LdN324 Münchner Sicherheitskonferenz und "Conflicts of Interest"

Hinweis: Ich schreibe auf Englisch, meiner Muttersprache, weil ich mich damit besser ausdrücken kann. Ich bin aber durchaus bereit, Antworten etc. auf Deutsch zu erhalten.

I’m wondering if I was the only one a bit perturbed be the LdN bit about the Munich Security Conference?

What should we, as citizens whose job it is to hold our elected leaders to account, hope to gain from the coverage of these sorts of conferences? What are we supposed to take away from their coverage? What questions are prompted by their coverage, and which ones should we be asking?

These are not rhetorical questions, but the questions I was left with after hearing the LdN report on the MSC (23. Feb. 2023).

I believe it was Ulf who asked the reporter which financial interests organize and pay for the conference. The reply was to quote, more or less, the ‚official wording‘ of the conference itself. To be frank, I could have gotten the official wording myself from the MSC website. So why am I hearing the „party line“ on LdN?

(Again, this is not a rhetorical question.)

In the block just prior, which centered on the possibility (or non-possibility) of peace talks, one particular line of argument from Ulf and Phillip was particularly convincing. It locates Russian Nationalist ideology as the necessary middle point for any analysis of the current situation, and describes/arrives at this ideology inductively. The argument goes that this ideology can be read out of the actions of the Putin regime over the last decade, and we should therefore expect it to be the guiding principle of the regime for the next decade as well. The expectation that this same ideology could produce new, lasting peace agreements is thus shown to be wishful thinking.

What, then, is the ideology of the ‚West?‘ Here LdN does not reason inductively, but deductively. The West stands for ‚freedom, peace, democracy etc.‘ The Biden party line. The West shares power and responsibility through a diverse network of public and private entities. The MSC party line. LdN does not always take up these party lines so simply (they point out that the USA has had multiple problematic wars over the last decades) but they also don’t read the West’s ideology out of the West’s actions over the last deades.

Now, It is reasonable to treat the West and Russia differently. We are within the West and not Russia. The West is largely, verifiably democratic and Russia is not. The west is therefore more likely to change. It is more responsive to the mind of its societies.

But to put it simply, I was a bit shocked at LdNs choice not to address the clear presence of the conflicts of interest/conflicts of values represented by the MSC. A quick bit of web surfing shows that the MSC is funded by among others:

UNIPER - through daughter company has opened and purchased multiple power plants in Russia
Palantir - US software/AI firm which developed the ‚killer app‘ for the Ukrainian Army
Goldman Sachs - US bank notable for its role in ‚Shock Therapy‘ in russia in the early 90s
Lockheed Martin, Rhein Metal, Renk, Leonardo etc. - weapons manufacturing
Dataminr - Twitter-affiliated US software firm notable for its work on surveillance technologies
Boston Consulting Group - US consulting firm who helped MBS consolidate power in Saudi Arabia.
Google, Amazon - no intro necessary

the list goes on…

There are clear conflicts of interest here, and along with them, comes a conflict of ideologies. This is normal in a democracy, but how should we talk about it? How should we report on it? We then heard about how in Munich this could mean more traffic and a smattering of protest on ‘both sides.’ Then we hear the journalist is paid by the event organizers themselves. I believe Ulf called it a real ‚meet and greet.‘

This is fine, but hardly up to the critical capacities of LdN. Who is meeting, who is greeting, what are they saying, and what have these companies and experts and politicians been doing over the last decade, the last two decades? What role did lockheed martin play in America’s illegal wars? What role has Goldman Sachs played in the stabilization (or lack there-of) of the former USSR? Why are so many American AI/Tech firms sponsoring a security conference in Munich? Which ideologies are at work here, and what can we expect of them based on their past actions?

My point is this: If the West is so serious about democracy, why are such important conversations taking place in closed-door conferences with inside-hire journalists funded by private capital and the weapons industry; conferences which are therefore at least partially outside of democratic control? Maybe there is a good answer to this, but from LdN i didn’t get it, and I don’t even hear the question posed. Just because Putin is a bloodthirsty maniac doesn’t mean the West should cease to be self-critical. Just the opposite.

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Vielen Dank für den ausführlichen Beitrag!

Zunächst mal zur Form: Ich finde es in Ordnung, wenn hier neue Threads auf Englisch eröffnet werden, aber ich fände es gut, wenn die Antworten wieder auf Deutsch verfasst werden, einfach damit die Diskussion hier für alle leicht zugänglich bleibt.

Zum Inhaltlichen: Philip und ich haben auch darüber diskutiert, ob es eigentlich korrekt ist, eine Journalistin zu befragen, die ihrerseits von der Konferenz bezahlt wurde. Wir haben uns dafür entschieden, weil wir finden, dass es ethisch korrekt ist, wenn man das deutlich macht und auch die Frage thematisiert, warum sie eigentlich für Geld berichtet hat.

Ansonsten würde mich zunächst mal die Meinung von anderen Menschen interessieren, die den Beitrag gehört haben.

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In einer Welt, in der alle Menschen in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung lebten, diese unterstützten und immer offen und ehrlich wären, gäbe es eine solche Konferenz wahrscheinlich nicht, weil sie überflüssig wäre.

In der real existierenden Welt kann es aber schon sein, dass unter dem Schutz der Vertraulichkeit Diskussionen möglich sind, die das gegenseitige Verständnis verbessern, die in der Öffentlichkeit nicht (oder viel weniger offen) geführt würden.

Die Finanzierung scheint breit gestreut zu sein, sodass ich vermute, dass selbst dann, wenn Spender versuchen würden, Einfluss auf die Diskussionen zu nehmen, dieser recht gering wäre.

Welchen Anspruch an „demokratischer Kontrolle“ von Konferenzen erhebst Du? Ich finde, in diesem Fall, wo es nur um den Austausch von Meinungen und nicht um den Abschluss von fundamentalen Verträgen zwischen Staaten (o. ä.) geht, ist Vertraulichkeit OK.

Insgesamt halte ich es für gut, dass es die Münchner Sicherheitskonferenz gibt als Forum für eher informellen Austausch. Ich finde es auch gut, dass die LdN darüber berichtet, und finde es OK, dabei Leute zu interviewen, die von der Konferenz bezahlt werden, solange das transparent gemacht wird und das Gesagte bei Bedarf in ein weiteres Meinungsspektrum eingeordnet wird.

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Damit es klar ist: die folgenden Übersetzungen sind meine, und deswegen wohl nicht perfekt, aber ich hab ja mein Bestes gegeben!

Was sollten wir, als Bürger:innen, die die Aufgabe haben, unsere gewählten Führer zur Verantwortung zu ziehen, von der Medienberichterstattung solcher Konferenzen denn eigentlich bekommen? Was sollten wir von dieser Berichterstattung mitnehmen? Welche Fragen werden durch diese gestellt, und was für Fragen sollten wir selber stellen?

Ich würde erstmals unsere Verantwortung als Bürger:innen etwas anders skizzieren, nämlich, dass wir aktiv an unserer Gesellschaft teilnehmen sollten. „Nur“ weil die Politik letztendlich die Macht ist, die die Regeln dieser Gesellschaft festlegt haben wir also auch diese Verantwortung, diese Politik zu verstehen. Das ist aber jedoch eine viel tiefgehendere Arbeit als „nur“ Politiker:innen zur Verantwortung zu ziehen, weil diese Arbeit letztendlich um die Gesellschaft an sich geht; auch in anderen Kontexten, zB bei dem Tagesjob, finde ich es genauso wichtig, Interesse daran zu nehmen, wie diese Gesellschaft sich entwickelt. Und auch hier, in der Lage-Community, sollten wir natürlich diese Verantwortung anerkennen.

Würde ich persönlich eine Kritik zu diesem Segment anbieten, wäre es viel eher, dass ich es ehrlich gesagt relativ substanzlos fand. Interessant, ja! – aber doch nicht besonders relevant zu den Themen, die vor und nach dem Segment aufgetreten sind. Extrem kurz gefasst, das was bei mir vom Segment geblieben ist, ist, so in etwa, „tja, die Diplomatie muss auch manchmal ihre informelle Seite haben, und bei der MSC fand jede menge Rederei statt!“ Vielleicht war ich einfach ein bisschen zu abgelenkt, als ich das Segment zuhörte, aber die Überleitung von „naja, also das mit China kann ja einem etwas Sorgen machen“ bis zum Interview über MSC fand ich… abrupt? Klar, es ging auch darum, dieses Gespräch zwischen Blinken und dem chinesischen Kollegen, dessen Name nie genannt wurde, zu erwähnen, aber das war ja ein kurzes erwähnen, und was dieses Gespräch überhaupt bringen sollte, oder was da zu erwarten sein könnte, oder was man hier in Deutschland unternehmen könnte bzw sollte um das Land gegenüber China weniger erpressbar zu machen, und ob das da zwischen zB Blinken und Baerbock besprochen wurde… das sind alle Themen die, glaube ich, mehr Substanz gehabt hätten als das Interview mit Eva.

Damit will ich nicht sagen, dass ich das Segment nicht mochte, ganz im Gegensatz – D3000 höre ich mir auch gerne an, und dieses „what is this, a crossover episode?“ Gefühl ist ja immer schön. Auch fand ich’s interessant zu hören, wie es da war – oder mir einfach ein bisschen vorzustellen, wie es wohl gewesen wär, da zu sein. Fand ich alles schön, aber auch nicht besonders relevant zum Thema „Lage der Nation“. Viel relevanter wäre es meiner Meinung nach gewesen, wenn das Segment zB tiefer ins Thema „Demos/Gegendemos“ reingegangen wär, was auch viel besser zum vorherigen Thema „Manifest für den Frieden“ gepasst hätte.

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Es war, glaub ich, der Ulf, wer die Journalistin gefragt hat, welche finanzielle Interessen die Konferenz organisiert und bezahlt haben. Die Antwort war, mehr oder minder, ein Zitat der Pressemitteilung der Konferenz, was ich ehrlich gesagt selber von der MSC Webseite hätte bekommen können. Also warum höre ich diese Parteilinie bei LdN? … Ich war einfach ein bisschen schockiert wegen dieser Entscheidung der LdN die offensichtichen Interessenskonflikte der MSC nicht zu diskutieren. Selbst eine schnelle Suche ziegt dass die MSC durch, unter anderen, die folgenden Firmen finanziert wird: [Liste von verschiedenen Verteidigungsindustrie- und Verteidigungsindustrie-verbundenen Firmen mit zweifelhaften Rufen]

Naja, also wie gesagt, ich hätte mir bei diesem Segment viel mehr Substanz gewünscht. Das Problem ist aber, dass das Segment dann überhaupt nicht in die Folge gepasst hätte (und auch nicht reingepasst!). Ich weiß einfach nicht wie man das redaktionell hätte hinkriegen können. Das wäre viel eher ein Deep Dive ins Thema „militärisch-industrieller Komplex“, und was für einen Einfluss er auf die Politik des Westens hat. Dieses Thema fände ich extrem relevant und halte ich für super wichtig, das ist aber ein ganz anderes Thema als die Diplomatie der heutigen und hoffentlich-nicht-kommenden Kriege.

Und was die Finanzierung angeht: dass man diesen Firmen einen sehr kritischen Blick zuwerfen könnte und sollte ist vollkommen klar. Ich mein als ich damals in San Francisco mit meinen Kolleg:Innen Palantir besprochen habe, waren wir alle der selben Meinung: „boah they are shady AF“. Das wäre aber eine völlig andere Diskussion – eine die ich mir voll gerne anhören würde, falls sie eines Tages kommen sollte, aber doch eine, die etwas mehr Forschung bräuchte als ein relativ einfacher Bericht von einer Konferenz. Und auch eine die irgendwie mit dem tatsächlichen Widerstand gegen den Krieg zurechtkommen müsste – ich mein, man will ja keine Munition an diejenigen liefern, die „nicht unser Krieg“ an den Wänden der Bernauer Straße sprühen.

Was dann wäre die Idiologie des Westens? Der Westen steht für „Freiheit, Frieden, Demokratie, usw“ – die Partielinie Bidens. Der Westen teilt Macht und Verantwortlichkeit durch ein diverses Netzwerk von öffentlichen und privaten Einheiten – die Parteilinie der MSC. Die LdN nimmt diese Parteilinien nicht immer so leicht an…

Diese Kritik finde ich etwas problematisch. Ich hab mir das Segment eben nochmal angehört, und ich kann diese Charakterisierung nicht wirklich nachvollziehen. Da scheint es mir so, als würdest Du vielleicht ein bisschen zu viel hineinlesen. Früher in der Folge wurde es ja betont wie bitter dieser Krieg sei und ist, wie absolut tragisch und verschwenderisch das ganze ist. Nirgendwo hab ich irgendwas gehört was mir den Eindruck gab, dass die LdN es einfach so annimmt, dass das alles so einfach sei, wie manche in der Rüstungsindustrie es gerne beschildern. (übrigens, ich würde das auch nicht als Parteilinie Bidens beschreiben, sondern als Parteilinie der USA generell, aber das ist ja ein komplett anderes Thema).

Mein Punkt ist folgendes: wenn der Westen die Demokratie tatsächlich so ernst nimmt, warum finden solche Besprechungen hinter geschlossenen Türen bei solchen Konferenzen statt, mit den Journalist:Innen dabei, die vom System selbst eingestellt wurden, alles durch privates Kapital und die Rüstungsindustrie finanziert? Konferenzen die also wenigstens zum Teil außerhalb der Kontrolle der Demokratie sind? Vielleicht gibt es eine gute Antwort drauf, aber von der LdN habe ich keine erhalten – ich habe nicht mal die Frage stellen hören. Nur weil Putin blutrünstiger Wahnsinniger ist, heißt ja nicht, dass der Westen mit der Selbstkritik aufhören sollte. Genau im Gegenteil.

Also ich weiß nicht ob das so gemeint wurde, aber das finde ich ziemlich unfair gegenüber Eva. Ich kenne sie zwar nur von D3000, aber sie so darzustellen, als wäre sie einfach Teil des Systems… Also bei D3000 ist tiefgehende Kritik nur selten zu sehen, aber ich habe auf gar keinen Fall je den Eindruck bekommen, sie sei irgendwas, was mit „inside hire“ beschrieben werden könnte.

Aber zu der eigentlichen Kritik: ehrlich gesagt, ich finde Transpärenz genauso wichtig wie die Privatsphäre. Manchmal ist es doch sehr, sehr wichting, Gesprächen führen zu können, Entscheidungen treffen zu können, wo man nicht das Gefühl hat, jede Sekunde beobachtet zu sein. Also ja, man sollte durchaus kritisch sein, vor allem gegenüber einer Industrie, die so… naja, an so viel Tod und Leid mitbeteiligt ist. Und ich bin generell der Meinung, dass man alles, wirklich alles, und vor allem sich selbst, kritisch hinterfragen sollte. Aber müsste jedes Gespräch zwischen Politiker:Innen auf einer öffentlichen Bühne stattfinden, dann würde ich auch ganz sicher erwarten, dass sich gar nix mehr bewegen lässt, und zwar wegen des Publikums, das vor dieser Bühne sitzt.

Mir hat der Teil mit Eva Schulz besonders gut gefallen, weil ich ihre beiden Interviews mit R. Habeck und dem Generalinspektor der Luftwaffe und auch ein von ihr weiterverbreitetes Interview eines afrikanischen Influencers mit dem Chef des Bundeskanzleramtes Schmidt extrem interessant fand. Was ihren Interessenkonflikt angeht, kann ich Ulfs und Philips Meinung folgen. Transparenz war hier sehr hilfreich. Mit der Offenlegung ist das Problem für mich behoben. Allerdings hätte ich mir diese Offenlegungen von Eva Schulz selbst auf ihren Kanälen gewünscht, denn mir war es vor dieser LdN nicht bekannt. Danke Ulf und Philip.
Über die Sponsoren der MSC hatte ich mir bisher keine Gedanken gemacht, aber das ist natürlich ein Problem. Sponsoring scheint mir heutzutage an vielen Stellen ein Problem zu sein. Geld = Macht/Einfluss. Hier ist auffällig, dass gleich mehrere Rüstungsfirmen dabei waren.
Trotzdem überzeugt mich die Argumentation, dass Politiker & Co auch vertraulich miteinander sprechen können müssen, ohne dass es immer ein großer und sehr beobachteter Staatsbesuch sein muss. Gerade in Krisen wichtig und eine Chance. In diesem Fall kann ich mit Abstrichen bei der Transparenz leben.

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Ach ja, die zwei Interviews fand ich auch sehr interessant. Aber das waren insgesamt nur ~2 Minuten von einem 13-Minuten-langen Segment. Wie gesagt, das Segment mochte ich auf jeden Fall, aber von der LdN hätte ich eher erwartet, 11 Minuten mit den zwei Interviews zu verbringen, und zwei Minuten mit dem persönlichen Einblick, und nicht andersrum. Tja, aber da hätte man auch nicht genug Zeit gehabt ums Finanzierungstransparenzthema einzugehen… ach keine Ahnung.

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Ich fand die letzte Lage wieder mal sehr gelungen, insbesondere das Herausarbeiten des ideologischen Zieles von Putins Russland und die Konsequenzen daraus.
Was mir aber negativ aufgefallen ist, war der kleine Exkurs zum ThemaE-fuels der in dem sinngemäßen Zitat „Wahrscheinlich ist der Mann Porsche Fahrern und macht dann hinter den Kulissen ein High Five mit Lindner“. Erstens ist der „Mann“ General Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe und damit oberster Luftwaffensoldat in der Bundesrepublik und zweitens habt ihr selber des Öfteren als Gegenargument fur E-Fuels fur AUTOS angeführt, dass die E-Fuels im Luftverkehr viel dringender benötigt werden, weil es da auch auf absehbarer Zeit weder eine Batterielösung noch eine Wasserstofflösung geben wird. Von daher ist es sogar gut, wenn die Eurofighter mit E-Fuels betankt werden, weil das die Verfügbarkeit für Autos drastisch reduziert und damit auch noch ein Sicherheitsargument gegen E-Fuels für Porsche dazukommt. Sorry, der Kommentar war meiner Meinung nach sachlich nicht richtig und dazu auch noch für mich menschlich abwertend General Gerhartz gegenüber. Sowas bin ich von euch nicht gewohnt.

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In dem Moment, in dem sie für die Sicherheitskonferenz arbeitet und für sie Material produziert ist sie selbstverständlich „Teil des Systems“. Mit der entsprechenden Transparenz ist das ja für sich genommen auch erstmal nicht weiter problematisch.
Eine kritische Behandlung der Sicherheitskonferenz fand so aber nicht wirklich statt. Der Beitrag hat sich eher auf die durch die Sicherheitskonferenz geschaffenen Möglichkeiten, Situationen und Vorteile fokussiert (die Frage nach der Finanzierung wurde zB wie oben erwähnt kurz mit der Perspektive der Sicherheitskonferenz beantwortet, ohne näher drauf einzugehen). Auch das ist grundsätzlich legitim und ich fand es sogar ganz interessant. Von außergewöhnlicher kritisch-journalistischer Tiefe war es allerdings meiner Meinung nach wirklich nicht.

Ist das aber wirklich so selbstverständlich? Beziehungsweise was genau meinen wir mit „Teil des Systems“? Das sind ja Worte, aber was ist die Bedeutung die dahinter steht?

Ich finde es durchaus verantwortlich, kritisch zu hinterfragen, was für Interessen oder was für Einflüsse hinter irgendetwas stehen könnten. Man könnte sogar sagen, dass wir als Medienkonsument:innen eine Verpflichtung haben, sowas zu tun – auch wenn ich mir nicht 100% sicher bin, ob ich sowas zustimmen würde, sehe ich da definitiv gute Argumente. Aber wenn man sagt, etwas sei „Teil des Systems“, dann meint man es allen Graustufen zum Trotz doch ziemlich binär, oder? Und wenn diese binäre Bedeutung so eingelesen werden kann, dann… naja, dann vielleicht sollten wir es doch anders formulieren.

Genau das war das Problem, das ich mit der originellen Formulierung (im Englischen) hatte. „Inside hire“ ist für mich (auch als Englisch Muttersprachler) ein extrem abwertender Begriff mit sehr negativer Konnotation. Mit meiner Übersetzung hab ich versucht, die Gefühle dahinter zu transportieren, so gut wie ich sie einschätzen und überleiten konnte, aber da war meine Übersetzung definitiv unzureichend.

Abgesehen von der Wortwahl bin ich aber ganz bei Dir. Letzten Endes ist das eine wirklich komplexe Frage, die, genau wie Themen wie „gibt es überhaupt sowas wie Objektivität“ usw usf, am besten mit Transparenz und klarer Kommunikation sorgfältig umgegangen werden kann, und ich fand das Segment, wenn nicht besonders tiefgehend, auch nicht besonders problematisch.

Ja, das fand ich auch irritierend. Ich bin der Erste der über einen Witz über die seltsame Obsession der FDP mit E-Fuels lacht, aber erst vor drei Folgen wurde ja in der LdN321 schön herausgearbeitet, dass Flugzeuge vorerst nur klimaneutral mit E-Fuels werden können. Da fand ich es paradox dem General zu unterstellen, er sage das nur wegen seinem Auto.

Im Allgemeinen war es ganz nett, einen kleinen Einblick zu bekommen, aber ich fand den Informationsgehalt wie viele andere hier recht niedrig. Es stimmt ja vielleicht, dass die Konferenz einiges Gutes hat, weil sie es so vielen Politikern erlaubt, in einer privaten Umgebung zusammenzukommen. Aber ich hätte mir auch gewünscht, dass erwähnt worden wäre, dass dort mindestens genauso viele Vertreter der Industrie - und von der eher der Teil, den man kritisch beäugen sollte - rumlaufen und enorm einfachen Zugang zu diesen Politikern bekommen.

Beispiel Palantir, das ja oben schon erwähnt wurde: Die sind einer der Hauptsponsoren der Konferenz und bauen Überwachungssoftware, die inzwischen von der Polizei in mehreren Bundesländern eingesetzt wird [1][2]. Regelungen in Hessen und Hamburg, die die Nutzung von Palantir Software möglich machen, wurden erst kürzlich vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. [3] Andere Bundesländer überlegen oder planen schon seit langem Produkte von Palantir einzusetzen und da ist so eine Konferenz natürlich für Vertreter der ideale Ort, um Innenministern nochmal die Vorteile nahe zu bringen.
Als Randnotiz: Chairperson von Palantir ist Peter Thiel, den man sicherlich zu diesen superreichen Altright Leuten aus dem Silicon Valley zählen kann, wie z.B. Elon Musk. Der Name kommt übrigens aus Der Herr der Ringe, wo Palantiri Kristallkugeln zur Kommunikation untereinander und Überwachung der Welt sind. Diese Palantiri gelten in der Saga als gefährlich und werden ausschließlich von den archetypisch Bösen Sauron und Saruman verwendet. Nach so etwas muss man seine Firma erstmal benennen… :melting_face:

[1] https://www.hessenschau.de/politik/warum-die-polizei-software-hessendata-von-palantir-so-problematisch-ist-v2,urteil-bundesverfassungsgericht-hessendata-100.html
[2] Bayerns LKA will umstrittene Palantir-Software einsetzen | heise online
[3] Palantir Software: Datenanalyse der Polizei​ verfassungswidrig

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Ich war sehr erstaunt, dass Eva Schulz, die ich für eine ausgezeichnete, kluge Journalistin halte, hier keinerlei Problembewusstsein gezeigt hat. Zur Frage, ob sie als Beauftragte der Konferenz bei euch richtig war: Ich fand den Transparenzhinweis sehr hilfreich, in der Tat erfährt man über die Social-Media-Kanäle von Eva Schulz leider nichts davon, dass sie für ihre Interviews bezahlt wurde. Der Test für euch hätte sein können: Hättet ihr auch jemanden eingeladen, der sich als Mitarbeiter*in des Kommunikationsteams der Konferenz vorgestellt hätte? Das war Eva Schulz hier ja, wenn auch frei.

Eine weitere Frage könnte auch sein, warum die MSK gerade Eva Schulz beauftragt hat. Es gibt sicher andere Journalist*innen die intensiver zum Thema internationale Sicherheitspolitik arbeiten. Da ist interessant, dass der Konferenz im letzten Jahr mangelnde Diversität vorgeworfen wurde - aufgehängt an einem Foto, auf dem bei einer Veranstaltung nur Männer zu sehen sind. Da ist doch zu vermuten, dass Eva Schulz hier in Richtung junge Zielgruppen etwas frischen Wind hereinbringen sollte. Grundsätzlich nicht verkehrt, aber doch eine Form der Instrumentalisierung, die dann problematisch wird, wenn sie die Interviews auch noch auf ihren Kanälen teilt.

Bemerkenswert fand ich auch ihre Anmerkung, dass sie als Auftragsjournalistin Zugang zu Interviewpartnern erhält, sie sie sonst eher nicht befragen könne. Als „normaler“ Journalistin, die auf dieser Konferenz berichtet, hätte ich mich geärgert, wenn eine Kollegin an mir vorbeimarschiert, weil sie für ihren Job bezahlt wird.

Die Vermischung ist auf so vielen Ebenen problematisch, dass ich mich wundere, dass niemand ihr davon abgeraten hat. Sie antwortete auf Ulfs Frage zu dem Honorar, dass Journalistin ihr Job sei und sie dafür bezahlt werde. Dieser Auftrag war aber eben kein rein journalistischer, sondern Teil der Kommunikationsstrategie der Konferenz . Viele freie Journalist*innen haben gar keine andere Wahl, als auch PR-Aufträge zu übernehmen, um über die Runden zu kommen. Eva Schulz mag das weniger betreffen. Die meisten, die ich kennen, trennen das dennoch deutlich schärfer als Eva Schulz in diesem Fall.

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Tatsächlich war auch ich bei der Ankündigung der Interviewpartnerin spontan enttäuscht und hätte mir eine über jeden Zweifel erhabene kritische Berichterstattung gewünscht, auch trotz der Beteuerungen, dass kein Einfluss auf Frau Schulz genommen wurde.

Das ist für mich der stärkste Punkt deiner Kritik: das würde auch ich mir sehr stark wünschen.

Ich finde, das beste, was wir diesbezüglich bisher hatten, war die Berichterstattung zu Beginn des Ukrainekriegs über verschiedene Studien, mit welcher Berechtigung die zahlreichen NATO-Manöver an den russischen Grenzen im Vorfeld des Krieges durch Russland als realistische Bedrohung aufgefasst werden konnten. Dort wurde meiner Erinnerung nach tatsächlich tiefer und kritischer nach den Motivationen und Handlungen des “Westens” nachgebohrt. Besonders in Erinnerung ist mir eine Analyse der Mechanik taktischer Atomwaffen seit dem kalten Krieg bis heute.

Worüber ich mich wirklich einmal freuen würde, wäre eine tiefgehende kritische Auseinandersetzung mit pro-russischen Standpunkten, wie sie etwa in der Zeitschrift konkret oft dargestellt werden, in dem oben beschriebenen induktiven Stil auf Grundlage der Handlungen des “Westens” in vergangenen Jahrzehnten.

Ich finde es auch immer lohnenswert, Texte zu lesen, die sich ausführlicher mit pro-russischen Positionen und den darin vorgebrachten Argumenten, rhetorischen Figuren, Scheinfragen, Andeutungen etc. befassen. Ein gutes Beispiel hierfür die Franziska Davies’ Analyse einer Präsentation von Gabriele Krone-Schmalz in der Fachzeitschrift Osteuropa, die hier kostenlos zu lesen ist: Zeitschrift OSTEUROPA | Desinformationsexpertin

Den Teil, der das Format der Konferenz beschrieben hat, fand ich ganz gut. Als es allerdings zum Inhalt ging, fand ich es ehrlich gesagt ziemlich schlecht. Aus meiner Sicht war das definitiv der Tiefpunkt der Episode.

Das mag hart klingen aber für mich kam das in etwa so rüber:

  • Ein Wirtschaftsminister der sich für seine eigene Politik lobt (was soll ein Politiker sonst machen?) und nebenbei noch indirekt gegen Atomkraft wettert, mit einem Argument wohlgemerkt, dass für DE nicht zutreffend ist.
  • Dann darf der Generalinspektor tatsächlich 2 Sätze zu etwas sagen, die etwas mit der Konferenz zu tun haben (Kampfjets für die Ukraine), was allerdings keinen hohen Informationsgehalt hat, da diese Information schon länger in den Medien lesbar war.
  • Nur um dann auf das Thema klimaneutrale Luftwaffe zu kommen. Das das aktuell keine Priorität bei der Luftwaffe (und auch nicht auf der Konferenz) hat, kann ich durchaus verstehen.
  • Und zum Schluss kam dann noch ein Lindner/eFuels/Porsche Diss von euch hinterher, den ich ebenfalls recht unpassend fand.

Wie man deutlich besser über die vielseitigen Inhalte der Konferenz berichten kann, zeigt meiner Meinung der „Sicherheitshalber“ Podcast mit seiner Sonderepisode zu der Konferenz.
(Fairerweise muss man aber dazu sagen, dass sich dort die Gesprächsteilnehmer alle in ihrem entsprechenden Fachgebiet befinden).