LdN340 Hass im Netz

Frage zum Thema Sperren von Accounts auf Plattformen: Warum ist es nicht verpflichtend, dass man sich auf den gängigen Plattformen ausweisen muss? Sprich ich melde mich mit einem mir eindeutig zugewiesenen Identifikationsmerkmal an, z.B. mit der Nummer meines Personalausweises.

Oder man greift zur Identifikation eines Accounts auf andere Daten zu. Ich denke da beispielsweise an Zahlungsdaten, die man bestimmt auch bei Facebook oder Twitter hinterlegen kann, wenn man bestimmte kostenpflichtige Dienste nutzt. Könnte man nicht auch hierüber Personen zu Accounts identifizieren?

Genau den Gedanken hatte ich auch. Am besten mit eID, dann pushen wir auch die Digitalisierung. Entweder eID bei Account-Eröffnung, oder zusätzlich noch jedesmal eID, sobald ich mich in den Dienst konkret einlogge oder die App auf dem Handy öffne (dann hätte man sogar die konkrete Session der Tat individualisiert) - würde aber vermutlich einen Aufschrei geben, wenn man das durchsetzen wollte…

Weil es dann nur eine Frage der Zeit ist, bis Dumps dieser Datenbanken mit mehreren Millionen Datensätzen im Netz landen.

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Ich wär für eine Regelung wie beim Blitzen beim Autofahren. Haftbar ist immer erstmal der Accounthalter (entsprechend des Fahrzeughalters). Behauptet der, er wäre es nicht gewesen (vergleiche „Nein, das bin ich nicht auf dem Blitzerfoto!“), muss offen gelegt werden, wer gepostet hat. Wer das nicht kann, wird haftbar gemacht und verpflichtet, ein Accountbuch zu führen.
Hier gilt es im Detail u.U. Härten durch tatsächlichen Accountdiebstahl abzufedern. Könnte mir aber vorstellen, dass sich da was findet.

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Hallo, pragmatischer Verwaltungstyp hier: Warum nicht einfach wie beim Blitzen handhaben? Wen ich nicht eindeutig auf dem Blitzer-Foto zu erkennen bin, muss ich als Fahrzeughalter irgendwann ein Fahrtenbuch führen. Werde ich dann nochmal auffällig, muss ich nachweisen können, wer das Auto gefahren hat.
Der Account oder die IP-Adresse ist nicht eindeutig auf die Person zurückzuführen. Dann muss nach einem Vergehen der „Halter“ (IP-Adresse oder Account-Besitzer) dafür Sorgen, dass damit nicht nochmal so etwas passiert bzw. es eine Pflicht gibt den Account mit einem Kennwort zu sperren o. ä. (quasi das Fahrtenbuch).
Verschiedene Instrumente für verschiedene Probleme, aber es gibt doch welche, die dem Rechtsstaat zur Verfügung stehen.
PS: Für öffentliche WLANs muss es natürlich eine Lösung geben, die diese Angebot nicht unmöglich machen.

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Eine Ausweispflicht wäre für die Betroffenen von Hass sicher am einfachsten. Aber leider gibt es dann auch keinen Raum mehr, sich zB als Teil der queeren Community anonym in den sozialen Medien zu bewegen, weil man Angst hat vor Repressalien in der analogen Welt. Auch für Reporter*innen die aus Diktaturen berichten wäre das ein Problem.

Ich habe noch eine andere Frage: Hat jemand verstanden, warum Accountsperren jetzt so viel besser sind als die Erweiterung des Auskunftsanspruchs? Klar, mit vielen IP Adressen kann man nichts anfangen. Aber bei Accountsperren ist die Gefahr, dass der/die Täter*in sich einfach direkt einen neuen Account anlegt ja riesig. Alles was ich bisher an Hass abbekommen habe kam von kleinen Accounts oder Fake-Accounts - denen wäre so eine Sperre sehr egal. Mit der IP-Adresse hätte ich wenigstens in manchen Fällen irgendwen gegen den ich rechtliche vorgehen kann. Das ergibt für mich keinen Sinn.

PS: Ulf, wenn die Debatte wirklich so komplex ist, wie ihr das erklärt habt, sind dann so Wörter wie „niedlich“ nicht super herablassend? Auch „IP-Adressen-Fetischismus“ klingt sehr nach BILD und wenig nach euch.

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Die ganze Klarnamendiskussion hatten wir ja schon… es gibt ja durchaus gute Gründe, warum man Plattformen nicht zwingen sollte, Nutzer dazu zu zwingen, ihre Identität preiszugeben. In vielen Ländern wird man eben nicht nur dafür bestraft, dass man Leute beleidigt oder bedroht, sondern auch dafür, dass man vorsichtige Kritik an der Regierungsarbeitet übt. Oder die Monarchie in Frage stellt. Oder anregen möchte, dass Politiker gewählt und nicht ernannt sein sollten. Oder einen Krieg Krieg nennt. Wenn man denen die Anonymität nimmt, ist das vielleicht nicht die beste Idee falls man Menschenleben in erster Näherung als schützenswert ansieht.

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Nicht nur für öffentliche WLANs, sondern auch z.B. für Wohngemeinschaften.

In einer Familie können die Eltern vielleicht noch „kontrollieren“, was die Kinder dürfen (und u.U. die Kinder sogar überwachen, was moralisch aber schon ausgesprochen fragwürdig ist!), aber spätestens in einer WG funktioniert diese Logik nicht mehr (aber auch zwischen Partnern wird es schon schwierig). Als Anschlussinhaber einer WG kann, darf und will ich meine Mitbewohner nicht kontrollieren, ich kann auch nicht protokollieren, wer wann das Internet nutzt (und selbst wenn ich es könnte, würde ich es nicht wollen und wohl auch nicht dürfen!).

Der Internetanschluss ist hier gerade nicht mit dem Auto vergleichbar, weil das Auto als Sache eben immer nur von einer Person geführt werden kann - im Internet können stets alle angeschlossenen Personen gleichzeitig und unabhängig voneinander agieren, hier müsste man daher offensichtlich unzulässige Überwachungsmaßnahmen vornehmen, wenn man den konkreten Verursacher finden möchte.

Ich halte eine Ausweispflicht nur in begrenzten Angeboten für vertretbar, keinesfalls für „das gesamte Internet“. Bedeutet: Es sollte einer Plattform wie diesem Forum oder Facebook möglich sein, nur per Ausweis verifizierte Teilnehmer zu akzeptieren, aber das sollte weiterhin eher die Ausnahme bleiben.

Soziale Netzwerke wie Facebook würden eine solche auf Freiwilligkeit basierende Authentifizierung niemals einführen, weil diese Netzwerke auf die schiere Masse an Nutzern angewiesen sind (Marktwert = Anzahl Nutzer * Informationen über Nutzer). Daher mache ich mir da grundsätzlich wenig Sorgen. Gleiches gilt auch für Online-Spiele.

Kommentarspalten unter Nachrichtenartikeln oder Foren wie dieses hier hingegen könnten durchaus ein Interesse an einer Ausweis-Verifikation haben, weil das letztlich Service-Leistungen sind, bei denen „weniger, aber dafür bessere Inhalte“ vermutlich sogar wünschenswert sind (die meisten Online-Nachrichten haben ihre Kommentarfunktion ja leider eingestampft, weil der Moderationsaufwand zu hoch ist, was bei einer Ausweis-Verifikation vermutlich deutlich weniger problematisch wäre).

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Danke für deine Antwort und sinnvollen Ergänzungen Daniel.
Es geht nicht, um Kontrolle von anderen Menschen, sondern, dass nach einer ersten Verwarnung der mutmaßliche Halter (sprich Accountbesitzer) beim zweiten Mal nicht mehr damit herausreden kann, dass es ja jemand anderes sein könnte. In der ersten Verwarnung wurde er ja darauf hingewiesen, dass er seinen Account schützen muss. Wenn er einen weiteren Missbrauch durch Dritte nicht verhindern kann, muss er halt mindestens ein (erhebliches) Bußgeld in Kauf nehmen.

Dieses Verstecken hinter (fiktiven) Dritten und das Instrument „Verwarnung“ hat mich nur auf diesen Analogie mit dem Blitzer gebracht…

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Bei Accounts ist das ein absolut nachvollziehbares Vorgehen, aber du hattest ja auch mit IP-Adressen argumentiert. Daher wollte ich nur darauf hinweisen, dass es bei IP-Adressen etwas komplizierter ist.

Ein Account ist eben „persönlich“, da kann man das Passwort ändern und dafür sorgen, dass kein Dritter den Account missbrauchen kann (und mit 2-Faktor-Authentifizierung i.d.R. auch Accountdiebstähle verhindern, wobei Hacking und Accountdiebstahl beim Thema Wiederholungstäter eher nebensächlich sind). Der Internetzugang wird hingegen aus nachvollziehbaren und oft unvermeidbaren Gründen geteilt und kann nicht (verhältnismäßig) überwacht werden, vor allem nicht, wenn die Nutzer nicht füreinander einstehende Erwachsene sind (wie in einer WG).

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Ja Du hast Recht, unterschiedliche Dinge. Aber auch bei IP-Adresse wird mir nicht klar, wieso das nicht genauso gemacht wird wie beim Auto…

Wenn mein Kind Mist verzapft, muss ich dafür gerade stehen. Beim ersten Mal gibt’s ja nur eine Verwarnung. Dann habe ich die Chance pädagogisch auf mein Kind einzuwirken. Beim zweiten Mal Bußgeld. Spätestens dann sollte man darüber nachdenken, ob das Kind mit dem Internet umgehen kann und uneingeschränkten Zugang haben sollte.
(Ich möchte darauf hinweisen, dass ich nicht davon ausgehe, dass die meisten Täter minderjährig sind).

Wenn mein Mitbewohner Hass im Netz verbreitet, sollte ich mich fragen, ob ein getrennter Anschluss nicht vielleicht angebracht wäre.

Ich hoffe Du kannst darauf eingehen, weil ich es wirklich verstehen will. Meine Idee erscheint mir selbst zu einfach…

Das größte Problem ist:
Stell dir eine 6er-WG vor. In einer WG ist nicht immer jeder mit jedem befreundet. In vielen Städten vermieten die Vermieter die WG-Zimmer sogar einzeln weiter (und sind dann die Anschlussinhaber, obwohl sie nicht mal in der WG wohnen), sodass die einzelnen Mitbewohner gar keinen Einfluss darauf haben, mit wem sie zusammen leben.

Es ist einfach nicht möglich, den Urheber wirklich zu finden. Der Anschlussinhaber hat zivilrechtlich (wenn es z.B. um Urheberrechtsverletzungen oder Unterlassungsansprüche wegen Beleidigungen geht) die Pflicht, an der Aufklärung dahingehend mitzuwirken, dass er mitteilt, wer Zugang zum Anschluss hat. Das war’s aber auch. Würde man hier eine Störerhaftung annehmen, würde man das gesamte Wohnkonzept „WG“ faktisch abschaffen, weil kein Anschlussinhaber mehr das Risiko für den Internetanschluss tragen wollen würde.

Getrennte Anschlüsse sind zudem i.d.R. nicht möglich - eine Wohnung hat in der Regel nur einen Anschluss.

Strafrechtlich wird’s noch problematischer, denn da gibt es keine Störerhaftung. Daher: Der Anschlussinhaber muss gar nicht mitwirken oder sonst was beweisen, sondern die Staatsanwaltschaft muss beweisen, wer der Täter ist. Das geht theoretisch nur durch Hausdurchsuchungen für die gesamte WG, aber das das Unverhältnismäßig ist, weil zwangsläufig auch Unschuldige durchsucht würden, sollte klar sein.

WGs und Internetanschlüsse sind da einfach ein sehr schwieriges Thema.

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Danke fürs Teilen deines Wissens. Ich verstehe deine Argumente auch größtenteils (hoffe ich).
Wenn ich das richtig verstehe, sind wir im Kontext Familie also schonmal weiter mit dem Verfahren wie beim Blitzer… Da hattest Du zumindest nix mehr zu gesagt.
In der WG wird es dann noch komplizierter, verstehe ich. Es müsste also eine technische Möglichkeit geben, dass die Anschlüsse gesplittet werden.
Wenn der Vermieter Anschlussinhaber ist und zur Kasse gebeten wird, wird der wahrscheinlich alle WG Bewohner in Geiselhaft nehmen. Ich glaube aber, dass das bei anderen Vergehen ebenfalls so ist. Wenn mein Mitbewohner ein Meth-Labor in seinem Zimmer betreibt, zieh ich entweder aus oder werde irgendwann vom Vermieter ausgezogen, ob ich das wusste oder nicht.

Bei schweren Straftaten eine Wohnung zu durchsuchen, finde ich jetzt auch nicht so dramatisch. Wenn wir aber von Beleidigungen und Hass im Netz sprechen, sind das aber meist keine schweren Straftaten oder?

Ich finde das Instrument wie beim Blitzer immer noch gut. Man wird damit den Hass im Netz nicht von heute auf morgen verschwinden lassen. Auf der Autobahn rasen ist ja auch nicht weg. Manchem Porschefahrer gehen die Bußgelder wahrscheinlich eher auf den Keks als dass diese finanziell bedeutend wären… Aber es muss auch nicht immer perfekt sein. Kleine Schritte bringen uns auch nach vorne!

Nö, er wird sagen, dass er es nicht war und wird seiner Pflicht nachkommen, dem Geschädigten mitzuteilen, wer alles Zugriff auf den Internetanschluss hatte (dh. er wird die einzelnen Mieter mit Name und Anschrift nennen). Dann wird der Geschädigte möglicherweise jeden einzelnen anschreiben und hoffen, dass einer davon blöd genug ist, die z.B. Urheberverletzung oder die Beleidigung, gegen die Unterlassung begehrt wird, zuzugeben oder den Schuldigen zu benennen. Wenn die Leute halbwegs klug sind, wird jedoch jeder einzelne nur schreiben: „Ich war’s nicht, ich weiß von nix“ und dann endet die Sache. Daher: Der Schädiger konnte nicht festgestellt werden, eine Gefährdungshaftung des Vermieters scheidet aus, weil sie unverhältnismäßig wäre und der Drops wäre gelutscht.

Bei Straftaten wird der Vermieter nur sagen, dass er es nicht war und die Staatsanwaltschaft wäre gezwungen, den Täter unter allen möglichen Kandidaten zu ermitteln, was i.d.R. mit verhältnismäßigen Mitteln nicht möglich ist.

Das ist die aktuelle Rechtslage. Und die ist aus gutem Grund so. Würde man die Gefährdungshaftung des Anschlussinhabers entgrenzen, also wieder voll zulassen, wäre wie gesagt ein Konzept wie eine Wohngemeinschaft nicht mehr denkbar. Gesellschaftliche Kosten und Nutzen stehen hier in einem offensichtlichen Missverhältnis.

Klar, grundsätzlich gilt, dass der Hauptmieter für von Untermietern verursachte Schäden haftet und von Untermietern begangene Vertragsverletzungen (z.B. kein Meth-Labor zu betreiben…) auch zur Abmahnung des Hauptmieters führen können. Inwiefern eine fristlose Kündigung möglich wäre, wäre interessant, vor allem, wenn der Hauptmieter wegen der Vertragsverletzung (z.B. wegen des Meth-Labors) dem Untermieter bereits gekündigt hat.

Ob der Vermieter dem Hauptmieter kündigen kann, weil der Untermieter - vom Hauptmieter unerkannt - eine an sich die fristlose Kündigung berechtigende Handlung begeht, ist eine interessante Frage, die vermutlich nicht so einfach zu beantworten ist. Das müsste ich tatsächlich recherchieren, vom Bauchgefühl her würde ich sagen, dass der Hauptmieter die Kündigung abwenden kann, wenn er, sobald er Kenntnis von der unerlaubten Handlung erlangt, dem Untermieter kündigt (und dies dem Vermieter anzeigt). Denn dann besteht kein berechtigtes Interesse des Vermieters mehr, dem Hauptmieter zu kündigen.

Also so einfach sind diese Sachen i.d.R. nicht. Zum Glück haben Vermieter, Arbeitgeber und co. in Deutschland sehr, sehr strikte Einschränkungen in ihren Rechten, sie können nicht schalten und walten, wie sie gerne möchten.

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Naja, wir reden hier von Durchsuchungen bei Unschuldigen. Das wäre so, wie wenn die Polizei begründet vermutet, dass in deinem Mehrfamilienhaus ein Meth-Labor ist und plötzlich sämtliche z.B. 8 Wohnungen auf Verdacht durchsucht, obwohl sie weiß, dass für mindestens 7 der Wohnungen definitiv keine einen Durchsuchungsbeschluss rechtfertigende Grundlage vorliegt.

§ 103 Abs. 1 S. 2 StPO erlaubt in diesem Zusammenhang Durchsuchungen von Unbeteiligten nur bei Straftaten im Bereich des Terrorismus (§§ 89a, 89c, 129a, 129b StGB). Also wirklich nur bei den ganz, ganz schweren Straftaten wäre so ein „Sweep“ gerechtfertigt. Daher: Nein, diese Durchsuchungen wären klar unverhältnismäßig, selbst wenn es um schwere Straftaten (und nicht nur Hass im Netz) gehen würde.

Ich sage ja auch nicht, dass das generelle Konzept nicht okay wäre, ich sage nur, dass es Konstellationen gibt, wo es nicht umsetzbar ist. Zumindest nicht in einem Rechtstaat :wink:

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Danke für die Einordnung.
Mit der Pflicht des Vermieters beziehst Du dich schon auf geplante/kommende Auskünfte an Privatpersonen richtig? Das sehe ich in der Praxis ähnlich unsinnig, wie Ulf, wen ich ihn richtig verstanden habe.
Sonniger wäre es halt, wenn der Eigentümer sich um einen ordnungsgemäßen Gebrauch kümmern muss.
Ich verstehe auch nicht, wieso das beim Auto geht und beim Internetanschluss nicht (abgesehen von Hausdurchsuchungen o.ä. in Bezug auf Schutz der Wohnung etc).
Es wäre doch schon viel geholfen, wenn die hoffentlich bald durch die Legalisierung arbeitsbefreiten Beamten ein paar Bußgeldbescheide verschicken könnten, wenn sich jemand online daneben benimmt.

Um bei dem Bild mit dem Blitzer zu bleiben und in Bezug auf schwere Straftaten zu setzen. Blitzerfotos sind quasi die Verfahren wie eine geringe Verfehlung (wie auch immer das dann definiert wird/ist) in social Media. Autounfälle mit Todesfolge etc sind dann eher die schweren Straftaten in Bezug auf Hass im Netz.

Sorry, dass ich nicht auf alle rechtlichen Argumente eingehen konnte. Dafür fehlt mir leider die Expertise (Disclaimer: Ich kann die genannten Rechtsquellen auch nicht überprüfen. Es hört sich für mich aber alles schlüssig an.).

Das ist jetzt schon Rechtslage in zivilrechtlichen Fällen (Urheberverletzungen, Unterlassungsverfügungen wegen Beleidigungen) im Rahmen der Störerhaftung. Der Anschlussinhaber ist „Störer“, weil er die rechtswidrigen Taten durch „zur-Verfügung-stellen“ des Internetanschlusses ermöglicht. Um selbst nicht haftbar gemacht zu werden, muss er zwar nicht beweisen, dass er es nicht war, aber er muss an der Aufklärung des Sachverhalts mitwirken, indem er die anderen potenziellen Täter benennt. Auch werden teilweise Aufklärungspflichten angenommen (vor allem bei Eltern-Kind-Fällen), sodass ein Vermieter, der Anschlussinhaber ist, klugerweise schon in den Mietervertrag oder die Mietordnung aufnehmen sollte, dass der Internetanschluss nicht für Filesharing oder andere Straftaten benutzt werden darf. (was ja eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, aber sicher ist sicher…)

Wie gesagt, das liegt an den Beweisschwierigkeiten.
Ein Auto ist eine Sache. Es kann immer nur von einer Person geführt werden. Verpflichtet man den Halter, ein Fahrtenbuch zu führen, und es wird wieder Unfug mit dem Auto gebaut, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Das Fahrtenbuch wurde nicht richtig geführt oder der konkrete Täter kann festgestellt werden. Beim Auto kann davon ausgegangen werden, dass der Halter jederzeit weiß (und wissen darf), wem er das Auto gerade geliehen kann. Das zu dokumentieren ist einfach und verhältnismäßig.

Der Internetzugang ist keine Sache. Er kann zu jedem Zeitpunkt von nahezu beliebig vielen Personen genutzt werden. Wird Unfug über den Internetanschluss gebaut, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wer der Urheber war. Um den Urheber wirklich zu identifizieren, müssen maßgebliche technische Überwachungsmöglichkeiten genutzt werden, die z.B. im Kontext eines WG-Verhältnisses oder eines Verhältnisses von Vermieter zu Mieter deutlich unverhältnismäßig in die Privatsphäre der Internetnutzer eingreifen würden. Denn es würde ja nicht reichen, selbst wenn es möglich wäre, nur festzuhalten, wann welcher Rechner den Internetzugang genutzt hat (hier wären immer noch Situationen denkbar, in denen der Täter bewusst nur Taten begeht, wenn er weiß, dass auch andere Mitbewohner den Anschluss nutzen), sondern es müsste im Prinzip der gesamte Internetverkehr dokumentiert werden, einschließlich wer wann welche Pornoseite besucht hat :wink: Das das ein Problem ist kann man denke ich verstehen.

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Was mir daran immer nicht einleuchtet ist, wie soll das bei einem offenen WLAN gehen. Ich habe keine Ahnung wer alles meinen Freifunk Knoten verwendet und das ist ja auch der Zweck.

Mit dieser Mitwirkungspflicht wird doch die Idee der TMG Novelle von 2017 völlig unterlaufen. Oder verstehe ich da etwas falsch?

Für öffentliche WiFi-Netzwerke wurden mit der TMG-Novelle 2017 noch mal andere Regelungen getroffen, hier gilt diese Mitwirkungspflicht daher nicht. Dafür können bei wiederholten Verstößen Inhaltssperren angeordnet werden.

Ab wann man nach TMG als Dienstanbieter gilt, also ob es bereits genügt, „kein Passwort“ für das heimische WiFi zu setzen, ist jetzt die große Frage. Theoretisch sollte alleine dadurch, dass man kein Passwort einträgt, schon konkludent mitgeteilt sein, dass man damit einverstanden ist, wenn Dritte das Netzwerk nutzen und man nur als Durchleiter im Sinne von § 8 TMG angesehen werden möchte. Sobald man sich Organisationen wie „Freifunk“ anschließt sollte es jedenfalls außer Frage stehen, dass das TMG (und die damit verbundene Haftungserleichterung) anwendbar ist.

Bei Urheberrechtsabmahnungen wird der Anschlussinhaber finanziell zur Verantwortung gezogen.
Bei Hassrede kann man halt gar nichts machen, weil wir an der Schwelle einer „konservativen Revolution“ stehen. Wäre es eine echte Revolution, wäre Sippenhaftung durch den Anschlussinhaber überhaupt kein Hinderungsgrund. Anschlussinhaber würden bei politischer Verfolgung sehr genau darauf achten, dass von ihren Routern keine Gefahr ausgeht. Entsprechende Überwachungssoftware wäre ubiquitär.