LdN345: Grand jury vs. trial jury

Im Beitrag zum neuerlichen Trump indictment kann man den Eindruck gewinnen es ist gemeint, dass die Jurors der Grand jury die Jury in der „Hauptverhandlung“ sind und somit beeinflusst werden. Nach meinem Verständnis sind das zwei verschiedene Dinge. Ich denke die haben ihre Arbeit mit dem Indictment bereits getan und das Problem ist „nur“, dass es kein ordentlicher Umgang in einem Rechtsstaat ist, die jetzt zu bedrohen. Kann das jemand mit mehr Detailkenntnissen zu U.S. Recht bestätigen oder widersprechen?

Die Grand Jury entscheidet nur über eine etwaige Anklageerhebung. Eine komplett neu zusammengestellte Jury wird später über Trumps Schuld entscheiden.

Danke dir. Das bestätigt was ich bisher verstanden hatte. Trotzdem meiner Meinung nach in der Folge der falsche Eindruck erweckt wird, die Namen der Trial Jury wären schon öffentlich, ist der generelle Punkt trotzdem richtig. Es muss alles dafür getan werden, die Jury vor solchen Bedrohungen/Beeinflussung zu schützen. Mit der Energie die einige da bereits gezeigt haben, kann ich mir durchaus vorstellen dass das nicht einfach wird. Ist halt schwierig, wenn Leute anfangen das gesamte politische System in Frage zu stellen (Deep state usw.).

Hallo zusammen,

auch ich interessiere mich sehr für die Causa Trump und die dazugehörigen Verfahren.
Mein Anliegen passt vielleicht nicht zu 100 Prozent in diesen Beitrag, aber ich möchte es doch einmal versuchen.

So wie ich das verstanden habe, wird in den Verfahren ja eine Jury am Ende über die Schuld oder Unschuld von Trump befinden bzw. diese feststellen.

Dazu habe ich einige Fragen:

  1. Muss das Jury-Urteil wirklich einstimmig erfolgen?
  2. Ist es richtig, dass sowohl Staatsanwaltschaft, als auch Verteidigung die Jurymitglieder in einer Art Auswahlverfahren bestimmen und ggf. auch Mitglieder ablehnen können?
  3. Wie oft darf die jeweilige Seite ggf. ein Jurymitglied ausschließen bzw. als Mitglied verweigern?

Hintergrund meiner Fragen ist folgender:

Nehmen wir hypothetisch an, dass wir eine 12köpfige Jury haben.
11 der Mitglieder sind von der Schuld überzeugt. 1 Mitglied ist von der Schuld nicht überzeugt bzw. stimmt aufgrund seiner politischen bzw. loyalistischen Ansichten einfach dagegen.
Ist es dann wirklich so, dass Trump bei der Konstellation nicht verurteilt werden würde?

Das wäre meiner Meinung nach ja völlig absurd. Das würde unterm Strich ja bedeuten, dass die Verteidigung bei der Juryauswahl ja „nur“ dafür sorgen müsste, das eine absolut Trump-loyale Person in den Kreis der Jury mit aufgenommen wird.

Übersehe ich hier irgendetwas oder ist dies tatsächlich die Art und Weise, wie über Schuld bzw. Unschuld entschieden wird?

Ich freue mich über Antworten.

Freundlich grüßt
Red

Nach meinem Verständnis (welches nur auf einer Vorlesung vergleichender Rechtswissenschaften vor 15 Jahren und vielen amerikanischen Berichterstattungen beruht, also keinesfalls sicher ist…):

  1. Ja, aber wenn die Jury nicht zu einem einstimmigen Urteil kommt ist das Resultatkein Freispruch, sondern ein „mistrial“. Daher: eine sog. „Hung Jury“ führt dazu, dass das Verfahren einfach wiederholt werden muss.

  2. Soweit ich weiß werden mehr Jury-Mitglieder berufen, als benötigt werden. Jede Seite darf dann eine begrenzte Zahl Jury-Mitglieder rauswerfen.

  3. Wer einmal von einer Seite abgelehnt wird, ist raus aus der Sache…

Das durchaus realistische Resultat der von dir geschilderten Situation wäre somit ein Mistrial wegen „hung jury“ und damit eine Neuauflage des Verfahrens lange nach der Wahl. Die Staatsanwaltschaft wird daher bei der Jury-Auswahl sehr bemüht sein, etwaige Trump-Loyalisten abzulehnen.

Tatsächlich sagen manche Anwälte, dass derartige Verfahren eher in der Jury-Auswahl als im eigentlichen Prozess entschieden werden…

@Daniel_K vielen Dank für Deine Antwort.

Ich hatte gehofft, dass es diese Art der Vorgehensweise nur in Filmen gezeigt wird und daher eher fiktiver Natur ist. Leider ist dem ja nun allen Anschein nach nicht so.

Wenn zum Beispiel sowohl Staatsanwaltschaft, als auch Verteidigung jeweils nur 3 mal jemanden als Mitglied ablehnen dürfen, dann ist das doch irgendwie fragwürdig, wenn es dann schlussendlich zu einer „hung jury“ kommt und dann alles erneut von vorn wiederholt wird.

Ist sicherlich ein Äpfel-mit-Birnen-Vergleich, aber bei Urteilen des US Supreme Court reicht auch ein Mehrheitsbeschluss aus. Das dies ist einem Rechtsverfahren nun anders ist, entbehrt für mich jedweder Logik.

Es hängt ja auch insgesamt davon ab, wie genau die eventuellen Kandidaten für eine Jury im Vorfeld ausgewählt werden. Darüber habe ich leider auch keine Kenntnis. Vermutlich wohl im Zufallsverfahren?

Zusammenfassend bleibt wohl zu sagen, dass die nächsten 12 - 15 Monate sehr spannend werden für thematisch Interessierte.

Red

Ja, das ist wirklich nicht dasselbe. Fälle vor dem Supreme Court sind ja zivile Fälle, also gibt es zwei Seiten, die beide glauben im Recht zu sein, und das Gericht muss Stellung in die eine oder andere Richtung beziehen.

Bei Trump handelt es sich um ein Strafverfahren, die Frage ist schuldig oder nicht schuldig, und da gilt eben „im Zweifel für den:die Angeklagte:n“. Und wenn ein:e Juror:in für nicht schuldig plädiert, besteht offenbar Zweifel.

Vielen Dank auch für Deine Antwort.

Allerdings lässt mir eine Sache keine Ruhe.
Die Fanbasis von Trump ist ja inzwischen dermaßen blind und darüber hinaus eingeschworen auf ihn, dass Fakten, Logik und vermutlich selbst Beweise gar keine Rolle mehr spielen. Seine Fans halten ihm auch dann die Treue.

Wenn also nun einer seiner loyalen Fans es schafft Mitglied in der Jury zu werden, dann könnte dieser doch trotz aller vorliegenden Beweise einfach aufgrund seiner Loyalität sich gegen ein Schuldurteil stellen oder nicht? Oder sind die Jury-Mitglieder irgendjemandem Rechenschaft schuldig bzw. müssen sich die Jury-Mitglieder dann irgendwie erklären, warum sie trotz Faktenlage nicht für einen Schuldspruch sind?

Wenn einer seiner Fans also für nicht schuldig stimmt, dann ja nicht, weil offenbar Zweifel bestehen (die Beweise und Fakten sind ja eindeutig), sondern weil er es aus Treue bzw. Loyalität tut und dabei die Fakten bzw. Wahrheit nicht berrücksichtigt.

Um es konkret an einem Beispiel zu zeigen:
Obwohl von mehreren Gerichten bzw. Stellen inzwischen festgestellt wurde, dass es keinen Wahlbetrug gegeben hat, glauben seine Anhänger trotz dieser Fakten bzw. trotz fehlender Beweise eines Wahlbetrugs an eben denselben.

Übertragen auf die anstehenden Verfahren könnte ja einer dieser - ich nenne ihn mal provokant Realitäts- bzw. Wahrheitsverweigerer - es in die Jury schaffen und dann mit seiner Stimme zumindest vorerst für eine Nichtverurteilung bzw. kein Urteil sorgen.

So etwas alleine empfinde ich persönlich als völlig paradox. Dieses Jury-System in den USA hat dadurch ja eindeutige Schwächen. Trotz Beweisen, Fakten usw. würde es dann vorerst zu keinem entsprechen Schuldspruch kommen. Der gesamte Prozess würde wieder neu aufgerollt werden müssen, mit der Gefahr, dass es wieder zu so einer Situation kommt.

Ich habe in einem Beitrag im Netz irgendwo gelesen, dass es die Staatsanwaltschaft trotz der eindeutigen Fakten bzw. Beweise vermutlich sehr schwer haben wird. Der Grund dafür ist, dass sie eine 12-köpfige Jury benötigen, die alle von der Schuld Trumps überzeugt sind.
Die Verteidigung muss es hingegen nur schaffen, ein einziges Jury-Mitglied zu überzeugen.

Das ist für mich bisher eben logisch nicht nachvollziehbar, wie auf solcher Grundlage ggf. Urteile gefällt werden sollen.

Red

Das sind schon grundverschiedene Sachen. Die Jury entscheidet nur ob Schuldig oder Unschuldig, im Mittelpunkt steht hier eher die Tatsachenebene, weniger die Ebene der rechtlichen Würdigung. Ein Kollegialgericht (wie der Supreme Court oder auch BGH und BVerfG) nimmt hingegen teilweise sogar ausschließlich die juristische Würdigung vor.

Da geht es dann oft um juristische Glaubensfragen, über deren Streitstand man ganze Bibliotheken füllen könnte… dass da auch „Frage drei Juristen, bekomme 5 Meinungen“ gilt ist nicht verwunderlich. Ziel ist es aber gerade, in diesen abstrakten rechtlichen Fragen mit einem Mehrheitsbeschluss Rechtssicherheit zu schaffen.

Wenn man bedenkt, wie ideologisch aufgeladen der Supreme Court (und auch die - teils nach Partei gewählte, teils von der Politik eingesetzte - Richterschaft in den USA generell) ist, kann man wohl aus gutem Grund davon ausgehen, dass alle von dir genannten Probleme auch bei einem auf Richtern basierenden System möglich wären. Es gibt kein perfektes Justizsystem.