LdN307: Richtlinienkompetenz - Warum hat Scholz so lange gezögert?

Vielen Dank für eine weitere tolle Folge der Lage. Ihr hattet euch gewundert, warum Scholz in diesem Streit nicht schon früher ein Machtwort gesprochen hat.

Ich denke, Scholz hat sich aus Rücksicht auf seine Koalitionspartnererst bewusst erst nach der Wahl in Niedersachen und dem Parteitag der Grünen geäußert. Ich vermute auch, dass sowohl Habeck als auch Lindner tatsächlich schön länger wussten, wie der Streit am Ende beigelegt wird.

Sehr interessant fande ich in diesem Zusammenhang den Kommentar von Nikolaus Blome im Spiegel vom 26. September:

Was meint ihr? Hat euch das Timing auch überrascht?

Nö, überrascht hat das nicht wirklich.

Dass die SPD nicht vor der Niedersachsen-Wahl einen Weiterbetrieb eines AKW in Niedersachsen mit Kanzler-Machtwort durchsetzen wird ist doch wirklich logisch. Dass Habeck vor der Niedersachsen-Wahl noch versucht hat, die Niedersachen in Sicherheit zu wiegen, indem er nur einen Weiterbetrieb der beiden AKW außerhalb von Niedersachsen angestrebt hat, ist in der Tat schon sehr, sehr fragwürdig, weil er im Prinzip wusste, dass die FDP da nicht mitspielt und hätte wissen müssen, dass der Kompromiss am Ende lauten wird, dass alle drei AKW noch in 2023 laufen werden. Da würde ich mich - wäre ich Niedersachse - tatsächlich verarscht fühlen.

Dass Scholz sein Machtwort auch nicht direkt nach der Niedersachsen-Wahl verkündet, sondern noch eine Woche wartet, ist auch logisch, um den oben genannten Eindruck zumindest etwas abzuschwächen. Aber es fühlt sich in der Tat alles sehr problematisch an. Andererseits will ich auch nicht in der Rolle der Ampel-Parteien sein, denn ich wüsste nicht, wie man diese Situation besser managen könnte.

Klar könnte die Regierung komplett ehrlich sein, aber damit hätte man der Merz-CDU wohlmöglich einen Wahlsieg in Niedersachsen geschenkt, was langfristig ebenso problematisch ist, wie der fade Beigeschmack von der ganzen Angelegenheit jetzt… das war einfach eine ganz miese Situation für die Regierung und es gab keinen wirklich guten Weg, da rauszukommen… Habeck hätte vielleicht nicht versuchen sollen, das AKW in Niedersachen vom Weiterbetrieb auszunehmen - das war möglicherweise ein strategischer Fehler, bei dem die langfristigen Kosten höher liegen als der Nutzen. Aber schwer zu sagen, wie sich das auf die Niedersachsen-Wahl ausgewirkt hätte.

Ich weiß nicht, ob er wirklich aus Rücksicht auf die Koalitionspartner so lang gewartet hat, und nicht vielleicht aus dem genauen Gegenteil.

In der Lage ist ja schön dargelegt, dass die SPD letztendlich am besten aus der Sache rauskommt. Beide anderen haben, nachdem sie sich vorher so sehr festgelegt haben, Kratzer oder Schrammen abbekommen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass er es darauf angelegt hat. Vorher war das Bild der SPD in dem Zusammenhang ja recht blass.

Reine Spekulation natürlich.

Aus meiner Sicht ist das nicht richtig, der Kompromiss zwischen den Dreien war vereinbart. Nur ein kleiner Partner muckte auf und mache das Machtwort notwendig.