LdN301: Agentur für Arbeit - Jobcenter

Hallo,

ich finde es sehr gut, dass Sie das Thema aufgreifen.
Einen kleinen Zweifel möchte ich aber anmelden. Lucas Haas behauptet, bei der Agentur für Arbeit lägen schon die Daten zu Vermögensverhältnissen, Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft etc. vor. Da das ALG I jedoch als Versicherungsleistung bedarfsunabhängig gezahlt wird, bin ich mir ziemlich, dass das nicht der Fall. Es fehlt ja auch jegliche Rechtgrundlage für die entsprechende Erhebung.
Im ALG II hingegen sind die Daten relevant und werden daher vom Jobcenter erhoben. Ansonsten weiß ich aus beruflicher Tätigkeit, dass der - auch digitale - Datenaustausch zwischen AfA und Jobcenter recht gut funktioniert. Immerhin ist das jeweilige Jobcenter eine gemeinsame Einrichtung aus AfA und der jeweiligen Kommune.

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Hallo,
da möchte ich mich anschließen. Auch mir ist beim Hören dieser sehr aufschlussreichen Folge an dieser Stelle der gleiche Zweifel gekommen. Tatsächlich sind die Unterlagen, die für den Alg-I-Bezug benötigt werden, ungleich weniger als die, die für den Alg-II-Bezug benötigt werden, da hier beispielsweise auch Unterlagen für die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft benötigt werden und auch Nachweise über Kosten für die Unterkunft (also Miete, Heizkosten…). Dies ist beim Alg-I nicht notwendig, da es hier bei der Versicherungsleistung nur darum geht, ob ein Mensch ausreichend lange in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat. Miete, Einkünfte von anderen in der Familie usw. sind vollkommen uninteressant.
In der Tat liegen bei einem Jobcenter, das als gemeinsame Einrichtung (gE) von Kommune und Agentur für Arbeit betrieben wird, viele Daten (Name, Alter, Wohnanschrift, Beratungsvermerke) in Fachverfahren für beide Seiten vor. Diese Fachverfahren sind bei Agentur für Arbeit und Jobcenter als gE die gleichen. Die Fachverfahren, mit denen die Leistungen berechnet werden, sind allerdings unterschiedliche (da auch ganz unterschiedliche Berechnungsgrundlagen vorliegen). Hier ist also zumindest ein grundlegender Datenaustausch möglich (zumal in der Agentur für Arbeit schon seit 10 Jahren mit der E-Akte gearbeitet wird). Aber: Viele Jobcenter sind keine gemeinsamen Einrichtungen, sondern werden vom kommunalen Träger alleine betrieben (sogenannte zkT: zugelassene kommunale Träger). So auch das JC, in dem Herr Haas aus dem Beitrag gearbeitet hat (kurze Internetrecherche hat dies ergeben). Der Datenaustausch zwischen Agentur für Arbeit und einem zkT ist ungleich schwieriger, da der zkT in der Regel mit eigenen Fachverfahren arbeitet. Dies sind Erkenntnisse aus meiner Tätigkeit in der Agentur für Arbeit und im Jobcenter.
Ehrlich gesagt finde ich das Thema der gE und der zkT und der Verwerfungen, die sich in der Verwaltung, für Mitarbeitende und auch für die Leistungsbeziehenden hierdurch ergeben, eine eigene Sendung wert. Aber das nur am Rande.

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Moin,
Ich arbeite beim JC und habe das gestern mal bei Twitter zusammengefasst:

Das wichtigste vorab. Lucas scheint beim Kommunales Jobcenter Landkreis Leipzig zu arbeiten. Hierbei handelt es sich um ein rein kommunales JC oder auch Optionskommune genannt.

Hier übernimmt die Kommune alleine die Arbeit des JC. Normal ist es aber eine gemeinsame Aufgabe der Kommune und der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Dadurch fehlen der JC von Lucas die Anbindung an die BA und es kommt zu den von ihm beschriebenen Problemen in der Kommunikation.

Diese haben JC in gemeinsamer Hand aber eben nicht. Wir greifen auf den gleichen Datenbestand zu. Wir können über alle JC bundesweit schauen ob Leistungen bezogen werden. Sowohl für Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld 2, Kindergeld und Kinderzuschlag.

Wir nutzen die gleiche E-Akte und können uns über diese Dokumente weiterleiten. Von daher ist das größte Problem hier die Optionskommune aber das ist ein anderes Thema.

Darüber hinaus sagt Lucas, dass bei der BA auch die Daten für Kinder vorlägen und z.B. Erbscheine bereits bekannt wären. Das ist einfach falsch. Warum sollen denn bitte für Arbeitslosengeld Daten von Kindern erfasst werden?

Ich ärgere mich jetzt etwas das ich mich nicht zu eurem Aufruf gemeldet habe, da ich der Meinung bin, dass die BA eigentlich hätte ein positives Bsp. für Digitalisierung in eurem Podcast hätte sein sollen…

Hier ein paar Gründe warum:

Unsere schon genannte E-Akte wurde schon vor einigen Jahren eingeführt.

Unsere Software wird immer wieder weiter oder auch neu entwickelt. Auch hier gibts aber Potential nach oben.

Es gibt schon ein Frontend für die Bürger*innen. Die Daten daraus landen in der E-Akte bzw. ein paar wenige auch schon in den IT-Verfahren.

Es wird daran gearbeitet, dass die Daten aus den Onlineanträgen ins IT-System übernommen werden können (ist glaube ich schon in der Testung).

Bescheide können bald in dem Onlinebereich der Bürger*innen übergeben werden, wenn dies gewollt ist (soll dieses Jahr kommen)

Wir können über diesen Bereich Informationen mit den Bürger*innen austauschen (in beide Richtungen), das ist im Gegensatz zur Mail dann auch DSGVO konform.

Wir kommunizieren über die E-Akte mit Anwälten und Gerichten.

Vieles davon könnt ihr euch hier anschauen:

Das gibts für die Jobcenter, die BA und die Familienkassen.

Man kann sicherlich einiges an der BA oder JC kritisieren aber hier ist die Größe der BA schon ein echter Vorteil im Gegensatz zu der kommunalen Selbstverwaltung. Die auch uns in der Zusammenarbeit mit anderen Behörden regelmäßig in der Quere kommt.

Bei Fragen erzähle ich euch gern mehr darüber.

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Hallo, nachdem in der LdN 303 dieses Thema nochmal kurz aufgegriffen würde (vielen Dank hierfür!), möchte ich noch ergänzen, dass die BA wirklich vergleichsweise weit mit der Digitalisierung ist. Ohne das Arbeiten mit der E-Akte wäre beispielsweise die Bewältigung der Flut von Anzeigen auf Kurzarbeit insbesondere zu Beginn der Corona -Pandemie im März 2020 aus dem Homeoffice heraus wohl nicht denkbar gewesen.
Auch gibt es z.B. die BA-Mobil-App, in der Arbeitssuchende u.a. Termine, Stellenvorschläge und den Bearbeitungsstand ihres Alg-I-Antrages ansehen können. Auf www.arbeitsagentur.de gibt es einen Chat-Bot, es gibt diverse E-Services… Sicher ist immer noch Luft nach oben, die Angebote werden laufend weiter entwickelt.
Zum Schluss eine Bitte: Seit 2004 ist es die BundesAGENTUR für Arbeit, nicht die Bundesanstalt, benennt die BA daher bitte auch so (als BA-Mitarbeitende zucke ich bei „Anstalt“ jedes Mal zusammen :wink:). Vielen Dank!

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