LdN301 Finanzamt als Speerspitze der Digitalisierung

Ich behaupte, dass das Finanzamt von allen Behörden die am weitesten durchdigitalisierte ist. Elster-Portal für Erklärungen und alle sonstigen Nachrichten, DIVA (Digitaler Verwaltungsakt), in weiten Teilen vorausgefüllte Steuererklärung insbesondere bei Nur-Arbeitnehmern, RMS.
Mir fiele tatsächlich nichts ein, was man beim Finanzamt noch mehr digitalisieren könnte - außer der Gegenseite, also man zwingt Menschen nur noch digital mit dem FA zu kommunizieren. Bisher gibts das als Möglichkeit, aber nicht als Pflicht.
Fiele jemandem ein was noch fehlt?

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Hast du Elster schon mal für eine GmbH genutzt? Komplett unmöglich.

Tatsächlich gibt es diese Pflicht zur elektronischen Übermittlung von Steuererklärungen schon seit 2011:

Sie gilt für die

  • Einkommensteuererklärung, wenn man Gewinneinkünfte erzielen
  • Umsatzsteuererklärung
  • Gewerbesteuererklärung
  • Körperschaftsteuererklärung
  • Feststellungserklärung
  • Anlage EÜR
    und seit neuesten für die Feststellungserklärung zur Grundsteuer

Der 93-jährige Onkel meiner Frau, Immobilienbesitzer und Bezieher von GEMA-Tantiemen, hat gerade das Problem: Sein Steuerberater hatte einen Schlaganfall. Die Einkommensteuererklärung ist zwar auf Papier fix und fertig, aber niemand hat Zugang zum Elster-System des Steuerberaters. Das Finanzamt besteht dennoch auf elektronische Erklärung. Also zahlt der Onkel einen neuen Steuerberater ein 2. Mal, damit der die Erklärung über Elster zustellt.

Ich nutze Elster nur als Schnittstelle zu meinem Buchhaltungsprogramm und für mein Steuerprogramm für die private Einkommensteuer. Letztere sind meine Benutzeroberflächen für Elster. Ich bin wirklich IT-affin, aber das Einrichten von Elster empfang ich alles andere als intuitiv und einfach. Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass die „ältere Generation“ noch massive Schwierigkeiten damit haben. Letztlich ist Elster (genau wie Coronahilfe und Grundsteuer) ein „Arbeitsgarantieprogramm“ für Steuerberater.

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Welche Steuererklärung ist denn auf Papier simpel genug, damit man sie als Laie selbst macht, aber in Elster zu komplex? Ich bezweifle, dass die von @vieuxrenard erwähnte GmbH ihre Steuererklärung jemals selbst machen konnte.
Jedes Unternehmen bzw. jeder Unternehmer hat doch sowieso einen Steuerberater.

Ich sehe hier mind. drei Edge-Cases in einem.

Wieso hat der Steuerberater eigentlich kein elektronisches Backup der Steuererklärung, keinen Vertreter mit Backup-Zugang?
Wieso wurde die Steuererklärung überhaupt jemals auf Papier gemacht, wenn sie doch digital abgegeben werden muss? (Vielleicht als Backup?)
Und wieso ist es ein so großes Problem (d.h. großer finanzieller Aufwand), die vorliegende Steuererklärung nochmal neu zu digitalisieren (d.h. einzutippen) und abschicken zu lassen? (Ich nehme an, der 2. Steuerberater will die Erklärung neu machen, um nicht für die Angaben seines Vorgängers zu haften?)
Wieso kostet der erste Steuerberater überhaupt Geld, wo er doch die Leistung nicht abschlossen hat?

Ich glaube, das liegt eher an unserem Steuerrecht als an Elster.

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Ich denke auch, dass die Finanzämter bei der Digitalisierung im Vergleich zu anderen Verwaltungen recht weit vorne sind. Hier gibt es inzwischen bei den wichtigsten Fachanwendungen im Rahmen des sog. KONSENS-Verfahrens nach mehreren Runden weitgehend bundesweiteinheitliche Lösungen und Schnittstellen.
Die krassen Zustände, die in der Folge aus der Kommune beschrieben wurden, sind hier jedenfalls schon lange nicht mehr gegeben.

Allerdings habe ich über Bekannte erfahren, dass die Bundesagentur für Arbeit bereits auch sehr gut aufgestellt sein soll und z.B. schon flächendeckend E-Akten-Verfahren im Einsatz hat.

s. auch LdN301: Agentur für Arbeit - Jobcenter - #3 von RocoT

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Ich habe im vergangenen Jahr ein paar Wochen damit zugebracht meine Elster Accounts zu ändern. Und zwar deshalb weil die Datenübernahme nicht funktioniert, wenn es für Gewerbe (PV) und Einkommenssteuer zwei gibt. Es war ziemlich krass. Sowohl rauszubekommen woran es hakt als auch die Änderungen. Elster mag im Verhältnis weit digitalisiert sein, Anwender freundlich ist was anderes

Die schwedische ^^

Einfach nicht so viele absetzbare Sonderregeln einführen ala „1000 ganz legale Steuertricks“ schon geht das.

Die Standartsteuererklärung für die Einkommenssteuer incl. Einkünfte aus Kapitalgeschäften besteht aus 2 DinA4 Seiten (eigentlich nur eine Vor- und Rückseite)

Nächstes Jahr hab ich noch eine Anlage (Vor- und Rückseite) wegen dem Hausverkauf.

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Ja habe ich, und wenn man weiss was zu tun ist, dann ist es möglich. Es geht auch mehr darum, dass der komplette Workflow bereits digitalisiert ist, Elektronische Erfassung, Bescheidzustellung elektronisch, Steuerkontoabruf, vorausgefüllter Steuerbescheid inkl. der Elstam Daten.

Ehrlichwerweise werden Körperschaftssteuererklärungen zu 99% von den Berufszünften, sprich Steuerberatern,abgegeben. Wer sich hier selbst dran versucht ohne die exakte steuerliche Vorbildung inkl. der Daten-Erfassungen zu haben, muss leiden.

Insgesamt ist hier sicher am weitesten digitalisiert, wovon viele Menschen noch nicht Gebrauch machen. Aber ihr habt die komplexeste Art der Steuererklärung und Datenübermittlung rausgefischt = Körperschaftssteuer…

Wir sollten trotzdem die positiven Aspekte hervorheben, dass z.b. der Workflow bei der Einkommensteuer und der Steuerdatenübernahme aus dem Vorjahr nahezu perfekt funktioniert und die Sache damit in 10 -20 Minuten erledigt sein kann.
Dass die Bearbeitungsdauer sich deutlich verkürzt bis die Erstattung auf dem Konto des Steuerbürger ist and so on…

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Und grade mal nachgeguckt ihr seid ja eine GmbH & Co KG. Also eine Mischform aus Kommanditgesellschaft und euer Vollhafter ist eine GmbH, da sollte es das geringste Problem sein, die Körperschaftssteuererklärung abzugeben, da in der Komplementär GmbH meistens nur ein „minimaler Obulus“ drin steckt.

Viel mehr Arbeit machen doch die zwei Buchungskreise, die Buchhaltung, die Bilanzaufstellung etc…

Ich nutze Elster seit dem ersten Tag für meine private Erklärung, arbeite allerdings auch im Steuerbereich, habe also Vorwissen, das Laien fehlt.
Im Vergleich zu den Anfängen hat sich wirklich viel getan und auch wenn es kein Steuerprogramm ersetzt (was es vermutlich auch gar nicht soll) ist es mittlerweile intuitiv und die Hilfe ist auch wirklich eine solche.
Die Steuererklärung deines Schwipp-Onkels hätte jeder mit Zertifikat einfach abtippen können. Die Meldung wäre zwar dann dort gespeichert, aber da ist nichts personengebunden.

Edit: jetzt frage ich mich selbst gerade zum ersten mal, wieso das eigentlich geht. Ich signiere mit meiner Signatur die Steuererklärungen meiner ganzen Verwandschaft und das Finanzamt nimmt das einfach so hin. Sollte eigentlich nicht so sein.

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Ich denke das liegt daran, dass die STB auch nur ein Elster Zertifikat zur Übermittlung haben, m.e. müsstest du bei „Übermittlung für andere“ ein Häckchen setzen, dann wirst du quasi behandelt wie ein STBerater. Die Steuerschuldnerschaft und Verantwortung liegt ja wie wir „Vorgebildeten“ alle Wissen beim Steuerpflichtigen/Steuerkunden.

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GmbH & Co. KGs können echt übel zu besteuern sein. Die GmbH & Co. KG gibt nur eine Erklärung über die „gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen“ ab. Die ist aber echt nicht leicht auszufüllen. Die eigentliche Besteuerung erfolgt dann auf Ebene der Beteiligten Personen (meist ein Mensch als beschränkt haftender Kommanditist und eine GmbH als voll haftende Komplementärin die aber außer einer Geschäftsführervergütung keine Einkünfte erzielt).

Bei der Steuererklärung einer GmbH sind meist nur ganz wenige Kennzahlen auszufüllen. Dafür steckt die Musik in der Bilanz.

Bis vor zweieinhalb Jahren habe ich im Finanzamt gearbeitet. Damals gab es noch jede Menge Papierakten. Das wird aber mittlerweile immer weniger.

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Digitalisierung sollte nicht das Ziel an sich sein, sondern ein Mittel, um Dinge einfacher und effizienter zu machen. Dafür ist Elster nun wahrlich kein gutes Beispiel. Hat mal jemand die Feststellungserklärung für die Grundsteuer gemacht? Selbst Steuerberater, die in Elster eigentlich ganz fit sind, fluchen. Das ist offenbar von Bürokraten und Techies designed. Für intuitives GUI-Design wurde offenbar kein einziger Cent ausgegeben.

Sorry, aber das erfüllt Elster. Vielleicht nicht bis zu dem Punkt, den du dir wünschst, aber es wird einfacher.
Selbst wenn Elster mir nur die Möglichkeit bietet, das blöde Formular online statt auf Papier auszufüllen und zu übertragen, habe ich schon viel gewonnen: Ich muss es weder ausdrucken (kein Drucker), noch per Post ans Finanzamt schicken (kein Drucker, keine Briefumschläge, keine Briefmarken).

Das schöne an einem System wie Elster ist: Nachdem man es etabliert hat, und alle Bürger einen Zugang freigeschaltet haben, kann man die GUI auch später noch verbessern.

Nochmal: Wäre das auf Papier wirklich einfacher?
Falls nicht, liegt das eigentliche Problem nicht bei Elster. :wink: Auch wenn Elster natürlich die Chance hätte, mit adaptiven Formularen besser zu sein als Papier.

Ja, es wirkt so als ob die Finanzverwaltung die Speerspitze der Digitalisierung ist.
Das ist auch, im Gesamtkontext gesehen, logisch und nicht verwunderlich.
Die Finanzverwaltung bzw. Steuerverwaltung ist ein thematisch relativ abgeschlossenes Gebiet mit nur wenigen Querverbindungen und Abhängigkeiten. Außerdem sehr vielen eigenen Kompetenzen und Befugnissen. Kurz, die dürfen vieles einfach selbst entscheiden ohne sich groß abzustimmen.

Aber wenn man tiefer hineinschaut in die Finanz- und Steuerverwaltung, dann sieht man noch einige Versäumnisse oder nicht nachhaltige alte Technologie die haupsächlich oberflächlich modern aussieht.

Siehe dazu z.B. Ausfall von ELSTER beim Launch der Grundsteueranwendung.

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Korrekt, und gerade im Steuerbereich ist es aber noch immens wichtig, dass Sicherheit groß geschrieben wird.

Wir haben bereits mehrere Erklärungen gemacht und es ist nicht so dramatisch. Steuerberater haben normalerweise ihre Fachsoftware (Datev, Wago oder Agenda) darüber wird nur die Elster API Schnittstelle angesprochen, das hat dann überhaupt nichts mit der Elster Weboberfläche zu tun. Das ist rein Sache des Anbieters, und Steuerberater sind (wie Beamte) Meister im Jammern.
Der Mandant und der STB schimpfen bevorzugt über die Finanzverwaltung, das gehört zum guten Ton, dann fühlt man sich danach gleich gemeinsam besser…
Ich stimme zu, die Oberfläche des Elster Online ist etwas unübersichtlicher als das alte Elster-Formular, aber die Zukunft spricht halt Weboberfläche und die Verwaltung hatte ja nicht gerade wenig Support- aufwand, wenn dann die alte installierbare Version bei den BürgerInnen nicht funktioniert hat (aus XYZ Gründen), die Bayern-Hotline dafür war (und ist m.E). in München.
Irgendeinen Tod muss man also sterben.

Sollte der Anspruch an Digitalusierung lediglich sein, die Dinge nicht noch schwieriger zu machen?

Elster ist ein Fall von: Beschissene Prozesse zu digitalisieren führt zu beschissenen digitalen Prozessen

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Der Anspruch an Digitalisierung ist, zeitlichen Aufwand zu reduzieren. Komplexität/Schwierigkeit lässt sich nicht mit Computern reduzieren.

Dann haben wir aber kein Digitaliisierungs- sondern ein Prozessproblem.

Zu dieser ach so gelobten Digitalisierung dser Steuerverwaltung m,ittels Elster würde ich gerne meine Erfahrung als einfacher Bürger ohne goße IT-Erfahrung mit Euch teilen.
Vor einigen Wochen hat mich die Finanzverwaltung aufgefordert zu meiner Steuererklärung einige Belege nachzureichen. Um mir die Arbeit zu vereinfachen und Kosten zu sparen habe ich versucht die bei mir eingescannten Belege per Elster einzureichen.
Insgesamt waren knapp 80 Belege und 1 Vertrag zu übermitteln.
Da meine Elsteranschluß maximal 20 Belege auf einmal zulässt, durfte ich insgesamt 4 mal die Belegübermittlung starten die Belege einzeln hochladen und an die Verwaltung schicken. Damit war ich dann insgesamt ca. 4 Stunden beschäftigt.
Besonders interessant war dann der Vertrag. Da dieser schon ein paar Jahre alt ist lag der nur in Papierform und als gescannte Datei vor. Beim Hochladen kam dann die Meldung, dass die Dateigröße 10 MB nicht überschreiten darf. Mein Scan war allerdings 20 MB groß. Die Lösung war also: ausdrucken und per Post schicken. Also mehrere Stunden am Rechner gesessen und kein Geld gespart.
Bürgerfreundliche Digitalisierung sieht anders aus.

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