Nach meinem Verständnis ist die Situationsbeschreibung bzgl. Masken in der Lage absolut richtig dargestellt worden. Meine Schlussfolgerung wäre ebenfalls, dass man sich der angesprochenen Diskussion stellen muss. Teilweise etwas anders würde ich die restliche Bewertung sehen. Dazu ist es ganz interessant sich die Wirksamkeit von Masken quantitativ anzuschauen [1]:
„We find, for a typical SARS-CoV-2 viral load and infectious dose, that social distancing alone, even at 3.0 m between two speaking individuals, leads to an upper bound of 90% for risk of infection after a few minutes. If only the susceptible wears a face mask with infectious speaking at a distance of 1.5 m, the upper bound drops very significantly; that is, with a surgical mask, the upper bound reaches 90% after 30 min, and, with an FFP2 mask, it remains at about 20% even after 1 h. When both wear a surgical mask, while the infectious is speaking, the very conservative upper bound remains below 30% after 1 h, but, when both wear a well-fitting FFP2 mask, it is 0.4%.“
Die Quelle wird häufig zitiert und wir habe sie auch schon in früheren Diskussionen zur Maskenpflicht zugrunde gelegt. Es ist also völlig richtig: wenn beide eine Maske tragen, ist der Schutz vor Übertragung deutlich höher als wenn es nur der „Vulnerable“ (=der Empfänger) tut. Was auffällt: Trägt nur der Empfänger eine FFP2-Maske ist die Wirkung dennoch bereits signifikant. Insbesondere ist sie sogar vergleichbar mit einer Situation, in der beide eine medizinische Maske tragen.
Daraus würde ich schlussfolgern: WENN man eine Maskenpflicht verhängt, dann sollte es schon eine FFP2-Maskenpflicht sein. Die Wirksamkeit der medizinischen Maske ist im Vergleich so gering, dass es den Grundrechtseingriff m.E. nicht rechtfertigt. Dagegen wäre es für eine moderate Infektionslage durchaus ein gangbarer Weg, nur die Vulnerablen durch FFP2-Masken zu schützen. Der Vorteil ist hier auch, dass diese allein aus Eigeninteresse und Übung auf den richtigen Sitz achten werden. Gerade vor dem Hintergrund, dass die wenigsten vulnerablen Gruppen ja bisher vor der Pandemie überhaupt Masken getragen haben, wäre das allein schon eine erhebliche Verbesserung des Schutzes im Vergleich zu vor der Pandemie.
Da die Infektionsgefahr mit der Expositionszeit zunimmt, weiß ich auch nicht, ob unbedingt der ÖPNV so eine große Gefahrenquelle ist. Mit FFP2-Maske bin ich ja als Vulnerabler bei richtigem Sitz und geringer Expositionszeit relativ gut geschützt. Wenn ich hingegen 3h neben einem Infizierten in einem (auch oftmals überfüllten) Fernverkehrszug sitze, ist das Risiko deutlich höher. Allerdings wäre hier auch die Einschränkung wegen der Tragezeit bei einer Pflicht größer.
Tatsächlich wird das bei der Diskussion ein Thema werden. Wir haben ja auch u.a. hier im Forum schon am Anfang der Pandemie darüber diskutiert, dass Menschen befürchten, die Masken würden auch nach der Pandemie bleiben. Damals wurde das häufig als lächerlich abgetan. Heute sind wir an genau dem Punkt. Trotzdem ist es fair aus den Pandemie-Erfahrungen zu lernen. Und ein Learning ist eben, dass die Maske bei kurzer Tragezeit nur eine überschaubare und zumutbare Einschränkung darstellt.
Ich würde abschließend dennoch von einer Maskenpflicht außerhalb einer kritischen Infektionslage abraten und denke, dass man mit Freiwilligkeit hier besser fährt. Wer die Maske freiwillig trägt, achtet auch darauf, dass sie gut sitzt. Eine Maskenpflicht muss man auch durchsetzen (der Job von Zugbegleitern ist im Moment echt die Hölle). Zudem kann auf privaten Veranstaltungen (z.B. Lage Live) die Maske ja auch weiterhin verpflichtend vorgeschrieben werden.
[1]
https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2110117118