LdN316 Verschärfung des Waffenrechts

Wenn ich das Thema Waffenrecht höre, werde ich immer ziemlich „fassungslos“. Es ist gut und richtig zu fordern, dass die Halter eines Waffenscheins stärker kontrolliert und der Waffenschein einfacher entzogen werden kann.

Was ich aber überhaupt nicht nachvollziehen kann: Warum erlauben wir es Menschen, zu Hause Waffen zu lagern?

  • Polizisten können die Waffe nach dem Dienst auf ihrem Revier abgeben
  • Sportschützen können die Waffen im Verein (Einführung einer Vereinspflicht) einlagern
  • Bei Jägern kann man noch diskutieren, aber auch hier könnte man Vereins- oder Verbandsstrukturen schaffen, um die Waffen zentral zu lagern

In allen Fällen sollte die Ausgabe der Waffe nur mit digitaler Erfassung erfolgen, so dass zu jedem Zeitpunkt nachvollzogen werden kann, wer wann warum eine Waffe ausgeliehen hat.

Schaut man sich die Statistiken an, dann sind in Deutschland 5,3 Mio. legale Waffen im Besitz von 952000 Privatversonen. D.h. im Schnitt hat jede dieser Personen 5 Waffen. Mir fällt da nur ein, Herbert Grönemeyer zu zittieren „Was soll das?“.

Wenn eine Verschärfung des Waffenrechts gefordert wird, dann sollte dies in eine Richtung gehen, Privatpersonen zu entwaffnen.

Wie hier im Forum geschrieben wurde, schreibt das Waffenrecht sogar vor, dass Waffen nicht in unbewohnten Gebäuden gelagert werden müssen (Munition schon).

Aspekt „Halbautomatische Waffen“

Innenministerin Faeser hat sich für ein Verschärfung des Waffenrechts ausgesprochen und in alle möglichen Mikrofone gesagt, sie verstehe überhaupt nicht, warum Privatpersonen halbautomatische Waffen haben müssten.

Ich verstehe wenig von Waffen (und bin auch kein Befürworter von Waffen(besitz)). Nach den Äußerungen von Frau Faeser dachte ich, Sie spricht von kriegswaffenartigen Waffen und gab ihr Recht. Da lag ich falsch:

Tatsächlich sind halbautomatische Waffen, „bei denen durch die Betätigung des Abzugs oder einer anderen Vorrichtung zum Auslösen eines Schusses jeweils nur ein Schuss erfolgt. Danach wird dann aus dem Magazin automatisch eine neue Patrone in den Lauf geladen.

FDP-Position

Die FDP, die gegen eine Verschärfung des Waffenrechts ist mit dem Verweis, erst solle doch mal das existierende Waffenrecht konsequent angewendet werden, fordere ich auf, konkret zu benennen, wie auf Basis des existierenden Waffenrechts verhindert hätte werden können, dass sich völlig durchgeknallte Spinner wie die Reichsbürger mit Waffen eindecken und diese behalten können.

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Kein besonders guter Einfall, da die Vereinshäuser Recht oft leer stehen dürften und somit gutes Ziel für Einbrüche darstellen.

Auch sind sie selten direkt in dicht besiedelten Gebieten, was sie als Ziele noch interessanter macht.

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Im Zusammenhang mit der Verschäfrung des Waffenrechts habt ihr gesagt, dass die Waffenbehörde die Abfrage beim Verfassungsschutz nur einmalig beim Kauf bzw. bei der Eintragung einer Waffe in die Waffenbesitzkarte durchführen. Ich habe diese Ansicht auch schon in anderen Medien gelesen; sie allerdings nicht richtig.

Nach § 4 Abs. 3 WaffG hat Waffenbehörde in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch nach Ablauf von 3 Jahren (!), erneut die die Zuverlässigkeit und persönliche Eignung zu überprüfen. Zu dieser Zuverlässigkeitsprüfung zählt nach § 5 Abs. 5 Nr. 4 WaffG auch die Abfrage bei der zuständigen Verfassungsschutzbehörde. D.h. selbst wenn eine Person nur ein einziges Mal eine Waffe auf sich eintragen lässt, fragt die Behörde mindestens alle 3 Jahre ab, ob dem Verfassungsschutz Erkenntnisse über diese Person vorliegen.

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Hey, ich habe glaube ich einen Widerspruch in eurer letzten Lage Folge zum Waffenrecht gefunden.

Dass die Verfassungsschutzbehörde aktiv Auskunft erteilen muss, wenn Umstände nach § 5 Abs. 2 und Abs 3. WaffG bei ihr publik werden, das steht schon im Gesetz seit der letzen Änderung 2020.

Und zwar in § 5 Abs. 5 Satz 3 WaffG.

Danke ansonsten für den guten Podcast!

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Ja, es sieht so aus, als wenn wir hier tatsächlich einer falschen Berichterstattung in einem anderen Medium aufgesessen sind. Wahnsinnig peinlich, denn das hätten wir mit einem Blick ins Gesetz schnell rausfinden können :frowning:

Tut mir sehr leid, wir korrigieren das natürlich.

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Es sind unter Umständen Situationen denkbar, in denen der Polizist direkt von seinem auswärtigen Dienst nach Hause geht. Eine Pflicht, die Waffe im Revier abzugeben, würde in solchen Situationen eine enorme zusätzliche Belastung bedeuten.

Außerdem könnte man argumentieren, dass Polizisten oft Ziel von Anfeindungen sind, sodass sie auch außerhalb des Dienstes u.U. ein Interesse haben könnten, Zugriff auf eine Waffe zu haben.

Zuletzt kann man argumentieren, dass wenn ein Polizist vor hat, seine Waffe außerhalb des Dienstes illegal einzusetzen, die Pflicht, die Waffe auf dem Revier abzugeben, keinen sinnvollen Schutz bietet - denn dieser illegale Einsatz im Privatbereich wäre ohnehin „karrierebeendend“, da macht das „er hat auch die Waffe nicht auf dem Revier abgelegt!“ keinen Unterschied mehr. Bleibt also das Risiko von Unfällen oder Diebstählen, aber das ist glaube ich in der Vergangenheit selten bis nie ein Problem gewesen.

Ich bin mir daher bei der Gesamtschau der Umstände nicht sicher, ob die geringen Vorteile einer solchen Pflicht die ebenso geringen Nachteile aufwiegen würden. Und da die Widerrufung des Rechts, die Waffe nach dem Dienst mit nach Hause nehmen zu dürfen, in jedem Fall ein Ausdruck von Misstrauen gegenüber dem durchschnittlichen Polizeibeamten ist, müssten die Vorteile die Nachteile schon klar überwiegen.

Hier ist das Diebstahls- bzw. Einbruchsargument, welches @Olaf.K vorgebracht hat, tatsächlich recht stark. Ich wäre eher dafür, ein klares Verbot zu schaffen, Waffen und Munition im gleichen Haus zu lagern. Daher: Wenn der Sportschütze seine Waffe zu Hause lagert, sollte er grundsätzlich keine Munition im Haus haben dürfen. So lässt sich ein Entwenden der Waffe (z.B. zu Amoklaufzwecken wie in Winnenden / Erfurt) ebenso wie die Unfallgefahr deutlich vermeiden.

Halbautomatisch ist quasi jede moderne Waffe, daher jede Pistole, jeder moderne Revolver, jedes Gewehr, das kein Repetiergewehr ist. Von halbautomatischen Waffen geht im Rahmen von Amokläufen allerdings tatsächlich ein ebenso großes Risiko aus wie von vollautomatischen Waffen, eben weil halbautomatische Waffen es ermöglichen, sehr viele Schüsse in sehr kurzer Zeit abzugeben.

Ein Verbot dürfte dennoch schwer durchzusetzen sein, eben weil halbautomatische Waffen einfach der absolute Standardfall der Schusswaffe sind. Alles, was nicht halbautomatisch ist, ist entweder ein Repetier-Jagdgewehr oder eine Antiquität.

Das ist in der Tat eher das Problem. Die Behörden brauchen wesentlich mehr Personal, um Sachen wie die Aufbewahrungspflichten (im abgeschlossenen Waffenschrank, das hätte Winnenden und Erfurt verhindert…) oder die Zuverlässigkeitsüberprüfung wirklich regelmäßig und gründlich zu überprüfen. Siehe dazu diesen Tagesschau-Bericht, nach dem es 41,2 Jahre dauern würde, alle Waffenbesitzer zu kontrollieren, was auch bedeutet, dass der durchschnittliche Waffenbesitzer nur alle 41,2 Jahre tatsächlich kontrolliert wird. Also im Prinzip eine Kontrolle im Leben. In Berlin würde es gar 362 Jahre dauern, bei einer durchschnittlichen Waffenbesitzzeit von 40 Jahren würde also nur jeder neunte Waffenbesitzer überhaupt im Laufe seines Lebens ein Mal kontrolliert. Dass diese Kontrolldichte absolut nicht klar geht, wenn es um so ein gefährliches Thema wie den legalen Besitz von Schusswaffen geht, sollte einleuchten.

Gesetze zu verschärfen bringt daher wenig, wenn einfach gar keine effektive Kontrolle stattfindet. Klar, man kann die Leute dann im Nachhinein, wenn etwas passiert ist, stärker bestrafen, aber eine Präventivwirkung entsteht dadurch kaum.

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Welche wären das denn? „Open carry“ ist für Polizisten in Zivil glaub ich nicht erlaubt. Das heißt, wenn sie auf der Straße in Zivil angepöbelt werden, können sie eh keine Waffe dabei haben. Wenn sie an ihrer Haustür belästigt würden, wäre es glaub ich auch nicht die beste Reaktion, wenn sie die Leute mit einer Waffe bedrohen würden. Und soweit ich weiß müssen ja Munition und Waffe getrennt gelagert werden, sodass selbst bei Einbruch die Waffe nicht wirklich helfen würde.

Das geht davon aus, dass jede Straftat überlegt ist. Straftaten können ja aber auch im Affekt passieren. Und je mehr Möglichkeiten jemand hat an eine Waffe zu kommen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass etwas passiert. Außerdem wenn die Polizisten die Waffe mit nach Hause nehmen, besteht die Gefahr, dass sie nach einem langen Arbeitstag oder so mal vergessen die Waffe richtig wegzusperren und dann kommt ihr Kind an die Waffe und kann damit einen Amoklauf begehen (ist natürlich jetzt gerade das extrem Szenario)

Abgesehen davon, dass es ja heißt dass ein Polizist immer im Dienst ist kann ich Dir als Vorstand eines Schützenvereins nur folgendes zu Deinem Vorschlag „Sportschützen können die Waffen im Verein (Einführung einer Vereinspflicht) einlagern“ sagen:

Um überhaupt eine Waffenbesitzkarte zu bekommen musst Du erst mal ein Bedürfnis für den Besitz einer Waffe nachweisen und diese Bescheinigung bekommst Du nur, wenn Du Mitglied in einem Schützenverein bist und mindestens 12 Monate am Training mit Vereinswaffen teilgenommen hast.

Es gibt auch einen Unterschied zwischen Waffenbesitzkarte und Waffenschein. Letzterer berechtigt Dich die Waffe tatsächlich im einsatzbereiten Zustand bei Dir zu führen, ersterer erlaubt nur den Transport von Waffe und Munition in getrennten Behältnissen.

Und die Lagerung der Waffen im Verein ist seit einigen Jahren nicht mehr erlaubt, Waffen dürfen nicht mehr in unbewohnten Gebäuden gelagert werden. Früher war das anders, heute muss jeder Sportschütze seine erlaubnispflichtigen Waffen daheim im Tresor aufbewahren.

Was das Thema „Ausgaben der Waffe und digititale ERfassung“ angeht darfst Du gerne die Seiten des nationalen Waffenregisters besuchen.

Bei dem „im Schnitt hat jeder Waffenbesitzer 5 Waffen“ bitte nicht die Sammler vergessen. So lautet eine Schlagzeige der Welt vom 24.02.2021 etwa „100 Privatpersonen in Deutschland besitzen 66.545 Waffen“. Der normale Sportschütze bekommt auch gar nicht mehrere Waffen eines Kalibers beantragt. Selbst als Verein wurde uns vom Ordnungsamt nicht genehmigt, die Sportpistole eines verstorbenen Mitglieds zu „erben“, da der Verein ja schon zwei Pistolen dieses Kalibers besitzt.

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Letztendlich erstmal alles Polittheater. Irgendetwas passiert, die Innenministerin will reflexartig irgendwie das Gesetz verschärfen und die FDP ist natürlich aus Prinzip dagegen.

Der vernünftige Weg wäre natürlich, dass Frau Faeser sich erstmal Gedanken macht, ob bzw. was sie am Waffenrecht verschärfen möchte, und dass die FDP diesen Vorschlag abwartet und dann entweder zustimmt oder Kritik übt. Aber damit würden beide natürlich die Chance verpassen sich ohne größeren Aufwand in der Presse profilieren zu können.

Tatsächlich kann ich es aber verstehen, wenn Leute bei angekündigten Gesetzesverschärfungen erstmal skeptisch reagieren. Da wird nämlich zum Teil einfach die Gunst der Stunde genutzt, um eh schon länger geplante oder sogar völlig absurde Regulierungen einzuführen. Der Amoklauf von Erfurt wurde ja z.B. oben schon erwähnt. Danach gab es unter dem Eindruck dieser Tat ziemlich schnell eine umfassende Verschärfung des Waffengesetzes, wo u.a. der „kleine Waffenschein“ für Schreckschusswaffen eingeführt wurde – die bis dahin den meisten Besitzern einfach als gängiges Spielzeug für Silvester dienten – und u.a. Wurfsterne bzw. sogenannte „Ninja-Sterne“ verboten wurden. Wenn ich mich richtig erinnere, gab es damals sogar eine Kleine Anfrage im Bundestag danach, wieviele Straftaten denn so jährlich mit Wurfsternen verübt würden, und die Antwort war in etwa „der Bundesregierung sind keine derartigen Straftaten bekannt“. Und natürlich wurde beim Amoklauf von Erfurt auch keine Schreckschusswaffe verwendet. Das war einfach eine Luftnummer um wegen dieser Tat politische Konsequenzen zu simulieren.

Was eine regelmäßige Zuverlässigkeitsprüfung angeht, gehe ich vollkommen d’accord. Natürlich müssen Reichsbürger und andere gefährliche Spinner unverzüglich entwaffnet werden, so schnell es geht. Aber was die Kontrolle der Aufbewahrungspflichten bei Leuten angeht, die nicht in irgendeiner Weise auffällig sind, muss man auch die andere Seite betrachten. Klar ist doch wohl, dass eine angekündigte Prüfung witzlos ist, außer um zu überprüfen, ob es überhaupt einen entsprechend geeigneten Waffenschrank gibt, und das braucht man maximal einmal zu machen. Unangekündigte Prüfungen würden dagegen bedeuten, dass jederzeit damit zu rechnen wäre, dass irgendjemand klingelt und spontan deine immerhin grundgesetzlich geschützte Wohnung kontrollieren möchte. Angesichts dessen, wie wenig Amokläufe und andere Straftaten tatsächlich mit von Familienangehörigen entwendeten Sport- oder Jagdwaffen begangen werden, weiß ich nicht, ob ich das noch verhältnismäßig fände.

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Eine scharfe Schusswaffe besitzen zu dürfen ist ein Privileg - und der Preis für dieses Privileg ist eine Einschränkung des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung. Die „Unverletzlichkeit der Wohnung“ ist im Gegensatz zur „Unantastbarkeit der Menschenwürde“ nicht absolut, sondern kann durch Gesetze eingeschränkt werden - z.B. wenn es um die öffentliche Sicherheit geht. Und die sichere Verwahrung tödlicher Waffen ist ziemlich klar ein Aspekt der öffentlichen Sicherheit.

Die Rechtslage ist daher aktuell auch schon so, dass wenn die Waffenbehörde für eine unangemeldete Prüfung plötzlich vor der Tür steht, der Waffenbesitzer verpflichtet ist, die Prüfung zuzulassen, siehe z.B. hier.

Die Rechtslage an sich ist daher eigentlich klar - dass unangemeldete Überprüfungen so selten stattfinden liegt nicht daran, weil die Rechtslage unklar sei oder häufigere Kontrollen unverhältnismäßig wären, sondern einzig daran, dass die betreffenden Behörden kein Personal für regelmäßigere Kontrollen haben.

Was eine Entscheidung des Gesetzgebers ist, die als Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit begründet werden muss. Deswegen taugt dies m. E. nicht als Argument, warum man weitere Grundrechtseingriffe hinnehmen muss.

Das soll keine Forderung nach Lockerungen sein, ich habe nur den Eindruck, dass durch die Prämisse, dass Waffenbesitz ein Privileg sei, es dem Staat zu einfach gemacht wird, Grundrechtseingriffe zu rechtfertigen.

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