Für mich stellt sich beim Thema „digitaler Euro“ auch nach dem Interview noch die Frage: Warum? Was soll das?
Ich finde, das kam in Philips Zusammenfassung auch schon gut durch. Hier soll mMn eine Schein-Alternative zum Bitcoin aufgebaut werden, die sich aber am Ende überhaupt nicht von heutigem Geld unterscheidet.
Bargeld ist kein Buchgeld
Das Buchgeld als Forderung gegenüber der Bank ist zwar in der Theorie eine nette Erkenntnis, ändert aber für den Bürger im Alltag wenig. Da alle Konten/Banknoten auf Euro lauten, kann ich diese quasi 1:1 tauschen.
Miete, Steuern, Rundfunkbeitrag, das alles kann ich nicht bar zahlen. Somit bringt es mir wenig, die Forderung auf meinem Bankkonto in Bargeld zu tauschen.
Welche Forderung ich gegenüber der EZB mit meinem Bargeld habe, ist mir schleierhaft.
Länderübergreifende Zahlungen im Euro-Raum laufen über Visa/Mastercard, und damit über amerikanische Firmen
Woran liegt das denn? Schließlich haben wir doch europaweit einheitliche IBANs. Vielleicht liegt das daran, dass viele Banken und andere Zahlungsempfänger nach wie vor viel national denken; und ich vermute, mit voller Absicht. Man schaue sich nur an
- die Probleme der Lage mit ihrem niederländischen Konto
- die Probleme von Tim Pritlove in Barcelona einen Stromvertrag (?) mit einer deutschen IBAN abzuschließen
- generell die Skepsis insbesondere von etablierten Geldhäusern, Zahlungen nach Osteuropa abzuwickeln
Dazu kommt, dass es auch mit IBANs scheinbar ziemlich kompliziert ist, Zahlungen im Internet anzunehmen. Die Lage nimmt nach wie vor nur Kreditkarten. (Oder hab ich’s nicht gefunden?)
Vorschlag: Wir brauchen eine europäische Kreditkarten-Firma, und zu jedem Girokonto eine virtuelle Kreditkarten-Nummer, damit man diese im Internet wie eine Lastschrift-Zahlung nutzen kann.
Die chinesische/amerikanische Zentralbank macht das auch
Ja toll. Und wofür machen die das?
Facebook führt Libra/Diem ein
Der eigentliche Grund, wieso Facebooks Währung eine gute Chance hatte, war, dass sehr viele Menschen ein Facebook-Konto haben. Die Gruppe ist deutlich größer, als diejenigen, die an kompatible (!) Zahlungssysteme angeschlossen sind und die Gebühren dort vermutlich deutlich niedriger gewesen wären, als mit herkömmlichen Methoden.
Insbesondere für Menschen, die Geld aus „dem Western“ nach Hause transferieren, hätte sich hier eine kostengünstige Option geboten.
Intermediäre ausschließen
In meinen Augen der einzig sinnvolle Ansatz, den man hier verfolgen kann. Ausgerechnet diesen Ansatz jedoch verneint die EZB bzw. Carola Westermeier.
Aber auch dafür brauchen wir keinen „digitalen Euro“, sondern einfach nur Girokonten bei der Zentralbank für alle Bürger.
Und die ganzen Datenschutz-Gefahren, wenn alle Transaktionen bei der EZB vorbei laufen, habe ich hier noch gar nicht beleuchtet.