LdN345 - Paus vs. Lindner / Offene Fragen zur Kindergrundsicherung

In Folge 345 wurden die geplanten Gesetzesentwürfe diskutiert. Ab Minute 34 wurde der Gesetzesentwurf zur Kindergrundsicherung behandelt, der die Leistungen zur Bildung und Teilhabe integrieren soll. Die geplanten Änderungen erscheinen mir ungerecht.

z. B. die Kostenübernahme der Mittagsverpflegung läuft so ab: Der Empfänger von Sozialleistungen reicht zu Schul- oder Kitajahresbeginn einen Antrag ein, der lediglich den Namen des Kindes und den geplanten Zeitraum enthält. Dazu kommt noch eine Bestätigung der Einrichtung. Die Kosten werden dann monatlich direkt an den Anbieter überwiesen. Dies ist weniger komplex, als in Minute 36:50 dargestellt.

Nehmen wir an, ein Schüler benötigt Nachhilfe, ist im Sportverein, möchte an einer Klassenfahrt teilnehmen und isst mittags in der Schule:

  • Schulbedarf: 116 € im September und 58 € im Februar.
  • Teilhabebedarf: 15 € pauschal pro Monat, auch wenn der Vereinsbeitrag nur 50 € pro Jahr beträgt.
  • Schulausflug: z. B. 80 € einmalig.
  • Mittagessen: z. B. 60 € pro Monat.
  • Lernförderung: z. B. 50 € pro Monat.

Das Bürgergeld beträgt derzeit etwa 420 € (ohne Wohn- und Heizkosten). Daher müssten etwa 550 € verfügbar sein, um die monatlichen Bedürfnisse + Schulsachen zu decken. Wenn ein Schulausflug ansteht, müssen auch diese Kosten gedeckt werden. Eine Kindergrundsicherung von weniger als 600 € wäre daher eine Verschlechterung.

Ein erwachsener Empfänger von Sozialleistungen erhält derzeit 502 € Bürgergeld. Daher wäre es schwer, all diese Ausgaben zu decken, selbst wenn Sachbearbeiter eingespart werden.

Es wäre natürlich einfach, wenn Familien ohne Anträge mehr Geld erhalten. Aber die Bildungs- und Teilhabeleistungen zielen darauf ab, die Teilhabe von Kindern zu fördern. Sie decken spezifische Bedürfnisse ab, wenn Bedarf besteht. Bei einer Kindergrundsicherung von nur 500 € sind Eltern vielleicht nicht bereit, zusätzliche Kosten für Nachhilfe zu tragen.

Und wie sollen Eltern eine 500 € teure Abschlussfahrt nach Budapest finanzieren, wenn die Kindergrundsicherung sogar bei 600 € liegt?

Was sind die Auswirkungen auf Familienzuschläge bei Beamten, wenn das Kindergeld stark ansteigt?

Wie betrifft dies Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die normalerweise kein Kindergeld erhalten?

Ungefähr bei Minute 50 erläutert ihr, dass die Gesetze von Paros und Lindner in keinen Zusammenhang stehen.
Davor habt ihr jedoch sehr schön den Zusammenhang zwischen den Gesetzen erklärt:
Geld - Prioritäten

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Nach einem aktuellen Artikel der Süddeutschen ist der Entwurf des Gesetzes zur Kindergrundsicherung ziemlich unausgegoren. Die Familienkassen werden in Familienservice umbenannt und sollte Leistungen erbringen, die bislang durch die Jobcenter erledigt wurden. Es gibt aber viel weniger Familienkassen als Jobcenter, sie verfügen über viel zu wenig und in diesen Fragen kompetentes Personal und bei ihnen liegen die notwendigen Informationen nicht vor. Eine Umsetzung bis Anfang 2025 ist mehr als fraglich und der Anspruch, das Eltern die Gelder nicht länger beantragen müssen, wird nicht erfüllt werden.

(Vermutlich hinter Paywall)

Es gibt tatsächlich weniger Jobcenter als Familienkassen und auch sind die Familienkasse personell noch nicht ausreichend ausgestattet.

Aus folgenden Punkten sollte dies aus meiner Sicht (fast) egal sein:

  • Die Antragsstellung und Sachbearbeitung soll digitaler als bisher funktionieren. Somit sagt allein die Anzahl der Familienkassen wenig aus, da eine persönliche Antragsstellung und Betreuung nicht geplant ist (ob es also pro Stadt / Landkreis oder pro Regierungsbezirk eine solche Behörde gibt, sollte egal sein).

  • Auch ist die Anzahl des Personals nicht direkt mit den Sachbearbeitern der Jobcenter zu vergleichen. Für unseren Landkreis kommen die Rechtsgebiete AsylbLG und SGB XII vermutlich auf nicht einmal einen Sachbearbeiter für die Leistungen zur Bildung und Teilhabe.

  • Kompetenz kann man aufbauen. Zumindest in Bayern gibt es bereits jetzt sehr ausführliche Handreichungen für die Gewährung von Leistungen zur Bildung und Teilhabe. Der einfache Sachbearbeiter in diesem Familienservice sollte damit klarkommen. Auch die Informationen können bis 2025 gewonnen werden.

  • Schließlich hat es auch bei der Aufteilung des BSHG in das SGB II und SGB XII geklappt. Damals wurden die Sachbearbeiter, die bis dahin in den Sozialämtern waren, in die neuen Jobcenter versetzt.

Aktuell ganz wichtig ist aber folgendes: Es gibt immer noch keinen konkreten Gesetzesentwurf. Erst wenn dieser vorliegt, kann die benötigte Fachkenntnis und der Umfang der übertragenen Aufgaben festgestellt werden. Wie genau sollen die bisherigen Leistungen zur Bildung und Teilhabe in die Kindergrundsicherung integriert werden?

Also das ist doch irgendwie ein riesiger Kindergarten, anders kann ich das Theater nicht beschreiben…

Soviel zur Aufforderung zur besseren Kommunikation. :smile:

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