LdN314 Keine "Gasheizungen" ab 2024? Leider doch…

Hallo liebes Lageteam,
ich habe gestern eine eurer Folgen gehört, es ging u.a. um das Thema „neue Vorgaben für den Neueinbau von Heizungsanlagen ab 2024“.
Hierbei wurde erwähnt, dass ab 2024 keine neuen Gasheizungsanlagen eingebaut werden dürfen, da diese keinen Anteil von 65% EE aufweisen können.

Dies ist aber kein „Aus“ für den neuen Einbau von Gaskesseln!

Die Vorgabe bezieht sich auf die Heizungsanlagen (also das Gesamtsystem), nicht aber auf einzelne Wärmeerzeuger, welche zu diesem Gesamtsystem gehören (eine Heizungsanlage kann aus mehreren Wärmeerzeugern bestehen [z.B. zwei Gaskessel oder ein Gaskessel + eine Wärmepumpe …]).

Um die 65% Quote in der Wärmeerzeugung zu erfüllen, werden daher zukünftig oft hybride Heizungsanlagen errichtet werden (Gaskessel + Wärmepumpen).

Ich arbeite für die Immobilienwirtschaft einer >500.000 Einwohner Stadt und bin für die „Strategieentwicklung“ der zukünftigen Wärmeversorgung der kommunalen Gebäude zuständig.
Wie ihr richtig beschrieben habt, sind viele Anlagen sehr alt und müssen die nächsten Jahre ausgetauscht werden. Dies wird in sehr vielen Fällen ein Austausch werden in Form von „alter Kessel raus & neue Hybridanlage rein“. Dies ist kaum mit den eigenen kommunal beschlossenen Klimaschutzzielen vereinbar (auch nicht mit den Klimaschutzzielen des Bundes).

Wir brauchen endlich klare Pflichten & ein „100% Aus“ für fossile Wärmeerzeuger (im mindesten aber ein endgültiges & zeitnahes Ausstiegsdatum), was kommt ist ein Kompromiss, welcher mit den Klimaschutzzielen nicht vereinbar ist.

Leider.

LG

JanausHassel

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Finde ich jetzt nicht soooo dramatisch. Denn um mal mit den Worten eines FDP-Politikers zu antworten. Ich glaube das wird der Markt regeln. Da braucht es garkein künstliches Verbot.

Niemand der noch halbwegs bei Verstand ist, wird sich noch eine Gasheizung in seinen Neubau installieren lassen.

Stimmt einerseits. Andererseits soll sogar in 2022 noch jeder 6. Neubau primär mit Gas beheizt werden [1]. Das Problem daran ist, dass so eine Heizung schon eine gewisse Lebensdauer hat. Sprich: man wird die neue Gasheizung vmtl. erstmal die nächsten 15 Jahre nicht austauschen, damit sie sich amortisiert (selbst wenn das Gas teuer ist).

[1]

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Hallo Dave,

ich kann nachvollziehen, dass es erst einmal nicht sooo dramatisch klingt, es ist allerdings ziemlich problematisch.

„Der Markt“ funktioniert hier in weiten Teilen überhaupt nicht, weil die Rahmenbedingungen für den Markt, in vielen Bereichen erhebliche Anreize schaffen sich gegen eigentlich sinnvolle Investitionen zu entscheiden.

Z.B. im Bereich vermieteter Objekte.
Die Hauseigentümer müssen eine Heizung bereitstellen und die entsprechenden Investitionen für eine neue Heizungsanlage tätigen.

Eine alte fossile Heizungsanlage durch eine neue fossile Heizungsanlage zu ersetzen, bedarf erheblich weniger Investition als diese durch eine EE-Anlage zu ersetzen.
Der große direkte Vorteil einer EE-Anlage sind die (teilweise erheblich) geringeren Kosten zur Bereitstellung der benötigten Wärmemengen (Heizkosten). Diese Kosten werden aber von den Mietern getragen (egal ob hoch oder niedrig).
Daher entscheiden sich Hauseigentümer i.a.R. für die Variante mit den geringeren Investitionskosten (einfach weil es für die Vermieter [also die Entscheider] die wirtschaftlichere Variante ist.

Dies ist einer der Gründe (es gibt noch eine Reihe weiterer Gründe) weshalb sich Vermieter in den letzten Jahren, fasst nie dafür entschieden haben fossile Anlagen durch EE-Anlagen zu ersetzen.

Diese neuen Anlagen haben eine Lebenszeit von mind. 20 Jahren.
Im Jahr 2040 müssen wir aber unsere Emissionen bereits massiv reduziert haben. Somit müssen die Anlagen erheblich früher ersetzt werden, als es eigentlich erforderlich wäre. Dies führt dazu, dass in Summe mehr Geld investiert werden muss (aber halt erst irgendwann in Zukunft [dessen sind sich die Eigt. i.a.R. nicht bewusst]) & das mehr Arbeit von Fachkräften in Summe erforderlich ist (was ebenfalls eine begrenzte und bereits knappe Ressource ist).

Im Bereich der kommunalen Liegenschaften ist es ebenfalls ein RIESEN Problem.
Hier ist der Hintergrund aber ein grundsätzlich anderer.
Die Kommunen müssen die Investitionen tragen aber sie bezahlen auch selber die Energiekosten. Somit besteht erst einmal ein Interessenkonflikt.
Kommunen haben hier den Impuls ich für ein „weiter so“ zu entscheiden.
Es handelt es sich zwar um die schlechtere Entscheidung, sie sieht aber erst einmal besser aus. Tatsächlich verschiebt sie aber Probleme nach hinten. Kommunale Gebäude sind i.d.R. alt und haben einen schlechten energetischen Zustand. Der Umstieg von einer fossilen Anlage auf ein Wärmepumpensystem, sollte verbunden sein mit weiteren (eigentlich längst überfälligen Maßnahmen [energetische Sanierungsmaßnahmen]).
Dies löst aber einen neuen Rattenschwanz von Problemen aus.
Für den Austausch eines alten Gaskessels durch einen neuen Kessel benötigt die Kommune einen Mitarbeiter welcher ca. 20-35h Arbeit investiert (i.d.R. ein Techniker oder ein SHK-Meister). Für den „ordentlichen“ Austausch mit einer Wärmepumpe ist von mehr Personen, mit höherer Qualifikation, Einsatz erforderlich (Hochbau, Elektro, Schadstoffe). Hier kommen in Summe mehrere hundert Arbeitsstunden zusammen. Es müssen mehr Gewerke koordiniert werden. Dazu kommt dass diese Maßnahmen oft nicht „im laufenden Betrieb“ durchgeführt werden können (was wieder weitere Rattenschwänze auslöst).

Auch wenn sich eine Kommune für mehr Klimaschutz entscheidet, die erforderlichen Ressourcen um diese Beschlüsse umzusetzen werden nicht oder nur sehr schleppend bereitgestellt. Die Mitarbeiter sind oft maximal unerfahren mit EE. Dass auch die kommunalen Gebäude mal eine Beheizung benötigen, welche mit den Klimaschutzzielen vereinbar ist wurde tatsächlich bis vor 2-3 Jahren einfach ignoriert (ein Thema mit dem keiner einen Blumentopf gewinnen konnte, daher lieber wegsehen und den Mund halten).

Ich könnte noch ewig ausführen… , der Punkt ist einfach
→ das Notwendige wird nur dann mit nötiger Konsequenz & schnell genug umgesetzt, wenn es ZWINGEND wird (sinnvoll und günstiger reicht hier seit Jahren nicht aus).

Es braucht noch immer klare Ausstiegstermine für bestimmte Techniken (als klare Rahmenbedingungen für den Markt).

Auch in den handwerklichen Ausbildungsberufen sowie in wichtigen Studiengängen (TGA-Ing.) wird noch immer mehr über Kessel vermittelt als über Wärmepumpen (ich könnte echt heulen).

Der Markt „an lockerer Leine“ ist hier viel zu träge, es braucht nicht nur eine Marschrichtung, es braucht einen klaren Umsetzungspfad auf welchen sich die Marktakteure „schnell“ einstellen können.

Der Markt hat den Menschen nicht auf den Mond gebracht und der Markt wird uns auch nicht in ein neues Energiesystem führen (außer die Rahmenbedingungen erlauben es dem Markt, nur auf einem entsprechenden Pfad zu agieren).

LG

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Wobei man hier den zeitlichen Ablauf bedenken muss. Es geht um im ersten Halbjahr 2022 genehmigte Bauvorhaben. Diese wurden i.d.R. alle vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges geplant, da das Genehmigungsverfahren i.d.R. drei bis vier Monate dauert. Daher: Selbst die Genehmigungen, die im Juni 2022 ergangen sind, wurden vermutlich entweder vor dem Ukraine-Krieg beantragt oder konnten aus Zeitgründen nicht mehr angepasst werden, weil sie 2021 eben noch mit Gasheizung geplant wurden (und jetzt mal eben die ganzen Baupläne für ein größeres Gebäude zu ändern, vorher alle Alternativen zu prüfen usw. u.U. eben nicht wirtschaftlich war). Auch sind natürlich Änderungsanträge möglich - es ist durchaus denkbar, dass hier auch vor dem Ukraine-Krieg oder aus Zeitnot auch nach dem Ukraine-Krieg Anträge mit Gasheizung eingereicht wurden, die dann später um die Heizung betreffende Änderungsanträge ergänzt wurden. Die tatsächliche Zahl der Neubauten mit Gasheizung wird daher vermutlich noch niedriger als 16,2% liegen.

Was ich damit sagen will ist nur, dass es eigentlich positiv ist, dass im ersten Halbjahr 2022 nur noch 16,2% der genehmigten Neubauten eine Gasheizung hatten. In diese Richtung geht ja auch der von dir verlinkte Artikel, der mit „Heizen mit Gas verliert beim Planen neuer Wohngebäude in Deutschland zunehmend an Bedeutung“ öffnet.

Ich denke für die zweite Jahreshälfte 2022 dürfte die Zahl der genehmigten Neubauten mit Gasheizung drastisch eingebrochen sein, weil bei diesen Neubauten dann auch in der Planungsphase schon klar war, dass Gas keine wirtschaftliche Alternative mehr ist.

Ansonsten bin ich auch dafür, die EE-Quote von 65% ruhig noch etwas zu erhöhen - oder direkt 100% festzuschreiben, von denen nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden darf.

Wer sich mehr mit den Details beschäftigen will, hier ist das Konzept des BMWK. Daraus:

Inwiefern das sinnvoll ist, kann ich nicht beurteilen. Das Argument ist wohl, dass wenn die Heizung in einem schlecht isolierten Gebäude ausgetauscht werden muss (dieser Austausch also nicht zeitlich hinter die energetische Sanierung verschoben werden kann) eine Wärmepumpe alleine keine hinreichende Leistung erzeugen könne. Ob das so stimmt oder ob das eine Einflüsterung der fossilen Lobby ist, müssen Fachleute beurteilen…

Dagegen kannst Du aber eh nix machen. Bauprojekte realisiert man nicht mal eben über Nacht. Du kansnt schlecht erwarten, dass schon laufende Bauvorhaben geändert wreden. Jeder sechtse Neubau. Das sind gerade nal 16%. Das entspricht schon einer ziemlichen Vollbremsung…

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Für den Neubau stimme ich Dir zu. :+1: Ich denke eine große Herausforderung ist der aktuelle Bestand.
Mehrfamilienhaus mit Gasetagen Heizung (jede Wohnung eine). Für die Wärmepumpe benötigter Aussenteil kann man nicht einfach anbringen (lassen) - WEG Genehmigung; 3m Abstand zum Nachbarn; Lautstärke

Ich würde sehr gerne eine Luft Luft Wärmepumpe​:electric_plug: einbauen und die Gastherme entfernen, aber da gibt es einige Herausforderungen wo noch nicht klar ist, das sie lösbar sind und wenn nicht, dann könnte leider wieder eine Gasheizung reinkommen.:cry:

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Leider nein…

Hier kommt es auf die Details an

„Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, sollen 16,2 % der im 1. Halbjahr 2022 genehmigten rund 60 200 Wohngebäude primär mit Gas geheizt werden.“

Diese 16% beziehen sich also erst mal nur auf die Wohnbebauung (also nicht mal auf alle Bauprojekte).

Noch wichtiger ist aber der Punkt „primär mit Gas geheizt werden“. Klingt wie eine Kleinigkeit ist aber tatsächlich Kriegsentscheident.
Es werden massenweise hybride anlagen verbaut, so werden die Emissionen gegenüber einer reinen Gasheizung um ca. 60-75% in der Praxis reduziert.
Klingt zwar gut, ist es aber nicht.
Diese Liegenschaften werden in der Regel so gebaut das eine adäquat effiziente 100%ige Beheizung durch Wärmepumen nicht möglich ist (darum die hybriden Anlagen). Die Wärmeerzeugungsanlagen sind so zwar teurer aber man spart am Wärmeverteilsystem (Heizkörper statt Flächenheizung usw.).

Grade bei Neubauten ist es schwachsinn so zu bauen.

Die versäumnisse im Bau können später nicht mehr (oder nur mit einem unverhältnismäßigen erheblichen Mehraufwand) so umgerüstet werden dass eine 100% heizung mit EE möglich ist.

Wir müssen unsere Emissionen massiv reduzieren, bauen aber heute noch Häuser welche erforderliche Anforderungen nicht erfüllen.

Klare Vorgaben bei Neubauten nur noch 100% EE zu erlauben wären aber problemlos umzusetzen, wirtschaftlich sinnvoller und für die Beachtung unserer Klimaschutzziele zwingend erforderlich.

Hier versagt die Politik, diese muss dem Markt einen entsprechenden Rahmen setzen.

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Hast Du Belege dafür, dass das problemlos umzusetzen wäre? Ich habe anekdotisch gehört, dass erneuerbare Versorgungseinrichtungen kaum lieferbar sind.
Und man sollte sich schon überlegen, wie die Verteilung des Energieeinsatzes ist. Wenn man bei manchen Bauten soviel Kapazität vorhalten würde, dass immer 100 % erneuerbar möglich sind, heisst das, dass die allermeiste Zeit ein signifikanter Anteil der Kapazität brach liegt. Und da es derzeit nur begrentzte Kapazität für den Neubau erneuerbarer Energien gibt, sollte man sich schon überlegen, wie man de am besten verteilt. Da erscheinen Hybride, die ein paar Prozent der Zeit auch nicht-erneuerbare Energien verwenden, aber dafür deutlich weniger erneuerbare Kapazität binden, derzeit in der Gesamtbetrachtung günstiger zu sein.

Ich finde der Beleg dafür, dass es grundsätzlich geht, ist dadurch erbracht, dass jeder Gebäudetyp bereits mehrfach mit 100% EE umgesetzt wurde (nicht gleichbedeutend mit 100% Energiegewinnung vor Ort).
Zur Zeit bestehen Lieferschwirigkeiten bei vielen EE-Anlagen(komponenten), hier wird aber der Markt nachsteuern. Bei steigender Nachfrage (ist gegeben) wird das Angebot nachziehen. Entsprechende regulatorische Anforderungen würden dies sicherlich noch Beschleunigen.
Jede Heizungsanlage wird entsprechend des maximalen Leistungbedarfes geplant und eingebaut, das ist bei Gas- und Ölkesseln nicht anders als bei Wärmepumpen (wobei die Wärmepumpenleistung abhängig ist von der Temperatur der Wärmequelle, bei Kesseln ist die verfügbare Leistung konstant).
Eine hybride Anlage besteht aus mehr Komponenten (mehr MSR-Technik, mehr Rohrleitungen + Tank oder Gasanschluss), führt zu mehr Betriebsführungsaufwand (mehr Wartungen + Schornsteinfeger usw.).
Das „Nadelöhr“ ist ehr die erforderlichen Leistungen aus dem Stromnetz, hier werden noch viel mehr EE-Stromproduktionsanlagen (vor allem Windkraftanlagen) benötigt.

Der Ausbau der EE-Stromproduktion müsste mit dem Neubausektor übereinandergebracht werden (dieser muss aber auch für E-Mobilität usw. Erheblich beschleunigt werden).

Von allen Herausforderungen in der Energiewende ist der Bereich Neubau mit das kleinste Problem (gehört zu den ganz niedrig hängenden Früchten).

Mir ging es auch darum, ob es jetzt in der Praxis für allen Neubauten umgesetzt werden könnte.
In Deutschland werden schon jetzt viel weniger Wohnungen gebaut als nötig wären. Wenn wir jetzt noch weitere Bedingungen für die Genehmigung von Neubauten einführen wollten, sollten wir vorher prüfen, dass die nicht den Neubau weiter einschränken, oder wenn sie das tun, dass der Nutzen so hoch ist, dass er diese weitere Verschärfung der Wohnungnot wert ist.

Ich halte es für richtig, Anreize für höhere Produktionskapazitäten von EE-Anlagen zu schaffen, aber wir sollten die erwartete Verfügbarkeit über der Zeit nicht ignorieren.

Darüber brüten die Ingenieure von Buderus jetzt schon.
In dem Link werden ab Minute 34 die Varianten für die grossen Mietshäuser gezeigt,Wärmepumpe nur noch für die Zentralheizung und Frischwasserstationen dezentral

Hier noch ein Konzept, das die Wärme aus dem gesammelten Abwassser und der Abluft holen:

Das geht aber m.E. nur, wenn neu gebaut wird…

Ok, ich verstehe ihren Punkt aber grade für Wohnhäuser ist es wirklich kein Problem. Fußbodenheizung statt Heizkörper (sehr geringe Mehrkosten) und Wärmepumpe + Pufferspeicher. Hybride Systeme sind komplexer, es muss nur :pinching_hand: mehr investiert werden (diese Mehrkosten amotisieren sich allerdings durch die geringeren Heizkosten). Wenn erst mal „nur“ hybrid Gebaut wird ist die Konsequenz, dass i.d.R. dauerhaft ineffizienter die Wärmeerzeugung erfogt. Es wäre aus viellerlei Gründen ein Eigentor. Es gibt eigentlich keine guten Gründe mehr sowas zu bauen.