LdN304 - Einnahmedeckel beim Strom - wie umsetzen?

Hallo zusammen,

soweit ich Uwe und Philip verstanden habe, soll in Zukunft bei den Nicht-Gaskraftwerken ein Maximalpreis von 180 Euro / MWh erlöst werden können. Was darüber hinaus geht, wird abgeschöpft. Klingt einfach, aber wie soll das konkret funktionieren?

Strom wandert ja nicht mit einer einzigen Transaktion vom Kraftwerk um Endverbraucher, sondern über (wenigstens einen) Zwischenhändler. Dort fließt der Strom aus verschiedenen Quellen zusammen und ist dann einfach nur noch „Strommenge X zum Zeitpunkt Y“. Bis zum Zeitpunkt der Lieferung der vereinbarten Strommenge ins Netz kann sie auch noch zigmal weiterverkauft werden von Händler zu Händler/Verbraucher und wieder zurück.

Wenn nun auf Seiten der Kraftwerksbetreiber beim Verkauf ihres Stroms „an den Markt“ (sprich: einen bestimmten Händler oder über die Börse) kein Erlös höher als 180 Euro / MWh zu erzielen ist (weil alles darüber abgeschöpft wird), der Marktpreis jedoch weit, weit darüber liegt, was hindert die Kraftwerksbetreiber dann daran, als zweites Standbein ein Stromhandelsunternehmen zu gründen? An dieses wird der Strom für 180 Euro / MWh verkauft und von dort wird der Strom dann zum Marktpreis weiterverkauft. Der „Übergewinn“ läuft also nicht bei der Geschäftseinheit Kraftwerk auf, sondern beim Händler. Landet am Ende aber bei den gleichen Eigentümern.

Um dies zu verhindern, müsste man nicht nur den Stromverkauf „ab Kraftwerk“ überwachen, sondern den gesamten Strommarkt und bei jeder Transaktion prüfen, 1) ob darin ein Anteil von Strom aus Nicht-Gaskraftwerken enthalten ist und 2) ob dafür ein Preis höher als 180 Euro / MWh erzielt wird, der 3) nicht bereits vorher in der Transaktionskette abgeschöpft wurde. Oder: man untersagt den Kraftwerken den „Direktverkauf“ und zwingt sie an die Börse, so dass es nicht möglich ist, den eigenen Strom einem „befreundeten“ Unternehmen günstig zuzuschustern.

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So wie ich das verstehe als eine Art umgekehrte Marktprämie.
Marktprämie).

Im Kern wird geprüft, wie lang und wieviel der Spot-Marktpreis über den 18 Cent lag und der Stromvermarkter muss die entsprechende Differenz in den EEG-Topf abführen.
Der Mechanismus ist andersherum ja schon seit 10 Jahren etabliert, um die Differenz von Marktpreis und EEG-Anspruch auszugleichen

Aber das ist doch nur die Situation für Anlagen, die innerhalb des EEG-Regimes vergütet werden. Und auch nur innerhalb Deutschlands.

„Normale“ Kraftswerksbetreiber können ihren Strom entweder über die Börse oder direkt verkaufen. Wenn die den Marktpreis nicht im ersten Verkaufsschritt realisieren, sondern erst irgendwo beim (Zwischen-)Handel mit der Strommenge abgreifen, dann frage ich mich, wie man das nachvollziehen will.

Das halte ich auch für das zentrale Problem bei der Abschöpfung der „Zufallsgewinne“ wie er in dem Entwurf der EU-KOM Regulierung vorgeschlagen ist. Theoretisch könnte man überlegen, ob man unabhängig vom tatsächlichen Verkaufspreis den jeweiligen (DayAhead-)Börsenpreis als Referenzpreis heranzieht. Ein solches Vorgehen würde aber dazu führen, dass auch in Fällen, in denen gar keine „Zufallsgewinne“ angefallen sind (z.B. weil schon weit im Voraus auf Termin zu einem niedrigeren Preis vermarktet wurde) eine Abschöpfung stattfinden würde - das dürfte wahrscheinlich auch rechtlich kaum zu halten sein.

Man könnte sich natürlich alternativ überlegen, dass dies nur für in der Zukunft abgeschlossene Geschäfte gilt - wenn nur der Spot-Preis als Referenzpreis gilt, würde dies aber wahrscheinlich zu einer entsprechenden Beeinträchtigung des Terminhandels führen.

Als weitere Variante wäre vorstellbar, für Termingeschäfte den zu dem jeweiligen Handelstag gültigen Terminpreis der EEX als Referenzpreis für die Bestimmung der Zufallsgewinne anzusetzen.

Mit diesen beiden Varianten könnte man die skizzierte Umgehung der Abschöpfung der Zufallsgewinne wahrscheinlich vermeiden, allerdings wäre der bürokratische Aufwand für die Bestimmung / den Nachweis / Kontrolle der Zufallsgewinne ziemlich hoch und es dürfte fraglich sein, ob das in der Praxis sinnvoll umsetzbar ist.

Es ist leider wie so oft - was auf den ersten Blick relativ einfach aussieht, erweist sich in der Praxis als deutlich komplizierter…

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Was bringt uns die Abschöpfung, wenn dieses Geld nicht sinnvoll für den beschleunigten Ausbau von 100% EE eingesetzt wird?

Ich würde analog 6b EStG oder 7g EStG einen zweckgebundenen steuerlichen Anreiz schaffen, dass die EVU dieses Geld zweckgebunden schnellstmöglich zum Ausbau der EE investieren müssen, die Bürgerenergiewende ist sinnvoll und löblich, aber Skaleneffekte erreicht man m.E. nur über die richtig großen Fische. Dafür sollte sich der Staat aber ein Eingriffsrecht vorbehalten, den Preis in Richtung Endkunden zu deckeln. Irgendwann sollte Energie ein Grundrecht sein und die Bereitstellung vom Staat gesichert werden. -wur reden des öfteren von der Sinnhaftigkeit eines Bedingungslosen Grundeinkommens, aber wenn man Dinge zur Abdeckung von Grundbedürfnissen in einem Land bereitstellen würde, könnte auch dieses Grundeinkommen viel niedriger sein. Mir schwebt vor: Grüne Energie, öffentliche Mobilität, Gesundheitsvorsorge, Wasser…man wird ja noch träumen dürfen :slight_smile:

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Ich höre mir die Lage gerade an. Die Kritik des VZI wird ohne Einordnung befürwortet, das hat mich überrascht. Den Gas muss noch lange als Reservekraftwerk immer den Rest beisteuern und damit immer den Preis bestimmen.

Gibt es nicht ohnehin eine Vermarktungspflicht für Windenergie und Solarenergie am Spotmarkt (der ja für diese wetterabhängigen Energiequellen eh sehr passend ist, weil Stunden bis Tage vor Lieferung für eine konkrete Anlage relativ gut prognostiziert werden kann, wie viel Strom überhaupt zu erwarten ist, während das Monate vorher niemand sagen kann?)

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Jein, das gilt nur für Strom in der Festvergütung (d.h. der durch die Übertragungsnetzbetreiber vermarktet wird - § 2 EEV). Für Anlagen in der Direktvermarktung gibt es keine Vorgaben.

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