Zu eurem Vorschlag, wie man Bußgelder an Gemeinnützige verteilen kann, möchte ich eine kleine Gegenrede halten. Als Nonprofit Manager und Fundraiser habe ich ein wenig Einblick in die Spendenszene, die teilweise etwas anders tickt, als es von außen den Anschein hat.
Zunächst: Wichtiges, oft unterschätztes Thema - daher danke, dass ihr das aufnehmt!
Ich orientiere mich mal an folgendem (paraphrasierten) Satz von euch, der für mich zentral in euren Gedanken ist:
„Selbst gesammelte Spenden einer Organisation sind ein guter Indikator für die gesellschaftliche/zivilgesellschaftliche Verankerung ebendieser Organisation.“
Ich bin der Meinung, dass dies in dieser Absolutheit nicht stimmt.
A) Dass eine Organisation ein hohes Spendeneinkommen hat, kann auch einfach daran liegen, dass seit Jahrzehnten professionell Fundraising gemacht wird, sprich: Das Einsammeln von freiwilligen Mitteln ist strategisch verankert in der Organisation und mit Ressourcen (Personal, Ausstattung etc.) hinterlegt. Dann ist die Höhe des Spendeneinkommens durchaus ein Indikator für die Verwurzelung, könnte aber auch für die konsequente Ausrichtung der Organisation an den Bedürfnissen der Spendenden stehen. In diesem Fall ist der Spendeneingang strategisch hinterlegt und vllt weniger zivilgesellschaftlich motiviert.
B) Es gibt großartige Gemeinnützige, die brutal wertvolle Arbeit machen, aber kaum Spenden erhalten (und sich im Zweifel auch nicht darum bemühen möchten). Diese Organisationen finanzieren sich bspw. úberwiegend dank institutionellem Fundraising, also Anträge an Stiftungen und weiteren Fördermittelngebern. Damit machen diese Organisationen einen sehr hohen Umsatz, finanzieren tolle Arbeit - würden aber aus eurem Raster rausfallen. Und das nur, weil diese Organisationen für sich entschieden hat, dass Fördermittel und Co. der richtige Weg sind.
C) Es gibt wundervolle Organisationen, die sich vor allem durch Zeitspenden tragen, dem Ehrenamt. Da brauch es kaum Spenden. Wie werden diese bewertet?
D) Großspenden und deren Wirkung (Es gibt ein eigenen Fortbildungsgang zum Großspendenfundraising) - ist eine 500.000 Euro Spende genauso zivilgesellschaftlich verankert wie 500.000 Spenden à 1 Euro? Ich denke nicht. In euren Gedanken erfahren beide Beispiele in der Verteilung der Bußgelder die gleiche Wertschätzung, dies passt aber nicht zur zivilgesellschaftlichen Verankerung.
E) Zählt die kirchliche Kollektesammlung auch als Spenden, können also auch die Kirchen partizipieren? Was ist mit gemeinnützigen Second-Hand-Läden, wie bewertet man deren Sachspenden, von denen die leben? Hier möchte ich einfach auf die Abgrenzungsproblematik aufmerksam machen.
Dies sind einige Punkte (beispielhafte Organisationen gibt es zahlreiche), warum ich euren Vorschlag in der Wirkung für „unfair“ halte. Vllt ist ein Losentscheid fairer: Alle Gemeinnützigen (das wird regelmäßig vom Finanzamt Ja geprüft) können sich bei eurer Zuckerbrot&Peitsche gGmbH listen lassen und anschließend wird gelost, wer etwas bekommt. Vorher wird festgelegt, dass bspw. jede geloste Organisation den gleichen Anteil bekommt (bspw. 1% der zu verteilenden Bußgelder).
Danke!
Beste Grüße
Rafael