LdN318 Kohle-"Kompromiss" mit wem?

In der Lage 318 wurde die Frage aufgeworfen, ob die Kohle-Vereinbarung überhaupt hätte besser getroffen werden können und dass RWE wohl nicht zugestimmt hätte, wenn Lützerath nicht hätte abgebaggert werden dürfen.
Abgesehen davon, dass es mir schwer fällt einen Kompromiss zu sehen, wenn der Kohleausstieg bis 2030 zumindest bei der Bundesregierung eh schon im Koalitionsvertrag stand und es zweifelhaft ist, ob RWE überhaupt freiwillig länger Kohle verbrannt hätte, frage ich mich wieso RWE da überhaupt bei irgendwas zustimmen muss? Sind der Kohlekonzern und die gewählten Regierungen etwa gleichberechtigte Entscheidungsträger bei klimapolitischen Entscheidungen? Braucht man die Zustimmung von RWE um Gesetze zum Kohleausstieg verabschieden zu können?

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Vermutlich ist es dann einfacher:
a) es gibt Eigentumsrechte und der Staat darf vermutlich auch bei einem Hausbesitzy nicht einfach per Gesetz verfügen, dass sein bebautes Grundstück ab morgen z.B. ein unter Naturschutz stehender Wald sein wird. RWE ist eine Aktiengesellschaft und die Aktionärys würden so enteignet. Also gäbe es definitiv Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht wegen der Rechtmäßigkeit des Gesetzes.
b) RWE schuf/schafft/bietet Arbeitsplätze, die fallen dann weg und der Staat (also wir), muss dann plötzlich Arbeitslosys finanzieren.

Wenn man ohne Entschädigungspflichtig zu werden die Rahmenbedingungen ändern will, unter denen RWE damals - übrigens im Auftrag des Staates - die Kraftwerke gebaut hat, die unsere Energieversorgung sichern sollen: Ja, natürlich.

Dem Kraftwerkbau liegt eine Investitionsrechnung zu Grunde. Der Staat setzt die Rahmenbedingungen, zu denen diese Berechnung gemacht wird und das Unternehmen baut, basierend auf diesen Zahlen, im Auftrag des Staates die Kraftwerke.

Wenn der Staat nun daherkommt und sagt: „Umm, ach ja, also eure Kohlekraftwerke, die eigentlich bis 2038 Gewinne abwerfen sollen, damit sie sich gemäß der damaligen Kalkulation auch wirklich rentieren, müsst ihr jetzt doch 2030 abstellen… Sorry!“ wird RWE - mit vollem Recht - antworten: „Okay, dann erstattet uns mal den entgangenen Gewinn bis 2038!“.

Diese Sichtweise, nach der RWE (oder wie du es nennst: der Kohlekonzern) hier der Feind ist, ist einfach absurd. Staat und Energiekonzerne müssen zusammen planen und es muss ein Vertrauensverhältnis zwischen beiden Parteien herrschen, gerade weil der Staat auch starken Einfluss hat. Es bleibt Fakt, dass nicht RWE gesagt hat: „Wir würden jetzt gerne mehr Kohle verbrennen“, sondern dass der Staat gesagt hat: „RWE, das russische Gas fällt weg, wir erlauben euch daher wieder mehr Kohle zu verbrennen - macht das gefälligst!“.

Wir können dieses System gerne kritisieren - ich hätte auch nichts dagegen, den gesamten Energiesektor als Teil der Daseinsfürsorge zu verstaatlichen (wenngleich das viele, viele Milliarden, möglicherweise Billionen, kosten würde). Aber so lange der Energiesektor privatwirtschaftlich organisiert ist, müssen Staat und Konzerne zusammenarbeiten, basierend auf öffentlich-rechtlichen Vertragsgrundlagen, die auch von beiden Seiten dann im Zweifel einklagbar sind.

Daher:
Nein, der Staat „braucht“ nicht die Zustimmung, er könnte es auch gegen den Willen von RWE durchsetzen. Aber dann müsste er (weitere) massive Entschädigungen zahlen, die die Konzerne im Zweifel auch einklagen könnten, wie sie es z.B. beim Atomausstieg (erfolgreich) getan haben.

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Inwiefern es ein Kompromiss ist werden wir auch daran sehen, welches Austrittsdatum am Ende der Legislatur für die Kohle in der Lausitz steht.

Noch sind wir da bei 2038 und ich habe das Gefühl, es gibt da relativ wenig Bewegung :slight_smile:

Ich finde diese Argument

Man hätte nie einen solchen Kompromiss mit RWE eingehen dürfen

naiv. Die Rechtslage war und ist ganz klar auf Seiten von RWE. Das ist auch durch alle Gerichte und Instanzen durch.

Der Staat (hier: Landesregierung NRW mit Unterstützung des BMWK - bzw. die entsprechenden Regierungsfraktionen) kann dies nicht einfach qua Gesetz ändern. Er war also darauf angewiesen, mit RWE zu verhandeln. Verhandlungen erfordern immer einen Kompromiss.

Die Grünen in der Landesregierung NRW werden jetzt von dem Klimaaktivisten und z.T. auch von der Basis bis hin zu Grünen-Bundestagsabgeordneten faktisch dafür gedisst, dass es ihnen nicht gelungen ist, einen „Kompromiss“ mit RWE auszuhandeln, bei dem sie ihre Maximalposition und RWE gar nichts durchgesetzt haben.

Das ist unredlich!

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Danke für die Antworten. Ich kenne mich da jetzt nicht so gut aus, aber mit kommt es sehr komisch vor, dass RWE einen Rechtsanspruch auf Weiterführung der Kohleverbrennung haben soll:

@mifr hat sich auf Eigentumsrechte bezogen. Aber der Staat kann ja sehr wohl Entscheidungen über Grundstücke treffen. RWE kam ja gerade durch Enteignungen oder deren Androhung an die Grundstücke, da kann man jetzt wohl kaum argumentieren, dass jetzt der Staat nicht mal den Kohlebergbau verbieten kann.
Und die wegfallenden Arbeitsplätze hat man mit oder ohne Einigung mit RWE sowieso.

@Daniel_K Woraus ergibt sich ein Recht auf Entschädigung für RWE? Wenn man plant mit etwas Geld zu verdienen was noch erlaubt ist und das wird dann verboten, weil es Schaden anrichtet, hat man doch keinen Anspruch auf Entschädigung, oder? Das würde ja fast immer gelten wenn irgendwelche Regeln geändert werden (z.B. bei neuartigen Drogen, Plastikstrohalmen, Abgasbestimmungen für Autos, …) Und all die Betriebe, die wegen Corona schließen mussten, haben ja auch keinen Entschädigungsanspruch.
Außerdem ist zumindest der Bergbau ja auch nicht einfach so erlaubt, sondern muss genehmigt werden. Man könnte auch einfach diese Genehmigung nur noch für eine bestimme Menge Kohle und z.B. nicht für Lützerath erteilen.

@TilRq Kannst du sagen worauf diese Rechtslage basiert, also welche Gesetze oder Rechte hier RWE zugutekommen? Wie schon beschrieben, kann ich mir das nicht erklären.

Vielleicht könnte mal in einer Lage ggf. darauf eingegangen werden? Oder wurde das schonmal?

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Sofort verbieten ist immer schwierig, mit Vorlauf schon. Gesetze gelten immer ab einem bestimmten Zeitpunkt und oft gibt es einen Bestandsschutz. Stell dir vor, es würde beschlossen, dass ab morgen keine Verbrenner mehr fahren dürften. RWE hat damals aus ökonomischen Gründen auf Braunkohle gesetzt und die meisten Autofahrer auf Verbrenner. Das wieder wegzukriegen ist eben ein längerer Prozess.

Wenn die Unternehmen im Glauben weiter produzieren zu können hohe Investitionen getätigt haben dürfen sie dafür zumindest Entschädigung fordern. @Daniel_K kann das sicher besser erklären. Ich verweise vorerst auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2015 zum ähnlich gelagerten Atomausstieg.

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Da ich selbst mit dem Thema Kohlekompromiss nicht so vertraut bin, will ich hier erstmal kurz eine paar Erkenntnisse bringen, die vielleicht auch anderen hier im Forum (wie mir bis vor kurzem) noch nicht klar waren (Sorry, falls ich hier Dinge wiederhole, die in LdN schon vorkamen.):

  1. Der detusche Kohleausstieg ist in dem Kohleverstromungsbeendigungsgesetz von 2020 geregelt. Dort sind sowohl implizit der aktuelle Rückbau von Lüzerath, Teil von Garzweiler II, in §48 als auch die Milliardenentschädigungen für RWE und LEAG in §44 geregelt. Außerdem wird in §49 der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages vereinbart, der u.A. ein Rechtsbehelfsverzicht, also der Auschluß von Klagen durch die Braunkohlebetreiber gegen die festgelegte Entschädigung regelt.

  2. Der Höhe der damals festgelegten Entschädigung von 4,35 Mrd. Euro ist auf intransparentem Wege zu Stande gekommen, wie Spiegel und corretiv berichteten:
    Wie die Bundesregierung Milliarden für den Kohleausstieg hochrechnete

  3. 2019 wurde in den Niederlanden ein ähnlicher Kohleausstieg bis 2030 beschlossen. RWE und Uniper haben dagegen geklagt. Einmal wurde innerhalb der Niederlande geklagt, dieser Prozess wurde bereits verloren, und dann wurde noch vor einem internationalen Schiedsgericht auf Grundlage der sog. Energiecharta geklagt, ein Urteil wird Anfang 2023 erwartet. Uniper, die bald „uns allen“ gehört, wird aber wohl die Klagen fallenlassen, als Teil des „Verstaatlichungs-Deals“.

  4. Dieser Energiecharta wurde die ursprünglich Anfang der 90er zur Eingliederung der Energiewirtschaft der ehemaligen Ostblockstaaten verfasst . Inzwischen wurden aber u.A. auch schon eine Klage von Vattenfall gegen Wasserschutzvorgaben beim Kraftwerk Moorburg auf dessen Grundlage angestrebt, die mit einem Vergleich endete.

Es gibt also neben den nationalen Gesetzen auch auf internationaler Ebene Vorschriften, die eine sog. „indirekte“ Enteignung der Kraftwerksbetreiber verhindern sollen.

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Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2016, das @pitus als Spiegel-Artikel verlinkt hat, hält dazu im Original fest:

Eine Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 GG setzt den Entzug des Eigentums durch Änderung der Eigentumszuordnung […] voraus. Die Regelungen zur Beschleunigung des Atomausstiegs […] begründen danach keine Enteignung.

Sorry wenn ich hier auf Erbsenzähler mache, aber ich halte solche rechtlichen Punkte bei der Frage, wieviel Entschädigung des Staates war beim Kohleausstieg angebracht, für absolut wichtig.

Verlorene Arbeitsplätze sind aber kein Argument für RWE.

Nach meinem Verständnis des Urteiles des Verfassungsgerichts von 2016:

  1. Das Dreizehnte Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes ist insoweit mit Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz unvereinbar, als es keine Regelung zum Ausgleich für Investitionen vorsieht, die im berechtigten Vertrauen auf die im Jahr 2010 zusätzlich gewährten Zusatzstrommengen vorgenommen, durch dieses aber entwertet wurden.

war das Hauptproblem, dass die CDU-Regierung 2010 den ersten Atomaustieg von 2000 ausgebremst hatte und den Kraftwerkbesitzern wieder längere Laufzeiten per Gesetz zugesichert hatte. Nur deswegen konnten die AKW-Betreiber dann vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den erneuten Ausstieg von 2011 klagen.

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Die Version des KVBG, auf die du verlinkst, ist die nach Änderung am 24.12.2022.
Hier mal die Synopse.

Vor der Änderung am 24.12.2022 war die Einigung, dass neben Lützerath auch „Keyenberg, Kuckum, Oberwestrich, Unterwestrich und Berverath sowie der Holzweiler Höfe (Eggerather Hof, Roitzerhof, Weyerhof)“ für RWE zum Braunkohletagebau vorgesehen waren. Daher: Alle diese Ortschaften sollten ausgebaggert werden.

Durch den Kohlekompromiss Ende 2022 wurde gesetzlich festgelegt, dass alle oben genannten Ortschaften per Gesetz geschützt werden (explizite Nennung im Gesetzestext), aber eben nicht Lützerath. Darin steckt das Zugeständnis RWEs, auf die Ausbaggerung der oben genannten Ortschaften, auf die RWE bis dahin einen Rechtsanspruch hatte, verzichtet werden soll.

Der Rechtsbehelfsverzicht bezieht sich darauf, dass RWE die zugesicherte Entschädigungssumme im Rahmen dessen, was vertraglich ausgehandelt wurde, akzeptiert und auch dann keine Klagen einreicht, wenn im Nachhinein davon ausgegangen wird, dass es ein schlechter Deal war. Wenn natürlich die Vertragsgrundlage geändert wird, darf auch geklagt werden. Also den Rechtsmittelverzicht so auszulegen, dass die Gegenseite den zu Grunde liegenden Vertrag beliebig ignorieren und ändern darf, wäre hier nicht angemessen, da ist wieder der Wunsch Vater des Gedanken.

Ja, das kann man kritisieren, wobei hier eben auch der Gedanke eine Rolle spielt, dass man RWE genug bieten musste, um auf Rechtsmittel zu verzichten. Also der Staat hätte auch 2 oder 3 Milliarden aushandeln können, aber dann hätte RWE nicht auf Rechtsmittel verzichtet, sondern gesagt: „Okay, nehmen wir zur Kenntnis, aber wir werden noch mal unabhängig gerichtlich prüfen lassen, ob uns nicht mehr zusteht“. Durch die hohe Entschädigung war RWE bereit zu sagen: „Okay, mehr würden wir vor Gericht aller Voraussicht nach auch nicht bekommen, also verzichten wir auf Rechtsmittel“.

Ob der Deal daher gut oder schlecht war hängt von der Prioritätensetzung ab. Die Prioritätensetzung der Regierungen war hier vor allem Rechts- und Planungssicherheit, sowohl für den Haushalt als auch für die Unternehmen. Denn wenn die Sache gerichtlich geklärt wird, dauert es viele Jahre, bis ein Urteil kommt und somit viele Jahre, bis man verlässlich planen kann.

Ob das ein sinnvoller Umgang mit Steuergeldern ist, muss dann letztlich der Wähler entscheiden. Ich finde es nur wichtig, auch die Motivation des Staates zu verstehen, warum Entschädigungen in solchen Fällen vertraglich eher im oberen Bereich des juristisch erwartbaren angelegt werden.

Letztlich ist es genau so, und zwar in allen Bereichen. Als die Bundesregierung 2000 den Atomausstieg binnen 20 Jahren angekündigt hat, war das frühzeitig genug, um 2020 tatsächlich komplett aus der Atomenergie raus zu kommen. 20 Jahre Vorlaufzeit reichen, das letzte AKW ging 1989 in Betrieb, sodass die Baukosten über 30 Jahre Zeit zur Amortisierung hatten - und 20 Jahre Vorlaufzeit, um die vorhandenen Brennstäbe zu verballern, waren auch mehr als genug. Hätte man es dabei belassen wäre alles fein gewesen.

Aber da die CDU dann 2010 den AKW-Betreibern wieder grünes Licht gegeben hat, neue Brennstäbe zu beschaffen und ihre AKW weit über 2020 hinaus zu betreiben, durften die AKW-Betreiber auch darauf vertrauen, dass sie ihre Investitionen hier auch bis zum vereinbarten Zeitpunkt (teilweise bis 2036) nutzen dürfen. Als dann Fukushima kam und die CDU ihre Position um 180° gewendet hat, hatten wir dann den Mist, der zu massiven Entschädigungszahlungen führte.

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Bitte nicht falsch verstehen, es wäre mir sehr lieb, Lützerath würde nicht überflüssigerweise abgerissen. Eine Merkel Regierung hat den Ausstieg viel zu spät auf 2038 gesetzt und auch nicht verhindert, dass RWE viel zu billig CO2 Zertifikate kaufen konnte. Das alles lässt mich regelmäßig wütend werden.
Jetzt den Grünen vorzuwerfen, dass sie den Ausstieg nach vorne ziehen, halte ich jedoch für unfair.

Ich schrieb ja bewusst von getätigten Investitionen. Natürlich kann RWE keine Forderungen zu bereits abgeschriebenen Investitionen stellen, wie ja auch indirekt aus dem hervorgeht was @Daniel_K schreibt.

Wenn RWE bis 2038 geplant und investiert hat, dann sollten Effekte durch Gesetzesänderung (Ausstieg 2030) zu ihren Nachteilen doch ausgeglichen werden oder nicht? Was ist zum Beispiel mit den Ausgaben für Lützerath?

Leider nein, aber das wird unisono von allen ernstzunehmenden Medien so dargestellt

Danke für den Hinweis.

Stimmt, der Tagebau Garzweiler II wird dadurch effektiv verkleinert.

Die Gretchen-Frage ist mMn, wieviel Kohle eben überhaupt gebraucht wird. Da RWE die „Verkleinerung“ von Garzweiler II durch die Gesetzänderung im Dezember ohne Entschädigungsforderungen akzeptiert hat, würde ich sagen, dass sie nicht ansatzweise beweisen könnten, dass sie Garzweiler II bis zur Stillegung des ganzen Revieres „leer gefördert“ hätten.

Übrigens wurde durch die Gesetzesänderung vom Dez. 22 auch die Laufzeit von 2 RWE Braunkohleanlagen mal eben um 15 Monate verlängert, nämlich von „Neurath D“ und „Neurath E“ mit der Option auf sogar 27 Monate. Das könnte also die Kompensation für die Verkleinerung von Garzweiler gewesen sein. Danke @Daniel_K für den Hinweis. :slight_smile:

Das habe ich zwar so nicht gemeint, aber die Passage oben ist tatsächlich etwas missverständlich gewesen und ich habe sie geändert. Das Verträge generell nicht einseitig geändert werden können, das dürfte, denke ich, jedem hier klar.

Naja ich würde eher sagen, dass man hier soviel bieten muss, wie nach Gesetzeslage es erfordert. RWE wird, in bester Profitmaximierungs-Tradition, immer so viel fordern wie geht, so wollte RWE 2019 etwa 40 Mrd. für den Kohleausstieg.

Generell finde ich den Ansatz, nach zukünftigen Gewinnen zu entschädigen äußerst fragwürdig. Viel mehr sollte man auf Grundlage getätigter, aber noch nicht abgeschriebener Investitionen entschädigen. Das wäre mMn eine faire Analogie zur Verkehrswert-basierenden Entschädigung bei „echter“ Enteignung nach §14 GG.

Auch, aber nicht nur. In Brüssel läuft aktuell noch ein Wettberwerbsürpfungsverfahren, aber die 4,35 Mrd. für die Braunkohlekraftwerke gerechtfertigt waren oder eine unerlaubte Staatsbeihilfe darstellen.

Das rheinische Braunkohlerevier sollte von Anfang an, also seitdem der Kohleausstieg 2020 Gesetz wurde, bereits 2030 stillgelegt werden. Und daran hat sich auch jetzt nichts geändert.
Die strittige Frage hier ist, meines Verständnisses nur, wieviel der Kohle im Tagebau Garzweiler II, zudem Lüzeratz gehört, tatsächlich bis 2030 notwendig ist.

Ein eine früheres Stilllegen von Braunkohleanlagen ist durch die Gesetzesänderung vom Dezember jedenfalls nicht vorgesehen, im Gegenteil, einige Kraftwerksblöcke von Neurath (Braunkohle) dürfen sogar wieder länger laufen.
Das war falsch, danke @Hasenkoettel für die Korrektur.

Insgesamt erscheint mir auch die neue Ampelregierung die Energiekonzerne noch viel zu sanft anzupacken, wenn es mit der Energeiwende wirklich etwas werden soll.

Alldings gibt es auch gute Nachrichten. Ich hatte ja oben geschrieben, dass eine der Klagegrundlagen von Konzernen gegen Regierungen bei Kohle- und Atomausstiegen die sog. Energiecharta ist.

Wie es aussieht ist eine Überarbeitung dieser Charta nun gescheitert, sodass viele EU Regierungen nun austreten. Deutschland hat dies offenbar bereits getan :slight_smile:

Hast du dafür ne Quelle:)? Ich bin enorm genervt wie schwierig das entsprechende Gesetz zu finden ist, aber in Drucksache 19/17342 - der Vorschlag der Bundesregierung zum Gesetz - steht in Anlage 2:(Seite 56)
Niederaussem Block K
Neuenrath Block F und G
Mit dem 31.12.2038 drin
Ich weiß jetzt nicht ob das die abschließe Fassung ist….

Sehr richtig, ich denke auf mehr als z.B. 10 Jahre zu planen, ist immer sehr schwierig (Rant: mit Zoonosen, russischen Potentaten oder britischen Populisten vielleicht sogar 5 Jahre). Auch Firmen sollten sich zeitnah auf Gesetzesänderungen oder Anpassungen von Grenzwerten einstellen können. Exxon weiß seit 40 Jahren, wie schädlich fossile Brennstoffe sind. Ich behaupte mal, auch bei RWE wird sich jemand damit beschäftigt haben. Das dies mal ein Ende finden wird, ist also von Firmen dann eben einzupreisen.

Bin mir nicht sicher was du meinst. Der Kohleausstieg ist hier geregelt:

Kohleverstromungsbeendigungsgesetz - gesetze-im-internet.de

bzw. Synopse, wie von @Daniel_K, hier:

Hier mal die Synopse.

Grundlagen für die Klagen bzw. Entschädigungen waren mWn, das „Eigentumsgesetz“, also §14 GG, die Energiecharta.

Na aber unabhängig davon hat RWE Geld für das Gelände von Lützerath ausgegeben und sicher auch etliches an Geld in Planung, Personal usw. investiert. Das gibt es doch alles nicht umsonst. Auch das sind Investitionen.

Sorry für die Ungenauigkeit, ich formuliere gerne etwas genauer, und jetzt habe ich auch genauer verstanden wie die Synopsenseite funktioniert.

Du hattest geschrieben „Das rheinische Braunkohlerevier sollte von Anfang an, also seitdem der Kohleausstieg 2020 Gesetz wurde, bereits 2030 stillgelegt werden.“
Wenn Du in der Synopse auf Anlage 2 navigierst siehst Du (in etwas hässlicher Formatierung), dass in dem 2020 beschlossenen Gesetz, vor der Änderung im Jahr 2022, die Austiegsdaten für 3 Kraftwerksblöken im rheinschen Revier (Niederaußem K, Neurath F und G) auf dem 31.12.2038 lagen.
Das deckt sich m.E. nicht mit Deiner Aussage.

Interessant finde ich auch, dass es in dem Gesetz primär um eine Regulierung der Braunkohleverstromung, und nicht um eine Regulierung des Braunkohleabbau geht. Das wird - wenn ich es richtig verstehe - nur in § 49 (Ermächtigung der Bundesregierung zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags) erwähnt.