Ich persönlich kann das Geschwurbel des politischen Personals im O-Ton nicht ertragen. Die Lage der Nation höre ich, die Zeit lese ich (und überspringe Interviews), und schaue keinen Markus Lanz, weil mich Berichte mit Substanz interessieren.
A-Politik als Interview-Partner zu gewinnen mag zum journalistischen Ritterschlag gehören; aber ich nehme aus Interviews mit Experten (wie etwa der Wirtschaftsprofessor der Hertie School, die Journalistin? aus dem Iran, der Leiter der Bundesnetzagentur, etc) 100 mal mehr mit.
Bei Interviews mit Politikern geht es nicht um Sachinformationen, sondern darum, zu verstehen, was seine politische Haltung und Agenda ist. Ich habe das einstündiges Interview mit Marco Buschmann sehr genossen - hebt sich sehr erhaben über die kurzen gestanzten Statements von Politikern in Mikrophone ab.
Die meisten Fragen sind einfach nicht so unterkomplex, dass man sie in 3-4 Sätzen abschließend beantworten könnte.
Ich wünsche mir sehr, Politiker würden manchmal ehrlich antworten:
„Ich weiß es nicht“
„Diese Frage kann man nicht so zwischen Tür und Angel beantworten. Lassen Sie uns darüber einmal ausführlicher sprechen. Vorausgesetzt, Sie sind bereit, die Antwort dann auch in voller Länge zu drucken/senden“
„Darüber diskutieren wir intern. Bis wir als Partei / Regierung das abschließend entschieden haben, haben Sie bitte Verständnis, wenn ich mich dazu nicht in der Öffentlichkeit äußere.“
Das hat Herr Buschmann ja auch an einigen Stellen getan. Die Antworten haben wir dann im Hintergrundgespräch bekommen, dass sich an das Interview anschloss. Aber selbstverständlich sagen wir nicht, was er gesagt hat, sondern haben es nur im Hinterkopf und können es bei unserer Berichterstattung berücksichtigen.
Aber, mal provokant gefragt, ist das nicht vielleicht die Art von Presse-Politik-Gemauschel, dass einigen auf der Straße so stinkt? Oder andersherum, sollte man solche Information wirklich zurückhalten?
Es ist üblich, dass aus Hintergrundgesprächen nicht berichtet wird, denn dann würden Politiker in Zukunft gar nicht mehr mit Medien vertraulich reden. Der Schaden wäre ungleich schwerer.
Nein, wenn Medien etwas vorgeworfen werden kann (aber nur selten berechtigt ist), dann eine manchmal zu große inhaltliche Nähe oder Ablehnung, die Fakten eher frei in eine Richtung interpretiert und dieses (Mis-)Verhalten dann als Journalismus mit Haltung framen.
Ein Beispiel hierfür wäre Frau Kristina Dunz, die eine extreme Nähe zu Frau Bundeskanzlerin a.D. Merkel hatte und dieser bzw. deren Berichterstattung oft eher unkritisch gegenüber stand, dafür aber mehrfach exklusiven Zugang zu ihr und ihrem engsten Kreis bekam.
Die Äußerungen von Minister Buschmann haben weitestgehend mein Voruteil ihm gegenüber bestätigt: er lässt es teflonmäßig an sich abprallen, schiebt gerne die Verantwortung auf andere Institutionen / Personen und lässt sich natürlich im guten Licht dastehen. Mehr als jeder andere Politiker perfektioniert er das.
Zwei Dinge sind mir aufgefallen:
Seine Betonung der „liberalen Demokratie“ ist schon sehr bezeichnend.
Naja, also gemessen an anderem FDP-Personal ist Buschmann schon wirklich das geringere Übel. Er ist halt immer noch ein FDP-Politiker und auf der Skala von Gerhart Baum bis Wolfgang Kubicki eher noch auf der guten Hälfte der Skala (also nicht bei Kubicki…). Kurzum: Ich würde ihn schon eher dem sozialliberalen als dem wirtschaftsliberalen Flügel der FDP zuordnen, wobei er definitiv auch wirtschaftsliberal ist.
Das ist leider in der Tat korrekt, weshalb es sich wieder um eines dieser klassischen Dilemmata handelt. Denn die Kritik von Matder ist ja durchaus nachvollziehbar - wenn der Bürger weiß, dass die Medien „off the record“ mehr Hintergrundinformationen haben, als sie berichten können (aus Gründen von Quellenschutz, Vertraulichkeit usw.), kann das natürlich Zweifel wecken. Aber diese Dinge sind zwingend notwendig, damit die Medien ihre Aufgabe erfüllen können. Da hilft nur, dem Bürger zu erklären, warum die Medien so handeln müssen, wie sie es tun.
Gegenthese: ich glaube, viel von den Online-Hass entsteht, weil man ständig und überall andere Meinungen lesen muss. Das ist anstrengend, nervt und reizt. Die sozialen Medien bringen (auch) Dinge zusammen, die nicht zusammen wollen.
Würde das Hintergrundgespräch mit Marco Buschmann auch gesendet, sagt der beim nächsten Mal nichts mehr und nutzt die Schere im Kopf: sieht man gut an Fußballerinterviews.