LdN319 Gesetzentwurf für Wahlrechtsreform

Danke erst einmal für die interessante Aufbereitung des Themas. V.a. das Interview mit Frau Major fand ich sehr gut. Auch wenn ich selbst ein Störgefühl habe, wenn jemand nicht in den Bundestag kommt, obwohl er seinen Wahlkreis eigentlich gewonnen hat, finde ich es gut, dass jetzt einmal ein Lösung auf dem Tisch liegt, die die Abgeordnetenzahl wieder auf 598 begrenzt. Und die Erklärung, dass jemand eben nur gewählt ist, der 1.) seinen Wahlkreis gewinnt und 2.) dessen Partei ausreichend Mandate über die Hauptstimme geholt hat und er/sie dann eben nicht gewählt ist, wenn die Voraussetzungen nicht kumulativ vorliegen, kann zumindest mein Störgefühl etwas abmildern.

Eure Aussage, dass nach dem neuen Vorschlag das Verhältnis von Listen- zu Direktmandaten „wieder exakt 50:50“ wäre (bei Minute 48:50), ist aber m.E. unzutreffend.
Wenn wir euer Beispiel von der CSU von der letzten Wahl nehmen, würde die CSU insgesamt elf Mandate verlieren, d.h. insgesamt kämen aus Bayern auch elf DirektkandidatInnen weniger (da ja nicht der jeweilige Zweitplazierte aus dem Wahlkreis nachrückt). Damit wären nach der neuen Regelung alleine durch das CSU-Ergbenis nur noch maximal 288 DirektkandidatInnen im Bundestag gewesen, damit zwangsläufig (da ja die Zahl von 598 immer fix bleibt) 310 über die Liste (+ 11).
Wenn man alle Überhangmandate deutschlandweit berücksichtigt (34), wären dies nach der neuen Regelung nur noch 265 DirektkandidatInnen und 333 über die Liste gewesen. Damit hätten wir hier ein Verhältnis von gerundet 43 % zu 57 %, also ähnlich wie aktuell.

Oder habe ich da einen Denkfehler?

Grüße
Thomas

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Ich bezog mich nicht explizit auf Parteien, ich stellte nur fest, dass der Zweitplatzierte in der Regel einer anderen Partei angehört.

Du hast die Frage in den Raum gestellt, warum man den zweitplatzierten im Wahlkreis nicht mehr berücksichtigt, wenn der Erstplatzierten nach der Reform nicht mehr in’s Parlament einzieht.

Ich habe dich gefragt, welche Aufgaben du dir für den Zweitplatzierten dann vorstellst.

Achso, sorry. Ja, die haben dann halt auch Wahlkreisbüros, und sind ansonsten völlig normale Abgeordnete. Ist ja nicht so, dass Erststimmengewählte aktuell besondere Pflichten haben würden. Ich finde nur das Argument legitim, dass es überall Ansprechpartner geben sollte, weil es eben auch lokale Angelegenheiten gibt, für die sich MdBs einsetzen.

Nur dann wird ja der BT noch größer?

Oder habe ich eine völlig falsche Vorstellung was du mit den Zweitplatzierten machen willst?

Können direkt gewählte Kandidaten nicht doch demokratische Vorteile haben? Klar ist die CSU-Fraktion, die immer mit der Parteiführung auf Linie liegt, ein Gegenbeispiel. Aber Wolfgang Bosbach oder Christian Ströbele waren Direktkandidaten, die durchaus mit der jeweiligen Parteiführung auseinandergingen und das halte ich für sinnvoll.

Könnten sie. Also wenn in einem Wahlkreis 90% für ein Kandidaty stimmten, dann wäre das ein starkes Votum. Anders z.B. in UK, wenn jeweils 5 Parteien in einem Wahlkreis antreten antreten und dann die Kandidatys einer Partei A 21% der Stimmen, die einer anderen Partei B 20,5% und die der restlichen jeweils 19,5% der Stimmen bekämen, sitzen in UK nur Kandidatys der Partei A im Parlament. Würde wenigstens noch das Kandidaty mit den zweitmeisten Stimmen berücksichtigt, gäbe es wenigstens eine starke Opposition. Trotzdem werden die Stimmen von fast 60% der Wähler ignoriert.
Ich finde das jetzige System eigentlich okay, die Kosten sind, wie schon jemand anders sagte, vernachlässigbar.
Das größere Problem ist, dass die Entscheidungsfindung immer schwieriger wird, je mehr Leute beteiligt sind.

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Also ich dachte mir, dass die den Wahlkreis vertreten, wenn die Ersten nicht dürfen. Stattdessen müsste natürlich ein Platz weniger von der Liste der Partei ziehen. Und es haben nur Zweitplatzierte die Möglichkeit, deren Partei via Hauptstimmen entsprechende Sitze gewonnen hat. Es ist quasi nur eine Alternative um im Nachhinein die Hauptstimmen in Mandate umzuwandeln. Ansonsten wäre es wohl auch bezüglich Stimmengleichheit eine fragwürdige Vorgehensweise.

Ja, wer als Abgeordneter einen sicheren Wahlkreis hat, kann sich eher gegen seine Parteiführung durchsetzen als jemand, der auf einen Platz auf der Landesliste angewiesen ist. Aber das bleibt ja auch im neuen System so, nur halt nicht mehr in jedem Fall.

Die Frage, ob die größere Unabhängigkeit der direkt gewählten Abgeordneten besser ist, ist auch offen. Gerade ein Blick auf die USA (siehe Joe Manchin) zeigt sehr gut, wie ein einzelner, sehr unabhängiger Parlamentarier bei engen Mehrheitsverhältnissen die gesamte Gesetzgebung blockieren könnte. Diese Kultur haben wir in Deutschland zum Glück noch nicht - Ströbele hat zwar oft gegen seine Partei gestimmt, aber eben nur, wenn es auf seine Stimme nicht ankam, also symbolisch. Aber man stelle sich vor, wir hätten eine Regierung mit nur einem Abgeordneten Vorsprung und einer der Abgeordneten aus dieser Regierung, z.B. ein Kohlekumpel aus der Lausitz, würde ständig die Regierung damit erpressen, alles zu blockieren, wenn die Partikularinteressen seines Wahlkreises nicht besonders gewürdigt werden… ich glaube wir sind uns einig, dass wir - bei aller Liebe zur Unabhängigkeit des Mandatsträgers - diese Zustände eher nicht wollen.

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Warum bleiben wir in diesem System und versuchen nicht eine tiefer gehende Reform. Vorbild könnte die übertragbare Einzelstimmgebung sein, so wie sie in der Republik Irland geregelt.

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Bei der Gestaltung sicherlich. Aber man muss halt auch die spätere öffentliche Reaktion auf entsprechende Fälle einplanen. In einem Wahlkreis, wo dann ein Grüner durch einen SPDler ersetzt wird, oder (unwahrscheinlicher) ein CDUler durch einen FDPler, werden die meisten Wähler das zwar als kurios empfinden, dass der mit weniger Stimmen in den Bundestag kommt, und der mit mehr Stimmen nicht – was das BVerfG dazu dann zu sagen hätte, wäre noch einmal was anderes – aber der Aufschrei würde sich in Grenzen halten. Bei eher entgegengesetzten Parteien kann ich mir dagegen kaum vorstellen, dass das von den Anhängern der eigentlich überlegenen, aber dann doch unterlegenen Partei einfach weitgehend unaufgeregt hingenommen würde.

Aber mir würde da noch ein anderer Kompromissvorschlag einfallen: Direktmandate bekommt nur, wer im Wahlkreis die absolute Mehrheit erringt. Wird keiner von den Wählern mehrheitlich unterstützt, bekommt auch keiner das Direktmandat, und es werden entsprechend mehr Mandate von den Listen besetzt.^^

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Klingt erstmal logisch, allerdings hat das bei der jüngsten Bundestagswahl glaube ich nur ein einziger Wahlkreis überhaupt geschafft, für die SPD in Emden mit 52,8%. Das beste Ergebnis für die CDU war soweit ich das finden kann 49,1% in Cloppenburg, und für die CSU 47,8% in Kulmbach.

Tja. Anscheinend gibt es niemanden, der legitimiert wäre die gesamte Wahlbevölkerung eines Wahlkreises zu vertreten, außer in Emden. ¯\_(ツ)_/¯

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Hallo liebe Leute,

ich weiß nicht, ob dies die richtige Kategorie ist und ob Fragen dieser Art hier richtig positioniert sind, aber mich interessiert folgendes:

Was sind die soziologischen Gründe dafür, dass es zunehmend Überhangmandate gibt?

Das ist natürlich kein Themenvorschlag für die Sendung.

Besten Gruß

Überhangmandate entstehen letztlich durch eine Zersplitterung der politischen Landschaft. Desto stärker die „kleinen“ Parteien (Grüne, FDP, Linke, AfD) werden, desto mehr Überhangmandate wird es geben.

Selbst wenn es kein strategisches Stimmen-Splitting gibt (also jeder mit der Erst- und Zweitstimme die gleiche Partei wählen würde) führt eine vielfältige Parteien-Landschaft zu mehr Überhangmandaten.

Der Grund ist simpel:

Im Mehrheitswahlrecht gewinnt der Kandidat mit den meisten Stimmen 100% der Stimmgewalt. Es ist daher egal, ob der CSU-Kandidat den Wahlkreis mit 30% oder 60% der Stimmen gewinnt. Wenn die CSU stark ist (z.B. 50% der Erst- und Zweitstimmen gewinnt) gibt es kein Problem, weil sie zwar alle Wahlkreise gewinnt (z.B. mit 48% vor der SPD mit 30%), aber mit 50% der Zweitstimmen auch genug Zweitstimmen-Sitze hat, um keine Überhangmandate zu erzeugen.

Wenn die CSU allerdings schwach ist (z.B. 30% der Erst- und Zweitstimmen) kann sie zwar immer noch (fast) alle Wahlkreise gewinnen (z.B. mit 32% vor dem SPD-Kandidaten mit 28%, dem FDP-Kandidaten mit 16%, dem Grünen-Kandidaten mit 11% und dem AfD-Kandidaten mit 8%), hat aber nur 30% der Zweitstimmen und deshalb nicht genug Zweitstimmen-Sitze und es kommt zu Überhangmandaten.

Die soziologischen Gründe für mehr Überhang-Mandate sind daher identisch mit den soziologischen Gründen für die Schwäche der Volksparteien bzw. das Erstarken kleinerer Parteien. Und die sind relativ vielfältig (Individualisierungstendenzen, eine komplexer werdende Gesellschaft, in der keine Partei mehr realistisch „das gesamte Volk“ vertreten kann, zunehmende gesellschaftliche Spannungen, die einen Ausgleich der Interessen aller Bevölkerungsgruppen, wie sie eine Volkspartei klassisch verfolgt, nicht mehr möglich macht… gerade letzteres ist relevant: Wenn z.B. der Umweltschutz für mehr Menschen relevant wird, werden mehr Menschen die Partei wählen, die darauf ihren Fokus richtet und nicht die Partei, die zwar als Volkspartei auch die Umweltschützer bedienen will, gleichzeitig aber die Interessen der Unternehmer und Autofahrer bedienen muss…)

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Ich denke du hast recht mit dem was du hier sagst, ich würde noch ergänzen, dass die Auswahl größer geworden ist. Aufgrund der 5% Hürde kommen für die meisten nur die Parteien in Frage, die eine realistische Chance haben, über die 5%-Hürde zu kommen. Am Anfang gab es nur SPD, CDU und FDP, also keine so große Auswahl. Seit dem gab es Themen, die die großen Parteien nicht abgedeckt haben und, die kleineren Parteien über die 5% Hürde geholfen haben. Diese kleineren Parteien, haben es dann geschafft sich dort festzusetzen. Somit hat man heute die Wahl zwischen 6, statt vorher 3 Parteien.

Ein anderer Grund den man noch ergänzen kann ist, dass die Erststimme eher eine „lesser of two evil“ Wahl ist. Wenn man mit der Erststimme die FDP wählt, ist die Stimme eher verschenkt, als wenn man es mit der Zweitstimme macht. Von daher ist es vermutlich für SPD und CDU einfacher Erststimmen zu ergattern, als es ist Zweitstimmen zu ergattern. (Wobei ich glaube vielen ist nicht wirklich klar wie erst- und Zweitstimme + Überhangsmandate + Ausgleichsmandate wirklich funktionieren und daher auch viele bei der Erststimme nicht unbedingt strategisch wählen)

Meiner Meinung nach gibt es einige weitere Probleme mit dem aktuellen Wahlrecht, die man angehen könnte!

Erstes Problem ist, dass ein großer Teil der in Deutschland lebenden Bevölkerung nicht wahlberechtigt ist. Dies sind einerseits Personen ohne deutschen Pass [0], ca 12,8% der Erwachsenen, andererseits Kinder und Jugendliche, die bisher nicht repräsentiert werden [1] (16,5%).
Somit komme ich auf einen Anteil der Wahlberechtigten an der gesamten in Deutschland lebenden Bevölkerung von unter 73%!!!
Dazu lag die letzte Wahlbeteiligung an Zweitstimmen bei 76,6%, wovon 0,9% der Stimmen ungültig und 8,6% der Stimmen unter der 5%-Hürde lagen.

Insgesamt komme ich auf knapp über 50% gültiger Stimmen (für Parteien im Bundestag), wenn man alles zusammenrechnet. Das ist zu wenig und schadet der Legitimität und der demokratischen Kultur.

mögliche Lösungen:

  • Wahlrecht ab Alter 0
  • Wahlrecht nicht an staatsangehörigkeit sondern an Lebensmittelpunkt/Hauptwohnort koppeln.
  • soziale Programme
  • absichtlich ungültige Stimmen als Option zuzulassen

Zweites großes Problem:

  • Stimmen verfallen bei Wahl von Kleinparteien (die unter 5% der Zweitstimmen erreichen)
  • Taktisches Wählen, um bessere Chancen bei den Direktkandidaten/der 5%-Hürde zu haben verfälscht den eigentlichen Willen der Wähler:innen.

Lösung:

  • Ein System der [übertragbaren Einzelstimmgebung] erarbeiten, so dass man bei der Wahl Alternativen angeben kann, falls die erste Präferenz ausscheidet/nicht gewinnt.
    Idealerweise nutzt man ein solches System auch bei der Erststimme. Damit verhindert man teilweise, dass sich politisch nahe Kandidaten gegenseitig die Stimmen wegnehmen.

Was mir bei dem neuen Wahlrechtsentwurf noch nicht so ganz klar ist, ist wie Direktkandidierende von Parteien unter der 5%-Hürde gezählt werden. Wenn diese keine Chance mehr hätten auf diesem Weg ins Parlament zu kommen, wäre das ein herber demokratischer Rückschritt für Kleinstparteien.
Dies kann aber durch Folgefrage 2 von @vieuxrenard hier teilweise gelöst werden. Reform-Idee: Direktmandate nur im Rahmen der nach Zweitstimmen verfügbaren Mandate vergeben?

[0] Politische Teilhabe | Integration | Zahlen und Fakten | MEDIENDIENST INTEGRATION
[1] Der Deutschlandatlas - Karten - Altersgruppen der Bevölkerung (3 Karten)

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Hallo zusammen,

Eine kurze Frage bezüglich der Auswirkungen, welche die Wahlrechtsreform auf die Linken bei der Bundestagswahl 2021 gehabt hätte. Nach Zweitstimmen wäre die 5%-Hürde durch die Linkspartei nicht geknackt worden. Somit haben keinen Anspruch auf Bundestagsmandate erhalten, lediglich durch 3 gewonnene Wahlkreise konnten sie in den Bundestag einziehen.

Durch die Wahlrechtsreform wäre die Situation folgende: Die Linke hätte aus den Zweitstimmen keinen Anspruch auf Mandate gewonnen. Würde diese „Sonderregel“ der Direktmandate nach der Wahlrechtsreform abgeschafft werden?

Danke für eine kurze Antwort, ich habe in diversen Quellen darauf leider keine Antwort gefunden.

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Geht es bei der Wahlrechtsreform darum 1. Geld zu sparen 2. juristisch im Recht zu sein oder 3. die Demokratie zu stärken?
Die Landeslisten werden durch die Parteien zusammengestellt. Innerparteiliche "QuerulantInnen", die z.B. zu stark für einen sozialen oder nachhaltigen Staat eintreten, werden auf die hintern Listenplätze gesetzt. Somit bietet hier die Erststimme eine Möglichkeit für PolitikerInnen, die nicht unbedingt der Parteilinie folgen. Eine Reduktion auf die Zweitstimme mag zwar juristisch kein Problem sein und Geld sparen, geht aber auch mit einem Verlust der Diversität unserer Demokratie einher.

Ich glaube Marco Bülow könnte hier ein sehr interessanter Gesprächspartner sein. Zumindest sein Podcast (Lobbyland) ist hier sehr aufschlussreich.

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Guten Abend,
ich halte die Regelung mit der die wegfallenden Direktmandate gesiebt werden für nicht optimal. Es gibt evtl. Wahlkreise, bei denen regelmäßig eine große Varianz der Stimmen auftritt, hier haben die Kandidaten schon schlechte Karten, auch hat ein kleiner Wahlkreis im Schwarzwald eher weniger Direktkandidaten, als die Wahlkreise in den Metropolen, was einer Tendenz zu höheren Ergebnissen für die jeweiligen Gewinner führt.
Demokratischer wäre eine Regelung, die Kandidaten bevorzugt, die sich in einem spannenden und interessanten Wahlkampf durchgesetzt haben. Ein Maß dafür wäre die Wahlbeteiligung im jeweiligen Wahlkreis. Ein Mensch mit einem Direktmandat hat dieses schließlich für alle Wähler seines Wahlkreises, nicht nur für die, die ihn gewählt haben.

Das Argument trägt nicht wirklich, weil die Parteien auch bestimmen, wer für sie als Direktkandidat antreten darf. Und es gibt nur wenige Ausnahmen, wo Politiker so etabliert in ihrem Wahlkreis sind, dass sie eine Chance hätten, als unabhängige Kandidaten gegen ihre Partei anzutreten. Ströbele war vermutlich eine dieser Ausnahmen, dem das hätte gelingen können, wobei ich selbst da keine Wetten abschließen wollen würde.

Der Einfluss der Parteien auf die Zusammenstellung der Listen ist daher nicht spürbar größer als auf die Bestimmung der Wahlkreiskandidaten.

Das ist leider nicht objektiv messbar und daher ein hoch-problematisches Kriterium.

Das wiederum führt dazu, dass die Wahlkreise, in denen besonders viel ärmere, bildungsferne Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund wohnen, das Nachsehen haben.

Zur Wahlbeteiligung - und vor allem, wer die üblichen Nichtwähler sind - gibt es eine ziemlich gute Datenlage. Grundsätzlich kann man sagen: Desto privilegierter ein Mensch ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er wählen geht. Würde man also Kreise mit hoher Wahlbeteiligung bevorzugen, würde man systematisch ohnehin unterprivilegierte Menschen weiter benachteiligen.

Die Wahlbeteiligung halte ich zudem auch nicht für einen geeigneten Maßstab dafür, wie spannend ein Wahlkampf ist. Naja, vielleicht schon, aber dann muss man sich fragen, ob man das Ergebnis auch will. Siehe Trump-Wahl in den USA. Desto umstrittener ein aussichtsreicher Kandidat ist, desto mehr wird für und gegen ihn mobilisiert. Die Wahlbeteiligung als Kriterium würde daher auch bedeuten, dass tendenziell eher umstrittene Kandidaten (oder deren Gegner) profitieren.

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