LdN293 Ukraine-Krieg: "Bestehen" und Waffenlieferungen - das Narrativ ist falsch

Guten Morgen,
ich höre grade die aktuelle Folge und bin gradewegs geschockt über eure Aussagen.
Was ist an dem Begriff „Bestehen“ auszusetzen?
Wilhem II sprach zum Beginn des ersten Weltkriegs auch:

Und wir werden diesen Kampf bestehen auch gegen eine Welt von Feinden. Noch nie ward Deutschland überwunden, wenn es einig war.

Hier war eindeutig das siegen gemeint, das ist mit „bestehen“ üblicherweise gemeint, wenn man das ganze historisch betrachtet.

Der Vorwurf, dass EXPLIZIT Deutschland nichts liefern will, was bei der Rückeroberung hilft, ist ebenfalls haarsträubend.
Das betrifft alle Staaten westlich von Deutschland bzw. alle die kein Sowjetmaterial haben.
Wir haben nichtmal die Flöhe husten hören, dass die USA M1 Abrams und Bradleys ergo, die Gegenstücke zu Leopard 2 und Marder, liefern wollen und die USA haben genug.
Ja, es gibt M777 Haubitzen, es gibt M113 und vieles andere.
Aber das ist auch nicht die Ausstattung um eine Offensive zu führen.

Panzer und Schützenpanzer werden ihre Zeit brauchen, wenn man sie aus den Depots holt;
wenn sie schnell kommen sollen, müssen wir und andere unsere Verbände nackt machen.
Das ist die Wahrheit und das ist nichts, was explizit Deutschland trifft!

Auch euer kleiner Trost stellt dieses Narrativ, das ihr da teilt, nicht richtig.

Das Wort „bestehen“ liefert aus meiner Sicht wenig Spielraum für eine Interpretation in Richtung „siegen“, da letzteres auch bedeutet, die lokale Nachkriegsordnung mitzubestimmen sowie keine (territorialen) Verluste hinnehmen zu müssen. „Bestehen“ wirkt da deutlich defensiver und bietet viel Raum für Zugeständnisse auch territorialer Natur.

Zu Panzern und sonstigen Waffensystemen kann man doch erstmal simpel feststellen: es findet keine Ausbildung ukrainischer Soldaten an diesen statt. Da eine solche Ausbildung zeitlich deutlich vor deren Einsatz geschehen müsste, schließe ich daraus, dass auch mittelfristig keine Lieferungen solcher Systeme geplant sind. Das finde ich kritikwürdig, da es eine offensichtliche Ungleichheit bezüglich der verfügbaren militärischen Mittel zwischen Russland/Ukraine zementiert.

Das Argument, dass man Panzerwaffen erst aus den Depots holen müsse, überzeugt mich nicht. Einerseits, weil nicht alle NATO-Bündnispartner so blank sind wie Deutschland. Andererseits, weil auch „kleine“ Stückzahlen einen Unterschied machen können. Mir fehlt von der Bundesregierung diesbezüglich eine klare Aussage, dass man solche Lieferungen generell zumindest nicht ausschließt oder - als Bundesregierung - im Rahmen der NATO auf solche Lieferungen hinarbeitet. Das Zeigen von Initiative von deutscher Seite wäre mal eine wohltuende Abwechslung.

2 „Gefällt mir“

Gepard wird spät und ohne Munition geliefert.
Und der Ringtausch mit den Nato Staaten die Sowjetmaterial haben scheint auch nicht zu funktionieren.

Derzeit sieht es auch so aus das Spanien Leopard 2 Panzer an die Ukraine liefern will. Hinzu kommt dass deutlich mehr gepanzerte Fahrzeuge und Atellerie bspw aus Frankreich und Australien geliefert wurden. Es sind eben nicht nur die Amerikaner sondeen sehr viele Nato Staaten

Außerdem sollte man alles nicht so isoliert betrachten. Deutschland hat sehr lange gezögert überhaupt irgendetwas zu schicken und zusätzlich noch lieferungen anderer Staaten an die Ukraine blockiert ( die Position hat ja jetzt die Schweiz übernommen). Dann wurde rethorisch von einer Wende gesprochen und dann DDR Restbestände und paar kleinere Waffen geliefert. Natürlich steht Deutschland besonders in der Kritik. Aber man geht auch nur sehr zögerlich sehr kleine Schritte. Zugleich hat Deutschland auch die Politik der EU zu Russland stark mitzuverantworten und steht daher halt nochmal stärker im Fokus. Natürlich ist der Maßstab was und wie viel geliefert wird im Bezug auf Dt ein anderer als für andere Staaten

2 „Gefällt mir“

Genau! Der Ukraine mangelt es an allem, außer (noch) an kampfwilligen Soldaten. Nach jüngsten Berichten geht sogar die Munition für die alte Artillerie aus Zeiten der Sowjetunion aus. Deutschlands Industrie sollte inzwischen auf vollen Touren produzieren, was immer die Ukraine benötigt. Vom Tanklaster mit Allradantrieb bis zur Artillieregranate. Inzwischen waren ja Monate Zeit, um dies in die Wege zu leiten.

4 „Gefällt mir“

Wenn du dich am Wort bestehen aufhängst, musst man aber mMn differenzieren:

Ja, „im Kampf bestehen“ wie in deinem Zitat würde ich auch als Synonym für „Siegen“ sehen.

Wenn ich mich nicht irre hat Scholz aber nichts von „im Kampf bestehen“ gesagt, sondern das Land Ukraine solle „bestehen“. Das würde ich als „fortbestehen“, „weiter existieren“, „überleben“ deuten, also deutlich defensiver.

Quatsch, oder wollte Wilhelm 2 nur, dass Deutschland überlebt oder wollte er wirklich siegen?
Für deine Interpretation gibt es keine Evidenz.

Ach deswegen fahren Leclerc, Challenger und Abrams schon in der Ukraine rum?
Ach nein tun sie nicht.

Das stimmt auch nicht.

Ja leider haben wir keine Staatsunternehmen denen man das einfach befehlen können

Laut Duden gibt einen semantischen Unterschied zwischen „[Die Ukraine muss] einen Kampf bestehen“ und „Die Ukraine muss bestehen“. Ersteres stammt (ohne die Ergänzung) aus dem Zitat Wilhelms des Zweiten und bezieht sich darauf, dass jemand (die Ukraine) sich im Kampf bewähren muss. Letzteres ist das Zitat von Scholz und bedeutet wörtlich, dass die Ukraine fortdauern/weiterexistieren soll.

Allgemein findet sich bei der Definition von „bestehen“ beim Duden keine Wortbedeutung, die mit „siegen“ synonym ist. Es mag sein, dass Kaiser und Kanzler „siegen“ sagen wollten. Haben sie aber beide nicht. Insbesondere bei Wilhelm II. halte ich die Interpretation der „Bewährung im Kampf“ sehr naheliegend, da sie gut zur damaligen Gesellschaft und ihrer Beziehung zu Krieg/Ehre/etc. passt.

Wie bereits im vorigen Post, ist auch hier der Duden wieder als Evidenz verlinkt. Warum sollte diese aus deiner Sicht nicht gelten?

Hier finde ich schade, dass du dir diesen einzelnen Satz herausgepickt hast, statt den ganzen Absatz im Ganzen zu betrachten. Zunächst einmal scheinst du gar nicht bestreiten zu wollen, dass die Depots unserer Bündnispartner teilweise (und gemessen an ihren eigenen Erwartungen) besser befüllt sind als unsere. Dass in der Ukraine noch keine Panzer der von dir genannten Bauarten herumfahren muss nichts mit der Frage des generellen Vorhandensein zu tun haben. Zumal Länder wie Frankreich oder Spanien vielleicht auch nochmal eine ganz andere Sicht auf die Ukraine und den russischen Angriffskrieg haben.

Worauf ich aber hinaus will ist, dass Deutschland, aus meiner Sicht, darauf hinarbeiten sollte, dass solches Material seinen Weg in die Ukraine findet. Ich vermisse eine explizit deutsche Perspektive auf diesen Bruch des Völkerrechts in unserer Nachbarschaft.

1 „Gefällt mir“