LdN313 - Die flüchtigen Werte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB)

Das ist ein klarer Fall für die gute alte Spieltheorie. Die Landesverbände haben hier agiert, wie die Kriminellen in einem klassischen Gefangenendilemma. Als sie getrennt voneinander von der FIFA vor die Wahl gestellt wurden, entweder mit oder ohne Binde zu spielen, musste jeder von ihnen eine Kosten-Nutzen-Analyse machen. Zentraler Bestandteil dieser Analyse sind die Kosten. Dabei geht es nicht alleine um gelbe Karten, Punktabzüge, Platzverweise oder gar Mannschaftsdisqualifikationen, sondern im Weiteren auch um indirekte Konsequenzen. Hypothetisch gesprochen, unterschreibt der Spieler John Doe Dutzende von Verträgen mit Therapeuten, Beratern, Trainern, Sponsoren und so weiter, in denen möglicherweise Klauseln stehen, dass der „Spieler“ John Doe alles in seiner Macht stehende tun wird, um auf dem Platz zu glänzen. Bei Zuwiderhandlungen könnten demnach empfindliche Vertragsstrafen drohen. Denn alle Beteiligten haben nun – durch solche Verträge – ein Interesse an der „Marke“ John Doe und ihrem Erfolg mit der Mannschaft. Und wenn der Spieler John Doe sich außerhalb des Spielfelds bereits so verhält, dass es das Spiel negativ beeinflusst, gefährdet er damit das mögliche Weiterkommen der Mannschaft im Wettkampf und folglich Preisgelder und Prämien. Dies wäre demnach auch ein Schaden für die Marke. Die Landesverbände müssen dies berücksichtigt haben, als sie von der FIFA unter Druck gesetzt wurden. Und wie im Podcast bereits analysiert wurde, hätten die Verbände hier eigentlich einen gewichtigen Hebel. Diesen haben sie aber nur, wenn sie in ausreichender Anzahl agieren. Aber im Gefangenendilemma trägt derjenige das größte und verheerendste Risiko, der am längsten schweigt. Die FIFA hat dies ausgenutzt, als sie die Verbände mit der späten Entscheidung zeitlich unter Druck setzte und hatte danach leichtes Spiel die Verbände auseinanderzudividieren, da es mehr als nur zwei Akteure waren. Ich stelle mir das so vor: „Lieber DFB, in der Vorrunde lief es schon nicht so gut. Ihr seid trotz neuem Trainer nicht mehr in den Los-Topf der besten Mannschaften gekommen. Glaubt ihr wirklich, ihr könnt mit Handycap bis ins Viertelfinale kommen? In der Gruppenphase begegnet ihr möglicherweise Brasilien und Kroatien. Die werden wohl nicht bei dieser Aktion mitmachen. Habt ihr das schon mit euren Sponsoren besprochen? Und was ist mit den Vereinen, aus denen ihr euch die Spieler leiht? … Es wäre doch schade wenn der ganze Mannschaftstross jetzt schon wieder packen müsste.“

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Da wird aber auch besprochen, dass die Entscheidung für Katar von den 24 Mitgliedern des Exekutivkomitees getroffen wurde. Da ist dann auch die theoretische Demokratie weg. Deswegen war ich irritiert.

Ich kenne mich nicht mit Fußball aus (interessiert mich nicht), aber ich weiß, was da für Werbegelder fließen. Und wenn die besagten „westlichen“ Teams gesagt hätten „Wir spielen da nicht mit“ dann wäre die WM „im Westen“ (bzw. den dortigen Medien) tot - und ich möchte nicht wissen, in was für einem finanziellem Deasaster so ein Szenario enden würde - auch für die FIFA.

Und auch spielerisch… Niemand könnte sich guten Gewissens „Weltmeister“ nennen, wenn zentrale Favoritenteams, zu denen Deutschland ja wohl gehört(?), nicht dabei wären.

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Ich stimme @Dave zu, wenn man sich anguckt, wie europäische Ligen weltweit vermarktet werden, dann sind das die Zugpferde der WM, daneben noch Argentinien und Brasilien. Ohne die europäischen Nationalmannschaften, geht das Interesse an der WM verloren. Die waren aber vorher nicht laut genug, mit frühzeitigem Widerstand hätte das abgewendet werden können. Anfangs gab es ja auch Widerstand der europäischen Topclubs, aber dann kam Rummenigge mit Rolex Uhren aus Doha zurück, sehr schön in der ZDF Doku Geheimsache Katar aufbereitet.

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Mittlerweile mehren sich die Zeichen wie es um die Armbinde und die Mund-zu-Geste in der Mannschaft bestellt war.

Die Sportschau berichtete, dass die Mehrheit der Spieler sich spätestens nach dem Armbindenverbot auf das sportliche konzentrieren wollten und nur zwei Spieler + der DFB ein weiteres Zeichen wollten.

Die Übrigen fühlten sich instrumentalisiert und zu dem Zeichen gedrängt.

Erweiternd möchte ich folgende These aufstellen:
Die mediale Berichterstattung hat den DFB quasi zu einem weiteren Zeichen gezwungen, so dass dieser die Spieler zu etwas drängte, das die nicht wollten. Moralisch wäre das fragwürdig. Sollten Medien durch Druck auf politische Zeichen von Sportlern/Promis quasi mittelbar erzwingen? Dabei sollte man berücksichtigen, dass die Spieler in einem starken Abhängigkeitsverhältnis zu Sponsoren sind, die natürlich auf die mediale Wirkung des Spielers achten.

Da ich den Sportschau-Bericht nur im TV gesehen habe, hier ein kurzer Artikel der Berliner Zeitung zu dem Thema: