Folgende Stelle im Podcast hat mich aufhorchen lassen (ab ca. 8min Laufzeit):
Ulf: „Naja, Renditen kämen ja durch Wachstum zustande. Allerdings sei dieses Wachstum im Angesicht des Klimawandels und angesichts der Endlichkeit der Ressourcen auf dieser Erde gerade auf Dauer nicht mehr zu leisten. Was halten Sie davon?“
Frau Schnitzer: „Man kann auf jeden Fall nicht sagen, dass Aktienrenditen mit Wachstum gleichzusetzen. Aktienrenditen ergeben sich einfach dadurch, dass Unternehmen auch in Zukunft etwas erwirtschaften. Unternehmen werden auch in Zukunft etwas erwirtschaften und dadurch profitiert man und dann werden auch Renditen abgeworfen.“
Ist das wirklich so? Ein Unternehmen, was immer exakt gleich wirtschaftet (gleicher Umsatz, gleicher Gewinn) wird seinen Aktienkurs halten. Dabei lasse ich mal kurzfristige Spekulationen außer acht. Betrachten wir einfach mal den Mittelwert über einige Jahre. Der wird sich nicht ändern. D.h. man kann diese Aktie nicht gewinnbringend verkaufen. Der Kurs kann nur steigen, wenn das Unternehmen wächst und mehr Umsatz und Gewinn einfährt.
Oder habe ich da was Falsch verstanden??
PS: Mit dem Konzept der Inflation muss ein Unternehmen sogar wachsen, damit Umsatz und Gewinn gleich bleiben, oder?
Die Rendite umfasst nicht nur die Veränderung des Kurses, sondern auch eine zwischenzeitlich gezahlte Dividende. Wenn das Unternehmen also „etwas erwirtschaftet“, also einen gewissen Profit erzielt, wäre durch die Dividendenzahlungen auch bei gleichbleibendem Aktienkurs eine Rendite vorhanden.
Unternehmen mit viel Anlagevermögen, insbesondere solches, welches Wertsteigerungen aufweisen kann (Grund und Boden, Immobilien) kann natürlich auch durch die Preisentwicklung eine Rendite erzeugen. Daher: Auch wenn nur das alte Anlagevermögen aus dem laufenden Geschäftsgewinn nur erhalten oder gelegentlich modernisiert wird (also keine Expansion stattfinden) kann es zu einer Wertsteigerung des Anlagevermögens und damit steigenden Aktienkursen kommen.
Die Kurse einer Aktie können auch ohne Wachstum steigen. Wenn das Unternehmen z.B. durch Automatisierung und damit verbundene Kostensenkung profitabler wird und somit zwar nicht der Umsatz, aber der Gewinn steigt, wird durch höhere Dividenden auch der Aktienwert i.d.R. steigen.
Grundsätzlich hast du einen Punkt - wirklich massive Kursgewinne sind meist nur durch Expansion zu erwarten. Aber kleine Kursgewinne, die durchaus die Inflation deutlich übersteigen können, sind auch ohne Expansion (also Wachstum) möglich, durch die Dividenden sind aber auch hohe Renditen bei konstantem Kurs möglich.
Man kann in jedem Fall hinterfragen, ob ohne Wachstum realistisch betrachtet eine hinreichende durchschnittliche Rendite erzielt werden kann, um nicht nur die Inflation auszugleichen, sondern auch noch eine Rente zu finanzieren. Das ist auf jeden Fall eine berechtige, kritische Frage.
Nein, es muss nicht zwingend wachsen. Es könnte auch Produktiver werden.
Den Rest hat @Daniel_K gut erklärt. Entscheidend ist die Dividendenhöhe. Kursgewinne sollte man nie einkalkulieren, es sei denn es handelt sich um ein Threshold Margin Konzept. Das ist aber spekulativer als auf die Rendite durch Dividende zu setzen.
Um diese Frage gibt es viele Diskussionen. Eine populäre kapitalismuskritische Position ist, dass Unternehmen (im Durchschnitt, ist im Folgenden immer gemeint) nur Gewinne erzielen können, wenn es Wirtschaftswachstum gibt. Dieser These widerspricht Frau Schnitzer implizit. Die beste (aber ohne Fachkenntnisse nicht leicht zu lesende) Analyse, die Schnitzers Sichtweise stützt, ist ein Paper von Wenzlaff, Kimmich et al. 2014 („Theoretische Zugänge eines Wachstumszwangs in der Geldwirtschaft“).
Nach dieser bislang meines Wissens nicht widerlegten Analyse können Unternehmen auch bei Nullwachstum jedes Jahr Gewinne erzielen (Annahmen: konstante Bevölkerung, null Inflation). Diese müssen aber z.B. in Form von Dividenden ausgeschüttet und dann für Konsum ausgegeben und nicht angespart und investiert werden, sonst steigt ja der Kapitalstock, was wieder Wachstum produzieren würde. Ersatzinvestitionen hingegen sind ja auch bei null Gewinnen aus den Einnahmen finanzierbar, die als Abschreibungen verbucht werden und gar nicht in den offiziell ausgewiesenen Gewinn eingehen (anders gesagt, der EBITDA muss positiv sein, aber nicht der Jahresüberschuss nach HGB); der Erhalt des Kapitals eines Unternehmens setzt also keine einbehaltenen Gewinne voraus. Die Aktienkurse bleiben dann natürlich konstant, weil Gewinne eben nicht einbehalten oder reinvestiert werden.
Im Fall von Inflation würden die Aktienwerte dann mit der Inflationsrate steigen, also nominal wachsen aber real betrachtet konstant bleiben.
Im Umkehrschluss heißt das in der Tat, dass Aktienkurse (real betrachtet) nicht mehr steigen könnten, wenn es auf Dauer kein Wirtschaftswachstum gibt und die Marktteilnehmer das auch so erwarten. In dem Moment, in dem die Wachstumserwartungen auf null fallen, würden Aktien an Wert verlieren, weil bereits eingepreiste künftige Cashflows dann nach unten korrigiert werden.
Ich schließe mich den Vorrednern an und will auf folgendes Detail nochmal eingehen:
Laut klassischer Wirtschaftslehre ist die Inflation selber eine Folge des Wachstums. Wenn das Wachstum also aufhört, sollte demnach auch die Inflation gegen null sinken.
Allerdings denke ich trotzdem das man skeptisch sein kann, das eine Aktienrente deren Rendite fast ausschließlich aus Dividenden besteht (ohne Wachstum) genug Rendite abwirft um unser Renten-Problem zu lösen. Vor allem wenn wir jetzt schon keine Überschüsse zum Investieren haben und stattdessen mit Zins behaftete Kredite investieren wollen. In der Praxis wird bei Aktien fast immer auf Kurssteigerungen spekuliert, und Dividenden oder buy backs sind nur in sofern interessant das sie die Kurssteigerungen befeuern (und selber eben einen kleinen Teil zur Gesamt-Rendite beisteuern). Die 7% Rendite pro Jahr sind ohne Wachstum wohl kaum zu haben. Oder kennt sich da jemand besser aus? Gilt natürlich immer noch besser eine kleine Rendite als gar keine Rendite.
Das ist bei mir mir schon der Punkt, wo ich mit der ganzen Geldtheorie Probleme habe. Ich stimme dir zwar grundsätzlich zu, dass es mehr Geld geben muss, wenn mehr Waren bzw. Dienstleistungen erzeugt werden, weil eben die Wirtschaft wächst.
Aber dann drängt sich mir mir aber automatisch die nächste Frage auf: Wie viel Geld sollte es idealerweise auf der Welt geben? Soviel, dass man auf einen Schlag alle Waren kaufen und alle Dienstleistungen einmalig in Anspruch nehmen könnte? Oder genau soviel, dass Waren und Dienstleistungen permanent zirkulieren können, quasi immer vom Erzeuger zum Verbraucher? Aber was ist dann mit Vermögensanhäufung? Die wäre dann doch quasi „eine Störung in der Matrix“.
Genau an der Stelle merke ich dann immer, dass Geld als Tauschmittel zwar total naheliegend ist, aber auf Systemebene ziemlich komplex und sogar widersprüchlich ist.
Du musst dich mit dem FIAT Geld beschäftigen, dann lösen sich viele Fragen von alleine.
Danach kannst du dich mit dem Gold Standard, besonders mit dem Bretton Woods System auseinandersetzen.