Hallo Dave,
ich kann nachvollziehen, dass es erst einmal nicht sooo dramatisch klingt, es ist allerdings ziemlich problematisch.
„Der Markt“ funktioniert hier in weiten Teilen überhaupt nicht, weil die Rahmenbedingungen für den Markt, in vielen Bereichen erhebliche Anreize schaffen sich gegen eigentlich sinnvolle Investitionen zu entscheiden.
Z.B. im Bereich vermieteter Objekte.
Die Hauseigentümer müssen eine Heizung bereitstellen und die entsprechenden Investitionen für eine neue Heizungsanlage tätigen.
Eine alte fossile Heizungsanlage durch eine neue fossile Heizungsanlage zu ersetzen, bedarf erheblich weniger Investition als diese durch eine EE-Anlage zu ersetzen.
Der große direkte Vorteil einer EE-Anlage sind die (teilweise erheblich) geringeren Kosten zur Bereitstellung der benötigten Wärmemengen (Heizkosten). Diese Kosten werden aber von den Mietern getragen (egal ob hoch oder niedrig).
Daher entscheiden sich Hauseigentümer i.a.R. für die Variante mit den geringeren Investitionskosten (einfach weil es für die Vermieter [also die Entscheider] die wirtschaftlichere Variante ist.
Dies ist einer der Gründe (es gibt noch eine Reihe weiterer Gründe) weshalb sich Vermieter in den letzten Jahren, fasst nie dafür entschieden haben fossile Anlagen durch EE-Anlagen zu ersetzen.
Diese neuen Anlagen haben eine Lebenszeit von mind. 20 Jahren.
Im Jahr 2040 müssen wir aber unsere Emissionen bereits massiv reduziert haben. Somit müssen die Anlagen erheblich früher ersetzt werden, als es eigentlich erforderlich wäre. Dies führt dazu, dass in Summe mehr Geld investiert werden muss (aber halt erst irgendwann in Zukunft [dessen sind sich die Eigt. i.a.R. nicht bewusst]) & das mehr Arbeit von Fachkräften in Summe erforderlich ist (was ebenfalls eine begrenzte und bereits knappe Ressource ist).
Im Bereich der kommunalen Liegenschaften ist es ebenfalls ein RIESEN Problem.
Hier ist der Hintergrund aber ein grundsätzlich anderer.
Die Kommunen müssen die Investitionen tragen aber sie bezahlen auch selber die Energiekosten. Somit besteht erst einmal ein Interessenkonflikt.
Kommunen haben hier den Impuls ich für ein „weiter so“ zu entscheiden.
Es handelt es sich zwar um die schlechtere Entscheidung, sie sieht aber erst einmal besser aus. Tatsächlich verschiebt sie aber Probleme nach hinten. Kommunale Gebäude sind i.d.R. alt und haben einen schlechten energetischen Zustand. Der Umstieg von einer fossilen Anlage auf ein Wärmepumpensystem, sollte verbunden sein mit weiteren (eigentlich längst überfälligen Maßnahmen [energetische Sanierungsmaßnahmen]).
Dies löst aber einen neuen Rattenschwanz von Problemen aus.
Für den Austausch eines alten Gaskessels durch einen neuen Kessel benötigt die Kommune einen Mitarbeiter welcher ca. 20-35h Arbeit investiert (i.d.R. ein Techniker oder ein SHK-Meister). Für den „ordentlichen“ Austausch mit einer Wärmepumpe ist von mehr Personen, mit höherer Qualifikation, Einsatz erforderlich (Hochbau, Elektro, Schadstoffe). Hier kommen in Summe mehrere hundert Arbeitsstunden zusammen. Es müssen mehr Gewerke koordiniert werden. Dazu kommt dass diese Maßnahmen oft nicht „im laufenden Betrieb“ durchgeführt werden können (was wieder weitere Rattenschwänze auslöst).
Auch wenn sich eine Kommune für mehr Klimaschutz entscheidet, die erforderlichen Ressourcen um diese Beschlüsse umzusetzen werden nicht oder nur sehr schleppend bereitgestellt. Die Mitarbeiter sind oft maximal unerfahren mit EE. Dass auch die kommunalen Gebäude mal eine Beheizung benötigen, welche mit den Klimaschutzzielen vereinbar ist wurde tatsächlich bis vor 2-3 Jahren einfach ignoriert (ein Thema mit dem keiner einen Blumentopf gewinnen konnte, daher lieber wegsehen und den Mund halten).
Ich könnte noch ewig ausführen… , der Punkt ist einfach
→ das Notwendige wird nur dann mit nötiger Konsequenz & schnell genug umgesetzt, wenn es ZWINGEND wird (sinnvoll und günstiger reicht hier seit Jahren nicht aus).
Es braucht noch immer klare Ausstiegstermine für bestimmte Techniken (als klare Rahmenbedingungen für den Markt).
Auch in den handwerklichen Ausbildungsberufen sowie in wichtigen Studiengängen (TGA-Ing.) wird noch immer mehr über Kessel vermittelt als über Wärmepumpen (ich könnte echt heulen).
Der Markt „an lockerer Leine“ ist hier viel zu träge, es braucht nicht nur eine Marschrichtung, es braucht einen klaren Umsetzungspfad auf welchen sich die Marktakteure „schnell“ einstellen können.
Der Markt hat den Menschen nicht auf den Mond gebracht und der Markt wird uns auch nicht in ein neues Energiesystem führen (außer die Rahmenbedingungen erlauben es dem Markt, nur auf einem entsprechenden Pfad zu agieren).
LG