LdN326 Paygap Ost/West

Unterstellung. Ich habe einiges dazu gelesen, wie er begründet und erklärt wird. (Neben dem bereits geposteten auch das hier: https://www.ifo.de/DocDL/ifoDD-16-02-Kluge.pdf) Manche Punkte, wie z.B. angeblich geringere Produktivität, halte ich für nicht sehr schlüssig.

Es sei denn, es geht mit niedrigeren Preisen einher… ein 15€-Haarschnitt ist „unproduktiver“ als ein 30€-Haarschnitt. Eine Erhöhung des Lohnniveaus würde daher mMn auch das Preisniveau angleichen, bis „Ost/West“ keinen Einfluss mehr hat, sondern nur „objektive“ Aspekte wie „Stadt/Land“.

Hinzu kommt, dass im privaten Sektor die Lohn- und Preisfindung weniger direkt steuerbar ist. Im öffentlichen Dienst ist es da einfacher, Tarifverträgen und Gesetzen anzupassen, was ja bereits weitestgehend geschehen ist.

Um die strukturellen Gründe aufzulösen, ist der niedrigere Lohn theoretisch sogar vorteilhaft. Gereicht hat es die letzten 30 Jahre aber offensichtlich nicht, weswegen wohl weitere Strukturhilfen notwendig sein werden.

„aber auch die geringere Arbeitsproduktivität
auf Betriebsebene, der höhere Beschäftigungsanteil von
Frauen und die geringere Tarifbindung.“

Seite 6 Schlussfolgerungen aus deinem IFO Bericht.

Danke, ich habe meine Quelle gelesen. Was ich von dem Aspekt halte bzw. unter welchen Bedingungen ich ihn nachvollziehen könnte, habe ich ja bereits dargelegt.

Ist schon lustig, dass du selbst dann „gegen mich redest“, wenn ich dir zustimme.

Bringt halt nix, wenn die Angestellten in Osten dafür eine Stunde mehr pro Woche arbeiten dürfen.

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Okay, ich nehme dann aus dieser Diskussion mit dir mit, dass bei dir: „Argument nicht schlüssig“ Zustimmung bedeutet.

Wieder was gelernt.

Also ich habe dich hier so verstanden, dass du „geringere Produktivität“ nicht für eine gute Begründung von Gehaltsunterschieden hältst:

Dem stimme ich zu, denn ich sage zum IWO-Paper:

Ich weiß nicht, was es da falsch zu verstehen gibt. Versuch doch einfach mal zu lesen, was ich schreibe, statt nach Gründen zu suchen, mich dumm anzumachen.

Das mit dem nicht schlüssig habe ich wirklich falsch aufgefasst.

Nehme ich zurück und entschuldige mich.

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Ich will dir nicht absprechen, dass es unfair ist dass das Lohnniveau im Osten niedrig gehalten wird und dass selbst „bereinigt“ anhand der Lebenshaltungskosten es immer noch niedriger ist ist nicht fair. Zumal ich überhaupt kein Fan vom „bereinigen“ bin, da es nur Probleme invalidiert die für andere real sind. Dass du hier allerdings den Gender Pay Gap dafür relativierst stößt mir doch etwas auf.
Du kannst umziehen. Mein Geschlecht und meine Persönlichkeit kann ich nicht ändern.

„Bereinigen“ versucht doch einfach nur andere Effekte rauzurechneen um den tatsächlichen Effekt von etwas zu berechnen (z.B. Geschlecht oder Ost/West) Wie invalidiert das den Probleme ?

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Was für „andere effekte“? Der tatsächliche effekt IST der tatsächliche effekt. Wenn Frauen im durchschnitt weniger verdienen, verdienen sie weniger. Wenn das lohnniveau in Ostdeutschland niedriger ist und sie sich damit eben auch weniger bei zB online Händlern leisten können dann ist das so. Ich wüsste nicht in welchem Szenario es helfen würde den GPG aus diesem ost-west gap rauszurechnen? Oder andersrum? Beispiele für Bereinigungen sind ja sowas wie „sie arbeiten ja auch weniger“. Ja und? Das heißt jetzt was? Dass sie selbst schuld sind und nur keine lust auf Arbeit haben? Dass das leider eine unumgängliche folge des Lebens ist? Dass es deswegen ok ist, wenn sie im alter verarmen? Das meine ich mit invalidieren. Rausrechnen bedeutet den „relevanten“ unterschied minimieren. Den Anteil minimieren, für den wir als Gesellschaft was können. Nee. Wir können für jeden Anteil was. Und jeder Anteil trägt etwas zum Gap bei. „Wenn nicht…“ - nee, nicht „wenn nicht“, es ist nämlich so, und wenn wir diese Probleme ernst nehmen wollen, dann diskutieren wir die Probleme nicht weg, sondern schauen uns die Ursachen ganzheitlich an und bekämpfen sie an der wurzel. Kann dafür natürlich interessant sein zu wissen wieviel des gaps durch einen anderen gap begründet ist, einfach um ursachenforschung zu betreiben aber „bereinigen“ heißt ja nunmal dass man das gute vom dreck befreit. Und bei ursachenforschung gibt es kein gut und schlecht.

Im Fall des berechnens von Effekten kommt bereignigen aus der Wirtschaftswissenschaft/Ökonometrie, in diesem Zusammenhang geht nicht um „gutes“ oder „schlechtes“ sondern um Effekte die ich erforsche und andere die ich nicht erforsche.
Es gibt meist eine Forschungsfrage die zum Beispiel lautet: „Gibt es in Deutschland Lohdiskriminierung aufgrund des Geschelchts ?“
Bei dieser Fragestellung interessiert mich theoretisch nur ob sonst identische Menschen mit dem identischen Job aufgrund des unterschiedlichen Geschlechts unterschiedlich viel Geld verdienen.
Da diese identischen Menschen mit identischen Jobs nicht existieren veruscht man Effekt wie Jobwahl, Anzahl der Arbeitstunden etc. rauszurechnen um herrauszufinden ob und wie stark Menschen aufgrund ihres Geschlechts Lohndiskriminierung erfahren.

Darüber wie dieses „rausrechnen“ geschiet kann man natürlich streiten und besonders stark darüber wie die Forschungsfrage lauten soll. Aber das Wirtschaftswissenschaftliche Forschung versucht spezifische Effekte zu erfoschen und diese dann von anderen Effekten isoliert/bereinigt ist meines Wissens nach Wissenschaftlich konsens und ich finde es sehr schwierig wenn etwas völlig normales wie das „bereinigen“ von Effekten emotionalisiert wird.

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Kann natürlich sein, dass es bei euch in den Wirtschaftswissenschaften eine Forschungsfrage ist, ob es Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts gibt. Aber darum geht es hier nicht. Lohndiskriminierung ist eine Randerscheinung des Problems. Wir lösen das ganze Problem nicht, indem wir die Randerscheinung lösen. Wir als Gesellschaft wissen bereits durch wissenschaftliche Erkenntnisse (durch den unbereinigten gender pay gap) dass Frauen weniger verdienen, im Alter ärmer sind und finanziell häufig abhängig von Männern sind. Wir wissen die Hauptgründe: Berufswahl, Teilzeit, Rollenbilder, Sozialisierung. Man kann vermutlich bis auf das letzte % alles raus rechnen, wenn man diese Ursachen als gottgegeben annimmt. Und was machen wir dann mit dieser Erkenntnis? Ok alles fair, supi. Können wir uns ja alle freuen dass wir nichts tun müssen.
Die Wirtschaftswissenschaften mögen ja mit dem arbeiten müssen, was gegeben ist. Als Gesellschaft müssen wir das aber nicht.

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Finde das Thema unheimlich facettiert und schwierig. Bei uns gibt es Tariflohn und alle auf einer identischen Stelle erhalten den gleichen Lohn. Es gibt auch keine Unterschiede nach Bundesland.

Ist das jetzt fair?

Da wir deutschlandweit tätig sind, geht es Leuten die ländlich wohnen (und arbeiten) bzw. im Osten deutlich besser, da sie viel mehr Kaufkraft haben. Dazu gehören auch Regionen in denen wir am Ende vom Tag vielleicht gerad mal eine schwarze Null schreiben oder sie aufgrund von Auflagen und zur „Flächendeckung“ subventionieren.

Natürlich kann man umziehen. Haben ja auch Millionen Ostdeutsche seit der Wende gemacht. Auf der Strecke geblieben sind die, die es nicht konnten, wollten oder nicht qualifiziert genug waren. Über die kann man sich natürlich ganz toll als „Globalisierungsverlierer“ erheben, wenn diese Idioten es doch tatsächlich wagen die AfD und nicht die Grünen zu wählen. Zudem ist das Problem ja auch eher ein Berufgruppenproblem. Ja, diese Berufsgruppen sind klassische „Frauenberufe“, aber auch Männer die sie ausüben werden genau so scheiße bezahlt. Kein Wunder, dass es genau in den Berufen große Probleme gibt, junge Leute zu finden, die sie ausüben. Das mit dem Gewese war überspitzte Polemik meinerseits, da ich eben finde, dass dieses Problem im Gegensatz zur Gender Pay Gap Debatte medial komplett unterbelichtet ist. Ich will jetzt auch nicht grundsätzlich gegen Feminismus schießen, bitte nicht falsch verstehen, aber ich kann diesen modernen Kulturkampfdebatten, die jegliche Klassenfrage bewusst ausblenden und diesbezüglich an den Verhältnissen nichts ändern wollen, einfach nichts abgewinnen.

Bin ich bei dir, aber sieh es mal positiv, immerhin hast du nicht einmal im Jahr das gesamte internet voller Beiträge dazu, wie benachteiligt Westdeutsche seien und ob die Ostdeutschen nicht mal langsam genug bekommen können, von beiträgen von leuten, die sich „wie ostdeutsche anziehen“ und nochmal ganz deutlich sagen müssen dass ostdeutschland keine Hilfen braucht, weil sich Leistung durchsetzt und die sich schon selbst hocharbeiten können weil sie stark sind.

Ich bin die letzte, die das nicht versteht, wenn man örtlich gebunden ist. Und mir ist das durchaus bewusst, dass das nicht alle können. Und ich finde auch dass das Thema unterrepräsentiert ist und möchte dafür genauso kämpfen. Und trotzdem finde ich es immer unfair wenn man tut, als wären Frauen Frauen eine marginalisierte Minderheit.