LdN290: Parteispenden an die FDP aus der Mineralölindustrie

Da es in der LdN290 angesprochen wurde, habe ich mich mal ein wenig durch die Parteispenden der FDP geklickt und nach Spenden spezifisch von Seiten der Mineralölindustrie geschaut. Angeschaut habe ich mir zum einen die Parteispenden über 50.000€ (Deutscher Bundestag - Parteienspenden über 50.000 € (ab 1. Juli 2002)) sowie die Rechenschaftsberichte der FDP, in denen Spenden, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr 10.000€ übersteigt, gem. § 25 III 1 PartG unter Angabe des Namens und der Anschrift des Zuwenders sowie der Gesamthöhe der Zuwendung zu veröffentlichen sind (Deutscher Bundestag - Fundstellenverzeichnis der Rechenschaftsberichte). Ich habe leider nicht die Zeit, jede einzelne Privatperson zu recherchieren und habe mich in erster Linie auf juristische Personen beschränkt. Meine Recherche ist bei Weitem nicht erschöpfend und ich vermag diese Spenden in Höhe und Frequenz nicht einzuordnen. Da ich heute zwei Stündchen Leerlauf hatte, habe ich auf gut Glück einfach losrecherchiert, so lange ich Zeit hatte :slight_smile: Vielleicht haben ja andere Menschen hier noch mehr beizutragen!

Großspenden 2009-2022

Unter den Großspenden sind mir folgende Spenden aufgefallen:
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Zum VCI gehört laut Wikipedia auch: en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie.

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Rechenschaftsberichte 2015-2020 (der Bericht für 2021 ist nicht verfügbar)

2020: https://dserver.bundestag.de/btd/20/003/2000325.pdf
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2019: https://dserver.bundestag.de/btd/19/275/1927595.pdf
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2018: https://dserver.bundestag.de/btd/19/173/1917350.pdf
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2017: https://dserver.bundestag.de/btd/19/070/1907000.pdf
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2016: https://dserver.bundestag.de/btd/19/023/1902300.pdf
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2015: https://dserver.bundestag.de/btd/18/130/1813030.pdf
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EDIT: (danke @lib)
Zur Einordnung der Spenden des VCI

2020: Parteispenden des Chemieverbandes 2020 | VCI
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2019: Parteispenden des Chemieverbandes 2019 | VCI
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2017: https://www.vci.de/langfassungen/langfassungen-pdf/2018-04-04-parteispenden-des-chemieverbandes-2017.pdf
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Der Verband der chemischen Industrie hat im letzten Jahr an folgende Parteien gespendet:
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Aus den Spenden eine Bevorzugung der Mineralölkonzerne durch die FDP zu konstruieren ist dann doch weit hergeholt.
Unrecherchiert in einem journalistischen Podcast eine Bestechlichkeit zu unterstellen empfinde ich dann doch als unseriös.

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Danke für die Ergänzung! Habe es mal noch per Edit in meinen Post aufgenommen.

Spenden sind, glaub ich, hier der naheliegender Ansatz.
Ich weiß nicht, wie umfragegesteuert die Politik derzeit ist. Bei einer der letzten Umfragen bin ich dem Sinn nach gefragt worden, ob ich einen Benzinpreisdeckel für gut halte. Es gab nicht die Antwortmöglichkeit nach einem Klimageld, das allen ausgezahlt wird. Zähneknirschend und an Busfahrerinnen und Krankenpflegerinnen, die ungünstig wohnen denkend, habe ich der Idee doch zugestimmt.

\nicht_ernst_gemeint{Andererseits könnte man ja mit entsprechenden Zustimmungen den Umfragen den Zug in Richtung Abgrund ordentlich befeuern. Stichwort: „wir müssen sichtbarer werden“ }:wink:

Ich würde zustimmen, dass das Problem nicht spezifisch die Spenden an die FDP sind (weil die FDP nicht mehr bekommt als andere Parteien), sondern das Problem die Parteispenden generell sind.

Was sagt es über unsere Demokratie aus, wenn Unternehmen bzw. bestimmte Branchen an alle großen Parteien im Bundestag maßgebliche Geldbeträge zahlen? Es liegt doch auf der Hand, dass diese Zahlungen nicht ohne Hoffnung auf eine Gegenleistung erfolgen, gerade weil sie so breit ausgelegt sind.

Was ist problematischer?
Eine Branche, die einer Partei maßgebliche Spenden zukommen lässt, weil sie hofft, dass diese Partei deshalb Lobbyarbeit für diese Branche macht?

oder

Eine Branche, die allen Parteien maßgebliche Spenden zukommen lässt, weil sie hofft, dass jede relevante demokratische Alternative, die der Wähler haben könnte, deshalb Lobbyarbeit für diese Branche macht?

Ich finde letzteres wesentlich kritischer. Wenn das Geld nur an eine Partei fließt und diese Partei sich dann für diese Branche einsetzt, hat man zumindest noch das Gefühl, dass man das medial problematisieren kann und im schlimmsten Fall eine andere Partei wählen kann. Wenn aber eine Branche an alle Parteien viel Geld zahlt und dann immer wieder parteiübergreifend, egal ob unter Rot-Grün oder Schwarz-Gelb, Gesetze erlassen werden, welche diese Branche stützen, fühle ich mich als Wähler machtlos. Und auch die Medien sind dagegen machtlos.

Warum haben wir in Deutschland wohl so viele Sondersituationen bezüglich der Automobilindustrie (kein Tempolimit, Firmenwagenprivileg, Abwrackprämien). Klar, einerseits, weil die Automobilindustrie in Deutschland besonders viele Arbeitsplätze bietet und besonders viel BIP generiert. Aber eben vielleicht auch, weil diese Branche jedes Jahr Millionen an die Parteien spendet und ein schier grenzenloses Lobby-Budget hat… beides geht letztlich Hand in Hand.

Warum sollten in einer Demokratie überhaupt Unternehmen an Parteien spenden können?!? Warum verbieten wir diese „institutionalisierte Bestechung“ nicht generell?

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Spenden sind im Gesamtkontext doch keine Problem.
Als ein Beispiel:
Die FDP hatte einen Umsatz von 36.910.000€ in 2020.
Davon kamen etwa 2.055.454€ - also weniger als 6%- von Großspendern über 50k€.
Gerade einmal 13.000€ kamen von dem Chemieverband - also 0,04% der Einnahmen.

Ich möchte ja nicht ausschliessen dass Parteien für Spender auch mal ihre Regelungen überarbeiten.
So haben die Grünen im April 2021 ihr Versprechen, keine Großspenden über 100.000€ anzunehmen, für eine Spende in Höhe von einer Million Euro von einem Bitcoin Millionär kurzfristig über Bord geworfen und das Geld angenommen.
Eine einmalige Sache war das bei den Grünen auch nicht, nachdem sie bereits im Februar 2021 vom Pharma-Erben Schwarz eine halbe Million angenommen haben.

Ich möchte hier kein whataboutism betreiben- aber die 13.000€ von der Mineralölindustrie (sofern man die Chemiebranche dort einfach hineinzieht) stehen in einem lächerlich kleinen Verhältnis zum Umsatz der FDP von 0,04%.
Wenn man Spenden kritisiert - dann doch bitte Spenden die einen Umsatz von über einem Prozent des Umsatzes ausmachen. Und da gibt es nur eine Partei mit derart hoher Großspendenfinanzierung: Die Grünen.

Das ist wirklich ein billiger Versuch, Polemik gegen die GRÜNEN zu betreiben.

Die Besonderheit an den Spenden an die GRÜNEN ist gerade, dass diese Spenden nicht von Lobbyisten kamen, sondern im Gegenteil die beiden Großspender die Spenden geleistet haben um tatsächlich die Ziele der Partei zu unterstützen.

„Pharma-Erbe Schwarz“ klingt halt so negativ. Aber Fakt ist: Der ist nur Erbe. Der hat nix mit dem Pharma-Unternehmen zu tun und will sicherlich nicht, dass die GRÜNEN plötzlich Politik im Sinne der Pharma-Industrie machen, denn er hat damit einfach gar nix mehr am Hut. Es ist eine klare, ideologisch motivierte Spende.

Auch die Spende des Bitcoin-Millionärs wurde gerade nicht mit dem Ziel geleistet, z.B. Bitcoin zu unterstützen. Im Gegenteil, besagte Millionär sagte, er empfände dieses Vermögen als „unverdientes“ Geld und wollte es gezielt spenden, um Klima- und Umweltschutz zu unterstützen, daher: Die Ziele der GRÜNEN.

Beide Fälle sind gerade keine UNTERNEHMENS-Spenden, sondern ganz klar Privatspenden.

Wenn der Chemieverband hingegen an alle großen Parteien spendet, tut er das bestimmt nicht, weil er sowohl die GRÜNEN als auch die FDP und die SPD und die CDU toll findet und unterstützen will. Bei solchen „Schrotflinten-Spenden“ von Branchenvertretern geht es halt gerade nicht darum, das Ziel einer Partei zu unterstützen (dann würde man nicht an alle Parteien spenden…), sondern einzig darum, Einfluss auszuüben.

Der Anteil der Spenden am Umsatz einer Partei ist hingegen nahezu irrelevant. Und wenn du sagst, dass „nur“ 6% der FDP-Einnahmen von „Großspenden“ kommen, muss man dazu auch anmerken, dass es kein Zufall ist, dass gerade FDP, CDU und SPD so viele Spenden genau einen Euro unterhalb der Großspenden-Grenze erhalten.

Die absoluten Zahlen sind hier generell relevanter als die relativen Zahlen im Vergleich zu anderen Einnahmen. Warum sollten 2.055 Mio an die FDP weniger problematisch sein als 1.791 Mio an die GRÜNEN? Nur, weil die GRÜNEN scheinbar auf anderem Weg weniger Geld einsammeln? Eine Partei mit spendenfreudigeren (=reicheren) Mitgliedern soll daher mehr „Recht“ auf Großspenden haben, bevor es anrüchig wird? Das macht einfach keinen Sinn.

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Diesen Verdacht zumindest, hat sich die FDP in der Vergangenheit aber auch irgendwo selbst zuzuschreiben.
Aber es spielt eigentlich auch keine Rolle, ob die General-Absage an Tempo 130 oder jetzt die Mineralöl-Steuersenkungen durch Bestechlichkeit oder einfach nur Klientelpolitik entstanden sind, aber sie sind mMn für Deutschland nicht förderlich und stehen einer Partei mit Regierungsanspruch für alle Menschen, was die FDP ja sein will, nicht gut zu Gesicht.

Und mal ganz generell ist in Deutschland wohl eher die sogenannte nachgelagerte Korruption ein Problem, also wenn Politiker nachträglich in Unternehmen wechseln, für die sie vorher in ihrer politischen Arbeit irgendwie zuständig waren.

Und nebenbei, die FDP hat im Bundestagswahljahr 2021 insgesamt durchaus ordentlich Spenden abgekommen:

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Es gibt keine Belege für eine Bestechlichkeit der FDP durch die Mineralölindustrie - denn die 13.000€ sind doch nun wirklich lächerliche Peanuts und noch nicht einmal von der Mineralölindustrie:
Das Geld kam vom Verband der chemischen Industrie, die einem schön was husten würde mit der Mineralölindustrie gleichgesetzt zu werden.

Schlimmer als dass es keine Belege für eine solche Bestechlichkeit gibt finde ich aber den Fakt, eine solche These einfach mal in einem führenden politischen journalistischen Medium rauszuhauen.
Der Unterschied zwischen Stammtisch und Journalismus ist das Recherchieren und Überprüfen von Thesen. Wenn diese Hürde im Journalismus nicht mehr genommen wird führt dies den Journalismus vor ein Glaubwürdigkeitsproblem und weiterem Vertrauensverlust in der Bevölkerung, der in diesem Fall sogar gerechtfertigt ist.

Als konstruktive Kritik: Vielleicht ist die Installation einer Fakt-checking Instanz zwischen Aufnahme und Veröffentlichung (wie es die NY Times oder ThePioneer in ihren Podcasts hat) eine lohnende Investition für die Lage der Nation.

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Na ja es ergibt schon Sinn. Die Abhängigkeit von Parteispenden erscheint nämlich dann größer je höher deren Anteil ist. Es ist ja nun wirklich nicht so, dass Parteien Spenden als Geschenke sehen und die dann nur für Dinge ausgeben, die man sich sonst nicht geleistet hat. Stattdessen sind Spenden ein fest eingeplanter Posten zur Fianzierung von Wahlkämpfen UND Personal.

Oder anders gesagt, wenn Sie eine NGO mit 10 Mitarbeitern führen und sie 3 der 10 Stellen über Spenden finanzieren, dann sind Sie von den Spendern abhängiger als wenn mit der Spende nur der Obstkorb bezahlt wird (die Zahlenwerte im Beispiel sind nur illustrativ und nicht in Verbindung mit den tatsächlichen Größenverhältnissen der Spenden an Parteien zu sehen!).

Dann hör doch einfach nochmal nach was sie gesagt haben, bevor du hier solche Aussagen schreibst.

Das da eine These dahinter steckt ist deine eigene Fantasie.

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