LdN325 LehrerInnen-Mangel und Quereinstieg

LdN325 LehrerInnen-mangel und Quereinstiegs-Bashing

Der Quereinstieg ist an sich eine gute Sache, aber…

Es gibt eine zu starke Fokussierung auf die MINT-Fächer. Viele Jahre lang hatten Geisteswissenschaftler*innen keine Chance, in den Schulbetrieb zu wechseln.

Dabei sind Z.B. Geografinnen, Literaturwissenschaftlerinnen etc. durchaus fachlich qualifiziert.

Auch die Lage beteiligt sich an dem Quereinsteiger-Bashing, ab so es nur Musik-Clowns gäbe. Und unterbezahlte Germanist*innen gibt es durchaus, die eine Festanstellung in der Schule den befristeten Jobs in der Wissenschaft vorziehen würden.

Quereinstieg ist mit viel Nachstudieren und einem richtigen Referendariat verbunden. Fertige Quereinsteiger*innen haben dann (nach ein paar Jahren) die gleiche Qualifikation wie Lehrkräfte, die grundständig studiert haben.

Das Problem ist, dass Quereinsteigerinnen in der Regel vom ersten Tag an alleine unterrichten müssen und zwar in erheblichem Umfang. Oft bekommen sie gleich Klassenleitungen oder sie müssen spontan fachfremd vertreten. Hier ist nicht die fehlende Qualifikation der Quereinsteigerinnen das Problem, sondern das Verheizen in der Schule, um möglichst schnell, möglichst viele Stundenabzudecken. Stattdessen müssten sie die Möglichkeit haben, zuerst zu hospitieren bzw. zu zweit in einer Klasse im Team zu arbeiten, dann wenige Stunden alleine zu unterreichten und vorher bzw. parallel Didaktik-Seminare zu absolvieren.

Nicht zuletzt gibt es im Lehramtsstudium sowohl grundständig als auch für den Quereinstieg viel Zeug, dass in der Schule nicht gebraucht wird: Höhere Mathematik für Grundschullehrkräfte, Mittelhochdeutsch für Deutschlehrerinnen. Hier wären angepasste Studienleistungen notwendig. In Berlin scheitern im Moment Grundschulabsolvertinnen an den Matheprüfungen, die aber für Mathematiker*innenkonzipiert wurden. Dafür mehr Didaktik und Praxis.

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Ich kann dem aufgrund meines Umfeldes nur zustimmen.
Allerdings gibt es bereits einen Thread zum Thema, vielleicht kann man das hier dort einfügen? @moderatoren

Ich muss bestätigen, dass mein Eindruck ebenfalls war, dass Quereinsteiger grundsätzlich nur das mitbringen, was sie eben gelernt haben, also keine weitere Qualifikation für den Quereinstieg stattfindet. Das war vermutlich auch eine sehr naive Annahme von mir, doch so wurde es imo durch das Intro des Themas suggeriert. Die Differenzierung, dass erstens nicht alles „Musik-Clowns“, also fachfremde Personen sind und dass auch viele fachfremde für den Beruf geeignet sein KÖNNTEN, fand allerdings doch statt. Ebenso wurde klar in Frage gestellt, ob das Studium zielführend qualifiziert und ob die Inhalte nicht angepasst werden sollten und unnötig hohe Hürden (vor allem im MINT Bereich) hinterfragt werden sollten.

Zurück zum Thema Quereinstieg:
Das scheint mir ein wichtiger Baustein zu werden, auf den auch zwangsläufig gesetzt werden muss (und ja schon wird).
Jedoch scheint mir das eine Folge aus den strukturellen Mängeln zu sein, die die LdN hervorgehoben hat.
Das hat vermutlich auch die Dimension, dass es nochmal eine gesonderte Betrachtung benötigen würde, da es sonst den Rahmen gesprengt hätte. Es scheint mir, Aufgrund der Quelle unten, ein sehr komplexes Thema zu sein, in dem auch viel Bewegung drin ist. Daher ist es imo verständlich, dass darauf nicht im Detail eingegangen wurde. Ein Hinweis, dass es hier verschiedene Bemühungen gibt, um die Quereinsteiger zu befähigen, egal aus welchem Bereich sie ursprünglich kommen mögen (wobei es auch da wohl oft strenge Vorgaben gibt), hätte mir jedoch bei der Einordnung geholfen.

Hallo liebes Lage-Team, ich bin neu hier, höre euch aber schon über mehrere Jahre und bin ganz frisch aus dem Ref raus.
Im Podcast Das Politikteil von derZeit ging es vor kurzem auch um das Thema Bildung und dort wurde erwähnt, dass es vom BVerfG ein Urteil dazu gab, was wohl ziemlich unterging. Laut diesem Podcast und der dort erwähnten Einschätzung ist es wohl möglich (plakativ gesprochene) fehlende Bildung anzuklagen. Es wäre nur bisher nicht passiert. Mich würde eure Einschätzung zu diesem Urteil brennend interessieren. Ich finde in dieser sachlichen didaktischen Reduzierung :wink: liegt eine eurer großen Stärken. Vielen Dank.

Es dürfte dieser Beschluss des BVerfG gemeint sein.

Daraus:

Dieses „Recht auf schulische Bildung“ ist in der Tat auch einklagbar, allerdings stellt sich natürlich immer die Frage, welche Mindeststandards wir setzen, also ab wann das „Recht auf schulische Bildung“ so weit reduziert ist, dass hier eine Verfassungswidrigkeit erblickt werden kann. Denn ich denke es ist offenkundig, dass Unterrichtsausfälle nie komplett vermeidbar sein werden, eben weil Lehrer auch nur Menschen sind und wenn eine Grippewelle mal durch’s Lehrerzimmer schwappt kann auch kaum genug Redundanz vorgehalten werden, jeden Unterrichtsausfall zu vermeiden.

Die Frage ist daher: Wie viel Ausfälle sind zu viel? Ab wann kann man davon sprechen, dass das „Recht auf schulische Bildung“ systematisch nicht gewährleistet wird? Und was sind die Rechtsfolgen?

Kurzfristig gilt, dass auch das BVerfG nichts unmögliches fordern oder vorschreiben kann („ultra posse nemo obligatur“-Grundsatz), daher: Wenn ein akuter Arbeitskräftemangel vorliegt, der allenfalls, wie Bayern es versucht, auf Kosten der anderen Bundesländer behoben werden kann, kann die Forderung des BVerfG nicht lauten, mehr Lehrkräfte einzustellen. Allenfalls könnte das BVerfG feststellen, dass in der Vergangenheit statistisch nachweisbar zu wenig Lehrer ausgebildet wurden, sodass es zu einem vorhersehbaren, systematischen Mangel gekommen ist - und den Gesetzgeber auffordern, diesem systematischen Mangel für die Zukunft entgegen zu wirken. Aber den Klägern / Eltern von Heute hilft es auch wenig, wenn in 10 Jahren dann mehr Lehrer zur Verfügung stehen.

Außer der Feststellung, dass der Staat seine Pflicht zur Gewährleistung des Rechts auf schulische Bildung nicht nachgekommen ist, ist daher vermutlich wenig durch eine Klage zu erreichen…

Habe eben mal geschaut was man ( in Hessen ) an Qualifikationen mitbringen muss um z.B. Informatik an einem Gymnasium als Quereinsteiger unterreichen zu dürfen.
Was soll ich sagen die sind LÄCHERLICH hoch.
Mein 1er WI-Bachelor + IT-Ausbildung + über 10 Jahre Praxiserfahrung sind nicht ausreichend.
Es sind min. 8 Semester Studium erforderlich!!! Um Grundlagen an Schüler zu vermitteln!!!
So ernst scheint der Mangel nicht zu sein.

Das sehe ich ähnlich kritisch.

Ja, hoch-qualifizierte Lehrer sind das Optimum, aber in einer akuten Mangellage sollte man in der Lage sein, sinnvolle Abstriche zu machen. Gerade in der Grundstufe, Unterstufe und Mittelstufe ist für die meisten Unterrichtsinhalte wahrlich keine fachliche Hochschulbildung notwendig, hier reicht in aller Regel auch eine solide praktische Berufsausbildung in Kombination mit pädagogischer Weiterbildung (dh. „wie unterrichte ich sinnvoll“). Eine fach-wissenschaftliche Hochschulbildung ist allenfalls in der Oberstufe zwingend für jeden Lehrer notwendig, in allen Stufen darunter genügt es, wenn ein Teil der Lehrer eine fach-wissenschaftliche Hochschulbildung hat, um die nötige Kompetenz im Fall, dass ein Lehrer nicht weiter weiß, zumindest im Haus zu haben. Ja, dazu gehört dann auch die Größe, bei einer herausfordernden Frage der Schüler mal sagen zu können: „Da bin ich überfragt, ich frage mal den Kollegen X und gebe dir nächste Stunde die Antwort“.

Das Problem, dass ich hier sehe, ist, dass man zwar durchaus aus verständlichen Gründen daran festhalten will, dass jeder Lehrer möglichst hoch ausgebildet ist, man dabei aber die Realitäten des Möglichen außer Acht lässt. Man akzeptiert lieber einen massiven Unterrichtsausfall als Abstriche an der Qualität, aber durch die hohen Unterrichtsausfälle und den zunehmenden Stress für die verbleibenden Lehrer leidet auch die Qualität. Etwas mehr Pragmatismus wäre daher angesagt.

Es ist klar das eine „Mindestqualifiaktion“ erforderlich ist um den Stoff vermitteln zu können. Mir fehlen aber offen gesagt die Gründe weshalb ein Lehrer „möglichst hoch ausgebildet“ sein soll.
Ggf. muss man sich auch ein Stück weit von der Vorstellung verabschieden das ein Lehrer mehrere Fächer unterrichtet. Unter dieser Voraussetzung können Quereinsteiger vermutlich besser und schneller eingesetzt werden.
Was oberste Priorität haben muss ist, dass die Lehrkraft den Stoff verständlich vermitteln kann. Welcher Abschluss die Befähigung dazu schafft ist nicht nur zweitrangig sondern irrelevant.
Wie sonst wäre es zu erklären das ich nicht als Quereinsteiger an einer Schule unterrichten darf, aber gegen viel Geld IT-Systeme für Konzerne konzipieren darf.
Die Regelungen müssen dem Ziel dienen und nichts anderem… mit wünsch dir was kommt man nicht voran.
Ich würde das ja sogar Ehrenamtlich machen, weil ich im Arbeitsalltag unter Nachwuchsmangel leide.

Der Grund, der hier immer wieder angeführt werden wird, ist wohl die Qualitätssicherung.
Das Ideal der Qualitätssicherung ist, dass der Lehramts-Absolvent nach erfolgreichem Abschluss seines ersten Staatsexamens (Nachweis über theoretische Befähigung) zwei Jahre in der Praxis arbeitet (Nachweis der praktischen / charakterlichen Befähigung) und dann noch mal das zweite Staatsexamen ablegt (erneuter Nachweis über die theoretische Befähigung).

Auf diese Weise wird ein hoher Grad an Sicherheit bezüglich der Qualität des Lehrers erreicht. Natürlich kommen - gerade in der aktuellen Mangellage - dennoch fragwürdige Kandidaten durch das System (ein angehender Physiklehrer müsste schon im Referendariat sehr viel falsch machen, um in der aktuellen Personalnot als Ungeeignet eingestuft zu werden…), aber grundsätzlich ist das System so aufgebaut, dass möglichst wenige „faule Äpfel“ in den Korb wandern.

Diese Art der Sicherheit lässt sich bei Absolventen aus der beruflichen Praxis nicht sicherstellen. Denn nur weil der ITler beruflich in der Lage ist, ein „IT-System für Konzerne zu konzipieren“, bedeutet das ja gerade nicht, dass er fachliche Grundkenntnisse, gerade in verwandten Anwendungsbereichen, noch in ausreichendem Maß hat. Beispielsweise ist fraglich, ob jemand, der vor 20 Jahren seine Ausbildung gemacht hat und seitdem in der Systemintegration tätig ist, auch nur halbwegs zeitgemäße Kenntnisse von Programmierung hat, was für einen Informatiklehrer unentbehrlich ist.

Beim Absolventen eines Hochschulstudiums ist sicher gestellt, dass er nach dem Lehrplan über alle Grundkenntnisse verfügt, die benötigt werden, er ist quasi „Generalist“. Bei Personen aus der beruflichen Praxis hingegen besteht die Tendenz zur massiven Spezialisierung. Der ITler hat z.B. über Jahre entweder nur programmiert oder nur Systemintegration gemacht, aber keine vertieften Kenntnisse des jeweils anderen Bereichs. Oder der Chemielaborant hat zehn Jahre die gleichen chemischen Prozesse gemacht und kennt diese in- und auswendig, könnte aber relativ basale Sachen aus anderen Chemie-Bereichen nicht vermitteln, sodass er als Chemielehrer selbst für die Mittelstufe nicht geeignet wäre.

Das heißt nicht, dass es keine guten Kandidaten aus dem Feld der beruflichen Bildung gäbe - wie gesagt, ich bin auch dafür, hier die Zulassungsgrenzen zu senken. Aber ich kann auch verstehen, warum unter dem Blickwinkel der Qualitätssicherung der Lehramts-Studium-Absolvent das Nonplusultra für den Lehrbetrieb ist und alle anderen Optionen eben nur „zweite Wahl“ für den Notfall sind.

Damit man dich z.B. an einer Schule als Quereinsteiger unterrichten lassen könnte, müsstest du vor der ersten Unterrichtsstunde erst mal massiv geprüft werden, ob du die Inhalte laut Lehrplan selbst wirklich drauf hast, gerade die Inhalte, die nicht zu deinem Berufsalltag gehören. Dafür müsste man wieder geeignete Prüfungen entwerfen und durchführen, was zu erheblichen Kosten führt. Dann müsste eine Weiterbildung vor allem im Bereich Pädagogik stattfinden, aber auch eine Weiterbildung, um etwaige fachliche Lücken zu füllen. Das ist wirklich nicht ganz einfach.

Kurzfassung: Es geht wirklich primär um die Qualitätssicherung, die bei Quereinsteigern schwierig ist.

Na da sind wir uns doch einig… allerdings ist eben das vorweisen eines Stückchen Papiers keine Qualitätssicherung.
Klar müsste man mich prüfen und auch in Pädagogik bin ich nicht fit … das ist klar. Das wäre aber auch der Fall mit 10. Semestern Studium.
Der Entscheidende Unterschied ist einfach der, dass ein größerer Personenkreis überhaupt in Frage käme. Somit würden zwangsweise mehr Quereinsteiger in den Schulen landen.
Wer ernsthaft eine Lösung für den Lehrermangel finden will wird wohl oder übel eine Lösung für die Qualitätssicherung finden müssen.

Ganz nebenbei bekommt man auch mit einem Master keine „aktuellen Programmierkenntnisse“ - dafür müsste man die Studienpläne ja regelmäßig anpassen.
Zitat vom Prof. beim Abschluss 2014:
Im Studium lernt man Programmieren wie in den 80ern.

Ich verstehe ja diesen Parallelthread nicht ganz, da es ja im Thread LdN325 LehrerInnenmangel: Gründe schon eine breite Diskussion zum gleichen Thema gibt. Die ist auch durchaus facettenreicher. In diese Thread entsteht schnell der Eindruck, Lehrer:innen seien einzig und allein dazu da, „Stoff“, also Wissen zu vermitteln. In dem anderen Thread wird hingegen deutlich, dass es um sehr viel mehr geht (zum Beispiel das Aufbauen von sozialen Bindungen, Umgang mit Konflikten etc), und dass dafür pädagogische, sozialarbeiterische und fachdidaktische Qualifikationen m. E. wichtiger sind als reines Fachwissen (Mathe zu können ist eben etwas ganz anderes, als anderen Mathe beibringen zu können). Dass die auch in vielen Lehramtstudiengängen zu kurz kommen, steht auf einem anderen Blatt. Mein Punkt ist aber, dass hier im Grunde unter dem Motto „Quereinstiegs-Bashing“ eine Paralleldiskussion geführt wird.

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s. dazu auch

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Mein Punkt ist aber, dass hier im Grunde unter dem Motto „Quereinstiegs-Bashing“ eine Paralleldiskussion geführt wird.

Ich stimme Dir zu. Trotzdem möchte ich nicht zusammenführen - der andere Thread umfasst eine so große Themenvielfalt, dass dieser Ausschnitt bei Bedarf zusätzlich diskutiert werden sollte.

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Hallo, als Beispiel aus der Praxis: ich habe lediglich persönliches Interesse an der Thematik IT. Wir haben letztes Jahr eine neue Schulhomepage selbst erstellt. Allerdings ohne jegliche Kompetenz in der freiwilligen Gruppe. Daraus ist ein Wahlpflichtfach für die Fachoberschule, heißt Abschluss allgemeine Fachhochschullreife, entstanden (einen Internetauftritt planen und realisieren). Das Wissen darüber bringe ich mir gerade laufend mit einem udemy Kurs über html und css selbst bei.
Also: ich stimme dir da auch auf jeden Fall zu. Lächerlich hoch und völlig deplatziert. Ich bin an einer Berufsschule tätig und meiner Meinung nach spielt die Fachkompetenz sowieso eine viel zu große Rolle. Das Persönliche ist viel wichtiger.

Es kommt immer auf das jeweilige Fach an, dass unterrichtet werden soll, und auf die Schulart. Ich mache das immer gerne am Beispiel meiner Fächer Mathematik und Physik fest:

Aus meiner Erfahrung bringen einige didaktische Verfahrenszugänge (Verfahren also nicht Verständnis), die gerade an einigen Grundschulen in Mode gekommen sind einen extremen Rattenschwanz an Problemen in höheren Klassen und im Studium mit sich. Hier ist exemplarisch die Division zu nennen, da es einen neuen Grundschulalgorithmus für die SchülerInnen gibt, sodass sie weniger Platz auf dem Blatt und weniger Übersicht benötigen. Doch genau diese Übersicht müsste für spätere „Rechnungen“ geschult werden und auch wirkt ein anderer Algorithmus propädeutisch für die späteren Themen „Darstellungswechsel von rationalen Zahlen“ und „Polynomdivision“. Ähnliches ist auch in der Sekundarstufe I und II zu finden, da ganz nach dem Motto „Wenn es alle so sagen/schreiben, wird es wohl richtig sein.“ werden die Abszisse und Ordinate schlicht weg umgangssprachlich und verständnishemmend als x- und y-Achse bezeichnet, sodass in anderen Unterrichtsfächern Graphen nicht verstanden werden, da hier eigentlich nie auf die Zahlenmengen, sondern auf die Größen geachtet wird. Auch wird die Differentiation schlichtweg mit f’(x) beschrieben, wobei die Schüler im Studium und in anderen Fächern schon in der Schule auf die wesentlich verständnisorientierte Operatorenalgebra treffen und diese auch zwingend für Diffentialgleichungen benötigen.

In der Physik erlebe ich ähnliches: Wenn eine Lehrkraft nicht den Gesamtzusammenhang überblickt, kann wieder nicht propädeutisch und vernetzend unterrichtet werden. Oftmals wird den SchülerInnen der Stoff (wie es die Schulbücher auch suggerieren) als unzusammenhängende Einzelphänomene erläutert und dazu noch in den Lehrplänen und Büchern die Größen für den Zusammenhang ausgesparrt sind (Frühe Potential- oder Vektorvorstellung als Beispiele). Gerade die Analogievorstellung zu bereits bekannten Phänomenen kann hier das Verständnis erleichtern und ein assoziativer Ausblick in die „spannenderen“ Themen (aus SchülerInnensicht) fördert intrinsische Motivation. (An dieser Stelle möchte ich auch meine eigene Erfahrung kurz erwähnen, dass wenn man sich Zeit im Unterricht für die Fragestellungen der SchülerInnen nimmt, dass man regelmäßig anonyme Drohmails von besorgten Eltern bekommt, da diese die Begeisterung der SchülerInnen mit vermeindlich notenrelevanten Inhalt verwechseln.)
Wenn eine Lehrkraft nun also über deutlich mehr Wissen verfügt als in der Schule selbst unterrichtet wird, dann ist dieses bei weitem nicht hinderlich, sondern ganz im Gegenteil.

Hingegen verstehe ich auch, dass in anderen Fächern das theoretische Wissen weniger Wert hat, wenn man zum Beispiel selbst nicht programmieren oder musizieren kann.

Wo ich wieder zustimmen muss: Die fiktiven Anforderungen, die durch beurkundete Abschlüsse gestellt werden, sind vollkommen realitätsfern, wir mein Beispiel, dass ich hier beschrieben habe (LdN325 LehrerInnenmangel: Gründe - #4 von Yawgmath) zeigt.

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Zu dem Teil mit den Anforderungen an den Lehrerberuf in MINT-Fächern würde ich gerne anmerken, dass die Aussage/das Zitat „[…] sind die Anforderungen in [MINT] unnötig hoch, die sind nämlich genau so hoch wie wenn du hinterher Ingenieurin wirst und irgendwelche Raketen baust[…]“ nur sehr bedingt der Realität entspricht. Der Vergleich von einem „normalen“ Studium in einem MINT Fach zu einem Lehramststudium mit MINT Bezug deutliche Schwächen hat. Zum einen hat ein Informatiker im Grundstudium von 180 ECTS (Creditpunkte, 1 ECTS = ~30 h Arbeitsaufwand) ca. 140 ECTS Höhere Mathematik, Informatische Konzepte, Programmieren usw. bei einem Lehramtsstudium fallen für den Schwerpunkt Informatik nicht ansatzweise die Hälfte der ECTS in den Fachbereich Informatik. Dass eine Lehrkraft mit Fach Informatik in der Industrie beim Bewerbungsprozess einem Informatikstudenten den Job klaut halte ich für eine recht steile These.

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Das ist auch so eine Aussage, die ich noch nie verstanden habe. Ja, die Studis sitzen mitunter in den gleichen Vorlesungen wie die nicht Lehrämtler, aber sie machen halt auch viel weniger.

Ich habe exemplarisch (für Rheinland-Pfalz) mal nachgeschaut, für den lehramtsbezogenen Bachelor (Gym, RS+) haben die beiden Fächer je 65LP Anteil am Bachelor, der Rest geht dann noch an die Bildungswissenschaften und eine Bachelorarbeit in einem der drei Fächer. Und diese 65LP beinhalten bereits die fachdidaktischen Module, so dass allein dadurch sichtbar wird, dass der fachwissenschaftliche Inhalt gezwungenermaßen deutlich dünner sein muss.

Danke für die Ergänzung, die Fachdidaktik ist natürlich auch ein Teil des Ganzen. Die hab ich jetzt mal außen vor gelassen.
Gut zu wissen, dass das an manchen Unis die gleichen Vorlesungen sind, aber viele Pädagogische Hochschulen haben deutlich begrenztere Lehrveranstaltungen. Während man als Informatiker/Ingenieur/Mathematiker an einer großen Technischen Uni seine Lehre von Instituten bezieht, die zu den weltweit führenden auf ihrem Fachgebiet gehören (gerade an den großen Universitäten) hat man an manchen „Lehramtsunis“ für die komplette Mathematik ein einziges Institut mit einem Lehrstuhl. Ich möchte niemandem vorwerfen er macht schlechte Lehre, aber ein einzelner Matheprof kann wohl kaum eine ganze mathematische Fakultät mit mehreren Instituten und zig Professuren ersetzen.