LDN314 Friedrich Merz

dass es völlig unrealistisch ist, weil die Herkunftsstaaten natürlich keinerlei Interesse haben, diese Menschen zurückzunehmen. Daher bestreiten sie schon systematisch, dass es sich bei einer Person überhaupt um einen eigenen Staatsangehörigen handelt.

Und weil das so ist, verstellt das Gerede von Rückführung nur den Blick für die harte Realität:

Wir werden fast niemanden wieder los, der einmal hier ist.

Ja, liebe Rassist:innen, das ist bitter für euch. Es ist aber nun mal so. Nun habt ihr die Wahl, ob ihr lieber arbeitslose, schlecht integrierte People of Color hättet oder arbeitende, gut integrierte. Denn „keine“ ist keine Option.

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Auch wenn das derzeit faktisch richtig ist, ist doch die Lösung nicht Fatalismus oder die Herausgabe deutscher Pässe an jede Person die illegal eingereist ist. Außerdem könnte man einzelne Herkunftsländer sicher zu mehr Kooperation bewegen, wenn man daran z.B. die Zahlung von Entwicklungshilfe knüpft.

Gut möglich, dass das so ist. Angenommen, dass das der Fall ist provoziert das ja die „Festung Europa“. Die Folge wäre möglicherweise eine Legalisierung von Pushbacks und ein verstärkter Grenzschutz wie wir ihn auch an der Grenze zwischen Polen und Belarus bereits sehen. Das wären schreckliche Zukunftsvisionen.

Meinst du wir können uns mit so einer Erkenntnis als Gesellschaft zufrieden geben?

Dabei spreche ich nicht über die 300.000 Menschen die jetzt bei uns sind. Beim Umgang mit denen stimmte ich dir voll zu. Die sind da und müssen integriert werden.

Dieses Kurzfazit ist aus meiner Sicht ein Fehlschluss und ergibt sich auch nicht logisch aus dem ersten Teil. Die Wirtschaftswunder-Erzählung der „alten“ Bundesrepublik ist materiell und moralisch, sie handelt von harter Arbeit und dem klischeehaften Traum Reihenhaus-zwei-Kinder-Auto-Jahresurlaub, und sie ist vorwärtsgewandt. Und das ist durchaus anschlussfähig für Menschen jeder Hautfarbe; die wenigsten Konservativen werden sich daran stören, wenn neben ihnen im Verein ein Mensch mit sichtbarem Migrationshintergrund sitzt, und auch nicht daran, wenn dieser Mensch einen Döner statt einer Currywurst isst oder zur Party Baklava mitbringt statt Kartoffelsalat.

Wer sich doch daran stört, ist reaktionär und nicht mehr konservativ, und möchte noch vor die Wirtschaftswunder-Zeit zurück. Und hier ist das gegenwärtige Problem der Union begründet: Sie hat zunehmend Schwierigkeiten, diese Trennung zu ziehen und sich dem rückwärtsgewandten Populismus zu entziehen. In diesem Kontext fand ich die Entscheidung um den Parteivorsitz zwischen Merz und Röttgen spannend, denn ich habe keinen Zweifel, dass Röttgen das zielsicher hinbekommen hätte, und er hatte schon einen großen Zuspruch in der Partei. Insofern sehe ich die Union für das konservative Prinzip einer wertebasiert-pragmatischen Politik (gegenüber ressentimentbasiert-egoistisch) noch nicht verloren.

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Mal eine blöde Frage: warum eigentlich nicht?

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Mal platt gesagt: es geht hier doch um den emotionalen Wert einer nationalen Identität.
Der Mensch ist als soziales Wesen ein Gruppentier, sucht sich seine Gruppenmitglieder nach entsprechenden Gemeinsamkeiten.
In den Wirtschaftswunderjahren wurden auch Italiener, Spanier oder Türken teils schräg angeguckt, was aber auch mit der geprägten Sozialisierung in den dunklen Jahren davor sicher zusammenhing.
Viele Menschen haben auch heute noch „Angst“ vor anderen Menschen, die irgendwie anders sind, sei es Sprache, Hautfarbe, Kultur oder was auch immer.
Das mag irrational sein, aber ist eine Grundlage konservativer Denkweisen.
Konservativ muss ja nicht per se negativ sein, da es auch Konstanz und Sicherheit vermittelt. Und diese Aspekte si d den Menschen einer Gesellschaft auch heute noch wichtig. Selbst Wähler von FDP oder Grünen wollen ja keine immerwährende Veränderung am Rande des Chaos.
Wichtig ist halt für die Politik, diese ganzen Strömungen der Gesellschaft zu berücksichtigen. Man mag von AfD Wählern halten was man will, aber sie sind teil unserer Gesellschaft, man kann sie nicht einfach ignorieren, sondern muss ihnen konstruktiv begegnen. Ob ein „Anbiedern“, wie man es der CDU unterstellt, oder ein „zurückholen in konservativ-demokratische“ Denkweisen, richtig ist, das mag jeder für sich beurteilen.

Hast du irgendein Beispiel, bei dem das erstens ein politisches Ziel und zweitens gelungen ist?

Menschen, die hier ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und keine (wesentlichen) Rechtsbrüche begangen haben, können schon jetzt relativ problemlos die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Die Reduzierung der „Wartezeit“, die von der Ampeln geplant ist, finde ich für diesen Personenkreis auch positiv.

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Das könnte man daraus folgern und entsprechend handeln, ist aber wenig zielführend. Wir können die Menschen letztlich nicht daran hindern, nach Europa zu kommen. Wer den halben afrikanischen Kontinent durchquert hat und zu Hause alles aufgegeben hat, der macht nicht an der europäischen Grenze halt. Das Einzige, was durch die „Festung Europa“ erreicht wird ist, dass mehr Menschen an unserer Grenze sterben, weil die Grenzüberquerung gefährlicher wird.

Die andere Seite ist, dass es immer Menschen nach Europa schaffen werden und damit verbunden, wie gehen wir mit diesen Menschen um? Zunächst Mal, gerade weil es so schwierig (geworden) ist, nach Europa zu gelangen, werden die Menschen, die hier angekommen sind, alles daran setzen, auch hier zu bleiben. Was heißt das? Wenn es keine Aussicht auf eine legale Bleibe gibt, dann werden diese Menschen versuchen, hier in der Illegalität zu leben und also jeglichen Kontakt mit dem Staat meiden. Das nützt uns wirtschaftlich betrachtet wenig und ist gesellschaftlich betrachtet in vielerlei Hinsicht problematisch. Am Schlimmsten ist es aber natürlich für die Menschen, die auf diese Weise hier leben. Keine Rechte, keine Krankenversorgung, keine gesellschaftliche Partizipation, keine Aussicht auf materiellen Erfolg etc.

Zum Vergleich, die USA hatte soweit ich weiß bis in die 80er eine relativ liberale Politik, was die Grenze zu Mexiko anging. Unter den republikanischen Regierungen dieser Zeit änderte sich das, natürlich mit den gleichen Argumenten, die auch bei uns angeführt werden. Der „Erfolg“ ist genau das, was ich oben beschrieben habe, mehr (illegale) dauerhafte Zuwanderung, mehr Ausbeutung, mehr Menschen in Armut und ohne Rechte.

Es gibt einfach kein sinnvolles Argument für die Festung Europa bzw. das, was Menschen für sinnvolle Argumente halten, ist üblicherweise unplausibel.

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[quote=„Hasenkoettel, post:20, topic:16959, full:true“]
Ich würde an dieser Stelle gerne noch ergänzen, dass die Union in meiner Wahrnehmung hier nicht „nach rechts blinkt“ oder sich „inhaltlich der AfD annähert“ sondern solide rechtskonservative Politik macht.[/quote]

Das ist keine solide Politik, schon gar keine rechtskonservative. Was F. Merz hier macht ist viel schlimmer als nur die Wahrheit zu verkürzen und falsch darzustellen: Er macht rechtsradikale Narrative hoffähig. Die Hoffnung, auf diese Weise Stimmen der AfD-Wählerschaft zu bekommen ist jedoch vergeben. Warum? Wenn es auch die CDU fordert, dann kann es so „schlimm“ um die AfD ja nicht bestellt sein, die doch genau die gleiche Haltung vertreten. Merz normalisiert damit ein Stückweit rassistische und rechtsradikale Positionen und rückt sie in den Bereich des Sagbaren.

Dessen ungeachtet: Ich würde ja sogar der Analyse zustimmen, dass es rechtskonservative Positionen sind, das „deutsch-sein/Weiß-sein“ zu beschützen. Das macht man aber nicht mit dem Slogan „(Kriminelle)Ausländer raus“ und nichts anderes sagt Merz. Nur nicht so deutlich, wie damals die NPD oder REP.

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Ganz genau bzw. noch hinzugefügt: Man schwächt damit die AfD nicht nur nicht, man stärkt sie sogar noch.

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Die Realität? Wie willst Du, zum Beispiel, das Abschiebehinderniss „Krieg im Heimatland“ beseitigen? Oder Folter? Oder fehlende Mitarbeit des Heimatlandes? Man kann ganz einfach sagen wir müssen das was tun, nur in der praktischen Umsetzung, tja, da wird es dann kompliziert.

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Bitte meinen letzten Post lesen. Ich habe ausdrücklich geschrieben, dass ich keine Menschen in Kriegsgebiete abschieben möchte oder kranke Menschen abschieben möchte.
2016 war der Top 1 Grund das Fehlen der ID (ich finde leider keine aktuelleren Statistiken).
Die EU hat bereits begonnen, Entwicklungshilfe für Länder einzuschränken, die bei der ID-Ermittlung und Rückführung nicht kooperieren. Außerdem wird darüber nachgedacht, die Verhandlungen über Visumspolitik mit den entsprechenden Ländern als Hebel zu nutzen.
Siehe die Antwort auf eine der Fragen der Zuschauer vom gestrigen Internationale Frühschoppen.

Außerdem würde ich (wie in meinem urspr. Post beschrieben) versuchen, etwaige Einspruchsverfahren beschleunigt zu bearbeiten (ohne Rechte zu beschneiden). In der Presse war außerdem zu lesen, dass Einspruchsverfahren je nach Gericht deutlich anders entschieden werden. Das halte ich für ungerecht. Deshalb schlage ich vor, für die Bearbeitung dieser Verfahren einige wenige größere Gerichtszentren zu bilden, sodass tatsächlich für alle gleiche oder zumindest ähnliche Standards gelten (ausdrücklich nicht auf Basis der „härtesten“ Entscheidungen). Selbsverständnich müssten den Antragstellern und -stellerinnen etwaige Mehrkosten durch bspw. weitere Anfahrt zum Gericht erstattet werden. Ich bin kein Jurist. Deshalb weiss ich nicht, ob das möglich ist.

Das selbe Problem wie bei der vielbeschworenen „Bekämpfung der Fluchtursachen“…