LdN304 Einkommenssteuer und Stromrechnungszuschuss

Hallo zusammen,

Ulf hatte ja in der aktuellen Folge zum Kommentieren aufgerufen, um Punkte zu finden, warum es juristisch problematisch sein sollte/könnt, ein über die Stromrechnung ausgezahltes Energiegeld der Einkommenssteuer zu unterwerfen.

Ich habe keinerlei juristisches Fachwissen, wollte aber folgenden Aspekt einwerfen:
Wie vorher schon besprochen ist bei einer Auszahlung über die Stromrechnung der Betrag erstmal an keinen Bürger assoziiert, sondern an einen Stromzähler.
Wenn man hierauf jetzt ES zahlen muss, muss also definitiv aufgedröselt werden, welche natürliche Personen da hinter hängen.

Wie würde das praktisch aussehen?
Das erste Problem ist, dass relevant viele Angestellte keine Steuererklärung machen.
In einer Umsetzung ist denke ich klar, dass Angestellte von ihren Arbeitgebern den Betrag “ Steuer auf Energiegeld” weniger ausgezahlt bekommen.
Das ist nur praktikabel, wenn alle Arbeitnehmer:innen im Inland den gleichen Betrag an Energiegeld bekommen. D.h. Stromversorger müssen - um auszahlen zu können- wissen wie viele Menschen hinter einem Stromzähler wohnen, und zwar auf eine Art und Weise, dass jeder Mensch nur einmal Energiegeld bekommt. D.h…… Meldebescheinungen? oder Personalausweiskopien? einsammeln?

Ich bin gespannt ob jemand hier eine praktikablere Idee findet :wink:

2 „Gefällt mir“

Ulf fragte in der aktuellen Folge, welche rechtlichen Gründe dagegen sprächen, eine Einmalzahlung per Stromrechnung der Einkommenssteuer zu unterwerfen. Ich denke das liegt daran, dass dann alle Stromkunden zur Abgabe einer Einkommenssteuererklärung verpflichtet wären. Der Stromanbieter kennt ja nicht wie der Arbeitgeber die Bezüge des Arbeitnehmers, sodass er Lohnsteuer abführen könnte. Das ist zwar mehr ein praktisches als rechtliches Problem, aber ich denke, das ist der Grund weshalb eine solche Ausschüttung über die Arbeitgeber präferiert wird.

1 „Gefällt mir“

Hallo,

meine Vorredner haben den Nagel hier schon auf den Kopf getroffen, das Problem wäre in der Tat, dass bei weitem nicht alle die ein Energiegeld bekommen auch eine Steuererklärung machen müssen. Würde man dies jetzt von allen Menschen verlangen, wären vermutlich sowohl Finanzverwaltung als auch BürgerInnen mehr als bedient.

Dennoch denke ich, es gäbe eine Lösung, die zumindest in vielen Fällen praktikabel wäre. Man müsste den Grundfreibetrag und alle Grenzwerte in § 32a Abs. 1 EStG um den Betrag des Energiegeldes absenken. Das würde dazu führen, dass bei allen Menschen die entweder direkt oder über über ihre Arbeitgeber im Wege der Lohnsteuer einkommensteuerpflichtig sind, der Betrag des Energiegeldes mit ihrem individuellen Einkommensteuersatz besteuert wird. Technisch wird also nicht das Energiegeld versteuert, sondern die Steuerlast des Einkommens wird um einen entsprechenden Betrag angehoben. Bei Menschen, die keine Einkommensteuer zahlen bleibt das Energiegeld in voller Höhe unversteuert, was ja aber richtig ist, da sie ohnehin unter dem Grundfreibetrag Einkünfte erzielen.

Es mag Fälle geben in denen das nicht funktioniert, aber ich denke ein relativ großer Teil sollte sich so abdecken lassen. Es setzt allerdings voraus, dass das Energiegeld pro Kopf ausgezahlt wird und nicht pro Haushalt.

Über einen Hinweis auf meinen Denkfehler freue ich mich natürlich.

1 „Gefällt mir“

Was ich in dem Segment auch nicht verstanden habe war der Vorschlag, die besteuerten Übergewinne der stromproduzierenden zu nutzen, um die Gaspreise zu dämpfen.
Das Geld, das an die stromproduzierenden gezahlt wird, dass dann als Üebergewinn klassifiziert wird, kommt ja nicht aus dem nichts, sondern wird am Ende vom Tag von den Stromverbrauchenden bezahlt.
Gut - nur 26% des Stromverbrauchs fällt auf die Haushalte, während zumindest im Winter die Haushalte mit ihrem Anteil am Erdgasverbrauch eher an den 50-60% kratzen könnte (auf die Schnelle keine gute Zahl gefunden). Dann hat man eine Umverteilung von stromverbrauchenden Industrieunternehmen zu gasverbrauchenden Privatpersonen……
Wenn man die Unternehmen in die Pflicht nehmen will, kommen mir andere Maßnahmen zielgenauer vor, aber ok….

Viel spannender finde ich die Frage nach dem Volumen: wenn die Preiserhöhungen für Haushalte sich für Gas von denen bei Strom um Faktor 10 unterscheiden ( Zitat aus der Lage : hunderte Euro beim Strom, tausende beim Gas), und der Anteil der Privatkunden am Strommarkt und am Gasmarkt sich nur um Faktor 2 unterscheidet, dann kann eine Gegenfinanzierung der Gaspreise durch erhöhte Strompreis (d.h. Durch weniger stark gesenkte Strompreise) doch nicht funktionieren, weil die Geldvolumen nicht passen. Oder hab ich da nen Denkfehler drin?

Ich hatte aus anderem Grund ein Problem mit der Einkommenssteuer auf den Strom-Rabatt:

Sieht unser Einkommenssteuerrecht wirklich vor, dass ich von meinem Stromanbieter über die Stromrechnung ein „Einkommen“ erziele? Das dann steuerpflichtig ist?

Genau das habe ich auch gedacht. Die abzuschöpfenden Übergewinne im Strom sind deutlich geringer, als die Mehrbelastung der Stromkunden. Okay, das kann so sein, dann bleiben die Stromkunden auf einer gewissen Steigerung sitzen.
Dann soll da so viel abfallen, dass davon die um Größenordnung höheren Gaspreisanstiege (teilweise) ausgeglichen werden können?

Ein durchschnittlicher Strom- und Gasverbraucher müsste sich doch hier eigentlich über seinen erhöhten Strompreis die Gas-Unterstützung selbst zahlen? Damit wäre am Ende nichts gewonnen.

@moderatoren Könnten wir das Thema aus diesem Thread abspalten und separat diskutieren? Ich hatte eh vor, einen Thread dazu zu eröffnen.

HI Tom,

verstehe ich deinen Vorschlag richtig, dass man sagt: Die EKS wird erhöht, ohne direkten Bezug zum Energiegeld? Das heißt, im Gesetzestext selber steht „Energiegeld“ nicht drin, sondern da ist nur die Gesetzesbegründung?
Damit spart man sich natürlich in der Tat das Klein-Klein der exakten Zuordnung bei der Auszahlung via Energieunternehmen.

Das klingt für mich sinnvoll und praktikabel, und bestimmt mit der fdp nicht zu machen :smiley:

Das sieht sie in der Tat eigentlich nicht vor. Das Einkommensteuergesetz kennt sieben Einkunftsarten. Ein Energiegeld würde von der Systematik her unter die sonstigen Einkünfte passen. Dort wird aber von der Konzeption her immer darauf geschaut, ob eine Einnahme durch ein Verhalten des Steuerpflichtigen ausgelöst wurde. Das wäre hier nicht der Fall.

Natürlich kann man das Gesetz an dieser Stelle einfach ändern, es wäre aber zumindest mal systemfremd. Insofern wäre mein Vorschlag auch hier vermutlich einfacher zu implementieren: Statt das Energiegeld selbst zu besteuern, besteuern wir einfach den gleichen Betrag zusätzlich beim zu versteuernden Einkommen, indem wir den Grundfreibetrag und die Tarifzonen um den Betrag des Energiegelds senken.

Bisher sind mir auch nur wenige Gruppen eingefallen, wo das zu unbilligen Ergebnissen führen würde. Das wären einmal Personen die ausschließlich von Kapitalerträgen leben, die pauschal mit 25% besteuert werden. Dort würde das Energiegeld tatsächlich unberücksichtigt bleiben. Das zweite wären Personen die einfach von (bereits versteuerten) Ersparnissen leben. Ich denke aber beide Personengruppen sind erstens klein. Bei der ersten Gruppe liegt der Fehler meines Erachtens auch eher am Prinzip der Abgeltungssteuer, die einfach nicht besonders gerecht ist. Und bei der zweiten Gruppe ist das eben im Einkommensteuerrecht so, wenn diese jetzt anfangen würden einen kleinen kleinen Nebenjob unter dem Grundfreibetrag zu machen, wäre das ja auch nicht zu versteuern, obwohl sie vielleicht jeden Monat tausende Euro von ihren Ersparnissen zum Leben haben.

2 „Gefällt mir“

Exakt, genau genommen wäre es sozusagen ein Deal: Der Staat zahlt ein steuerfreies Energiegeld, senkt in der Einkommensteuer die Freibeträge aber so, dass die entsprechende Steuerbelastung eben auf das übrige Einkommen entsteht.

Ob man das Energiegeld über die Stromrechnung auszahlt, ein eigenes Verzeichnis mit allen IBANs schafft oder den Leuten das Geld am Sarg der Queen nach 12 Stunden Wartezeit bar in die Hand drückt, wäre übrigens egal. Es muss nur sichergestellt werden, dass pro Kopf der gleiche Betrag gezahlt wird.

Was die FDP angeht, kann ich leider auch nicht weiter helfen :wink:

Das ein hervorragender pragmatischer Vorschlag. Aber vermutlich verfassungswidrig. Der Grundfreibetrag ist ja das zur Existenz notwendige Minimum. Wenn der Staat diesen kürzt mit dem Verweis, dass man das Geld ja über die Stromrechnung zurückbekommt, dann müsste er vermutlich sicherstellen, dass auch jeder einkommensteuerpflichtig veranlagte Bürger über einen eigenen Stromanschluss verfügt. Das ist halt nicht gegen. Einfachstes Beispiel wären getrennt veranlagte Ehegatten. Die sind jeder für sich einkommensteuerpflichtig, haben aber vermutlich einen gemeinsamen Stromanschluss. Dass der eine Ehepartner vom anderen dann die Ausbezahlung des für ihn gedachten Teil des Energiegeldes fordern kann, ist vermutlich eine zu dünne Basis, um ihm beim erzielten Einkommen ins steuerfreie Existenzminimum hineinzulangen.

Aber 99% der Steuerzahler, die heute noch keine Steuererklärung abgeben, würden finanziell davon profitieren, doch eine abzugeben. Auch wenn es am Ende vielleicht nur ein paar Euro sind. Warum also nicht die Auszahlung des Energiegeldes an das Einreichen einer Steuererklärung knüpfen? Die kann man ja sehr, sehr weit reduzieren, wenn es außer dem Energiegeld und eines Angestellteneinkommens keine weiteren Einnahmen gibt.

1 „Gefällt mir“

Warum nicht einfach das „Energiegeld“ (falls es ausschließlich um die Stromgelder geht) von der Stromrechnung abziehen? Eine Abbildung über Steuern ist immer kompliziert und führt zu irgendwelchen kleinen oder größeren Ungerechtigkeiten, schon der dann festen Schwellwerte wegen.

Höre dazu LdN 304 / Min 13:13

1 „Gefällt mir“

Ist das wirklich so?
Ich dachte immer der Grundfreibetrag ist eine relativ willkürliche Größe während der alg2 Regel Satz ein existenzminimum ist.
Wenn ich das falsch verstanden hab wäre das ja spannend, hast du da eine Quelle zum Details lesen?

Vielen Dank für die guten Einwände, ich würde dennoch versuchen meinen Vorschlag zu verteidigen.

Es ist richtig, der Grundfreibetrag ist verfassungsrechtlich verankert, weil es das Existenzminimum abdeckt. Ich denke aber wir können uns einigen, dass es nicht verfassungswidrig sein kann, eine Leistung (=Energiegeld) zu gewähren und den Grundfreibetrag in gleichen Höhe zu senken. Denn nach Steuern würde jemand der ein Einkommen in Höhe des Grundfreibetrags hat nur einige Prozent der Energiegeldes über die Einkommensteuer wieder abgeben müssen. Er hätte also mehr Geld als vorher in der Tasche.

Fälle in denen Menschen kein Energiegeld bekommen, aber durch die Senkung des Freibetrags mehr Steuern zahlen, darf es natürlich nicht geben. Das wäre sicherzustellen indem die Auszahlung pro Kopf und nicht pro Stromanschluss erfolgt (das hatte ich auch als Voraussetzung für mein Modell bekannt). Das wäre ohnehin erforderlich, weil es auch Menschen gibt die mehrere Stromanschlüsse haben (Zweitwohnung etc.). Alternativ (oder zusätzlich) könnte man für die wenigen Fälle, die kein Energiegeld bekommen haben ein entsprechendes Feld in der Einkommensteuererklärung einfügen. Wenn jemand angibt (und auf Verlangen nachweist), dass er kein Energiegeld erhalten hat, kann entweder das zu versteuernde Einkommen um die Höhe des Energiegeldes gesenkt werden (dann steht er so da wie heute) oder das Energiegeld wird ihm netto über die Steuerrückzahlung ausgezahlt. Die genaue Ausgestaltung hängt hier also etwas von der Ausgestaltung des Energiegeldes ab.

Tatsächlich würden die meisten Menschen ohnehin von einer Steuererklärung profitieren. Das liegt vor allem daran, dass diejenigen die nicht von einer Steuererklärung profitieren und nachzahlen müssen in der Regel zur Abgabe verpflichtet sind. Würden aber alle Menschen jetzt eine Steuererklärung abgeben, müssten wir die Finanzämter massiv aufstocken. Das wird schwierig, schon jetzt mangelt es dort an Nachwuchs. Zudem sollte man schon aus verwaltungsökonomischen Gründen eine Steuererklärung nur dort erforderlich machen, wo individuelle Sachverhalte ermittelt und veranlagt werden müssen (wer ist wie viele Kilometer mit dem Auto zur Arbeit gefahren?). Bei Massen an gleich gelagerten Sachverhalten (jeder hat 300€ bekommen die noch nicht versteuert wurden) halte ich es für sinnvoll, dass keine Steuererklärung abgegeben werden muss, sondern diese Dinge automatisch in bereits bestehenden Arbeitsschritten berücksichtigt werden können.

1 „Gefällt mir“