LdN318 Symbol Lützerath

Lützerath ist nicht nur ein Symbol für die Klimabewegung.
Lützerath sendet ein Bild von Deutschland in die Welt: das Bild von riesenhaften Baggern aus dem fossilen Zeitalter, Windrädern, die dem Kohleabbau zum Opfer fallen, Klimaschützer*innen, die mit Polizeigroßeinsatz zurückgedrängt werden.
Die Bedeutung ist enorm. Denn wenn schon ein reiches Industrieland wie Deutschland heute noch Kohle in einem so unvorstellbarem Maßstab abbaut und verfeuert, warum sollten dann andere Länder eine Kehrtwende im Sinne von Klimaschutz beginnen?
Ich höre Ihren Podcast immer und bin Fan, aber an dieser Stelle habe ich mich sehr über die Aussagen geärgert, Lützerath oder die Kohle unter Lützerath hätten auf europäischer Ebene keine Bedeutung.
Bei Ihren Aussagen haben Sie völlig vergessen, welche Wirkung dieser Kohle-Deal mit RWE auf die Welt hat. Noch oft ist Deutschland Vorbild für andere Staaten. Die Räumung von Lützerath ist ein fatales Symbol für die Welt.
Warum steht Deutschland nicht für erneuerbare Energien? Warum weihen die Herren Scholz, Lindner und Habeck LNG-Terminals ein und keine Windkraftanlagen? Warum dauert deren Bau nach wie vor so lang, während der Bau der neuen fossilen Infrastruktur (LNG) so schnell geht?
Warum ist Deutschland Symbol für Klimazerstörung und nicht für Klimaschutz?
Wir leben auf Kosten anderer. Die Kohle unter Lützerath wird auf Kosten des Klimas und auf Kosten vieler Menschen abgebaut. Dafür steht Lützerath. Also keinesfalls irrelevant …

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Verstehe diesen ständigen drang von liberalen proteste zu deligitimieren auch einfach nicht. Mich verlässt hier das gefühl einfach nicht dass man allgemein dem notwenigen chaos und unordnung von selbstorganisation und protesten nicht klar kommt. Vor allem weil die gegenvorschläge und Gegenargumente stets so extrem seltsam sind. Das ausgerechnet der trägste Teil des staatsapparats die verwaltung durch Mahnwachen zu irgendwas bewegt wird bestenfalls fraglich. Auch die dezentrale mobilisierung von viele Leuten vor vielen Verwaltungseinrichtungen ist wesentlich aufwendiger und zieht weniger Leute als campen im Wald. So auch das symbolwirkung in der Politik bei Protesten kein selbstzweck wäre finde ich mehr als seltsam. Demos, blockaden etc sind inhärent rein symbolischer Natur. Das gilt auch für die mahnwachen. Die alternative zu symbolwirkung ist revolution :smiley:
Auch das Kostenargument. Seit wann sind den Polizeikosten irgendwie relevant? Vor allem im Vergleich zum zu Ziel.

Proteste laufen selten ideal und in den zahlreichen abwägungen die man treffen muss funktioniert nicht immer alles ideal. Vor allem wie philip auch anmerkt beides auch gleichzeitig passiert. Mahnwachen, Besetzung von Parteibüros und Lüzerath.

Ich finde es grundsätzlich schon gut dass sich so viele junge Leute politisieren und selbstorganisieren. Menschen die so ein partizipatives Verständnis von Politik haben sind das beste was einem passieren kann um eine demokratisches System zu stabilieren. Egal ob es direkt was bewirkt oder nicht. Die Menschen da bauen wissen und erfahrung auf dass sie in Parteien und anderes politisches engagement tragen können. Die Bildungsbürger nase darüber zu rümpfen dass es nicht zweckgerichtet genug ist um dann in 10 jahren zum tausendsmal über Politikverdrossenheit zu sprechen ist mehr als wohlfeil. Zerrieben zwischen den Diskussionen um Klimaraf/Angst vor radikalisierung und Deligitimierenden Desinteresse machen die organisationen das schon ziemlich gut schließlich scheint das angeblich so schnöde symbol es bis in die internationale presse zu schaffen. Ob Mahnwachen das geschafft hätten ist fraglich.

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Danke für den Beitrag, ich sehe das genauso. Ich fand die lange Erklärung, dass der Protest „nur“ ein Symbol sei, empathielos und out of touch. 35000 Menschen demonstrieren in einem kleinen Dorf, aber die haben sich alle „verrannt“, okay… Selbst WENN es für die CO2-Bilanz am Ende keinen Unterschied macht, wird der Protest hoffentlich einen langen Schatten werfen auf alle zukünftigen Debatten, z.B. wenn wir nach irgendeiner der nächsten Wahlen wieder eine Ausstieg-aus-dem-Ausstieg-Debatte bekommen sollten. Auch dafür demonstrieren die AktivistInnen.

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Ich verstehe die Kritik nicht. Es wurde doch im Podcast extra betont, dass Lützerath zwar ein Symbol ist, aber eben auch, dass Symbol zu sein, für den Protest nichts schlechtes heißen muss. Und das Lützerath und alles drum herum vor allem Symbol ist, bestätigt doch auch @Margarete in ihrem Post mehrmals.

Es wurde in der Lage halt zusätzlich gefragt, ob es vielleicht andere Aktionsbereiche geben könnte, wo sich Klimaaktivisten engagieren könnten, die evtl. mehr bewirken würden - ohne aber eine eindeutige Antwort zuungunsten der Lützerath-Proteste zu geben.

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Gegen die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Coronapandemie sind auch teilweise Zehntausende auf die Straße gegangen. Wir wissen alle was das für Leute waren und natürlich haben die sich verrannt.

Will sagen, die Personenzahl hat wenig bis nichts darüber zu sagen, ob man auf der richtigen Seite steht oder nicht.

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Diese Bilder der Braunkohlebagger eignen sich natürlich prima für eine den Fakten nicht entsprechende Darstellung. Ja, wir fördern in Deutschland Braunkohle, die wird oberirdisch mit gigantischen Baggern gefördert. Das gibt tolle Bilder von zerstörten Landstrichen, die wie nichts anderes für Umweltzerstörung stehen.

Aber den 150 Mio Tonnen Braunkohle, die in Deutschland im Jahr gefördert werden, stehen z.B. über 3,5 Milliarden Tonnen Steinkohle gegenüber, die in China jährlich unterirdisch gefördert wird. Das gibt keine so tollen Bilder, ist aber im Hinblick auf das CO2 weit problematischer.

Also die Tatsache, dass der Braunkohletagebau die martialischeren Bilder liefert bewusst missbrauchen zu wollen, um den Anschein zu erwecken, als sei dies das größere Problem, erscheint mir fragwürdig. Ja, Kohle ist doof, ja Braunkohlebergbau erzeugt die „grausameren“ Bilder als Steinkohlebergbau, aber nein, das bedeutet nicht, dass Braunkohlebergbau deshalb das ultimative Böse ist.

Würden alle Länder knapp 40% ihres Energiebedarfs durch erneuerbare Energien schaffen, wären wir global schon sehr viel weiter. Natürlich müssen wir auch in Deutschland weiter an die 100% ran kommen, aber die 16 Jahre Untätigkeit unter Merkel und die akute Energiekrise durch den Ukraine-Krieg erfordert eben jetzt eine andere Politik. Ohne Kohle geht es aktuell nicht. Und ja, die Politik plant hier mit Sicherheitspuffern (erlaubt daher in Garzweiler u.U. mehr Förderung, als wirklich zwingend nötig wäre), aber auch das ist nachvollziehbar. Beim Thema Energiesicherheit / Blackout-Prävention wird keine Regierung ein Risiko eingehen wollen, daher sind die Sicherheitspuffer enorm. Das zu kritisieren halte ich für Populismus - denn niemand, der diese Entscheidung fällen müsste, würde hier vermeidbare Risiken eingehen (und im schlimmsten Fall hinterher für Blackouts verantwortlich sein).

Mit der Räumung Lützeraths geht ein Vorziehen des Kohleausstiegs von 2038 auf 2030 einher. Auch das sendet ein Symbol, leider ohne tolle Bilder…

Die ersten Windparks wurden auch recht feierlich eingeweiht. Annalena Baerbock hat letztens erst eine Windkraftanlage im Kosovo eingeweiht.

Das erste LNG-Terminal als Maßnahme zur akuten Krisenbewältigung hat eine große politische Bedeutung und dient der Regierung natürlich dazu, schöne Pressefotos zu produzieren („Seht her, wir tun etwas gegen die Krise!“). Eine kleine Windkraftanlage hat diese Wirkung nicht.

Beim Bau eines LNG-Terminals bestehen weniger umwelt- und emissionsschutzrechtliche Hürden bestehen (vom Rotmilan bis zu Abstandsregelungen). Einfach weil nur wenige LNG-Terminals gebraucht werden und die Standortsuche dafür verhältnismäßig einfach ist (i.d.R. irgendwo im Hafen, wo keine Menschen leben), während bei Windrädern die Standortsuche problematischer ist.

Ja, die bürokratischen Hürden für den Windradbau müssen drastisch reduziert und die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden, aber der Vergleich mit einem LNG-Terminal trägt einfach nicht.

Die Kohle wird abgebaut, weil wir uns in 16 Jahren CDU-Führung in eine schlechte Position navigiert haben und wir jetzt schmerzhafte Maßnahmen ergreifen müssen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Sie wird daher auch zum Nutzen vieler Menschen abgebaut, ob sie es wollen oder nicht.

Für die Grünen im Bund und NRW war Lützerath ein schmerzhafter Kompromiss. Aber sie stimmen der Sache zu, weil sie es für nötig halten. Selbst die in der letzten Episode des Podcasts interviewten Experten aus dem Umweltschutzbereich halten sich mit Kritik zurück.

Wenn nun Aktivisten ohne tragfähige Konzepte für die Gewährleistung der Energieversorgung kommen, kann ich das langsam nicht mehr ernst nehmen. Seriously, we get it - die Situation ist doof und wir würden uns alle wünschen, die Situation wäre besser. Aber wir müssen mit der Realität arbeiten, nicht mit Wunschvorstellungen.

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An der Oberfläche stimmt dieses Argument natürlich. Mal abgesehen davon, dass die Querdenker nicht der beste Vergleich sind (Verschwörungsmythen, Befürwortung von Gewalt, rechte Esoterik, die es in dieser Form in der Klimaprotestbewegung nicht gibt). Aber ich nehm dich mal beim Wort, dass du nur sagen wolltest, WIE VIELE Menschen es sind, macht keinen Unterschied für die Bewertung der Argumente, die sie haben. Fein. Meiner Meinung nach sollte eine größere Gruppe einen allerdings schon zum Nachdenken über die eigene Ansprechhaltung veranlassen. Wenn in Lützerath nur 100 Leute wären, könnte man das in einer Diskussion vielleicht wirklich so abtun: „die haben sich verrannt“, und es dabei belassen. Da das nun aber so viele Protestierende sind, hätte ich mir von Ulf und Philip eine etwas tiefergehende Auseinandersetzung mit den Motiven gewünscht, statt zu implizieren: die haben es nur nicht verstanden. Mal abgesehen von der rein legalistischen Argumentationsweise: der Rechtsweg ist ausgeschöpft, wer jetzt noch demonstriert, dem fehlen nur ein paar Informationen. Wie gesagt, ich fand es empathielos. Musst du ja nicht so sehen.

Abgesehen davon, dass sehr zweifelhaft ist, ob der Deal mit RWE die Emission von CO2 nicht erhört oder wie behauptet verringert (siehe Studienlage: Bei Zweifeln also lieber Vorsicht!), ist Lützerath eben nicht nur ein kleines positives Symbol für die Klimabewegung, sondern ganz im Gegenteil ein fatales Signal des Ignorierens der 1,5 Grad-Grenze in die ganze Welt. Diese Signalwirkung wurde im Podcast nicht thematisiert und ist von erheblicher Bedeutung. Negativer Bedeutung.

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Danke für die ausführlichen Gegenargumente, die zur Reflexion der eigenen Sichtweise beitragen.
Jedoch kann ich meine Kritik an diesem Podcast nicht zurücknehmen.
Dass anderswo in Deutschland oder auf der Welt gegen das Pariser Abkommen verstoßen wird (in Deutschland sogar gegen das Urteil des Verfassungsgerichts) kann in keiner Weise rechtfertigen, es auch in Garzweiler II zu tun.
Den Klimaaktivisten vorzuwerfen, sie würden Bilder für sich nutzen, geht an der Sache vorbei, denn sie kämpfen nicht für ihr höchstpersönliches Eigeninteresse, sondern für uns alle und für die Zukunft unserer Kinder. Sie kämpfen für die 1,5 Grad-Grenze und die Erderhitzung.
Vorbildhaft ist Deutschland aktuell in keiner Weise. Die Windenergie wurde ausgebremst.
Dass die Kohle wirklich gebraucht wird, kann infragegestellt werden (siehe Studienlage). Zumindest gibt es an tausend Stellen Möglichkeiten, Energie - auch Strom - zu sparen. Gesamtgesellschaftlich.
Zu behaupten, ohne Kohle bzw. ohne diese Kohle ginge es nicht, ist sehr bequem.
Wenn RWE 280 Mio Tonnen unter Lützerath ausbaggern sollte wie geplant und das vor 2030 tut, ist durch den vorgezogenen Ausstieg nichts gewonnen. Wer weiß genau, ob sie ohne den Deal aus Kostengründen nicht weniger dieser Kohle ausgebaggert hätten? Außerdem habe ich gelesen, dass es eine Klausel im Vertrag gibt, die die Verschiebung des Ausstiegs auf… ich glaube 2035 (wäre zu überprüfen) erlaubt.
Dass Frau Baerbock im Kosovo eine Windkraftanlage einweiht, zeigt gewissermaßen die traurige Ironie. In Deutschland werden zu wenige erneuerbare Energien zu langsam ausgebaut. Ein Signal in die Welt wäre wichtig. Ein Signal aus Deutschland, nicht aus dem Kosovo. Ein Signal von einem wichtigen Industrieland in Europa, das einen erheblichen Teil der CO2 Emissionen verursacht hat (Rang 4?) und noch verursacht (Rang 7?). Ein Signal für eine Zukunftsvision und nicht für die bequeme, rückwärtsgewandte, ideenlose Energiepolitik.
Warum sollte der Bau eines LNG-Terminals einfacher sein als der von einer gewissen Anzahl Windräder? Auch ein LNG-Terminal verursacht Umweltschäden und gefährdet die Tierwelt. Ich bin sicher, dass in diesem Zusammenhang Vorschriften kreativ umgangen wurden, um den Bau zu beschleunigen.
Außerdem sind viel zu viele LNG-Terminals geplant (siehe Studienlage).
Warum ist es denn so schwer, einen Platz für Windräder zu finden? Die Abstandsregeln in bestimmten Bundesländern z.B., die ich nicht verstehe. Ich habe früher neben einer Hochspannungsleitung gewohnt. Uns hat niemand gefragt und der Abstand betrug eher 10 als 1000m. Auch die Menschen, die in Nähe der Braunkohlereviere wohnen, werden sicherlich gesundheitliche Schäden davon tragen. Ich bin sicher, sie würden lieber neben einem Windrad wohnen. Außerdem wäre eine auch finanzielle Beteiligung der Anwohner möglich. Man würde schnell sehen, dass es viel weniger Gegenwehr gebe. Vor allem dann, wenn erklärt wird, warum die Windkraft so unendlich wichtig ist. Und wie billig der Strom durch sie werden wird.
Der Podcast hat nur einen Experten aus dem Umweltbereich interviewt. Es war ein in diesem Punkt extrem einseitiger Podcast. Wo war das Interview mit Frau Kemfert, Herrn Rahmstorf, Herrn Schellenhuber oder Herrn Quaschning? (Oder andere…)
Mich hat diese Einseitigkeit gestört.
Die Frage, ob die Kohle unter Lützerath für die CO2-Emissionen irrelevant ist, ist in keiner Weise eindeutig geklärt. Der Podcast ließ aber nur den Schluss zu, dass es ein Fakt sei. Das ist es nicht!
Mit Realität arbeiten… ok… guter Ansatz. Wie wäre es mit der Realität einer zunehmenden Erderhitzung, abschmelzender Polkappen, auftauender Permafrostböden, abnehmender Bio-Diversität, gestörter Meeressysteme… und… und … und…? Das ist keine Dystopie. Es ist Realität. Mindestens für unsere Kinder/Enkelkinder. Und schon heute für die Menschen im globalen Süden, in kritischen Regionen. Das kann man nicht ausblenden und so tun, als könnten wir den Status Quo halten. Wir können es nicht.

Eines Tages wird man wahrscheinlich auf diese Zeit zurückblicken und den Kopf schütteln. Wie konnten wir nur?

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Sie kämpfen für die 1,5 Grad-Grenze und die Erderhitzung.: GEGEN die Erderhitzung natürlich :wink:
Und Rechtschreibung: davontragen gäbe
Sorry

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Vielen Dank für das Öffnen dieses Threats!

Ich höre Euren Podcast jetzt ungefähr ein Jahr und war mit euren Zusammenfassungen, Analysen und Sichtweisen großteils einverstanden bzw. konnte sie zumindest nachvollziehen. Danke an der Stelle für Eure wertvolle Arbeit!
Den Beitrag über Lützerath kann ich allerdings leider so nicht stehen lassen und finde es toll, dass es für diese Fälle die Möglichkeiten gibt, über das Forum mit den anderen Hörern aber auch mit Euch in Kontakt zu treten.

Zunächst hat es mich sehr gefreut, dass auch anderen Hörern die Darstellung etwas sauer aufgestoßen ist und hier schon entsprechende Beiträge veröffentlicht wurden. Gerne möchte ich noch ein paar Aspekte ergänzen.

Lützerath unbewohnt
Seit gut zwei Jahren leben in Lützerath mal mehr mal weniger Menschen - ich würde es auf durchschnittlich etwa 100 Personen schätzen. Trotz dieses Zusammenlebens auf engstem Raum hat sich diese Gemeinschaft mit ständig wechselnden Bezugspersonen, ohne Führung und mit demokratischen und solidarischen Grundwerten entwickelt. Für die Menschen in Lützerath war diese Gemeinschaft der Versuch einer alternativen Lebensweise. Man kann davon halten was man will - für diese Zeit hat diese Lebensweise sehr gut funktioniert, es gab keinerlei Zwischenfälle unter den Bewohnern, die ein Einschreiten von Außen erfordert hätten. Die dort vermittelten Ideale werden die Bewohner sicherlich in ihrem weiteren Leben prägen - die Zerstörung ihres selbstgeschaffenen Kleinods sowie erfahrene Gewalt sicherlich auch.

Lützerath gehört RWE
Große Teile von Lützerath gehören RWE, mit Ausnahme der zentralen Wiese, auf dem sich auch der sogenannten „Gigapod“ befindet (what3words /// The simplest way to talk about location). Diese Wiese gehört einer Privatperson, die bis heute nicht an RWE verkauft hat. Dieser Fakt wird sowohl in den Medien als auch von RWE und Regierung falsch dargestellt. Warum dieser Fakt bislang nicht berücksichtigt wird und bspw. auch vor Gericht keine Anerkennung erhält, ist mir unverständlich.

Kohleausstieg bis 2030
Der „vorgezogene“ Kohleausstieg bis 2030 statt 2038 wird gerne als Erfolg für das Klima verbucht. Vergessen wird dabei, dass über den eingesetzten Zertifikatehandel die Kohleverstromung nach 2030 unrentabel wird und damit ein Kohleausstieg light aus marktwirtschaftlichen Interessen sowieso unumgänglich gewesen wäre. Darüber hinaus war der Kohleausstieg 2030 Teil des Koalitionsvertrages - ich verstehe also bis heute nicht, warum uns dieses Datum als Gewinn verkauft wird.
Entscheidend ist aus meiner Sicht allerdings ein anderer Aspekt: Das Datum spielt überhaupt gar keine Rolle! Wir müssen unsere Emission herunter bekommen! Und zwar so, dass sich bestenfalls die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß beschränkt (für uns aber vor allem auch für Flora und Fauna im globalen Süden). Dafür wurde in Paris das Klimaabkommen unterzeichnet, mit dem gemeinsamen Ziel vieler Staaten die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Von Kohleausstieg bis 203x steht dort nichts. Es macht natürlich Sinn, das Ziel 1,5°C auf den Kohleausstieg herunterzubrechen, dann aber bitte nicht nur mit einer zeitlichen Angabe sondern auch mit einzuhaltenden Grenzwerten versehen. Mit den aktuellen Zusagen hat RWE geringe bis keine marktwirtschaftlichen Interessen, in andere Technologien zu investieren - im Gegenteil, sie weihen parallel zur Großdemonstration in und um Lützerath das zweite LNG-Terminal an der Ostsee ein. Ein fröhliches Weiter so mit der Verbrennung fossiler Energien.
In einer Demokratie gehören Kompromisse dazu. Die Natur und Umwelt sowie die dahinter liegende Physik lassen allerdings nicht mit sich verhandeln.

Lützerath als Symbol
Im Podcast sowie auch von Herrn Habeck dargestellt wird Lützerath als falsches Symbol angesehen. Welches bessere Symbol soll es geben, für das Verfehlen eines völkerrechtlich bindenden Vertrages? Mit der Verfeuerung der Kohle unter Lützerath wird sinnbildlich das 1,5°C-Ziel gerissen. Und das vor den Augen der Welt. Warum sollten sich andere Länder an das Ziel halten, wenn das reiche und innovative Deutschland es nicht schafft? Es ist für mich schlicht unverständlich, diesen Symbolcharakter in Abrede zu stellen.

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Abschließen möchte ich gerne jedem ans Herz legen ins rheinische Braunkohlerevier oder andere Tagebauen zu kommen. Dieser Anblick ist für viele, auch für mich, sehr prägend gewesen, zeigt er doch, welchen Schaden wir unserer Natur und damit unser aller Lebensgrundlage zufügen.
Die Gleichgültigkeit mit der ein Großteil der Gesellschaft das Thema Klimakatastrophe betrachtet sowie die damit verbundene Ohnmacht insbesondere der jüngeren Generation haben sich am Wochenende in Lützerath und um Lützerath gezeigt: Es kamen zehntausende Menschen zusammen wohlgemerkt unter widrigsten Bedingungen was Wetter aber auch An- und Abreise angeht. Und an diesem Tag hat sich die Staatsmacht unerbittlich gezeigt - unfassbar was sich dort für Szenen abgespielt haben! Und immer noch abspielen, da das Dorf noch nicht vollständig geräumt ist. Das Thema wird hoffentlich medial und rechtlich eingehender untersucht werden.

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Stimme hier vollkommen zu. Ich fand es sehr schade selbst in der LdN dieses Narrativ „ja, Klimaprotest ist wichtig aber bitte doch nicht so“ zu hören. Egal was die Klimabewegung macht es ist immer nicht „richtig“, nicht „zielführend genug“. Näher an das tatsächliche Problem des Ausstoß von Treibhausgasen kann man doch fast gar nicht kommen als an einem Tagebau. Vielleicht wäre es hilfreich einen Gast mit Expertenwissen zum Thema Protestformen und Wirkungen in die Lage einzuladen und zu interviewen. Das würde dem Ganzen etwas mehr wissenschaftlichen Hintergrund geben.

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Das kann ich nicht pauschal so stehen lassen. Dieser Schaden kann auch wieder in etwas Gutes transformiert werden. In Sachsen Anhalt oder auch in der Region um Leipzig gibt es mehrere Naherholungs- und Naturschutzgebiete, die aus alten Braunkohletagebauten gemacht wurden, beispielsweise die Goitzsche bei Bitterfeld.

Natur ist bis zu einem gewissen Maß durchaus in der Lage sich zu regenerieren.

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Hehe der Bitterfelder Schatz im Silbersee. Erholungsgebiete könnte man auch ohne Tagebau haben.

Aber ist jemand hier belesen zur renaturierung. Wie gut das funktioniert? Die Leipziger Seen sind j)ganz nett aber der Bergheidener See neben dem massiven F60 ist so semi angemehm. Neben dem Rostgeruch den man da nachm Baden hat ist der wohl auch des öfteren mal gesperrt und in Sachsen Anhalt ist der eine See doch auch abgerutscht. Weiter frage ich mich wie gut diese Seen die zunehmende trockenheitüberleben.

Also der Schaden, den der Braunkohle Tagebau der Landschaft zugefügt hat ist nichts im Vergleich zu dem Schaden den die entsprechende Kohleverbrennung der menschlichen Gesundheit und dem Klima zugefügt hat. Ich würde da auch ehrlich gesagt nichts renaturieren, sondern es direkt im Sinne der Energiewende als riesigen Pumpspeicher nutzen, sofern möglich:

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Also ich habe in der Region schon in mehreren solchen Seen gebadet. Rostgeruch als Problem ist mir neu.

Stimmt, aber mir ging es darum, dass man aus dem, was wir heute als großen Schaden ansehen, auch etwas gutes machen können.

Danke an alle die sich an dieser Diskussion bereits beteiligt haben. Mir hat die Darstellung im Podcast auch nicht ganz gefallen und viele eurer hier genannten Argumente drücken schon sehr viel meines Unbehagens aus. Allerdings möchte ich einen Punkt gerne noch ergänzen, der meiner Meinung nach eine Diskrepanz zwischen der Perspektive der Klimagerechtigkeitsbewegung und der von Philipp und Ulf aufzeigt.
Während ihr im Podcast recht optimistisch davon ausgeht, dass wir die deutschen/europäischen Emissionsziele einhalten werden und diese für das 1,5 Grad Ziel ausreichen, stellt die Klimabewegung dies fundamental in Frage.
In Deutschland haben wir nur pandemiebedingt das 2020 Ziel erreicht und sind auf bestem Wege das 2030 Ziel zu reißen. Und auch wenn der Energiesektor durch den Emissionshandel stärker an seine Emissionsmengen gebunden scheint, bleibt abzuwarten, was passiert, wenn es in den ETS-Sektoren mal wirklich hart auf hart kommt (wird die Energiesicherheit dann nicht geschützt?).
Darüber hinaus stellt die Klimagerechtigkeitsbewegung in Frage, ob die Emissionsziele, die sich Deutschland und die EU gesetzt haben, ein global gerechter Beitrag zur Einhaltung der 1,5 Grad Grenze sind. Ich habe das gerade nochmal hier nachgelesen und würde sagen, eher nicht: ZEIT ONLINE | Lesen Sie zeit.de mit Werbung oder im PUR-Abo. Sie haben die Wahl.
Und wenn diese beiden Punkte in Frage stehen, erklärt es sich besser, warum es ein sinnvolles Ziel ist, die CO2-Einsparung bei der Kohle zu erkämpfen. Denn wir wollen nicht abwarten bis unambitionierte Klimaziele erreicht oder gerissen werden, sondern diese im besten Fall untertreffen.
(Um es deutlich dazu zu sagen: Ich schätze die Klimaberichterstattung in der Lage normalerweise sehr!)

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Das wäre mir neu.

Ich habe die Argumentation im Podcast so verstanden. Sie machen ja das Argument des Wasserbetteffekts: was in Garzweiler eingespart wird, darf stattdessen an anderer Stelle (die Beispiele waren Spanien oder die ostdeutschen Kohlereviere) wieder ausgestoßen werden. Das beruht ja aber auf der Annahme, dass wir uns unter der maximalen CO2 Grenze befinden und überschüssige Emissionsmengen auf andere Gebiete und Sektoren umverteilen können. Oder?