Da sind wir wieder beim Thema Assoziationen. Nur weil man „schwarz“ in einem Kontext als negativ ansieht, heißt das nicht, dass man es automatisch in allen Kontexten als negativ ansieht. Beispiel: Bei sehr vielen modernen Desings ist es derzeit sehr beliebt schwarz als Farbe zu verwenden. Auch wenn man sich kleidet, macht man mit schwarz häufig nichts falsch (es sei denn man kleidet sich komplett in schwarz). Würden sich diese negativen Assoziationen, die wir mit „schwarzfahren“ etc. haben wirklich so stark übertragen, dürften wir fast nichts schwarzes in unseren Umgebungen haben, weil es uns immer ein schlechtes Gefühl geben würde.
Das wäre tatsächlich eine andere Möglichkeit, mit der Problematik umzugehen:
Man kann versuchen, mehr Dinge mit „Schwarz“ positiv zu besetzen. Beispielsweise der „Black Friday“ bzw. die „Black Week“ als Angebotswoche, auf die sich die Menschen freuen. Oder auch die „schwarze Szene“ im Sinne der Gothik-Szene oder „Black Music“, die sich selbst positiv mit der Farbe Schwarz assoziieren.
So gesehen hast du Recht, man kann natürlich, statt „schwarz“ für Negatives zu vermeiden, auch versuchen, „schwarz“ häufiger mit etwas Positivem zu assoziieren.
Eine andere Bedeutung: „die Schwarzen“ meint die Unionsparteien. Da gehen bei mir die negativen Assoziationen einfach nicht weg.
Es gibt halt mehr Dinge auf der Welt als Hautfarbe - und wenn man versucht, alles auf das Thema Hautfarbe zu reduzieren, funktioniert das halt nicht und findet keine Akzeptanz. Auch nicht bei allen gutwilligen Menschen, die Rassismus ablehnen.
Auf den letzten Teil zielte ich mit der Frage ab, ob man dann nicht „schwarz“ ganz aus dem Wortschatz streichen muss.
Zu den Assoziationen/Assoziierungen (gibt es da eigentlich einen Unterschied?), m. E. wird nicht versucht, Assoziationen beseitigen will, sondern die Wörter streicht, mit denen negatives assoziiert wird. Letzteres finde ich schwierig, ersteres wäre doch ein guter Ansatz.
Wenn alles mit einem körperlichen Merkmal in Verbindung gebracht wird, auch um Rassismus entgegenzuwirken, ist dass dann nicht aber auch Schubladendenken? Für mich wird zu häufig Rassismus in ein Wort oder einen Satz hineininterpretiert. Es gibt natürlich ganz eindeutige und unmissverständlich rassistische Äußerungen und Bezeichnungen. Dort gibt es auch keine zwei Meinungen. Aber beim Spiel Schwarzer Peter wird Sprache irgendwann auch unmöglich. Wobei das Spiel stellvertretend für viele andere Formulierungen steht. Man kann auch etwas zum Problem machen, wo es gar kein Problem gibt. Das lenkt dann aber von den wahren Problemen im Bereich Rassismus ab.
Ich finde es mutig, dass Du Dich traust zu sagen, dass die Bubble es übertreibt. Das ist auch meine Wahrnehmung.
Ja, das ist richtig. Ich habe aber den Eindruck, dass wir primär über Sprache diskutieren und die eigentlichen Probleme wie Diskriminierung in den Hintergrund geraten. Es ist halt wesentlich einfacher statt dem ausgesprochenen/ausgeschriebenen Wort N-Wort zu sagen, als das N-Wort neutral bzw. positiv zu belegen oder rassistische Diskriminierung zu reduzieren.
Ich habe mit dem Konzept Cancel Culture so meine Probleme, aber es ist nicht mehr ganz einfach, offen darüber zu sprechen, was eigentlich Rassismus ist und bekämpft gehört und wo es „die Bubble übertreibt“. Zugleich ist dieser Diskurs aber wichtig. Nun bin ich in der günstigen Lage, als Mitgründer der GFF - einer der wichtigsten Anti-Diskriminierungs-Organisationen in Deutschland - und Lage-Host offener sprechen zu können als viele andere. Daher mache ich mir natürlich meine Gedanken, wie Philip und ich diese Verantwortung wahrnehmen können.
Irgendwann kommt die Wissenschaft an ihre Grenzen des für die Politik leistbaren, insbesondere in den Geisteswissenschaften. Hier wird immer eine gewisse Vagheit existieren, nicht nur ganz grundsätzlich im Rahmen metaphysischer Erkenntnsse, sondern auch ganz praktisch, etwa im Verfassungsrecht, wo wir auch über bestimmte Fragen ewig diskutieren können und „die one true answer“, wenn sie überhaupt existiert, selten finden.
Es ist doch ganz abwegig, dass das Konzept „Rassismus“ bzw. die Fragen „Was ist rassischtisch, warum und welche Konseqenzen soll das jeweils haben“, schlicht wissenschaftlich abschließend beantwortet werden können. Diese Fragen sind untrennbar mit politischen und epistemologischen Standpunkten verbunden.
Es kann hier nicht darum gehen, irgendwelche Erkenntnisse oder Wahrheiten zu gewinnen, was Aufagbe der Wissenschaft wäre, sondern einen Konsens zu erarbeiten. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe.
Der Klimawandel ist etwas anders zu bewerten. Hier kann die (Natur)-Wissenschaft uns sehr genau bestimmte Fakten liefern, die die Gesellschaft dann bewertet. Letzteres ist zwar wieder ein politischer Akt, aber hier wurde verhältnismäßig klar ein Konsens erzielt. Es kommt schlicht keine andere Bewertung in Frage, als dass die vorhergesagten Schäden schlicht zu groß sind um sie hinzunehmen.
Beim Thema „Rassismus und Sprache“ ist der Konsens noch unklar, wie die Diskussion hier zeigt.
Nichts von dem würde ich würde ich abstreiten und empfinde es dennoch als seltsam, wissenschaftliche Erkenntnisse in so einen Diskurs nicht mit einbeziehen zu wollen. Das wurde in der Lage bei der Diskussion um den Ukraine Konflikt ja z.B. auch gemacht.
Ganz einfach:
Die Diskussionen um den Negerkönig bei Astrid Lindgren z.B. oder auch Karl May
Die Bücher sind aus einer anderen Zeit, also sollte man das eher einordnen als zwanghaft alte Werke umzuschreiben.
Ich fand immernoch die Story um den Wirt der Gaststätte „zum Mohren“ gut.
Die (weißen) Antirassismus Aktivisten wollten unbedingt den Wirt sprechen um zu verlangen, dass der Name geändert wird. Nur der Wirt (und Besitzer) war halt ein Schwarzer der sich den Namen selbst ausgesucht hat.
Oder eben wie hier der mehr oder weniger verklausulierte Versuch Schwarz als Wort komplett aus der deutschen Sprache zu verbannen.
Sowas ist für mich übertrieben.
Erstmal schauen und aufklären ob etwas wirklich rassistisch ist und dann erst Änderung oder Verzicht fordern.
Es gab schon vor ein paar Jahren einen wahren Kreuzzug, um die Begriffe Blacklist/Whitelist oder auch Master/Slave (wer als Kind mit Jumpern gespielt hat erinnert sich vielleicht) zu entfernen.
Aber gerade hier wurden auch sinnvolle Debatten geführt.
Als Beispiel wurde immer der Unterschied zwischen „Blacklist“ und „Blackbox“ vorgehoben. „Blacklist“ war ein Negativbeispiel, weil hier die Farben Schwarz/Weiß gezielt wertend verwendet wird („Blacklist“ für alles böse, „Whitelist“ für alles gute), Blackbox hingegen war das unproblematische Positivbeispiel, weil hier die Farbe Schwarz nur für das Unbekannte verwendet wird (dh. Daten gehen in die Blackbox, irgend etwas passiert in der Blackbox mit den Daten, und ein Ergebnis - egal ob positiv oder negativ kommt heraus).
Dass die Kombination „Master/Slave“ in einer Welt, in der Sklaverei ein reales Problem war und ist, problematisch ist, um sie für etwas „Neutrales“ wie die hierarchische Struktur in der Datenverarbeitung zu nutzen, sollte eigentlich auch einleuchten. Die Frage ist hier doch wirklich: Warum will man daran festhalten? Nur, weil man es selbst so gelernt hat?!? Eine Umschreibung als „Primary-Secondary“, „Server-Client“ oder ähnliches ist genau so klar und eben nicht so anrüchig.
Es gibt einfach kein einleuchtendes Argument, bei der Kombination „Master/Slave“ zu bleiben, außer eben Konservativismus / die Ablehnung von Änderung selbst. Und das finde ich albern. Man muss Fehler der Vergangenheit nicht noch die nächsten 100 Jahre reproduzieren, nur weil man daran nichts ändern will…
Ich unterstelle Dir nicht, dass Du das aussagst was ich verstehe, ich finde es hier sehr ungünstig formuliert. Ein Problem war es, insb. für die Betroffenen, schon. Aber es fehlte jegliches Problembewusstsein bei der Mehrheitsgesellschaft. Man kann das so lesen, als sei der Rassismus an sich kein Problem.
Pippi Langstrumpf ist ein Kinderbuch. Als solches erfüllt es einen grundlegend eigenen und anderen Zweck als eine Ausgabe, die historisch getreue Texte liefern muss. In Historisch-Kritischen Ausgaben der Werke Astrid Lingrens wird man das Wort natürlich nicht ändern, sondern allenfalls einen Kommentar einfügen. Wer das mit Bücherverbrennungen durch Nazis in Verbindung bringt hat, mit Verlaub, keine Ahnung wovon er redet.