LdN294: Sprache im Urteil des BVerfG "Bundeskanzlerin"

Hallo, euer Podcast ist toll aber ihr habt leider in der aktuellen Folge eine falsche Aussage getätigt. Ich habe mir das Urteil des BVerfG angeguckt nachdem ihr gesagt habt, dass dort das Wort Bundeskanzlerin nicht erwähnt wird, weil mich das entsetzt hat. Fakt ist aber dass die Bundeskanzlerin oft auch als solche im Gutachten benannt wird. Aussagen die direkt auf Angela Merkel getroffen werden (juristische Subsumtionen) werden auch so bezeichnet: bspw. ganz oft “die Internetseite der Bundeskanzlerin” aber auch an anderen Stellen. Dennoch gibt es auch mehrere Stellen wo Aussagen über Frau Merkel getätigt werden und danach trotzdem “der Bundeskanzler darf/darf aber nicht” steht, was in meinen Augen auch keinen Sinn macht. Zudem wird die komplette Maßstabbildung, also die Grundzüge was eine Bundeskanzler*in im Allgemeinen darf oder auch nicht (in Bezug auf die Chancengleichheit) nur mit der maskulinen Form beschrieben. Wahrscheinlich dem Umstand geschuldet, dass im Gesetz nur “der Bundeskanzler” zu finden ist und bei allen Grundkonstellationen im juristischen (der Eigentümer, der Stellvertreter, der Minister oder der Täter etc) immer nur die maskuline Form benutzt wird. Ich finde das auch absolut nicht in Ordnung, vor allem weil uns Jura Studenten auch in vielen Teilen verboten oder faktisch unmöglich gemacht wird bei diesen rechtlichen Ausdrücken die feminine Form zu benutzen oder in schriftlichen Hausarbeiten zu gendern.

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Die Kritik an der Verwendung der Bezeichnung „Bundeskanzler“ anstelle von „Bundeskanzlerin“ im Urteil des BVerfG vom 15.6.22 kann ich nicht nachvollziehen. Allein die Nutzung der Suchfunktion offenbart 47 Stellen - ohne das Sondervotum - für „Bundeskanzlerin“. Es ist in der Tat so, dass „Bundeskanzler“ dort verwendet wird, wo auf das abstrakte Amt Bezug genommen wird, während im Rahmen der Subsumtion korrekterweise „Bundeskanzlerin“ geschrieben wird. Dies ist m.E. völlig korrekt, denn die Amtsbezeichnung lautet nach wie vor Bundeskanzler (Art. 62 GG ff.), solange die Amtsbezeichnungen im GG nicht gegendert werden.

Im Gegenteil, würde bei der abstrakten Bezeichnung „Bundeskanzlerin“ verwendet, wäre dies eine unkorrekte Formulierung innerhalb des Urteilsstils, da Definition (abstrakt) und Subsumtion (konkret) miteinander vermengt würden.

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Wäre es an diesen Stellen aber nicht richtig gewesen, wenn man Bundeskanzler/ Bundeskanzlerin geschrieben hätte?

Wenn das GG das so vorgeben würde, ja. Tut es aber bisher nicht.

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Vielen Dank für deinen Beitrag, ich wollte gerade einen ähnlichen Kommentar verfassen.

Ich fand auch die (wohl etwas polemisch gemeinten) Äußerungen im Podcast dahingehend, dass Frau Merkel das Urteil ja dann gar nicht befolgen müsse, weil es sie ja gar nicht betreffe problematisch. Nach dieser Logik würden große Teile des BGB nicht für Menschen nicht-männlichen Geschlechts gelten, da dort auch von Eigentümern und Schuldnern die Rede ist. Es wäre danach auch nicht möglich gewesen sie zu wählen, da im GG ja nur die Wahl des Bundeskanzlers geregelt ist. Es ist jedem unbenommen eine geschlechterneutrale Sprache zu verwenden und diese zu präferieren. Solange das Gesetz selbst dies noch nicht tut ist es selbstverständlich in Ordnung zumindest in der abstrakten Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Rechten und Pflichten die in diesem Fall ja offensichtlich generisch gemeinte maskuline Form zu verwenden. Wie du aus meiner Sicht zutreffend ausgeführt hast, ist dies im Hinblick auf die gesetzliche Formung wohl sogar erforderlich.

Es wäre schön, wenn hier bei aller Leidenschaft für die berechtigten Belange der Gleichberechtigung nicht vorschnell zu ungenauen Konklusionen gesprungen würde.

Liebe Grüße HG

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