nachricht dargestellt, dass Corona im Wesentlichen so bleibt, wie bisher. Für die meisten verläuft die akute Erkrankung mild (kein Krankenhaus-Aufenthalt nötig), die Risiko-Gruppen sollten sich impfen.
Leider habt ihr nicht erwähnt, dass es mit Post-Covid bzw. ME/CFS eine sehr schwere chronische Folgeerkrankung von Covid gibt, die auch nach mehrfachen Infektionen noch ausgelöst werden kann.
Eure Anregung sich impfen zu lassen und Masken zu tragen ist richtig und wichtig und hätte mit Erwähnung von Post-Covid und ME/CFS vielleicht noch einmal mehr Nachdruck und Bedeutung bekommen.
Für ME/CFS gibt es derzeit keine anerkannte Therapie. Die Menschen sind größtenteils arbeitsunfähig und zu einem bedeutenden Teil an ihr Bett oder Haus gebunden. Zentrales Symptom von ME/CFS ist die Belastungsintoleranz (Fachbegriff: Post Exertional Malaise, kurz PEM), welche zu einer Verschlimmerung aller Symptome und dem Hinzukommen weiterer Symptome nach Überschreiten einer individuellen und von Krankheitsschwere und Tagesform abhängigen Belastungsniveau eintritt.
Diese Belastungsschwelle kann unglaublich gering sein und bedeutet bei mild Erkrankten, nur noch halbtags arbeiten zu können und auf Sport vollständig verzichten zu müssen. Bei schwer Erkrankten kann die Verarbeitung von Sinnesreizen (sehen, hören) eine Überlastung sein, sodass diese die meiste Zeit im Bett mit Ohrschützern und Schlafmaske in abgedunkelten Zimmern verbringen. Die Krankheitsschwere ist nach oben offen: Die Belastungsschwelle kann so gering sein, dass lebensnotwendige Körperfunktionen versagen (z.B. Verdauung) und Menschen an ME/CFS sterben.
Das fehlende oder falsche Wissen der meisten Ärzt*innen sorgt dafür, dass mit der Krankheit oft falsch umgegangen wird, oder sie falsch verstanden wird. So werden Menschen zu Aktivität angeregt oder gar gezwungen, die eine Überlastung darstellt. Die Verschlimmerung der Krankheit ist manchmal anhaltend. So kommt es, dass manche ME/CFS-kranke Menschen aufrecht in die Reha gehen und im Rollstuhl wieder heraus kommen.
Insgesamt zum Thema sollte man aber immer auch anmerken, dass das, was wir als „Post Covid“ bezeichnen, bei anderen Viruserkrankungen als „Chronic Fatigue Syndrome“ durchaus schon bekannt ist. Anscheinend ist die Wahrscheinlichkeit bei Covid etwas größer als bei klassischen Grippeviren, was aber auch daran liegen kann, dass wir gegen dieses spezifische Corona-Virus noch keine Abwehrkräfte hatten.
Die hohe Zahl der Post Covid und ME/CFS-Fälle bedeutet jetzt natürlich in der Tat, dass es umso wichtiger ist, angemessene Ressourcen in die Erforschung zu investieren, um dem Thema auf den Grund zu gehen und den Betroffenen helfen zu können. Ob die 50 Millionen, die Karl Lauterbach da nun plant, ausreichen, kann natürlich bezweifelt werden… aber bei diesem Schuldenbremsen-Fetischismus ist wohl nicht mehr Geld vorhanden, um das Leid vieler Menschen zu lindern…
Vielleicht entsteht diese Empfehlung aus Mangel an Alternativen…
Hierbei kann die Patientenleitlinie wenigstens helfen.
Problem ist und bleibt doch erstmal, dass es keine schnelle und effektive Therapie gibt! Und die Empfehlung, sich zu schonen ist jetzt auch nicht befriedigend. Somit bleibt es für alle Beteiligten schwierig.
Es gibt ja eben doch eine Alternative, nämlich Pacing (Energiemanagement). Pacing ist die einzige Möglichkeit, keine Krankheitsverschlechterung zu riskieren und daher defacto alternativlos.
Die Empfehlungen für Aktivität entstehen aus einem falschen Krankheitsverständnis, dass durch jahrzehntelange fehlgeleitete und manipulierte Forschung in Richtung Psychosomatik zustande gekommen ist. Die Hypothese war, dass die schlechte körperliche Verfassung daher zustande kommt, weil die Menschen sich übermäßig schonen. Und sie schonen sich aufgrund ihrer schlechten körperlicher Verfassung. Diesen vermuteten Teufelskreis wollen sie unterbrechen, indem sie Patientinnen zu Sport anregen - oder notfalls zwingen. Sie tun das im besten Gewissen - weil sie es nicht besser wissen und nicht auf die Patientinnen hören. Sie könnten und müssten es aber besser wissen. Es gibt wissenschaftliche Literatur, die zeigt, dass die Hyptothese und vor allem der Therapieansatz der Aktivierung nicht taugt. Die zwei Studien, die mal das Gegenteil behauptet haben, waren hardcore manipuliert (eine davon ist der PACE-Trial: Die PACE-Studie - ein Skandal | ME/CFS Freiburg).
Diese falsche Krankheitsüberzeugung geht so weit, dass manche Patient*innen die Diagnose der Neurasthenie bekommen (aktueller Begriff für Hysterie).
Nein, sich zu schonen ist unglaublich schwer und unerträglich. Aber sich nicht zu schonen macht die Krankheit noch schlimmer. Wie bereits erwähnt sterben auch Menschen an der Krankheit (und der Unfähigkeit von Gesundheitseinrichtungen, mit der Krankheit umzugehen).