LdN318 Lützerath und das 1,5° Ziel

Ja genau, es ist so oft das Totschlagargument für jegliche Einsparungsmaßnahmen: wenn wir das CO2 nicht ausstoßen, dann macht es halt China (oder im Fall des Podcast: wenn nicht in Lützerath dann in Ostdeutschland oder in einem anderen europäischen Land). Aber eine Tonne Kohle in der Erde ist in der Erde. Eine Tonne Kohle, die abgebaggert wurde wird auch verbrannt. Wieso sollte es dann sinnlos sein, sich dafür einzusetzen, dass die Kohle in der Erde bleibt. Jede Tonne Kohle, die für die Versorgungssicherheit nicht gebraucht wird (und es gibt auch bspw. ein Gutachten des DIW, welches auch bestätigt, dass die Kohle unter Lützerath nicht hierfür gebraucht wird) muss in der Erde bleiben, ansonsten wird sie unnötig verbrannt.

Die Proteste machen es für RWE außerdem maximal schwierig und teuer (ja, den Einsatz der Polizei zahlt der Steuerzahler aber Reputationsschäden sind auch teuer) hier weiter Kohle abzubauen. Und vielleicht bringt der Gedanke „nicht noch ein Lützerath“ ja tatsächlich mal einen Entscheidungsträger dazu sich gegen einen weiteren Abbau zu stellen.

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Ich finde nicht, dass hier alles beleuchtet wurde. Es wurde sich viel zu sehr auf die Wirkung auf die CO2-Bilanz im Rahmen des europäischen Emissionshandels beschränkt und dabei vergessen, dass mit dem Abbaggern von Lützerath auch Tatsachen geschaffen werden. Jede Tonne Kohle, die abgegraben wird, wird auch verbrannt. Jede Tonne Kohle, die in der Erde bleibt wird nicht verbrannt. Ob sie dann an anderer Stelle verbrannt wird bleibt abzuwarten. Es ist sehr wahrscheinlich, und die Argumente dafür über das ETS auch gut recherchiert und nachvollziehbar, aber eben noch keine Tatsache.

Das ‚Argument‘ „wenn wir es nicht ausstoßen, dann machen es die anderen“ wird so häufig benutzt, um jegliche Art von Einsparungen zu blockieren und ich hätte mir eine differenziertere Analyse des Protests hier gewünscht und nicht diese Keule. Spannend wäre zum Beispiel auch gewesen eine Person mit Expertenwissen zum Thema Protestformen und befragen, um auch etwaige andere Wirkungen des Protests zu beleuchten.

Auch das stimmt so nicht ganz. Ja, die rechtliche Lage ist geklärt aber genug Druck der Zivilgesellschaft kann zum Beispiel dazu führen, dass man sich erneut mit RWE an einen Tisch setzt. Es müssten dann natürlich Zugeständnisse an RWE gemacht werden, zum Beispiel durch Kompensationszahlungen. Solange Lützerath noch steht, ist so etwas also durchaus noch möglich.

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Was ich mich bei der Argumentation mit dem Emissonshandel noch gefragt habe ist, könnte man ein CO2 Zertifikat nicht effizienter nutzen als für Kohlestrom? Ja, die Menge an Zertifikaten ist vorgegeben aber könnte an anderer Stelle nicht zum Beispiel mehr Strom für ein Zertifikat erzeugen? Braunkohle ist meines Wissens nach eine der CO2 intensivsten Stromquellen. Was wäre also, wenn die Kohle unter Lützerath im Boden bleibt und die entsprechenden CO2 Zertifikate zwar vergeben werden, dadurch aber zum Beispiel mehr Strom erzeugt wird, der wiederum dazu genutzt werden kann an anderer Stelle Emissionen zu mindern (beispielsweise im Verkehr). Dann hätte man an anderer Stelle CO2 gespart und dadurch einen positiven Beitrag zur gesamten CO2 Bilanz geschaffen.

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Ich hatte bereits in einem ähnlichen Tenor auf Twitter kommentiert (https://twitter.com/namnatulco/status/1613642918631194630?t=fn5aIdFeJG3qM7nI3RsajA&s=19), seitdem habe ich jedoch noch etwas vernommen (und in dem thread noch nicht gelesen), dass das „dann werde die Kohle woanders verstromt“ etwas in Frage stellt:
Strom aus Braunkohle lohnt sich derzeit nicht – Kraftwerk Lippendorf  bei Leipzig macht Pause (leider mit paywall) – klar, eine Verschiebung in Europa kann auf dem Weg nicht verhindert werden, aber mit den Argument wäre es zielführender, das gesamte Budget jetzt zu verbrauchen, um die anderen zum sparen zu zwingen (und das wird sicherlich nicht die Absicht sein).

Ganz genau!
Bitte erörtern Sie das Thema im nächsten Podcast nochmal differenzierter mit weiteren Experten.

Die unterschiedlichen CO2-Quellen gegeneinander abzuwägen, macht für mich keinen Sinn. Überall muss gespart werden. Weniger abgebaut werden. Der Pfad der fossilen Energien verlassen werden.
Ich habe von der aktuellen Regierung noch nichts über den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien gehört. Stattdessen Räumung von Lützerath, Kohleimporte und viel zu viele LNG-Terminals.
Es ist zum Verzweifeln. Bei der nächsten Wahl weiß ich nicht mehr, wen ich wählen soll.

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Erstens: (…) Für mich war dieser Beitrag keinesfalls differenziert. Es fehlte ein Experte für die Gegenmeinung.
Zweitens: Auch das Verfassungsgerichtsurteil und das Pariser Klimaschutzabkommen müssen beachtet werden. Soweit ich es sehe, geht es bei den „ausgeschöpften Rechtsmitteln“ um die Enteignungen etc. Aus meiner Sicht ist es nicht demokratisch und juristisch einwandfrei, wenn internationale Abkommen nicht befolgt und das eigene Verfassungsgericht ignoriert wird.
Drittens: Warum wird der Verbrauch nicht hinterfragt? Wer sagt, dass Energiesicherheit über allem, auch über den Rechten künftiger Generationen stehen sollte und dass man Energiesicherheit unbedingt auf Status-Quo-Niveau erhalten muss?
Viertens: Ein riesiges Problem der Demokratie ist aktuell hier bei uns, dass die ältere Generation der jüngeren Generation zahlenmäßig überlegen ist. Durch Wahlen oder Eintritt in eine Partei können jüngere Menschen nicht mehr für mehr Klimaschutz kämpfen. Aber es sind insbesondere die jüngeren Generationen (und Menschen in anderen Teilen der Welt) die das Beharren der älteren, wohlhabenden Menschen auf ihren Privilegien, auf ihrem gewohnten Leben werden ausbaden müssen. Das kann doch nicht richtig sein. Und auch nicht demokratisch. Oder anders gesagt: Wenn das in der gegenwärtigen Situation die Konsequenz von Demokratie ist, bin ich persönlich nicht mehr sicher, ob die Demokratie so gut ist, wie sie ist.
Fünftens: Wenn es möglich ist, in Lufthansa einzusteigen oder UNIPER zu verstaatlichen, warum muss man dann RWE frei Hand lassen?
Sechstens: Soweit ich verstanden habe, wurde der Deal zwischen Landesregierung, BMWK und RWE völlig intransparent und hinter verschlossenen Türen ohne Beteiligung der Klimaschutzbewegung beschlossen und entsprechende Entscheidungungen im Parlament nach sehr kurzfristiger Vorlage durchgewunken. Wenn man es ernst meint, einen „Kompromiss“ zu suchen, sollten solche Verhandlungen an einer Art „rundem Tisch“ stattfinden, möglichst öffentlich.
Ich persönlich hatte den Eindruck von „Mauschelei“. Jedenfalls ganz gewiss nicht von demokratischen Prozessen. Insbesondere werden viele Wähler in NRW die Grünen eben nicht für so eine Art von Kompromiss gewählt haben.

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Das Thema Lützerath hat mich im aktuellen Podcast SEHR enttäuscht.
Die Klimaaktivisti nutzen Lützerath nicht )…) aus eigenen Interessen als Symbol aus. Sie kämpfen gegen Erderhitzung und damit für uns alle, insbesondere für unsere Kinder.
Das eigentliche Symbol, dass von der Lützerath-Räumung ausgeht, ist ein unglaublich negatives. Es ist ein Signal für die ganze Welt: Wenn ihr wollt, dass eure Wirtschaft weiter gut läuft, könnt ihr einfach auf die 1,5 Grad-Grenze pfeifen. Das ist das Symbol, das Garzweiler und RWE, das Deutschland für die Welt sein wird: Ein reiches, ehemals innovatives Industrieland, das einen Großteil der bisherigen Emissionen aus Eigennutz auf Kosten anderer verschuldet hat und das nun angesichts der dramatischen klimatischen Veränderungen weiterhin die eigene antiquierte, gar nicht mehr so innovative Wirtschaft über dringend notwendigen Klimaschutz stellt. Kohle, LNG, Autofahren ohne Limit, Autoverkaufen ohne Limit und ohne Verstand. Tja, das ist Deutschland 2023. Mittlerweile schäme ich mich fast, Deutsche zu sein.
Für mich fühlt es sich so an, als versuche die Bundesregierung nicht einmal, das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten. Wir können nicht mehr so weitermachen, wie bisher!

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Mit was soll denn der Strom erzeugt werden? Steinkohle aus China? Fracking Gas aus Niedersachsen? Braunkohle ist doch der einzige einheimische fossile Brennstoff.

Ich finde die Lage gerade wegen solcher umfassenden Darstellungen von Themen aus verschiedenen Blickwinkeln interessant. Sie nimmt sich da die Zeit, tiefer zu blicken als die oft oberflächlichen Diskussionen in vielen anderen Medien.

Für den Klimawandel ist direkt relevant, wieviel Treibhausgase in die Atmosphäre kommen, und nicht, wieviele symbolische Siege Klimaaktivisten erzielen. (Auch wenn es da teilweise eine Korrelation geben kann.)

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Zum Beispiel die neu eröffneten LNG Terminals und da das ETS europäisch ist, geht es ja nicht nur um die fossilen Brennstoffe hier sondern in ganz Europa.

Ich weiß leider auch nicht genug über die Verteilung der Zertifikate und inwieweit es hier einen sektoralen Bezug gibt (z.B sind die Zertifikate in der Zementherstellung dieselben, wie in der Stromerzeugung). Deswegen ja auch als Frage formuliert, ob es nicht einen effizienteren Weg gibt diese Zertifikate zu nutzen.

Mit der Braunkohle die auch ohne Lützerath abgebaggert werden darf/wird.

Das wird auch im Podcast gesagt. 170 Mio t Braunkohle sind das, und laut Studien reichen die auch für die Stromversogung locker aus. Mit Lützerath wurden nochmals 150 Mio t dazukommen.

Das macht für mich im Zusammenhang mit der Ausgangsfrage

wenig Sinn

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Ich teile dir Kritik am Beitrag von Ulf & Philip.

Das Argument mit dem Europäischen Emissionshandel (ETS) finde ich ein bisschen spekulativ.
Als würden jetzt, weil die Zertifikate aus Lützerath „frei“ würden Firmen in Polen anfagen nach mehr Kohle zu buddeln, oder die Industrie mehr Gas verfeuern.

Auch ist das ETS ja nicht perfekt. Also theoretisch gibt es eine festgelegte Emissionsmenge ab heute. X tonnen CO2 dürfen noch ausgestoßen werden. In dieser Theorie müsste, wenn alle Zertifikate aufgebraucht sind, alles still stehen, weil niemand mehr das Recht zur Emission erwerben könnte. Also Kohle- und Gaskraftwerke würden komplett still stehen, genauso wie der komplette Luft-, Schifffahrts- und (Verbrennungs-) Autoverkehr. Genauso müsste die Industrie und wahrscheinlich auch die Landwirtschaft still stehen.

Dass das nicht passieren wird, können wir uns alle denken. Aber genau weil das ETS nicht so radikal umgesetzt werden kann, kann man damit auch nicht argumentieren, wie im Podcast geschehen. Und dann machen die 150 Mio t Braunkohle eben doch einen Unterschied.

Ein weiterer Punkt war, dass es ja in Ostdeutschland noch viel mehr Braunkohle gäbe als wirtschaftlich zu verfeuern sei. Ja, mag sein, aber die gehört nicht RWE, sondern LEAG und könnte deshalb (und wegen dem aufwändigen Transport) nicht rentabel nach NRW zu den Braunkohlekraftwerken transportiert werden. Sehr wahrscheinlich wäre es für NRW rentabler einfach, die Erneuerbaren stärker auszubauen und nur noch die verbleibenden 170 Mio t aus dem Tagebau Garzweiler zu verfeuern.

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Das grundsätzliche Problem ist, dass es überhaupt noch soviel CO2 Zertifikate gibt. Falls mensch die mit fossilen Brennstoffen verbrauchen möchte, wäre Gas vermutlich am Besten, abgesehen davon dass:
a) das Gas aus Schurkenstaaten via Pipeline kommt,
b) es ggf. mit Fracking in Demokratien gefördert und dann durch auf Schiffen hierher kommt oder meinetwegen auch
c) aus Schurkenstaaten via Schiff und
d) es wegen der Methanleckagenproblematik klimaschädlicher als etwas anderes.

Für mich ist die Frage, ob (und wieviel) Braunkohle schlimmer als Gas ist, noch nicht abschließend beantwortet.
Werden für die Gasleckage auch CO2 Zertifikate verbraucht? Auf jeden Fall hat RWE durch Lützerath jetzt ja nicht mehr Zertifikate erhalten, oder?

Das weiß ich nicht, würde dies aber nicht vermuten. Ich glaube die Zertifikate werden nach anderen Kriterien vergeben.

Aber wie schon erwähnt sollte ein Zertifikatemangel bei RWE nicht das Problem sein.

In dem Artikel steht z.B. das RWE nach eigenen Angaben davon ausgeht, dass die Zertifikate bis 2030 reichen. Das ist schon ziemlich pervers wenn man sich das mal überlegt. Und das verfehlt auch auf ganzer Linie das Ziel des ETS, CO2 Emissionen teurer zu machen.

Ja du hast Recht, der Kontext ist an mir vorbei gegangen.

Gas ist auf alle Fälle nicht so toll wie sein Ruf.

Oder halt garnicht für die fossile Stromversorgung. Die Stromversogung wird gerade (bei aller berechtigter Kritik) einigermaßen gut entkarbonisiert. Gerade mit den Ausbauzielen des BMWK sind wir da auf gutem Kurs. Probleme bereiten uns eher die Sektoren Verkehr und Wärme/Gebäude. Und mit Wissing als Autominister sehe ich da auch wenig Hoffnung auf Besserung.

Im besten Fall brauchen wir die Zertifikate aber garnicht und sind klimaneutral bevor alle Zertifikate ausgeschüttet wurden (man darf ja noch träumen).

Auch können Zertifikate wieder aus dem Markt rausgenommen werden.

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CCS sollten wir auf jeden Fall machen, allein schon wegen Müllverbrennung. Wenn die Abgase eines Kohlekraftwerks dann auch noch gespeichert werden können, umso besser. Aber man braucht eine geeignete Lagerstätte, muss diese Erkunden und dann den Speicher einrichten. Das dauert länger als ein Windrad aufzustellen.

Ich habe gehört, dass die Kohle unter Lüzerath über 90 Mrd € wert ist. Es ginge dann bei 10% Gewinn somit um 9 Mrd €. Selbst NRW verdient dabei so viel, dass der Polizeieinsatz dabei nicht ins Gewicht fällt, so trauig das auch ist.

Wo hast Du den Betrag denn her? Bin kein Fachmann, aber mit 5 Minuten Google fragen komme ich auf deutlich andere Werte.

Unter Lützerath liegen geschätzte 150 Mio Tonnen. Bei Deinen 90 Mrd.€ wären es 600€ pro Tonne. Bei Finanzen.net wird aktuell knapp über 150€ angezeigt, Kurzzeitiger Peak im Sommer waren 400€. Das ist dann beides doch erheblich weniger.

Viel entscheidender dürfte sein, dass wenn der Kohlepreis steigt, es sich wirtschaftlich nicht lohnt die Kohle zu verstromen und dann die Kohle RWE gar nichts nützt.

Im Podcast und auch hier im Thread wurde davon gesprochen, dass alle Rechtsmittel bereits ausgeschöpft waren. Im Zeit Podcast ‚Was jetzt‘ wurde allerdings gemeldet, dass die Urteilsbegründung auf die Klimaauswirkungen gar nicht eingegangen sei und alleine der vermeintliche Bedarf an der Kohle als Argument angeführt wurde. Wie kann ein solches Urteil verfassungskonform (Art 20a GG) sein? Fände es toll, wenn die Lage auf diesen Aspekt noch eingehen könnte.

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