LdN332 - Döpfner, Springer, Reichelt und die SMS's

Der Beitrag zu Döpfner in der LdN332 irritiert mich. Also, dass es in Döpfner anders aussieht als man bisher dachte, ist vielleicht nicht so überraschend, und dass BILD ein Organ der Niedertracht ist, kann ich gut unterschreiben. Die grobe Missachtung der Privatsphäre von Menschen, um daraus Geschichten zu schreiben und Kampagnen zu starten, ist ekelhaft. Aber. Aber: Döpfner hat diese SMS’s offenbar privat geschrieben, an jemanden, zu dem er ein vertrautes persönliches (und berufliches) Verhältnis hatte. Dass diese SMS’s jetzt im Zusammenhang mit der Veröffentlichung eines Schlüsselromans bekannt werden, hat alle Züge einer Kampagne - und die Sache wird nicht besser dadurch, dass die ZEIT mit ihrem hohen moralischen Anspruch diese Kampagne fährt. Warum hat Döpfner kein Recht auf Wahrung der Privatsphäre? Weil die BILD das immer missachtet? Aber das wäre kein zulässiges Argument, denn auch der Privatsphärenverletzer hat Recht auf eine Privatsphäre, so wie der Schwerverbrecher, der den Rechtsstaat als zu schlapp verhöhnt und verspottet, Anspruch auf ein faires Verfahren hat.

In der LdN klang es für mich so, als habe man jedes Recht, die durch die Verletzung der Privatsphäre gewonnenen Informationen öffentlich zu bewerten. Dieses Recht bestreite ich. Döpfner, Springer und die BILD müssen bekämpft werden, aber nicht mit den Mitteln, die man ihnen vorwirft.

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Die Kritik ist nachvollziehbar, hält aber einer genaueren Betrachtung nicht stand.

Die gleichen Argumente wurden im Skandal um Sebastian Kurz in Österreich auch immer wieder gebracht. Die Sache ist aber: Wenn man eine große Machtposition hat, sei es als Kanzler Österreichs oder als Chef des größten Medienkonzernes des Landes, wird bei der Abwägung von Privatsphäre und berechtigten Interessen der Öffentlichkeit i.d.R. das Interesse der Öffentlichkeit gewinnen.

Die Zitate Döpfners bestätigen einfach, was vielerorts ohnehin schon gedacht, aber nie untermauert werden konnte - insbesondere die aktive Einmischung Döpfners in die redaktionelle Arbeit der Springer-Medien. Und an diesen Informationen hat die Öffentlichkeit ein Recht, da die Pressekonzerne eben nicht beliebige Unternehmen sind, sondern für eine Demokratie ganz zentrale, wichtige Institutionen.

Kurzum: Wer in einer solchen Machtposition ist, muss damit rechnen, dass seine privat geäußerten Meinungen und Verhaltensweisen auch auf ihn zurückfallen werden.

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Juristisch ist das ganz sicher richtig, aber wie steht es um die moralische Komponente?

Die Leaks stammen laut Medienjournalisten vor allem von Julian Reichelt. Dieser hat die Informationen durchgestochen um sich damit für die Umstände seines Rauswurfs zu rächen.

Sollten Journalisten sich als Mittelsmänner an einer solchen Fehde beteiligen? Zumal all das eher Dinge sind, die sonst eher Klatschzeitungen schreiben.

Ich finde schon die Geschichte hat ein Geschmäckle.

Weder die Whatsapps von Herrn Kurz noch die geleakten Nachrichten von Herrn Döpfner waren privat.

Wenn ein BILD-Oberchef seinen BILD-Unterchefs nahelegt, die FDP massiv zu unterstützen und die Öffentlichkeit absichtlich und folgenschwer zu manipulieren, dann ist das nicht privat.

Die ZEIT-Journalisten haben nach meinem Wissensstand sogar wirklich private Nachrichten aussortiert.

Die BILD Zeitung wird von unglaublich vielen Menschen gelesen oder zumindest wahrgenommen, was für sich genommen schon schlimm genug ist. Sie ist eine Waffe auf politischer Bühne. Das ist beim besten Willen nicht privat.

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Ist es denn wirklich Privat, wenn der Eigner eines Medienunternehmens Anweisungen an den Chefredakteur schickt?

Ich mein ist ja nicht so nach der Art: wer bringt das Bier zum Grillen mit?

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Wir schreiben hier viel über die FDP SMS von Döpfner. Da ist völlig klar, dass man das berichten kann. Aber was ist mit der SMS über Merkel (Sargnagel der Demokratie) oder den SMS über Ostdeutsche?

Beide Aussagen lehne ich klar ab, aber die sind nun gänzlich privat. Wenn ich mir dann überlege, dass die SMS wohl aus Rache an die Medien durchgestochen wurden und damit Journalisten Akteure in einem privaten Konflikt geworden sind, hätte ich mir die Veröffentlichung dieser SMS wohl eher gespart.

So bleibt bei mir bisher der Eindruck, da hätte halt jemand den ganz großen Skandal und das ganz große Geld gerochen. Und die ZEIT eine kurzzeitige Steigerung ihrer Abozahlen.

Genauso schlimm.
Bei der FDP Frage hat mich besonders die Intention geschockt.
Das andere habe ich mehr als verquere Meinung wahrgenommen und nicht als explizite Anweisung.
Ist das privat?
Ich denke nicht. Dazu hat Herr Döpfner zu viel Einfluss.

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Vielleicht bin ich naiv, aber ich glaube tatsächlich, dass Investigativ-Journalismus tatsächlich Missstände aufdecken will.

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Naja Döpfner nimmt ja anscheinend Einfluss auf das, was in den Springer Medien steht. Von daher können solche grundlegenden Weltanschauungen schon relevant sein, auch um etwaige Hetzkampagnen der Springerpresse besser einordnen zu können.

Was anderes wäre es denke ich, wenn in der SMS gestanden hätte, dass er seine Frau betrügt, weil das ist dann wirklich irrelevant für die Öffentlichkeit.

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Volle Zustimmung, dieser Teil der Leaks ist wohl eindeutig geschäftlich, das dürfte auch niemand abstreiten.

Tja, strafrechtlich bzw. zivilrechtlich relevant scheinen diese Veröffentlichungen ja offenbar nicht zu sein, sonst wäre vermutlich in dieser Richtung schon irgendwas passiert.

Es bleibt also die Frage nach der Seriosität solcher Pressearbeit. Der Kodex des deutschen Presserates schreibt dazu in Ziffer 8 (Link: Deutscher Presserat):

Die Presse achtet das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung. Ist aber sein Verhalten von öffentlichem Interesse, so kann es in der Presse erörtert werden.

Damit liegt der Fall hier meiner Meinung nach klar. Da Matthias Döpfner, als Chef eines so Reichweiten-starken Medienunternehmens, auch über private Meinungsäußerungen indirekten Einfluss auf seine Mitarbeiter ausübt und damit sehr wahrscheinlich deren journalistische Arbeit beeinflusst, sind diese Meinungsäußerungen von öffentlichem Interesse und somit, nach meinem Verständnis, vom Pressekodex gedeckt.

Ich habe auch bisher noch nichts davon gelesen, dass die Zeit für ihre Veröffentlichungen von Döpfners SMS gerügt wurde, daher gehe ich mal davon aus, dass ich den Pressekodex hier richtig interpretiere.

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Der Springer-Verlag verklagt Julian Reichelt auf Millionen:

unter Anderem deswegen:

So soll der 42-Jährige etwa gegen Vereinbarungen zur Vertraulichkeit sowie zur Herausgabe und Löschung interner Daten verstoßen haben.

Sieht schon sehr danach aus, als hätte Reichelt die SMS von Döpfner an die Zeit weitergegeben.

Neuigkeiten zum Thema. Beschwerden gegen die Berichterstattung der Zeit über Döpfners E-Mail-Chats wurden erwartungsgemäß - sogar einstimmig - vom Presserat abgewiesen, da dieser - in diesem Fall völlig korrekt - den Nachrichtenwert deutlich dem Schutz der Privatsphäre überordnet.

Gleichzeitig behauptet Springer, der Pressekodex würde für Döpfner gar nicht gelten, was schon fast absurd ist (und juristisch auch kaum haltbar zu sein scheint). Schöner Artikel dazu bei der LTO:

In diesem Sinne eine Niederlage auf ganzer Linie für die Springer-Presse.

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Das stimmt so nicht. Die Aussage bezog sich auf den hausinternen Verhaltenskodex des Axel-Springer-Verlags, nicht auf den Kodex des Presserats.

Abgesehen davon kann ich nicht so recht nachvollziehen, was der LTO-Autor damit meint, „rechtlich betrachtet ist Döpfner allerdings nicht berechtigt, sich redaktionell einzumischen“. Welche rechtlichen Konsequenzen drohen ihm denn bei Verletzung seiner eigenen Hausregeln? Wird er sich jetzt selber abmahnen oder gar kündigen? Mit KKR zusammen hält er die Aktienmehrheit, d.h. ihm kann niemand was. Der Konzern selber ist eben kein demokratischer Rechtsstaat, und von außen ist niemand rechtlich befugt, die Befolgung irgendwelcher freiwilligen Richtlinien einzuklagen.

Das gälte übrigens auch für den Pressekodex. Auch der ist doch nur eine zahnlose, freiwillige Selbstverpflichtung. Irgendwo im ASV hängt doch bestimmt eine Hall of Fame an der Wand, wo jede Rüge des Presserats ausgedruckt einen eigenen Bilderrahmen bekommt.

Das schlimme ist nicht, dass Döpfner gegen irgendwelche freiwilligen Verhaltensregeln verstößt, sondern dass der Rest der Politik- und Medienlandschaft seine Publikationen großteils immer noch als Journalismus betrachtet, und nicht als Aktivismus.

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Stimmt ,das hab ich beim Überfliegen falsch interpretiert.

Aber genau deshalb sind solche Artikel wie der der LTO ja wichtig:

Um immer wieder zu zeigen, dass die Springer-Presse qualitativ minderwertigen, von Doppelmoral getriebenen Pseudo-Journalismus betreibt. Deswegen ist auch jeder Bericht über Verstöße Springers gegen den Pressekodex sinnvoll.

Dass ein Großteil der Bevölkerung trotzdem weiter Springer die Treue halten wird hat wieder etwas damit zu tun, dass Springer einen leider klar existierenden Markt bedient, der größer ist, als der Markt für „ernsthafte“ Nachrichten: Den boulevardesken Markt des skandalhaschenden Infotainment. Dass Springer dabei gleichzeitig eine konservativ-wirtschaftsliberale Ausrichtung verfolgt macht deren „Aktivismus“ natürlich gefährlicher, weil ungezügelter, als den „Aktionismus“ ernsthafterer Nachrichtenmedien.

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