LdN309 Hamburger Hafen: Scholz erlaubt China Beteiligung an einem Terminal

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Ich fürchte, ihr habt das Agieren des Bundeskanzlers korrekt eingeordnet: Außenpolitische Unsicherheit, gepaart mit Beratungsresistenz und provinzieller Vorteilssuche - wie bei Cum Ex. Das schadet Deutschland.

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Finde in der neuesten Episode zu Beginn des Themenabschnitts HH zu wenig darauf eingegangen wurde, dass es tatsächlich nur um 24,9 % eines von 4 Terminals geht. Im Anschluss wurde sich schon fast über Scholz lustig gemacht, ihm fehle es an außenpolitischen Kompetenz und Erfahrung. Selbiges wurde ihm schon im Abschnitt rund um das Deutsch-Französische Verhältnis nachgesagt.

Finde das teils etwas unfair. So muss doch gesagt werd das der Europäische Wiederaufbau Fond wie auch die Internationale Mindestbesteuerung führend von Scholz als damaliger Finanzminister vorangetrieben wurde. Vor allem beim Thema EU Fond wäre es ohne ihn und die SPD in der Groko niemals dazu gekommen. Union war eigentlich dagegen.

Die zuletzt stattgefundene Ukraine-Konferenz fand auch in Berlin und nicht etwa in Paris statt. Alle Punkte sind von internationaler Bedeutung und von und mit Scholz vorangetrieben worden.

Empfand diese ersten beiden Themenabschnitte als alles in allem recht unsachlich, reines kritisieren um der Kritik willen. Als wäre nur Scholz an dem derzeit schwierigen Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich Schuld. Muss Macron einen derart auf beleidigt machen? Ihm ist es nun eben doch nicht gelungen, zu DER Europäische Führungsfigur zu werden. Nicht zuletzt steht er auch in Westafrika unter Druck aufgrund der dortigen Situation.

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Teilweise teile ich deine Kritik, teilweise nicht.

Das ist in der Tat korrekt. Dazu kommt noch, dass es sich um das kleinste der vier Terminals am Hamburger Hafen handelt, daher geht es nicht einmal um „ein Viertel von einem Viertel“, sondern um noch weniger.

Auch wird Cosco untersagt, Einfluss auf die Entscheidungen der Hafenverwaltung auszuüben, daher: Cosco bekommt keinen Mitarbeiterposten in der Geschäftsführung und darf sich vertraglich keine Vetorechte einräumen lassen.

Der Einfluss Chinas ist damit tatsächlich denkbar klein. Die Kritik daran lautet natürlich dennoch „Wehret den Anfängen“, weil dieses Investment für China natürlich nur ein Zwischenschritt ist und China in jedem Fall versuchen wird, darauf aufbauend seinen Einfluss zu erhöhen.

So gesehen war diese Entscheidung der Bundesregierung das gegenwärtige Optimum - der Einfluss Chinas wurde so gering wie möglich gehalten und die wirtschaftlichen Vorteile der Investition, die ja durchaus gewünscht ist, bleiben größtenteils (zu 71%) erhalten.

Die rationale Frage muss daher lauten:
War das Verhältnis von Vorteilen (=Investition, dadurch Arbeitsplätze usw.) und Nachteilen (Einflussbasis für China) hier in Ordnung oder nicht? Ich würde hier eher zu „ja“ tendieren.

Natürlich kann man als totaler Hardliner sagen: „Auch für Milliarden sollten wir China nicht einen Millimeter Einfluss gewähren“ - aber das ist halt eine Extremposition. Durch die Änderung von 35 auf 24.9% wurde ein wesentlich besseres Verhältnis von Vor- und Nachteilen erreicht und mir persönlich reicht das. Dennoch müssen wir in Zukunft wachsam bleiben, wann immer es um chinesische Investments geht. Wachsam heißt aber halt nicht die denkbar extremste Position zu beziehen…

Die Unstimmigkeiten zwischen Deutschland und Frankreich sind in der Tat beidseitig problematisch. Aber wir als Deutsche sollten halt vor allem unsere Führung für ihre Fehler kritisieren, ebenso wie die Franzosen vor allem ihre Führung für ihre Fehler kritisieren sollten. Und Fehler gab es auf beiden Seiten in großer Zahl, vor allem auch bei FCAS (und das nicht erst seit Scholz Kanzler ist…)

Andernfalls riskieren wir halt das Wiederaufflammen der alten deutsch-französischen Ressentiments. Daher: Die Deutschen kritisieren die Franzosen und geben ihnen die ganze Schuld und vice versa. Und das führt ganz schnell dazu, dass alles, was wir seit Ende des zweiten Weltkriegs an Völkerverständigung aufgebaut haben, scheitern könnte.

Daher sehe ich es durchaus so, dass meine Forderung vor allem an Scholz geht, alles zu tun, um ein gutes Verhältnis mit Frankreich zu erzeugen. Und ich hoffe, dass hinreichend viele Franzosen ähnlich auf Macron einwirken.

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Es ist m.E. ganz einfach: Was China uns nicht ermöglicht, sollten wir auch China nicht ermöglichen.

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Das ist immer gefährlich euro-zentristisch bzw. west-zentristisch gedacht.

Das Problem, wenn unterschiedliche politische und wirtschaftliche Systeme miteinander agieren, ist eben, dass nicht alles auf beiden Seiten spiegelbildlich ist. Wir sind nun immer sehr schnell darin, auf unsere Vorteile zu pochen („Was die Chinesen uns nicht erlauben sollten wir auch ihnen nicht erlauben!“), übersehen dabei aber gerne, dass es auch zahlreiche Aspekte gibt, in denen wir aktuell die Nutznießer der System-Asymmetrie sind, z.B. wenn wir von den günstigen Arbeitskräften in China profitieren oder China seine Rohstoffe ausbeuten muss, weil der Import von Kohle und Stahl aus China für uns billiger ist, als unsere eigenen Rohstoffe auszubeuten…

Würden nun beide Seiten immer auf der Ebene der einzelnen Entscheidung denken, würden 90% aller Interaktionen nicht zu Stande kommen, weil sich eine der Seiten ungerecht behandelt fühlt. Sinnvoller ist es daher, darauf zu achten, dass es insgesamt ausgeglichen zugeht, daher zu akzeptieren, dass in der Vielzahl aller Interaktionen zwischen den beiden Akteuren einer der Akteure einen Vorteil hat, aber in der Summe eine insgesamt faire Situation zu Stande kommt.

Deine „ganz einfache“ Lösung bedeutet letztlich, dass wir die Chinesen zwingen wollen, unser System vollständig zu übernehmen, weil wir sonst nicht mit ihnen handeln. Und das ist - gerade historisch betrachtet - einfach inakzeptabel nah an den Zuständen, die damals zu den Opium-Kriegen geführt haben (als die Briten die Chinesen letztlich kriegerisch gezwungen haben, ihre Häfen für den Handel mit dem Commonwealth zu öffnen). Generell ist das einfach eine post-kolonialistische Denkweise („Wir sind die guten und zivilisierten Staaten und alle haben sich so zu verhalten, wie wir das wollen!“)

Vor allem die Tatsache, dass es in den Opium-Kriegen um eine zwangsweise Öffnung der chinesischen Häfen ging, macht die Forderung, China müsse westlichen Investoren Einfluss auf chinesische Häfen erlauben, zuhöchst problematisch. Hier fehlt denjenigen, die dies fordern, einfach jedes historische Fingerspitzengefühl und jedes Verständnis dafür, dass China historisch von den sogenannten „ungerechten Verträgen“ noch maßgeblich traumatisiert ist und eine Wiederholung dieser Geschichte - mit Recht - um jeden Preis verhindern wollen würde.

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Tatsächlich gehe ich weiter: Entkopplung.

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Meiner Meinung nach ist die Kritik an Scholz durchaus angebracht.

Das Kanzleramt und Scholz sind fachlich nicht zuständig. Da spielt die Höhe der Beteiligung erst einmal keine Rolle. Und alle fachlich zuständigen Ministerien, in denen durchaus sehr gebildete Menschen sitzen, die in der Thematik mehr Hintergrundwissen als die Allgemeinheit besitzen, haben sich gegen die Beteiligung ausgesprochen.

Des Weiteren folgt natürlich durch die Beteiligung auch eine bevorzugte Behandlung von Waren aus China. Da die Kapazitäten am Hamburger Hafen jedoch begrenzt sind, werden andere Unternehmen abgedrängt. Dadurch alleine entsteht schon eine größere Abhängigkeit als es momentan der Fall ist. Sollte es z. B. zu Sanktionen Europas gegenüber China kommen und China daraufhin seinen Warenverkehr nach Europa beschränken, ist der Schaden natürlich umso höher, je mehr der Hamburger Hafen auf den Handel mit China angewiesen ist.

Der Dritte Punkt ist die Strategie der Puzzleteile die auch in der Folge angesprochen wurde. Der Hamburger Hafen ist dabei nur ein kleines Puzzleteil für China, um wichtige Teile der kritischen Infrastruktur in Europa zu kontrollieren und insgesamt die Abhängigkeit so zu erhöhen, dass Sanktionen gegenüber China irgendwann unmöglich werden. Vor kurzem wurde auch bekannt das China den deutschen Chiphersteller Elmos übernehmen möchte. Diese Übernahme wäre dann ein nächstes Puzzleteil.

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Auch wenn sich der bzw. die eine oder andere hier dahingehend geäußert hat, dass es bei der Beteiligung am Hamburger Hafen um weniger als ein Viertel eines der vier Terminals geht, ist es ein Schritt in die falsche Richtung (meiner Meinung nach). Die Beteiligung hat Olaf Scholz in einer Rede ebenfalls sehr klein dimensioniert. Aber was hier zu beachten gilt ist: Kleinvieh macht auch Mist (Phrasenschwein wird gefüttert). Soll heißen, mal hier ein erster Schritt in die Beteiligung am Hafen, mal dort einen Chiphersteller übernehmen, dann vielleicht die Beteiligung am 5G-Ausbau, aber mit Sicherheit die Beteiligung an deutscher Offshore Windenergie. Mit Sicherheit gibt es Bereiche, die hier nicht erwähnt sind. Dennoch erscheint es, als ob wir (Deutschland) nichts aus dem Konflikt mit Russland gelernt haben. Jeder Schritt, sollte er auch noch so klein sein, führt in eine bestimmte Richtung und könnte irgendwann der berühmte „Fuß in der Tür“ sein.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich denke ebenfalls, dass das Handeln von Olaf Scholz hier schlichtweg falsch ist. Die Bedenken von Ministerien und Institutionen wurden ignoriert. Stattdessen wird die Kanzlerschafft überstrapaziert.

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Nur ein Beispiel das es unter Reedereien absolut üblich ist sich an Terminals an verschiedene Häfen zu beteiligen.

Ja, die Cosco beteiligung muss unter besonderen Blick stehen, aufgrund der engen Verflechtung mit dem Chinesischen Staat.

@Daniel_K hat wie ich finde in seinen Beitrag gut erläutert, weshalb im Fall des HH nun mit dieser deutlichen Minderheitsbeteiligung an einem der Terminals, eine vertretbare Lösung gefunden wurde.

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