LdN320: "asymmetrische Demobilisierung" von Wissing/FDP

Hi,

ich fand den Take zum Thema asymmetrische Demobilisierung durch Wissing spannend. Ich glaube aber dass man sein Verhalten auch identitätspolitisch deuten kann. Das was FDP-WählerInnen gefällt nervt Grüne in vielen Fällen (weil es unvernünftig ist, aber 210 auf der Autobahn macht halt Spaß, was soll man da schon machen wenn man von Ich-geb-gas-Markus gewählt werden will?).

So wie Ihr das dargestellt habt klingt es ein bisschen zu sehr nach perfekter Verschwörung mit Masterplan. Klar will die FDP das nächste mal vor den Grünen stehen, aber ich glaube die Wahrheit ist komplexer. Wenn’s ein Strategie-Paper-Leak von der FDP gibt in dem drin steht „unsere Policy ist: alles was Grüne nervt“ kann man das Thema ja nochmal aufmachen.

Disclosure: Ich bin grüner und Wissing/Verkehr war mein Grund gegen die Annahme des Koalitionsvertrags zu stimmen, ich hab schon geahnt dass das Scheuer 2.0 wird :man_shrugging:

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Finde ich sehr komisch, dass die FDP sowas in einem Mehrparteiensystem versuchen sollte. Üblicherweise wird die FDP ihre eigenen Chancen damit nicht signifikant verbessern.

Wenn von den --im absoluten Best Case-- 20% Grünen Wählern 2% demobilisiert, dann hat die FDP ihre sagen wir 10% von einem Kuchen, der jetzt 98 Punkte statt 100 Punkte ist. Die FDP stiege an der Urne also von 10% auf etwa 10,2%. Das ist im Großen und Ganzen ziemlich marginal und die Chance ist auch nicht so gering, dass das backfired und die FDP deshalb mehr als diese 0,2% verliert. Insofern, wenn die Strategen bei der FDP nicht alle komplette Hohlköpfe sind, dann würde man auf so eine Strategie eher nicht zurückgreifen.

In den USA funktioniert das übrigens wunderbar, weil es ein Zweiparteiensystem ist. Da zählt eine Stimme für mehr mich genau so viel wie eine Stimme weniger für Dich. Ganz andere Voraussetzungen als bei uns, zumindest heutzutage. Zu Adenauers Zeiten wäre sowas denkbar gewesen.

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Man muss schon auch miteinpreisen dass der Verweis auf seiten der grünen schon ne gute möglichkeit der Schuldabwehr bietet. Denn solche Kommentare wie jenes aus NRW in der aktuellen Lage wirkt stark demobiliserend. Als FDP muss man da nur noch die sich bietenden gelegenheiten nutzen das zu verstärken. Ich finde es immer wieder faszinierend welche geringschätzung man im linken zentrum für seine „eigenen“ politischen Gruppierungen hat.

Nun, im Saarland hat es ja dazu geführt, dass genervte Grüne ihre eigene Partei gegründet haben und dadurch weder Grüne noch die neue Partei in den Landtag kamen.

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Das halte ich ehrlich gesagt für recht weit hergeholt. Die Saarland grünen hatten sich vorher mit ihrer Listenaktion ziemlich diskreditiert. Außerdem war der vorwurf erstmal auf die bundesebene beozgen auch wenn es naheliegt zu sagen die machen das überall muss man es schon aufzeigen.
Die grünen treten schon sehr häufig ziemlich unprofessionell auf und biegen gerne mal rechts ab.

Ohne etwas konkretere belege über die auswirkungen halte ich für ziemlich übertrieben das alles der fdp anzuhängen.

Wie oben schon beschrieben ist es auch gar nicht so klar wie man das in Deutschland so gezielt umzetzen kann. Neben den punkten oben hat das in den staaten auch so gut funktioniert weil die rep im senat alles blockiert haben und damit meine ich wirklich alles.

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Mit dem Satz beerdigst du diese Disskussion für immer.

Die von dir gestellte Bedingung ist nicht erfüllbar. Man kann natürlich inhaltlich anderer Meinung sein, aber die Disskussion finde ich grundsätzlich legitim, gerade da es ja anscheinend eine inoffizielle Quelle dafür gibt. Der Vorwurf ist also nicht völlig aus der Luft gegriffen.

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So sieht es aus, wenn sich von der Judäischen Volksfront jetzt noch die Volksfront von Judäa abspaltet, hätte Wissing sein Ziel erreicht.

Wem das nichts sagt, möge bitte nach Monty Python googeln!

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Ich glaube hier herrschen ein paar falsche Grundannahmen, z.B. dass die FDP „signifikant“ davon profitieren müsste.

Wenn man sich in die FDP hinein versetzt, geht es aber um etwas anderes. Und zwar die Frage, ob man durch das Blockieren der Grünen besser dasteht, als ohne. Und diese Frage beantwortet sich meiner Meinung nach ganz anders.

Wenn sie die Grüne Politik „einfach so durchwinken“ würden (selbst wenn es inhaltlich in ihrem Interesse wäre), besteht die Möglichkeit den Grünen (aus Sicht der FDP unnötig) politischen Aufwind zu verschaffen. Das wäre aus FDP Sicht sehr schlecht.
Auch sind die von beiden Parteien angesprochenen Wählergruppen meiner Meinung nach relativ ähnlich, wie auch der Erfolg beider Parteien bei jungen Wählern zeigt.

Gleichzeitig „kostet“ dieses Kallkühl die FDP ja nichts. Es ist nicht illegal, man verprellt die eigenen Wählen nicht, im Gegenteil kann man das sogar politisch als Sieg verkaufen, dass man das Land vor dem Tempolimit „gerettet“ habe, und bekommt sogar vielleicht die Möglichkeit die an die Grünen verlorenen Stimmen zurückzugewinnen.

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ich finde dein derailment durch dad jokes nicht in ordnung. Mache aber trotzdem mit: der eigentlich grund für den split ub der grünen im Saarland war dass der anfängliche spitzenkandidat nicht schwenge konnte.

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Ohje, Monty Python kennt jeder, hoffentlich. Und das ist halt das grundsätzliche Problem von linken Gruppierungen (ist in der Lage auch schon mehrfach Thema gewesen). Ist ja in Deutschland schon öfter passiert.

Aber deine Mischung aus falschem Englisch und merkwürdigen Wörtern macht es nicht besser.

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Die einfachste Antwort ist normalerweise auch die richtige. Wissing ist jemand der kein Tempolimit möchte und vertritt ein Klientel, das es auch nicht möchte. Ist doch recht einfach.

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ich steh zu meinen typos gerade wenns eh nicht inhaltliches ist. Du machst aber einen Kategorienfehler die grünen haben sich nicht gespalten weil sie links sind. Alles was in der Partei links von linksliberals bis conservativ war hat die Partei längst verlassen. Die Aufspaltung kommt aus der eigenen dysfunktionalität nicht weil die linksliberalen sich denken der Rest der Partei wäre nicht links genug. Die haben an zwei Bundestagswahlen hintereinander probleme mit ihren Listen gehabt. Zu glauben das hätte was mit linken Sektieretum zu tun ist albern, denn linksliberale sind jetzt wirklich nicht dafür bekannt sich an Inkosistenzen und Widersprüchen zu stören. Aber wenn du nicht weißt was schwenken ist hast du eh kein Recht dich über saarländische Politik lustig zu machen :wink:

Btw das Spaltungsnarrativ ist jedem hinreichend bekannt und wird einem direkt an den Kopf geworfen wenn man auch nur ein wenig Kritik an den Positionen übt die sich links verordnen. Witzigerweise bekommt man das vor allem von orthodoxen Kommunisten und Linksliberalen zu hören. Jeden Inhalt den dieser Vorwurf mal hatte ist völlig verloren gegangen damit dass es zur rethorischen Immunisierungsstrategie verkommen ist. Denn ansonsten trifft man diese angebliche Binse nur als diesen Monty Python Witz an. Das Problem ist allerdings sowas einfach kontextlos zu behaupten führt meistens dazu dass die Leute nicht mehr verstehen warum es die unterschiedlichen Strömungen in der linken gibt, aus welchem historischen Kontext sie sich entwickelt haben und welche nützliche Funktion sie im innerlinken Diskurs erfüllen.
Es gibt genug tatsächliche linke „Sekten“ da braucht es nicht so einen Rundumschlag. Ich würde allerdings behaupten dass ein Großteil der Menschen die diesen Witz bringen keine dieser wirklichen „Spaltungsbewegungen“ kennen. Es sind keine Spaltungsbestrebungen wenn feministische Strömungen anarchistische kritisieren für ihren Chauvisnismus, anrachos kommunisten Vorwerfen die Staatsmacht nicht genug zu kritisieren etc. das sind Versuche inkonsistenzen entlang des eigenen Analyseframes wie auch normativen Perspektive zu lösen. Das gibts auch in anderen Bewegungen aber man interessiert sich weniger für die streitigkeiten zwischen den national liberalen und den libertären oder den rechten feministinnen und den traditionellen nazis. Hinzu kommt das viele von diesen Bewegungen oft wenig Probleme damit haben die bestehenden Inkosistenzen irgendwie mit Ideologie oder Pragmatismus zu füllen. Jetzt könnte man sagen linke sollten ebenfalls pragmatischer sein, viele der linken bewegungen würden hier allerdings sagen, dass man dieses Argument stets benutzt hat um Kritik abzuwehren. Wer allerdings wirklich eine beeindruckende zellteilungsrate hat sind trotzkistische Organisationen.

Als einer der wegen seiner US-Staatsbürgerschaft noch in den USA wählen darf, sehe ich das ein bisschen differenzierter.

Die USA haben de jura kein Zweiparteiensystem, nur de facto funktioniert es dort mehr oder weniger so, als gäbe es eins. Aber auf jeden Fall stehen auf jedem Wahlzettel viel mehr als nur zwei Parteien, und selbst die zwei größten Parteien haben sich im Laufe der Zeit geändert. Dass es zwei so tief verwurzelte Hauptparteien gibt macht es durchaus leichter solch eine Strategie der asymmetrischen Demobilisierung umzusetzen, aber das Problem ist eigentlich eher das Wahlsystem an sich – konkret gesagt, die Tatsache dass man nur eine einzige Stimme hat.

„Warte mal, nein, hier in Deutschland haben wir zwei Stimmen, das steht ja auf jedem Wahlzettel!“ Von mir aus sollte man das wirklich anders sehen – es gibt zwei Wahlen, je mit einer Stimme. In den USA sieht’s in den allermeisten Wahllokalen (aber nicht überall) genauso aus: man hat verschiedene Wahlen, je mit einer Stimme. Aber Ranked Choice Voting wird immer und immer populärer in den USA, was diese Strategie so gut wie unmöglich macht. Mittlerweile ist RCV sogar das Wahlsystem das Alaska und Maine für die Präsidentwahl benutzen. Oder in meinem Fall, wie ich seit Jahren für den:die Bürgermeister:in in Oakland gewählt habe (falls ich einen Musterwahlzetten in PDF bekommen kann, sag ich Bescheid). Ich wäre gespannt, was für eine Wirkung das Wahlrechtreform auf diese Strategie haben könnte, und ob vielleicht andere Wahlsysteme in der Diskussion des Reforms einen Platz finden könnten.

Also lange Rede, kurzer Sinn: ich find’s gar nicht komisch. Demokratiefeindlich, ganz bestimmt, aber nicht komisch. Es kann auch hier funktionieren, und wie es in der Lage schon diskutiert wurde, ist es sogar schon so vorgekommen, nur (meines Wissens) nicht absichtlich so. Gäbe es nicht die 5-Prozent Hürde, dann würde es vielleicht doch etwas anders aussehen, aber ein einfaches proportionales Wahlsystem in Kombination mit der 5-Prozent-Hürde lässt die Tür offen für ganz genau diese Strategie.

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Ich habe auch nur die linken Parteien als Beispiel herangezogen.
Das ist ja genau die Taktik, die man der FDP nachsagt.
Und ja, ich weiß wieviel Abspaltungen alleine die SPD schon erlebt hat.

Du vergleichst hier die beiden Parteien. Ich habe mich lediglich auf die WählerInnen konzentriert. Und beide Parteien sind eben bei jungen WählerInnen stark.

Auch hat die FDP 2021 an keine Partei mehr WählerInnen verloren als an die Grünen.

Ich stehe ein bisschen aufm Schlauch. Was willst du damit sagen?

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Falls es die Ampel in die nächste Legislaturperiode schaffen sollte, müssen die SPD und (besonders) die Grünen deutlich aufmerksamer bei der Verteilung der Ministerien agieren.
Ich glaube, das wurde auch in der Lagefolge nach dem Bekanntwerden der Minister-Posten angesprochen. Linder kann man nicht das Amt des Finanzministers nehmen, darauf wird er beharren in einer Koalition. Der FDP aber das Finanz- UND das Verkehrsministerium zu geben war grob fahrlässig bezüglich des Klimaschutzes.

Ich halte Baerbock für eine gute Außenministerin, aber kann man dieses (ohnehin eher prestigeträchtige) Amt nicht an die Liberalen „opfern“ für eine(n) grünen Ververkehrsminister(in)?

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Bildet man Summen, haben sie tatsächlich am meisten an die Grünen verloren.
Hauptthema sind da aber ja die jungen Wähler und die haben teilweise auch die FDP gewählt, weil sie schon für Umweltschutz sind, aber fürchte(te)n, dass die Grünen die Wirtschaft dafür abwürgen würden.

Dafür braucht es keinen Masterplan. Ziel ist natürlich, in der Regierung besser auszusehen als die anderen.
Wenn man sich nun die Ministerien anschaut:
Finanzen: hm, war da was bisher?
Justiz: macht noch den besten Job, hat auch schon erste Erfolge
Verkehr: hüstel
Bildung: da fällt mir vor allem die vermurkste Bafög-Reform ein

Also zwei von vier Ministern, die bisher nur durch Destruktivität aufgefallen sind. Statt die Regierung voran zu bringen, diskreditiert man sie.
Letztendlich kann es ja durchaus im Interesse der FDP liegen, wenn die nächste Regierung wieder schwarz-gelb lautet, da muss man gar nicht auf die eigenen Prozente dafür schauen.

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Union +500.000
AFD +210.000
Linke +110.000
SPD -180.000
Grüne -240.000
Verstorbene -290.000

Aus dem Artikel:

Die Bundesprominenz, die Nordrhein-Westfalen nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag 2013 zu einem der erfolgreichsten Landesverbände aufgebaut hatten, ist inzwischen wieder in Berlin. Sie haben ein Vakuum hinterlassen. Die Partei wächst seit 2017 wieder, aber der Nachwuchs wurde offenbar nicht so aufgebaut, dass er die Lücken hätte füllen können.

Höne sagt, es sei wichtig, jetzt „schnell PS auf die Straße zu bekommen“

Da ist der Wissing ja dran :wink:

Ein Problem der FDP sehe ich, dass auf Social Media gerade die jungen Kandidaten sehr präsent waren. Jetzt aber die Granden in der Öffentlichkeit stehen, größtenteils konservative Themen vertreten und liberale Themen weitgehend hinten runter fallen.

Meine Zahlen sind aus dem Tagesschau Link. Ich nehme an, da wurde die Nettowählerwanderung angegeben. Die FDP hat nämlich auch 1,3Mio (brutto) Wähler der Union bekommen, genauso aus den meisten anderen Parteien, so dass sie netto am meisten an Grün verloren hat.

Das ist mir aber auch ein völliges Rätsel…

Meine Logik ist ungefähr so. Beide Parteien sind teilweise in ähnlichen Wählergruppen attraktiv (junge und Wohlhabende (also von einander getrennt)). Wenn Sie jetzt davon viele von den Grünen wegdrängen, könnten diese dann das „nächst beste“ wählen, FDP. Nicht weil ich die FDP als nächst beste Option nach den Grünen halten würde, aber ich bin auch politisch um einiges involvierter/informierter, und die meisten Wähler machen sich einfach nicht so tiefgreifend Gedanken, wie wir hier vielleicht unterstellen. Eine nette TikTok Werbung in dem liberaler Klimaschutz vorgegaukelt wird, ein nettes Interview oder einfach die Haltung gegen das Tempolimit sind bei vielen Menschen einfach wahlentscheidend.

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