Hallo,
der Fachkräftemangel ist für den Bau von PV-Anlagen eine große Bremse. Neben dem Heben von Kapazitäten wie ihr es aktuell besprochen habt, gilt es aber eben auch darüber nachzudenken, wie man denn PV-Ausbau OHNE Fachkräfte vorantreiben könnte. Das geht schon heute (eigentlich). Stichwort hier sind die 600W PV-Steckeranlagen. Man kann sich hier eine Reihe von PV-Modulen installieren und einfach mit einer Außensteckdose verbinden. Muss man sich mit befassen, aber es erfordert eben keine Fachkraft.
Eine Anlage an sich wirft nicht viel Strom ab, das ist schon richtig - aber im Prinzip könnten sich die Menschen hunderttausende solcher Anlagen installieren. Das macht dann schon eine Menge Strom, ganz ohne vom Fachkräftemangel gehemmt zu werden. Neben der Unterstützung der Energiewende durch privates Kapital haben diese Anlagen auch den Vorteil, dass sie mit einer Zusatzinvestition in eine Powerstation eine private Notstromversorgung erlauben - mehr Katastrophenresilienz der Bevölkerung wäre ja durchaus wünschenswert.
Folgende einfache Massnahmen würden die Installation von Mini-PV Anlagen nochmal verstärken:
- Die Installation von mehreren Steckeranlagen pro Anschluss kann erlaubt werden. Technisch kann eine Anlage pro Stromkreis betrieben werden, hier müsste man nur das Gesetz ändern.
- Der Betrieb der Steckeranlagen sollte auch bei rückwärtsdrehendem Zähler klar erlaubt werden
- Die Netzbetreiber MÜSSEN aufhören, die ordnungsgemäße Anmeldung der Steckeranlagen mit der Forderung nach der Verwendung von einer von „einem eingetragenenen Elektrikerfachfirma“ eingebauten Einspeisesteckdose zu verknüpfen.
Deren Installation kostet mehrere Hundert Euro was die Rentabilität sprengt und eben doch wieder Fachkräfte beschäftigt, die lieber was sinnvolles tun sollten und zwar große Anlagen anschließen.
Der Kampf um die Steckdose ist schon einige Jahre alt. Die normalen Schuko-Steckdosen sind auch für die Einspeisung geeignet. Die Forderung nach der speziellen Steckdose entsteht aus (meiner Ansicht nach) vorgeschobenen „Sicherheitsbedenken“. Beim Ziehen eines Steckers einer Einspeiseanlage KÖNNTE man beim Berühren der Pins einen Schlag bekommen - in der Praxis schalten die Wechselrichter die Pins aber 50ms nach dem Ziehen stromfrei. Es würde übermenschliche Geschwindigkeit erfordern, sich hier einen Schaden zu holen. Ich würde sagen, durch die Verwendung von Schuko-Steckdosen würde in 50 Jahren niemand zu Schaden kommen. Zum Vergleich: Am Klimawandel sterben Menschen heute. Andere Länder erlauben die Schuko-Steckdose zur Einspeisung problemlos, Beispiele Niederlande, Österreich, Schweiz. Hier geht es angeblich nicht.
Was soll also diese Forderung? Die Netzbetreiber beziehen sich auf eine Norm der VDE. Aus der kann man die Forderung nach der Einspeisesteckdose ableiten (ist umstritten). Eine Änderung der Vorschrift wurde aber eben durch die Vertretenden der Netzbetreiber verhindert. Darüber hinaus hat die vorgebliche Sicherheit der verwendeten Steckdose nichts mit der Netzstabilität zu tun - es betrifft also die Zuständigkeit der Netzbetreiber gar nicht.
Trotzdem wird man auf den meisten Webseiten von Netzbetreibern und im Anmeldeformular diese Anforderung finden - und soll eine Bescheinigung des Elektrounternehmens bitte gleich mit hochladen. Es gibt Ausnahmen wie zum Beispiel Westnetz. Spätestens das zeigt: Die Netzbetreiber müssen offensichtlich diese Hürden nicht in den Weg räumen, sie scheinen es einfach zu wollen. Über die Motivation mag ich hier nicht spekulieren - es ist zumindest heutzutage in großem Maße unethisch.
Was ist die Folge? Ein Großteil der PV-Anlagen läuft unangemeldet. Aber in Deutschland halten sich viele Menschen gerne ans Gesetz und werden so erfolgreich schon bei der ersten Recherche zu dem Thema abgeschreckt. Eine Vereinfachung hier würde die Steckeranlagen so einfach installierbar machen, wie es eigentlich ist: Module irgendwo festmachen, mit dem Wechselrichter verbinden und dessen Stecker in die Steckdose - fertig.
Dies ist nur eine der krummen Dinger, mit denen unsere Netzbetreiber sich dem PV-Ausbau absichtlich in den Weg stellen. Als Anlagenbetreiber habe ich weitere kennemgelernt.
Hier wäre öffentlicher Druck und/oder der Gesetzgeber gefragt.