LdN308 PV-Ausbau trotz Fachkräftemangel durch DIY: Hürden abbauen

Hallo,

der Fachkräftemangel ist für den Bau von PV-Anlagen eine große Bremse. Neben dem Heben von Kapazitäten wie ihr es aktuell besprochen habt, gilt es aber eben auch darüber nachzudenken, wie man denn PV-Ausbau OHNE Fachkräfte vorantreiben könnte. Das geht schon heute (eigentlich). Stichwort hier sind die 600W PV-Steckeranlagen. Man kann sich hier eine Reihe von PV-Modulen installieren und einfach mit einer Außensteckdose verbinden. Muss man sich mit befassen, aber es erfordert eben keine Fachkraft.

Eine Anlage an sich wirft nicht viel Strom ab, das ist schon richtig - aber im Prinzip könnten sich die Menschen hunderttausende solcher Anlagen installieren. Das macht dann schon eine Menge Strom, ganz ohne vom Fachkräftemangel gehemmt zu werden. Neben der Unterstützung der Energiewende durch privates Kapital haben diese Anlagen auch den Vorteil, dass sie mit einer Zusatzinvestition in eine Powerstation eine private Notstromversorgung erlauben - mehr Katastrophenresilienz der Bevölkerung wäre ja durchaus wünschenswert.

Folgende einfache Massnahmen würden die Installation von Mini-PV Anlagen nochmal verstärken:

  • Die Installation von mehreren Steckeranlagen pro Anschluss kann erlaubt werden. Technisch kann eine Anlage pro Stromkreis betrieben werden, hier müsste man nur das Gesetz ändern.
  • Der Betrieb der Steckeranlagen sollte auch bei rückwärtsdrehendem Zähler klar erlaubt werden
  • Die Netzbetreiber MÜSSEN aufhören, die ordnungsgemäße Anmeldung der Steckeranlagen mit der Forderung nach der Verwendung von einer von „einem eingetragenenen Elektrikerfachfirma“ eingebauten Einspeisesteckdose zu verknüpfen.

Deren Installation kostet mehrere Hundert Euro was die Rentabilität sprengt und eben doch wieder Fachkräfte beschäftigt, die lieber was sinnvolles tun sollten und zwar große Anlagen anschließen.

Der Kampf um die Steckdose ist schon einige Jahre alt. Die normalen Schuko-Steckdosen sind auch für die Einspeisung geeignet. Die Forderung nach der speziellen Steckdose entsteht aus (meiner Ansicht nach) vorgeschobenen „Sicherheitsbedenken“. Beim Ziehen eines Steckers einer Einspeiseanlage KÖNNTE man beim Berühren der Pins einen Schlag bekommen - in der Praxis schalten die Wechselrichter die Pins aber 50ms nach dem Ziehen stromfrei. Es würde übermenschliche Geschwindigkeit erfordern, sich hier einen Schaden zu holen. Ich würde sagen, durch die Verwendung von Schuko-Steckdosen würde in 50 Jahren niemand zu Schaden kommen. Zum Vergleich: Am Klimawandel sterben Menschen heute. Andere Länder erlauben die Schuko-Steckdose zur Einspeisung problemlos, Beispiele Niederlande, Österreich, Schweiz. Hier geht es angeblich nicht.

Was soll also diese Forderung? Die Netzbetreiber beziehen sich auf eine Norm der VDE. Aus der kann man die Forderung nach der Einspeisesteckdose ableiten (ist umstritten). Eine Änderung der Vorschrift wurde aber eben durch die Vertretenden der Netzbetreiber verhindert. Darüber hinaus hat die vorgebliche Sicherheit der verwendeten Steckdose nichts mit der Netzstabilität zu tun - es betrifft also die Zuständigkeit der Netzbetreiber gar nicht.

Trotzdem wird man auf den meisten Webseiten von Netzbetreibern und im Anmeldeformular diese Anforderung finden - und soll eine Bescheinigung des Elektrounternehmens bitte gleich mit hochladen. Es gibt Ausnahmen wie zum Beispiel Westnetz. Spätestens das zeigt: Die Netzbetreiber müssen offensichtlich diese Hürden nicht in den Weg räumen, sie scheinen es einfach zu wollen. Über die Motivation mag ich hier nicht spekulieren - es ist zumindest heutzutage in großem Maße unethisch.

Was ist die Folge? Ein Großteil der PV-Anlagen läuft unangemeldet. Aber in Deutschland halten sich viele Menschen gerne ans Gesetz und werden so erfolgreich schon bei der ersten Recherche zu dem Thema abgeschreckt. Eine Vereinfachung hier würde die Steckeranlagen so einfach installierbar machen, wie es eigentlich ist: Module irgendwo festmachen, mit dem Wechselrichter verbinden und dessen Stecker in die Steckdose - fertig.

Dies ist nur eine der krummen Dinger, mit denen unsere Netzbetreiber sich dem PV-Ausbau absichtlich in den Weg stellen. Als Anlagenbetreiber habe ich weitere kennemgelernt.

Hier wäre öffentlicher Druck und/oder der Gesetzgeber gefragt.

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Ich möchte noch ergänzen, dass auch bei großen Anlagen DIY möglich ist. In meinem Umfeld wurde mehrfach die komplette Anlage (deutlich größer als 600Wp) installiert und lediglich noch Anschluss und Inbetriebnahme durch einen Elektriker durchgeführt. Den Elektriker sollte man vorher gefunden haben, bevor man das Material bestellt und montiert weil es nicht alle machen.

Die Anmeldung von den Stecker-PV-Anlagen ist in den letzten Jahren schon einfacher geworden. Mehr Netzbetreiber haben mittlerweile gelernt und bieten wie gesetzlich gefordert die einfachen Formulare an. Das war vor einigen Jahren noch anders.

Ich würde mir von der Politik eine Erhöhung der Leistungsgrenze wünschen auf mindestens 1kVA. Dadurch könnten kleinere Dächer effizienter genutzt werden, bei denen nur Platz für 4-5 Module ist und es sich nicht lohnt dafür einen Elektriker zu beauftragen.

Ich möchte noch ergänzen, dass auch bei großen Anlagen DIY möglich ist.

Das stimmt - ist aber nicht mehr so ganz DIY weil ja ein Elektriker im Spiel ist, der bei den Netzbetreibern „eingetragen“ werden muss. Regulatorisch ist das eine normale private Anlage und damit ein umfangreicheres Thema. Super Sache, plane ich selber gerade, ist aber nicht die Lösung, mit der wir losgelöst von Fachkräftekapazitäten schnell eine große Zahl von Anlagen installieren könnten.

Mehr Netzbetreiber haben mittlerweile gelernt und bieten wie gesetzlich gefordert die einfachen Formulare an

Beispiele gerne per PN an mich. Je mehr, desto deutlicher dass die Mehrzahl der Netzbetreiber hier einmal mehr mit Absicht Steine in den Weg werfen.

Ich würde mir von der Politik eine Erhöhung der Leistungsgrenze wünschen auf mindestens 1kVA. Dadurch könnten kleinere Dächer effizienter genutzt werden, bei denen nur Platz für 4-5 Module ist und es sich nicht lohnt dafür einen Elektriker zu beauftragen.

Im Gegensatz zur Einspeisesteckdose sind die 600W eine nachvollziehbare Grenze aus der VDE, die sicherstellt dass bei keiner halbwegs aktuellen Elektroinstallation eine Leitung zu brennen beginnt.
Natürlich kann man trotzdem eine wesentlich größere Modulleistung installieren - das ist zulässig und sinnvoll um den eigenen Bedarf nicht nur bei Sonne abgedeckt zu bekommen. Nur der Wechselrichter muss auf 600W abgeregelt sein.

Hinzu kommt, dass Elektriker dem Vernehmen nach nicht viel Lust auf das Anschliessen der PV Anlagen haben - der technische Vorgang ist leicht, aber die Bürokratie groß, weil die Netzbetreiber die Anmeldung mit mehreren Formularen verknüpfen, die bitte ausgefüllt werden sollen.

Das ist ein weiterer Punkt, in dem die Netzbetreiber mit legaler und illegaler Soft-Power den Anschluss von PV-Anlagen erschweren. Gesetzlich ist eigentlich nur ein recht einfaches Inbetriebnahmeprotokoll erforderlich, aber die Netzbetreiber verlangen einfach mal viel mehr. Kundige PV-Anlagen Erbauende begeben sich hier dann durchaus in den Streit mit den Netzbetreibern und halten sich an das gesetzlich erforderliche, was die Netzbetreiber mit Verzögern des Zählertausches beantworten. Im weiteren tun viele Netzbetreiber wiederum gegen das EEG Gesetz eine Vergütung des eingespeisten Stroms verweigern solange kein Zwei-Richtungs Zähler von ihnen gesetzt ist. Mit gerichtlichen Mahnverfahren kommt man hier zwar durchaus weiter - aber die Gesetzlage kennt kaum jemand noch wollen das viele machen und so bleibt beim Elektriker das Ausfüllen der vom Netzbetreiber aufgebürdeten Bürokratie, was das PV-Geschäft für diesen unattraktiv macht oder in entsprechende Preise eingepreist wird.

Nachdem nun wirklich viele Vereinfachungen erfolgen um die Installation von PV-Anlagen finanziell wie fiskalisch zu vereinfachen, bleiben große PV-Verhinderer bisher unbedacht: die Netzbetreiber.

Auch die Netzbetreiber haben Fachkräftemangel und behelfen sich indem sie Aufgaben auslagern.
Edit
Oder besser gesagt das Bayernwerk hier bei uns hat Fachkräftemangel

Mag sein, doch ist Fachkräftemängel eigentlich kein Grund, gegen Gesetze zu verstoßen. Er erklärt auch nicht, warum Netzbetreiber die Mär verbreiten, ihre Anwesenheit sei erforderlich, um eine PV-Anlage in Betrieb zu nehmen (was dazu führt, dass funktionsfähige Anlagen Monate lang ausgeschaltet bleiben). Ich könnte viele Beispiele für problematisches Verhalten von Netzbetreibern aufführen - wollte mich aber an dieser Stelle auf die Verhinderungsklauseln bzgl. der Steckdosen für 600W Anlagen beschränken.

Das ist mit Personalmangel nicht zu begründen.

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Das ist keine gute Entwicklung. Die Netzbetreiber müssen ja dafür Sorge tragen, dass Erzeugung und Verbrauch halbwegs der Tagesplanung entsprechen. Das wird immer herausfordernder je mehr in ihrer Leistung schwankende Erzeuger am Netz hängen. Die Netzbetreiber müssen auf jeden Fall wissen, was wo als Einspeiser installiert ist. (Klar, es kommt nicht auf die einzelne Anlage an - aber wenn die Balkon-Anlage zum Standard wird, dann macht es deren Masse.)

Wie wäre es denn wenn der Netzbetreiber aufhören würde Stolperfelsen einen in den Weg zu legen? Ich spreche aus Erfahrung, kämpfe seit Anfang August mit dem Netzbetreiber. Es werden immer mehr Formulare verlangt. Das Lustige dabei ist das auf fast allen Formularen der gleiche Inhalt steht. Größe der Anlage, Modul Hersteller, WR Hersteller usw. Davon abgesehen hat er die wichtigsten Daten der Anlage sobald man seine Anlage im Marktstammdatenregister angemeldet hat und es ihm zukommen lässt.

Richtig, das ist ein Thema, dass den Netzbetreiber tatsächlich angeht - anders als die hinterm Hausanschluss verwendete Steckdose. Ein Grund mehr damit aufzuhören, den einen Teil der Menschen vom Bau abzuhalten und einen anderen dazu zu bringen, die Anlage unangemeldet zu betreiben.

Darauf haben die Netzbetreiber gar keinen Anspruch. Lediglich ein Inbetriebnahmeformular gemäß E.8 muss zwingend vorgelegt werden - man muss und sollte auch nicht deren Formulare benutzen.
Dazu liest man am besten im Photovoltaikforum, wie die Menschen dort mit diversen Problemen mit den Netzbetreibern umgehen. Ein Anfangspunkt findet sich im dezidierten FAQ zum Bau von PV-Anlagen. Dort wird heraus gestrichen, dass die Netzbetreiber regulär gegen das EEG Gesetz verstoßen. Und da man Behauptungen im Netz ja nicht einfach so glauben sollte, habe ich diese Behauptungen natürlich anhand der EEG-Clearingstelle und Gesetzestext verifiziert - es stimmt, die Netzbetreiber halten sich nicht ans EEG-Gesetz und das erlebe ich auch gerade in verschiedenen Aspekten.

Die Netzbetreiber erlebe ich als die großen Störer und Verhinderer privaten PV-Anlagen - und ich habe nicht den Eindruck, dass die Politik das bereits erfasst hätte. Die Verhinderung von DIY-Steckeranlagen ist für mich hier ein besonders prägnantes Beispiel.

Das dürfen sie eh nicht und ist auch völlig unsinnig.

Man muss ja auch gar nicht anmelden in dem Sinne, sondern nur dem Netzbetreiber die Einrichtung bekanntgeben.

Bei mir wurde innerhalb einer Woche eine neuer Zähler installiert.

Musste für die große PV ja eh gemacht werden. :wink:

Aber korrekt ist: man könnte die Einrichtung eines Balkonkraftwerkes bis 600Wp für jede der drei Phasen eines Haushaltes erlauben.
Dann braucht man aber einen Elektriker, damit auch die richtige Phase erwischt wird.