LdN339: Pauschaler Aufruf, bei jedem Infekt zu Hause zu bleiben zu undifferenziert?

Liebe Macher der Lage!

Schon mehrmals habe ich jetzt gehört, wie ihr dazu ermuntert, man solle bei jedem Infekt zu Hause bleiben. Siehe Hausmitteilungen LdN 339; auch bei Twitter ist dies aktuell wieder von vieuxrenard zu lesen.

Bei dieser Aussage vermisse ich sehr eure ansonsten so messerscharfe Fähigkeit zu differenzieren. Man kann doch nicht einfach alle Arbeitenden gleichsetzen und sagen: wenn ihr nachts ein paar Mal gehustet habt, geht nicht zur Arbeit! Es gibt doch Infekte, die zur Arbeitsunfähigkeit führen und andere, die dies trotz einer gewissen Beeinträchtigung nicht tun.

Ich verstehe den Grundgedanken hinter eurer Argumentation und teile ihn prinzipiell. Jede und jeder soll auf die eigene Gesundheit achten und diese nicht aufs Spiel setzen. Außerdem sind auch leichte Virusinfekte ansteckend und können potenziell bei jemand anderem schwer verlaufen. Häufig krank zu arbeiten kann langfristig zu schwererer Krankheit führen. Das sind valide Argumente. Und es gibt sicher noch viele weitere.

Aber was ist mit Menschen, deren Abwesenheit von der Arbeit weiter reichende Folgen hat? Beispiel: Der Pfleger, der bei Ausfall nicht ersetzt werden kann und dessen unverzichtbare Arbeit dann einfach niemand macht.
Die Ärztin, die an dem Tag 40 Termine geplant hat mit Patienten und Patientinnen, die seit Wochen oder Monaten darauf warten und darauf angewiesen sind.
Die medizinische Fachangestellte, deren Ausfall dau führt, dass das Telefon der Kinderarztes an diesem Tag einfach mal überhaupt nicht abgenommen wird.
Aber auch außerhalb des Gesundheitswesens könnte man viele Beispiele anbringen.

Ich muss ehrlich sagen: so funktioniert die Arbeitswelt nicht. Das kennt doch jede/r: Es sind immer diesen Kolleg/innen, die bei jedem Schnupfen sich krank melden und es sind auch immer dieselben, die dies dann kompensieren müssen. Weil ihre systemrelevante oder einfach für andere Menschen unverzichtbare Arbeit dies schlichtweg moralisch von ihnen fordert. Das führt langfristig zu Krankheiten bei denen, die ständig einspringen müssen!

Diejenjgen, die sich mit einem leichten Infekt auf Kosten anderer daheim einen netten Erholungstag machen, haben jetzt auch noch den Segen der LdN. Finde ich nicht gut.

Und ja, es gibt sehr viele, die das so machen!

Mag sein, dass dieses Thema vor meiner Zeit schon differenzierter beleuchtet worden ist. Mag auch sein, dass wir einer Meinung sind und ihr meine Argumente impliziert und nicht jedes Mal neu aussprechen wollt. Wenn dem so wäre, dann wäre m.E. bei nächster Gelegenheit aber eine etwas differenziertere Betrachtung vonnöten.

Den genau das ist euer Ownership!

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Aus meiner Sicht ist es völlig verantwortungslos, krank arbeiten zu gehen oder seine Kinder krank in Kindergarten und Schule zu schicken.
Nicht nur wegen der eigenen Gesundheit, sondern weil man andere ansteckt, die ihrerseits andere anstecken.
Pfleger:innen und Ärzt:innen, die krank arbeiten gehen, tun ihren Kunden keineswegs einen Gefallen, denn gerade diese sind besonders gefährdet.
Ich selbst war einmal sehr krank und fand es furchtbar, dass andere bedenkenlos oder zumindest gedankenlos riskierten, mich anzustecken.

Das ist unangemessene Polemik.

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Das Angestellte krankheitsbeding ausfallen, ist Teil des unternehmerischen Risikos. Wer es hier versäumt, ausreichend Kapazitäten vorzuhalten, sondern die Arbeit dann anderen aufbürdet und diese damit überlastet, hat sein eigenes Risiko auf seine Angestellten abgewälzt und verdient es, Probleme zu bekommen.

Analog lässt sich das auf Behörden übertragen, wer auch immer die Kapazitätsplanung macht hat Krankheiten zu berücksichtigen.

Die Gesundheit des Individuums geht vor Profitstreben und Behördeneffizienz. Moralischer Druck als ob Pflegeberufe hier eine Ausnahme sein ist unter aller Kanone, außerdem ist ein komplett ausgefallener Pfleger für genau niemanden eine Hilfe.

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Ich find es extrem spannend, dass du ausgerechnet medizinisches Personal ansprichst, die doch bitte krank arbeiten gehen sollen.
Wahrscheinlich damit am Ende dann das eh schon geschwächte Immunsystem der Patienten endgültig aufgibt.

Ja es gibt sicher Berufe wo man mit einem leichten Infekt nicht gleich zum Arzt rennen sollte.

Aber alles was Kundenkontakt oder Stimmgebrauch hat sollte wirklich eine Runde extra denken.

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Ich fasse mal zusammen: Die Menschen, die im Gesundheitswesen unter prekären Arbeitsbedingungen ihren Dienst tun sollen gefälligst auch krank arbeiten kommen, weil wir als Gesellschaft uns seit Jahrzehnten nicht das Gesundheitssystem leisten wollen, das wir brauchen (oder aber uns auf das Gesundheitssystem beschränken, was wir uns leisten wollen). Sorry, nein. Wer krank ist gehört nicht zur Arbeit - erst recht nicht im Gesundheitswesen! Es ist nicht die Schuld derer, die krank sind, dass die Arbeit dann nicht erledigt wird oder andere für sie einspringen müssen, sondern die Schuld der Arbeitgeber, die nicht genug Personal für solche Ausfälle vorhalten (wenn man will könnte man noch die Krankenkassen anführen, die in der Regel die Personalvorhaltung für Ausfälle wenig bis gar nicht bezahlen). Es ist nicht die Schuld der selbstständigen Ärztin, dass sie krank ist, sondern die der verantwortlichen Politiker, dass wir im Prinzip keine adäquate ambulante Versorgung mehr haben.

Ich drücke es mal anders aus: Es gibt Arbeitnehmer, die sich von ihren Vorgesetzten emotional erpressen lassen. Das ist aber nicht die Schuld derer, die bei Krankheit zu Hause bleiben, sondern der Vorgesetzten, die diese besondere emotionale Komponente von Berufen im Gesundheitswesen ausnutzen.

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Auch die gehören krank ins Bett oder jedenfalls auf die Couch zu Hause und ganz bestimmt nicht ins Büro oder in die Klinik. Zum einen brennen sie sonst gesundheitlich umso schneller aus, zum anderen stecken sie noch fünf weitere Menschen an, die ebenfalls ausfallen. Ja, vielleicht schafft die kranke Krankenschwester an dem einen Tag, wo es gerade noch geht, irgendwas weg. Dafür fehlt sie dann entsprechend länger, und drei andere Kolleginnen liegen ebenfalls flach. Was für ein Wahnsinn!

Was ist daran eigentlich so schwer zu verstehen, dass krank arbeiten zu gehen nie hilft, egal wann und in welchem Kontext?

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Vermutlich ist sein Punkt, dass es keine Festlegung gibt, wann „krank“ dann „krank“ ist.

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Da krank eh erstmal eine subjektive entscheidung ist wird das auch jedem hörenden klar sein. Zum mal es trotzdem in den gewählten beispielen und direkt „nach“ Corona insbesondere im Kontext der diskussionen um eben jene Berufsgruppen doch so wirkt als hätten die letzten Jahr nicht stattgefunden.

Was mich allerdings noch mehr interessieren würde wie dann nach diesem Verständnis diese verantwortung bei Freizeitbeschäftigung nach der arbeit gesehen wird ?

Selbstverständlich ganz genauso.

Ich habe die Vermutung, dass Sie alle, die gerne jeden Schnupfen zu Hause isoliert haben wollen, die Dimensionen dessen unterschätzen, wozu das führen würde. Das Gesundheitswesen (s.o.) ist nur ein Beispiel. Aber wenn das wirklich bei JEDEM Infekt so gehandhabt würde, so wird das auch zu einem enormen wirtschaftlichen Schaden führen. Ich frage mich schon, wie bei einer derart radikalen Auslegung der Krankschreibung eigentlich noch diese ganzen Milliarden erwirtschaftet werden sollen, mit denen im Podcast immer jongliert wird.

Außerdem müssten natürlich dann sehr viel mehr Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt werden für die ganzen banalen Infekte. Wer soll das machen? Die Arztpraxen sind mit der sinnvollen Arbeit schon völlig überlastet, es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dann jeden Tag noch eine Vielzahl an zusätzlichen Patienten zu sehen, die nur eine AU für ihren Schnupfen brauchen. An die gesundheitlichen Folgen der Praxismitarbeitenden durch diese enorme Mehrbelastung denkt aber - wie immer! - niemand.

Dann die Kinderbetreuung. Als Kinderarzt kann ich Ihnen garantieren: wenn zur Infektzeit jedes betreute Kind immer zu Hause bleibt, wenn es einen banalen Infekt hat, dann wird die Betreuung zusammenbrechen. Bis zu 12 solcher Infekte im Jahr sind normal. Zwölf! Ich vermute, Sie unterschätzen die Dimensionen, um die es hier geht. Kleinkinder sind wirklich ständig krank in der kälteren Jahreshälfte und das ist i.d.R. normal. Wenn kein Kind mehr mit Schnupfen in die Betreuunng geht, wären die dadurch entstehenden beruflichen Abwesenheiten der Eltern extrem. Das Krankentagegeld würde außerdem nur noch einen kleinen Teil kompensieren, es würde zu (meines Wissens völlig legalen) Lohnkürzungen kommen. Ich bin Laie, aber es ist doch erwartbar, dass in einer Zeit extremen Arbeitnehmermangels das möglicherweise in vielen Bereichen schlichtweg zum Kollaps führen würde.

Man kann dagegen halten, dass durch weniger Ansteckungen dann diese Effekte wieder ausgeglichen werden - einverstanden. Aber auf diese epidemiologische Studie wäre ich einmal sehr gespannt! Ich zweifle, dass diese Rechnung aufgeht, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass Epidemien schlichtweg nicht ohne Lockdowns eindämmbar sind.

Es ist außerdem vielleicht etwas übertrieben, es so darzustellen, dass - wie im Beispiel Herrn Buermeyers - jeder banale Infekt im Falle der Arbeitsfortsetzung sich immer schlimm rächt und die Betroffenen dann am Ende umso länger ausfallen werden. Die Rede ist doch hier von banalen Infektionen, die von den relevanten differenziert werden müssen und auch nur wenige Tage dauern. Diese heilen auch problemlos aus, wenn man arbeiten geht und sich ansonsten so gut wie möglich schont. Hier reicht m.E. ein negativer Covid-Test und eine FFP2-Maske aus. Und wenn das nicht der Fall ist, dann kann man sich immer noch mit Fug und Recht eine AU holen.

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Um einen leichten Schnupfen geht es wohl eher nicht. Ich war selbst in der Chemotherapie und durfte beobachten, wie Eltern ihr Kind mit Ibuprofensaft zur Fiebersenkung im Kindergarten abgaben.
Habe selbst früher (vor Corona) mit Husten weiterunterrichtet mit der Folge, dass dieser nach jedem Unterrichtstag wieder furchtbar heftig und zur Bronchitis wurde.
Ich bin nicht sicher, woher deine - so empfinde ich es - Aggressivität kommt, aber ich persönlich kenne niemanden, der wegen eines leichten Halskratzens „krankfeiern“ würde. Ich kenne nur Menschen, die jahrelang trotz starker Erkältung u.ä. weitergearbeitet haben. Z.B. meine Mutter im Altersheim, ich selbst im Gericht und in der Schule … etc. Und das ist und bleibt einfach total falsch und kontraproduktiv.

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Ah sorry galube das hab ich unkalr formuliert. das war eher an den ausgangsbeitrag gerichtet. Ich fände es doch eher nicht vertretbar Leuten zu sagen sie sollen krank arbeiten gehen aber am ende ihres vollen arbeitstages sollen sie dann aber bitte zu hause bleiben wegen infektionsschutz, schonung etc.

Gerade in KiTas gibt es, zum Schutz des Personals und der anderen Kinder, sehr klare und transparente Regeln, bei welchen Symptomen ein Kind betreut werden kann und bei welchen es zu Hause bleiben muss. Und zumindest in den besseren Einrichtungen wird man auch nachdrücklich darauf hingewiesen, wenn man diese Regeln zu sehr strapaziert. Mit bis zu 30 Kinderkrankentagen pro Elternteil pro Kind lassen sich da auch eine Menge Infekte auffangen. Zumal kranke Kinder in Betreuungseinrichtungen selbstverständlich erhöhten Betreuungsbedarf verursachen und diese belasten.

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Auf der anderen Seite gibt es die netten KollegInnen, die dann erst mal nach dem Ankommen im Büro Thermoskanne, Taschentücher, Tabletten und Nasenspray aufreihen.
Die haben einfach nichts im Büro verloren, auch wenn es immer noch Chefs gibt, die solches Verhalten dann als beispielhaft honorieren.

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Ich finde die Formulierung merkwürdig und provokant, besonders das Wort „ermuntert“ und bei „jedem“ Infekt. Es wurde lediglich gesagt, dass die Folge krankheitsbedingt ausfiel und die beiden Krankheiten, wie auch eine Erkältung, ernst nehmen und sich dann nicht ans Mikro setzen. Die beiden müssen sich wirklich nicht, genauso wie wir anderen Arbeitnehmer auch nicht, dafür rechtfertigen, krank zu sein. Außerdem müssen sie sicher nicht vor allen Zuhörern angeben, was genau sie denn für eine Krankheit haben. Das ist nämlich deren Privatsache. Es wurde außerdem mit keinem Wort gesagt, dass jeder Arbeitnehmer bei jedem Schnupfen zu Hause bleiben soll. Und es gibt sogar Berufe, wie bei einer befreundeten Synchronsprecherin von mir, da bleibt man tatsächlich sogar mit Schnupfen oder belegter Stimme zu Hause.

„Aber was ist mit Menschen, deren Abwesenheit von der Arbeit weiter reichende Folgen hat?“

Da fällt mir ein schönes Beispiel ein, aus der Zeit, als ich in der Nachmittagsbetreuung einer Schule gearbeitet habe und mir durch ein Kind eine Bindehautentzündung eingefangen habe. Mein rechtes Auge fing an zu eitern, wurde extrem rot und schwoll an. In der Augenklinik wurde ich isoliert und mir wurde eingebläut zu Hause zu bleiben, um nur ja niemanden anzustecken. Als ich dann anrief, um mich auf der Arbeit krankzumelden, wurde ich massiv unter Druck gesetzt doch zur Arbeit zu kommen, wir wären eh schon unterbesetzt, es gibt nicht genug Personal, das sich um die Kinder kümmert usw. … Die Argumente, mit denen versucht wurde mich dazu zu bewegen doch zu kommen, waren haarsträubend. Ich habe mich nicht unter Druck setzen lassen. Wäre allerdings gespannt gewesen, was da los gewesen wäre, wenn ich die Kinder angesteckt hätte. Aber war ja nur ein Auge, da kann man doch trotzdem noch arbeiten gehen Ironie off.

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Die offiziellen Regeln in den Kitas werden zum Glück nicht wortwörtlich umgesetzt. Wäre dem so, wäre die Konsequenz vermutlich so, wie von Matthias_Franki beschrieben. Ich habe selbst Kinder in der Kita. Wenn ich diese wie gefordert bei jeder laufenden Nase Zuhause lassen würde, könnte ich die Kita zwischen Oktober und Mai eigentlich auch direkt kündigen. Das ist völlig weltfremd.

Und um das nochmal klarzustellen: Ich meine damit keine richtigen Infekte, bei denen es den Kindern wirklich schlecht geht, sondern lediglich „laufende Nase“ oder „leichten Husten“. Also Infekte, bei denen die Kinder sonst top fit sind und alles (mit)machen. Wenn es dem Kind nicht gut geht bleibt es selbstverständlich Zuhause.

Die 30 Tage gelten meines Wissens nur temporär. Vor Corona waren es zumindest nur 10 Tage (pro Elternteil). Hier sei noch angemerkt, dass das allgemein aber nur für in der GKV versicherte Kinder gilt. Bei privatversicherten Kindern besteht gar kein Anspruch. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn die Kindern beim verbeamteten Elternteil versichert sind. In diesem Fall hätte der GKV-versicherte andere Elternteil keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld.

Ich habe es zudem auch nicht selten erlebt, dass ich mein Kind z. B. wegen „Durchfall“ abholen musste und dann die kommenden zwei Tage nicht in die Kita bringen durfte. Die Kinderärztin hat dabei nur deswegen eine Krankschreibung ausgestellt, weil sie die Situation in den Kitas kennt. Zur Definition von Durchfall zählt nach ihr nämlich auch, dass es mehr als einmal auftreten muss. Was bei uns mehrfach nicht der Fall war. Streng genommen waren die notwendiger Weise genommenen Kinderkranktage aber eigentlich Sozialbetrug.

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Eine leicht laufende Nase ist sicher ok. Aus meiner Sicht. Aber Fieber, starker Husten und vor allem Magen-Darm-Infekte sollten Grund genug sein, ein Kind zu Hause zu lassen.
Ich habe es oft erlebt, dass mir Eltern erzählten, ihr Kind habe sich in der Nacht mehrfach übergeben, als sie es in die Schule brachten. Das finde ich rücksichtslos allen Beteiligten gegenüber, denn nicht nur das Kind, das krank zu Hause bleiben soll, braucht Betreuung, sondern auch die Kinder, die es anstecken würde, wenn es in die KITA gebracht wird.

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Niemand hier hat behauptet, dass jeder, dessen Nase zwei, dreimal gelaufen ist oder der ein, zweimal in der Nacht gehustet hat, gleich zu Hause bleiben soll. Aber wer eben darüber hinaus krank ist, der gehört nicht auf die Arbeit. Wenn das zum vollständigen Zusammenbruch unseres Gesundheits- und Wirtschaftssystems führt, dann sind beide sowieso hoffnungslos verloren - der Zusammenbruch kommt dann sowieso, die Frage ist nur wann.

Nicht zwingend. Viele Arbeitgeber verlangen erst ab dem dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Gerade ein „kleiner“ Infekt (also mehr als zweimal Husten, aber weniger als hohes Fieber und völlige Abgeschlagenheit) ist dann oft soweit „durch“, dass arbeiten (auch aus infektiologischen Gesichtspunkten) wieder möglich ist. Das belastet dann die Arztpraxen nicht direkt mehr. Außerdem noch einmal: Die massive, schon jetzt bestehende, Überlastung des Gesundheitswesens kann nicht als Grund angeführt werden, dass Menschen krank arbeiten gehen sollen. Diese muss behoben werden, keine Frage. Das ist aber eine politische Entscheidung und darf nicht dem einzelnen Patienten aufgebürdet werden indem man ihm suggeriert, wenn er eine AU brauchen würde, würde das gewissermaßen „das Fass zum Überlaufen“ bringen.

Ich verstehe ja, dass du als Kinderarzt unter einer massiven Überlastungssituation und mehr als schlechten Arbeitsbedingungen arbeiten musst - ich kann die Überlastung des Gesundheitssystems tagtäglich am eigenen Leib in meinem Arbeitsumfeld (Anästhesie eines kommunalen Klinikums) nachvollziehen und „erleben“. Daraus aber zu schlussfolgern, dass deswegen eben Erwachsene krank weiter arbeiten sollen bzw. Kinder krank in die Kita sollen, das halte ich für falsch.

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Passt gerade. Telefonische Krankmeldungen wie während der Pandemie können evtl fortgesetzt werden.

Da ich diese Diskussion angezettelt habe, will ich sie nun, da nichts mehr kommt, auch zusammenkehren, wie es bei der Lage immer so schön heißt. Danke für die vielen Antworten.

Nochmal: die einzige These war aus meiner Sicht, dass bei Krankmeldungen nach Schweregrad der Erkrankung differenziert werden sollte und nicht jede Erkrankung zum Arbeitsausfall führen sollte. Die Antworten bezogen sich teilweise auf andere Themen.

Es ist kein Versäumnis, ausreichend Kapazitäten vorzuhalten, wenn in sehr vielen Bereichen unseres Arbeitslebens einfach sehr viele Menschen fehlen. Weil sie nicht existieren. Natürlich müssten die Kompensation krankheitsbedingter Ausfälle vom Arbeitgeber eingeplant werden. Sicherlich wird das auch mancherorten versäumt oder unterlassen. Aber vielerorten ist es einfach trotz aller Bemühung nicht möglich. Besonders eben auch in unserem Beispiel Gesundheitswesen. Der moralische Druck, den Sie erwähnen, den machen die Beschäftigten sich doch selbst! Mag sein, dass er von manchem Arbeitgeber auch einkalkuliert wird. Aber aus dem moralischen Dilemma kommen Sie doch z.B. als Pfleger, Ärztin oder Erzieher nicht einfach raus, indem Sie die Schuld an irgendeine Obrigkeit verschieben. Egal wer auch immer was versäumt haben mag, die moralische Verantwortung für eine Krankmeldung spürt der/die Einzelne. Auch eine Argumentation gegenüber den Geschädigten, bei der man sich nur auf strukturelles Versagen von Arbeitgeberinnen oder Politikern bezieht, ist ethisch schwierig.