LDN324 Umgang mit der Wagenknecht-Petition und Einschätzung irrationaler Akteure

Aufmerksamkeit und da ist sie auch äußerst erfolgreich. Ist natürlich nicht zu belegen, dass das ihre primäre Motivation ist, aber ihr Verhalten und die Substanzlosigkeit ihrer Positionen lässt für mich wenig andere Interpretation zu, insofern finde ich es auch müßig, sich mit ihr inhaltlich zu befassen.

1 „Gefällt mir“

Das kannst du aber mMn nicht wirklich trennen, denn sie habe ja nicht einfach so über den Pazifismus an sich gesprochen, sondern sich konkret mit diesem Manifest auseinander gesetzt.

Das habe ich eben genau anders verstanden. Wenn man sich das Manifest von Schwarzer und Wagenknecht ansieht, dann wird eben deutlich, dass es ihnen nicht primär um Frieden geht, sondern dass sie sich eher, vermutlich zum Zwecke der Selbstvermarktung, an die Spitze einer Gruppe von Menschen setzen möchten, die bereit sind, überspitzt formuliert, Teile der Ukraine zu opfern nur damit wir wieder billiges Gas bekommen.

Wir können hier auch gerne über Pazifismus sprechen und auch wie ein Frieden in der Ukraine zu bewerkstelligen wäre. Aber solche detaillierten Diskussionen werden von Leuten, die einfach nur pauschal ein Ende des Krieges fordern, quasi nie geführt.

2 „Gefällt mir“

Ich empfehle, den sehr ausführlichen Aufsatz von Jürgen Habermas („Ein Plädoyer für Verhandlungen“, SZ vom 15.02.2023 ) zu lesen, der vielleicht dabei hilft zu verstehen, was Wagenknecht/Schwarzer in sehr verkürzter Form in ihrem Manifest zum Ausdruck bringen wollen.
Dass auch der Habermas-Text inzwischen in vielen „Leitmedien“ sehr polemisch kritisiert wird, ist bedauerlich, ebenso wie die - wie ich finde - sehr einseitige Auseinandersetzung von Ulf und Oliver mit dem Wagenknecht-Manifest.
( … )
Zu hören, was Ulf und Oliver zu dem Habermas-Essay sagen, wäre sehr interessant.
(
leider zurzeit nur für SZ-Abonnenten lesbar)

2 „Gefällt mir“

Naja, da Menschen ja nur eingeschränkt rational sind, ist das schon möglich. Oft wird ja die ganze Intelligenz dafür verwendet, Fakten oder Schlussfolgerungen auszublenden, die nicht in das eigene Selbst- oder Weltbild passen.

S. Z.B. Motivated Reasoning – Wikipedia

1 „Gefällt mir“

Viele „Friedensinitiativen“ haben meist unausgesprochen den Kern, das der Westen (USA, Deutschland), ggf ohne die Ukraine, direkt mit Russland verhandeln sollen, und meist dahin, dann man die jetzigen Grenzen festschreibt, Russland die eroberten Gebiete behält, dafür die Waffen schweigen lässt, die Rest-Ukraine bekommt vage Sicherheitsgarantien, die Sanktionen werden aufgehoben und alle sind glücklich, weil Frieden ist.
Bissl zynisch ist das schon, weil es keiner der Friedensaktivisten klar ausspricht, nur andeutet, besonders Wagenknecht.

5 „Gefällt mir“

Was sind den die wichtigsten Eckpunkte daraus, die noch nicht in der allgemeinen Debatte vorgekommen sind?

2 „Gefällt mir“

Ein paar deutliche Worte (das Reaktionsspektrum im Publikum ist faszinierend):

6 „Gefällt mir“

Ich würde sagen, das ist eine Unterstellung deinerseits. Klar kann man das rauslesen, aber es bedarf dann doch über den Text hinaus Kenntnis und einiges an Interpretation über die Personen Schwarzer/Wagenknecht. Die Position an sich gerät ja sofort in den Hintergrund (sieht man super live in diesem Thread)
Insbesondere deshalb sind vielleicht gerade diese Personen ein denkbar schlechtes Beispiel, um an ihnen ein Exempel an einer pazifistischen Position zu statuieren.
Man hätte sich ja genausogut an Habermas oder dem Jahresrückblick von Mark Milley, Vorsitzender der Joint Chiefs of Staff der Vereinigten Staaten, abarbeiten können und das auch mal hinsichtlich einer idioligiekritischen Perspektive tun können. Gerade bei Mark Milley spricht das, was hinsichtlich der momentanen Situation angedeutet wird Bände über politische Hintergründe der derzeitigen Lage.
Die Ukraine scheint ja bewusst in der zynischen Lage gehalten zu werden, gerade so wehrhaft zu sein ohne den Krieg aktiv gewinnen zu können. Und dabei kamen bisher weit über 200000 (potentiell bis zu 1% der Bevölkerung der Ukraine) Menschen ums Leben. Und dann stellt man parallel dazu fest, dass das noch eine lange, lange Weile so gehen wird, bis realistisch eine „Verhandlungsposition“ erreichbar ist.(…)
Und das natürlich alles unter dem Vorzeichen, dass der rationale/irrationale/wahnsinnige Akteur Russand/Putin in dieser ganzen Zeit keine rationalen/irrationalen/wahnsinnigen Schritte unternimmt.
Aber ich weiß genau so wenig wie jeder hier, ob mehr oder weniger Waffenlieferungen daran irgendetwas ändern können. Ich kann mir nur sicher sein, dass mehr Waffen auch mehr Zerstörung und mehr geopferte Menschenleben bedeuten werden. Und ich weiß sicher, dass ein wie auch immer gearteteter Waffenstillstand mehr Menschen die Gelegenheit geben wird, das Land zu verlassen und ihr Leben fortzusetzen.
In 20 Jahren wird man sich dann Fragen ob eine wirtschaftlich vollkommen ruinierte Ukraine, denen eine gesamte Generation verloren ging, deren Infrastruktur bis aufs letzte zerstört wurde und die unabhängig vom Kriegsausgang vollkommen am Boden sein wird überhaupt auf irgendeine Weise gerettet werden konnte.

3 „Gefällt mir“

Was ist denn das eigentliche Thema? Auf den Tonfall kommt man ja eigentlich erst, wenn man inhaltlich keine Argumente mehr hat. Das „eigentliche Problem“ sehe ich nicht. Kannst du für eine pazifistische Lösung, die keine westlichen Waffenlieferungen nötig macht, die Ukraine nicht aufgibt und nicht löchrig ist argumentieren?

Ich glaube, dass Philip und Ulf (natürlich) Pazifisten sind, aber verstanden haben, dass der fromme Wunsch, es möge bitte, bitte keinen Krieg mehr geben, traurigerweise an der Realität vorbeigeht.

Mit Putins offen ausgesprochenem Großmachtstreben und den letzten Jahren und Jahrzehnten entsprechender Politik beantwortet sich doch jede Frage, wie weit man ihm entgegenkommen darf von selbst. Diesen Punkt zu ignorieren, während man sich Pazifist nennt, kann man je nach Person auf einer Skala von naiv bis zynisch einordnen.

Wo siehst du den Mehrwert, den Tonfall im Podcast zu diskutieren und dabei den gesamten Inhalt auszublenden?

8 „Gefällt mir“

Das als „Argument“ für die Position, lieber gar nix mehr liefern zu wollen, zu bringen, entbehrt aber auch nicht eines gewissen Zynismus.

Wenn es nach mir und nach vielen anderen Befürwortern von Waffenlieferungen ginge, würden wir wesentlich mehr liefern, und vor allem auch wesentlich früher als immer nur wenn’s 5 vor 12 ist.

In meiner Wahrnehmung wird gerade in Deutschland da viel zu viel Rücksicht auf genau die Leute genommen, die dieses Manifest unterschrieben haben, und infolgedessen zu vorsichtig agiert in Sachen Waffenlieferungen.

2 „Gefällt mir“

Wir machen hier dieselben Fehler wie bei Corona. Da hieß es such man muss diese armen Leugner und Rechten tolerieren und mitnehmen. Nein muss man nicht wenn sie offenkundig falsch liegen. Was Wagenknecht, Schwarzer, Precht und Co da fordern ist Gewalt zu belohnen. Natürlich kann man da nur noch drüber lachen wenn man nicht dauern wütend sein will. Außerdem sollte man diesen Menschen nicht immer wieder Bühnen geben um erneut false balance zu generieren.

Als ob irgendjemand der Waffen fordert nicht will, dass Frieden herrscht @Corne . Dazu muss aber Russland aus der Ukraine verschwinden. Es wird nie Frieden geben wenn Russland wieder was gewinnt. Merkel hat 2014 schon die Krim für günstiges Gas verschachert. Man sieht ja wozu das geführt hat.

2 „Gefällt mir“

Nicht nur sind es dieselben Fehler, es ist sogar exakt derselbe Schlag von Leuten, mit denen diese Fehler begangen werden. Vermutlich sogar dieselben Personen, würde mich nicht wundern.

Heute konnte man ja in Berlin live sehen, was für Gestalten da „für den Frieden“ demonstrieren gingen - man hätte nur ein paar Schilder auf den Bildern retuschieren müssen, und es hätte ne Anti-Impf-Demo sein können. Okay, und ein paar russische Fahnen entfernen. Ukrainische hätte man nicht wegphotoshoppen müssen, es waren keine in der Masse. Ging ja auch nicht um die Ukraine.

3 „Gefällt mir“

Veranstalter lesen auf der Demo die polizeilichen Auflagen vor (u.a. das Verbot, den Buchstaben „Z“ zu zeigen oder Karten der Ukraine ohne die von Russland besetzten Oblaste) und ernten spöttisches Gelächter, Pfiffe und Buh-Rufe.

https://twitter.com/beimwort/status/1629497654638964739

1 „Gefällt mir“

Nun, ist das nicht genau das, was du von Ulf und Philipp gern gewünscht hattest? Mehr inhaltliche Auseinandersetzung mit der Sache, weniger mit ihrer Form?

Aber gut, gebe ich auch noch meinen Senf zur ursprünglichen Themenfrage dazu: ich fand den Umgang in der Lage durchaus angemessen. Manche Thesen - und die in diesem Manifest gehören dazu - sind so absurd, unsinnig, schädlich und zersetzend, dass der richtige Umgang mit ihnen ein bewusstes Nicht-ernst-nehmen ist. Jedes Ernst-Nehmen erhebt sie auf eine diskursive Ebene, die ihnen nicht gebührt. Wer ernst genommen werden will, der möge doch bitte nicht mit einem Beitrag mit logischen Löchern so groß wie Krater auf dem Mond an den Tisch kommen.

3 „Gefällt mir“

Und genau das ist schon gar nicht so klar. Weder ist klar, wie schnell dadurch die Kämpfe enden würden (auch, wenn das mutmaßlich eher sein würde), noch ist klar, dass die Russen dann aufhören würden, dass Land zu plündern und zu zerstören und seine Einwohner:innen zu töten, vergewaltigen und zu verschleppen.

Klar ist nur, dass damit der Aggressor einen Vorteil gegenüber dem Angegriffenen bekommt.

5 „Gefällt mir“

Das ist ja eine ganz interessante Sichtweise. Rhetorik ist also nur in Abhängigkeit von Inhalt überhaupt bewertbar oder relevant? Da würde ich noch mal länger drüber nachdenken an deiner Stelle. Man kommuniziert ja schließlich nicht nur Fakten, sondern auch Emotionen.

Kannst du denn die Position „Mehr Waffenlieferungen und absolute Verteidigung der Ukraine“ wasserdicht argumentieren? Ich maße mir defintiv nicht an, diese Situation vollends überblicken zu können und wahrhaftig „löcherfrei“ argumentieren zu können. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass ich eine mir missfallende Position lächerlich machen muss und alles daran setze, sie zu diffamieren und auszuschalten. Ich kann sehr wohl gute Argumente hinsichtlich Waffenlieferungen akzeptieren und für richtig halten. Ich tue das auch. Trotzdessen sehe ich auch einige sehr gute Argumente darin, um jeden Preis schnellstmöglich einen Waffenstillstand herbeizuführen und jegliche Eskalation zu vermeiden.

Und der Mehrwert liegt darin, einer Diskursverrohung und Eskalationsrhetorik entgegenzuwirken. Mittlerweile werden ja selbst Menschen wie Habermas fragwürdige Motive unterstellt.

2 „Gefällt mir“

Das habe ich nicht getan. Ich kann ganz im Gegenteil einer Position von mehr Lieferungen und mehr Unterstützung immernoch mehr abgewinnen als der derzeitigen Realität. Das wäre zumindest ein ehrliches Spiel.

Aber um dir zu widersprechen denke ich, dass in der Realpolitik weder die eine noch die andere Argumentation momentan eine große Rolle für die wirklich kriegsentscheidenden Fragen spielt. Aller Beobachtung zu Folge geht es doch momentan um eine maximale Abnutzung russischer Militärmittel unter Inkaufnahme eines gigantischen Verlusts von Menschenleben.

Ich kann auch in diesem Beitrag deine Position nicht teilen.

Wieso sollte der deutschlandweit-meistgehörte Politik-Podcast, der bewusst die thematische Einordnung macht „sofern es sie interessiert und sie es für relevant halten“, ein deutschlandweit auf allen großen Tageszeitungen aufgenommene Thema des Manifests mit heutiger Großdemo in Berlin ignorieren? Das Würde doch überhaupt nicht dem journalistischen Format gerecht.

Philip und Ulf haben auch nicht die pazifistische Position lächerlich gemacht, sondern anhand des Manifests die dortige Position argumentativ entkräftet. Und da diese schlicht und einfach zu widerlegen ist, kommt sie eventuell lächerlich rüber. Aber eben weil die Argumentation lächerlich schwach ist.
Ich habe bisher keine valide Argumentationsstruktur gehört, die einen pazifistischen Lösungsweg aufzeigt. Außer dem Appell an Putin, abzuziehen. Und genau an diesen wird nirgends in dieser, ich nenne Sie mal bewusst homogenisiert „Pazifismusbewegung“, adressiert. Sondern immer nur an die Ukraine oder die Bundesregierung/ „den Westen“, keine Waffen mehr zu liefern oder ein nicht näher definiertes „verhandeln“.

5 „Gefällt mir“

Ich hab’s mir gerade angehört. Ich hatte ja zu Beginn des Ukraine-Krieges auch so meine Probleme mit der Schwarz / Weiß Darstellung bestimmter Thesen seitens der Lage. Ebenso mit dem Umgang mit Kritikern von Waffenlieferungen (Stichwort „vermeintlich Intellektuelle“). Ich finde aber die Analyse ist inzwischen differenzierter und sachlicher geworden. An der Analyse in LdN 324 habe ich sachlich nichts auszusetzen. Auch wenn der Pfad der Sachlichkeit bei dem „Vladimir Vladimirowitsch“ Teil sicher etwas verlassen wurde, fände ich es schon sehr spitzfindig, das anzukreiden.

In der aktuellen Situation ist das so. Wir sollten uns allerdings vor Augen halten, dass die ausgetauschten Argumente in ihrer Stichhaltigkeit stets Lageabhängig sind und daher macht es durchaus Sinn, das ganze vor dem Hintergrund geänderter Randbedingungen nochmal neu zu diskutieren. Solche Situationen könnten in der Zukunft sein:

  • Die Ukraine verliert trotz westlicher Unterstützung kontinuierlich Territorium und eine Niederlage wäre ohne (militärischen) Eingriff der NATO nicht mehr abzuwenden.
  • Es gibt vermehrt Hinweise darauf, dass signifikante Teile der ukrainischen Bevölkerung den Widerstand aufgeben wollen. Das steht oder steht nicht im Konflikt zur Linie der Regierung.
  • Der Ukraine gelingt eine Wendung. Sie erobert Gebiete zurück und steht jetzt vor den Grenzen der Separatistengebiete.
  • Der Ukraine gelingt sogar die Rückeroberung der Separatistengebiete und Kiew plant jetzt die Rückeroberung der Krim.

Insbesondere das in der Lage genannte Argument, dass jeder denkbare Kompromiss mit Russland nicht fair sein kann, wird am Ende wohl keine Berücksichtigung finden können. Nehmen wir das letztgenannte definitiv optimistischste Szenario. Die Krim wurde völkerrechtswidrig annektiert. Daher wäre also auch hier ein Kompromiss mit Russland nicht fair. Nach Ansicht der meisten Militärexperten, die ich dazu gehört habe, ist das Gelingen einer militärischen Rückeroberung aber extrem unwahrscheinlich. Sollte sie dennoch gelingen, liegt die Halbinsel danach vermutlich in Schutt und Asche. Hinzu kommt, dass auf der Krim inzwischen ein großer Teil russlandtreuer Bevölkerung lebt und viele sich mit der Situation arrangiert haben.

Ein Kompromiss (z.B. Unabhängigkeit der Krim o.ä.), dem Russland angesichts einer drohenden vollständigen Niederlage zustimmen könnte, wäre hier aus meiner Sicht nicht fair. Auch würde es dem Völkerrecht nicht gerecht werden. Es ist möglicherweise nicht das, was Kiew will – falls der Westen aber die Unterstützung verweigert, würde es ggf. zustimmen. Es würde bedeuten, dass Russland etwas „bekommt“, was es vorher nicht hatte. Trotzdem wäre es aus meiner Sicht der richtige Weg.

5 „Gefällt mir“

Besser das als als Kanonenfutter eingesetzt zu werden. Ein Menschenleben ist in Russland derzeit nichts wert. Es ist nicht wunderlich dass Ukraine sich nicht an dieser Logik beteiligen will.

Nein, immoral und ein Durchschnittspolitiker eines Petrostaates.