LdN280/281 Ukraine-Krieg - Exitstrategien

Wenn Putin extrem in die Enge getrieben wird und keinen Ausweg mehr sieht, möchte ich nicht wissen was er dann glaubt tun zu müssen.
Deshalb ist es wichtig, sich bei den ganzen Sanktionen auch Gedanken über die möglichen Auswege zu machen. Der Mann ist nicht dumm, und hat Atomwaffen zur Verfügung, genug um ganz Europa oder gar die ganze Welt in Schutt und Asche zu legen. Ich möchte mich nicht 100% auf das US-Amerikanische Schutzschild verlassen müssen.

Ich verstehe das Argument, dass man Putin einen „gesichtswahrenden Exit“ anbieten muss. Ich empfehle hierzu den Film „Thriteen Days“ über die Kuba Krise. Generell ist die Kuba-Krise ein gutes Beispiel dafür, wie schnell eine komplexe Lage eskalieren kann. Aber auch damals konnte man sich für gesichtswahrende Beschlüsse hinter verschlossenen Türen für beide Seiten einigen.
Die Sowjetunion zog ihre Raketen aus Kuba ab. Dagegen erklärten die USA, keine weitere militärische Invasion Kubas zu unternehmen und in geheimer Absprache ihrerseits die amerikanischen Jupiter-Raketen aus der Türkei und Italien abzuziehen.
Der Abzug aus der Türkei fand etwas später und unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, um die NATO-Partner der USA nicht zu brüskieren und die Vereinigten Staaten als Sieger der Krise darstellen zu können.Am 20. November 1962 – nach offiziell erfolgtem Abzug der sowjetischen Mittelstreckenraketen – lösten die USA schließlich die Seeblockade um Kuba auf.
Die Amerikaner bauten dann im geheimen ihre Rekaten ab, was ein taktischer Erfolg der Sowjetunion war, da durch den Abzug der US-Atomraketen aus der Türkei und Italien eine für die Sowjetunion günstigere Lage erreicht wurde. Außerdem hatte die Sowjetunion Sicherheitsgarantien für Kuba ausgehandelt.
ABER: die Sowjetunion hatte in diesem Szenario keine Nation überfallen und ihre Waffensysteme gegen Zivilisten eingesetzt. Es gab keine zerstörten Städte, keine Flüchtlinge, keine zivilen Opfer. Im Gegenzug hatte man Moskau nicht mit umfassenden Sanktionen belegt, wodurch Putin derzeit noch unberechenbarer erscheint, als vor der Invasion.
Ihr habt es in der Lage sehr gut skizziert, worauf wir uns da einstellen müssen: taktische Atomwaffen. Zu welchen Schandtaten die russische Armee im Stande ist, haben wir in Syrien gesehen. Wie wird sich Putin also verhalten wenn er erst mit dem Rücken zur Wand steht, fast die gesamte Welt, einen Teil seines Volkes und die Oligarchen gegen sich hat?
Er wird sich auf keine Exit-Strategie einlassen.
Und ich bin ganz ehrlich: wir sollten ihm auch keine Exit-Strategie anbieten. Ich meine, NOCH EINE? Wir haben ihm eine nach der Zerstörung von Grosny zugestanden, nach Georgien, nach der Vergifftung von Litwinienko, nach Skripal, nach Navalny, nach der Annektion der Krim, nach der Unterstützung der Separatisten im Donbas (denn diese hätten ohne russischen Support, niemals acht Jahre diese Kampflinie gehalten), alle wichtigen Staatschefs waren in Moskau. Es gab Verhandlungen auf höchster diplomatischer Ebene - ihr habt es selbst gesagt - Putin war ein gefragter Mann. Wie viele Exit-Strategien will man ihm noch anbieten? Oder wie viele rote Linien wollen wir noch ziehen?
Putin hat zudem das Budapester Memorandum gebrochen, in dem sich Russland, die USA und GB verpflichten die Souveränität von Kasachstan, Belarus und der Ukraine zu achten. Dafür geben die ehemaligen Sowjetrepubliken ihre Atomarsenale an Russland ab.
Artikel 2 bestätigt die schon bestehende Verpflichtung zur Enthaltung von Gewalt.

Artikel 3 verpflichtet mit erneutem Verweis auf die Schlussakte von Helsinki die zur Enthaltung von der Ausübung ökonomischen Zwangs, um die Souveränitätsrechte der Ukraine den eigenen Interessen zum eigenen Vorteil unterzuordnen. (to refrain from economic coercion designed to subordinate to their own interest the exercise by Ukraine of the rights inherent in its sovereignty and thus to secure advantages of any kind);

Artikel 4 verpflichtet die Signatarstaaten, den Sicherheitsrat der UN unmittelbar zur Unterstützung der Ukraine einzuschalten, falls diese mit Nuklearwaffen bedroht würde.

Schon 2014 gründeten sich alle Sanktionen des Westens auf dem Verstoß gegen dieses Memorandum.
Also: Warum sollten wir mit Putin, noch irgendeinen Vertrag unterzeichnen, wenn er sich an bestehende eh nicht hält?
Die Exit-Strategie kann nur mit einer zukünftigen Regierung ohne Putin unterschrieben werden und die kann nur enthalten:
die vollständige Rückgabe aller besetzen Gebiete an die Ukraine
Reformierung des Wahlsystems bei den Präsidentschaftswahlen in Russland (kann nicht sein, dass Putin seit 20 Jahren in verschiedenen Funktionen an den Machthebeln im Moskau sitzt.Sein Nachfolger sollte dies auch nicht tun.)
Rückkehr zur gegenseitigen Abrüstung und Kontrolle des Militärs und der Atomwaffen durch die USA und Russland
Auffrischung des Budapester Memorandums
von mir aus muss die Ukraine nicht in die Nato oder in die EU - geschenkt. Wenn das Putins größte Sorge war, dann so what. Aber wir wissen alle mittlerweile, dass diese ganze Nato-Angsthasen Story nur eine Nebelkerze für die Rückkehr zur alten Sowjetmacht ist.
dafür aber eine Intensivierung einer Nato Partnerschaft mit Russland

Und natürlich: Putin muss nach Den Haag. Ganz klar.

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Vielleicht auch nicht von der NATO? Sondern von der UN?

Dafür bräuchte man eine Zustimmung des UN-Sicherheitsrates.
UN-Charta
Artikel 27

(3) Beschlüsse des Sicherheitsrats über alle sonstigen Fragen bedürfen der Zustimmung von neun Mitgliedern einschließlich sämtlicher ständigen Mitglieder, jedoch mit der Maßgabe, daß sich bei Beschlüssen auf Grund des Kapitels VI und des Artikels 52 Absatz 3 die Streitparteien der Stimme enthalten.

Hieße selbst wenn Russland sich als Streitpartei enthalten würde, würde es nicht reichen weil alle ständigen Mitglieder zustimmen müssen. Das ist ein Geburtsfehler der UN-Charta.
Eine Lösung wäre die Russen aus dem Sicherheitsrat zu werfen.
Fun Fact: per Definition ist Russland nicht im Sicherheitsrat sondern die UdSSR. (Artikel 23 UN-Charta). Sich aber darauf zu berufen wäre aber schon eine juristische Spitzfindigkeit.

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Ich sehe keinerlei „Brücke“, die man jemanden bauen kann, der derart den Kontakt zur Realität verloren zu haben scheint und mit dem Vereinbarung nicht das Papier wert sind, auf das sie geschrieben wurden.

Vielmehr gilt es, alles daran zu setzen, Putin und seine Clique so rasch wie möglich aus dem Spiel zu nehmen.

Dazu braucht die Weltgemeinschaft eine konsequente „Zangen-Strategie“:

1a. Möglichst viele Länder (nicht nur „der Westen“), Institutionen, Unternehmen, etc. verstärken kontinuierlich die Sanktionen und die Isolierung Russlands, aber vor allem der Clique rund um Putin (die klar identifiziert und öffentlich immer wieder benannt werden muss: Minister, Staatssekretäre, Berater, Militärs, Oligarchen, Ehepartner und Kinder all dieser, …). Die Daumenschrauben werden systematisch und kontinuierlich zugeschraubt.

Dabei müssen wir selbst (!) schmerzhafte Konsequenzen in Kauf nehmen, damit dies nicht nur als Bestrafung, sondern auch als glaubhafte Bedrohung wirkt. U.a. erheblich steigende Energiepreise, die sozial abgefedert werden müssen - das gilt es ehrlich und klar zu kommunizieren.

Da wir ohnehin damit rechnen müssen, dass Putin uns den Gas- und Ölhahn abdreht, müssen wir uns auf jedem Fall auf dieses Szenario ganz konkret vorbereiten. Dies wäre dann auch eine Vorbereitung auf ein Gas- und Öl-Embargo gegenüber Russland. Allerdings gebe ich Robert Habeck recht: Zum Embargo dürfen wir nur greifen, wenn wir ziemlich sicher sind, dass wir es auch durchhalten können. Es wäre Katastrophe, das Embargo nach ein paar Monaten wieder aufheben zu müssen (und offen, ob Putin dann wieder liefert).

1b. Keine Gespräche oder Verhandlungen mit Putin und seine ihn stützende Clique. Bringt ohnehin nichts: Egal was er (zu)sagt - man kann diesen Menschen ohnehin nicht glauben oder vertrauen. Vereinbarungen mit ihm sind nichts wert. Putin und seine Clique sind zu „Unberührbaren“ und „Unerwünschten“ zu deklarieren und als solche zu behandeln.

Alle anderen Gesprächskanäle nach Russland müssen aktiv offengehalten und gepflegt werden (möglichst ohne viel Wind darum zu machen). Die brauchen wir für „die andere Seite der Zange“ (s.u.)

1c. Völlig unabhängig davon der No-Brainer: Schnellstmöglicher, massiver Ausbau erneuerbarer Energien, um Europa schnellstmöglich unabhängig von fossilen Energie zu machen.

1d. Züge, konsequente und koordinierte Stärkung der europäischen Armeen, um deren wirksame Verteidigungsfähigkeiten auch unabhängig von den USA herzustellen. Wir dürfen nie wieder aus „Frieden schaffen ohne Waffen, Wandel allein durch Handel“-Naivität in eine Situation kommen, in der ein Despot annehmen kann, er könne ohne großen Schaden gegen grundlegende Spielregeln des globalen Zusammenlebens verstoßen, wie z.B. Souveränität, Unverletzbarkeit von Grenzen, Ablehnung von Krieg als Mittel der Politik.

Je besser die Waffenkontroll-Verträge (s.u.) (gelebt) werden, umso begrenzter kann eine solche Aus- und Aufrüstung sein. Das ist, glaube ich, der Bereich, in dem sich der Westen am Meisten zu schulde hat kommen lassen!

Nun zur anderen Seite der Zange:

2a. Klare, einheitliche und ständig wiederholte Zusage aller dieser Nationen an Russland: Sobald
(1) Putin und seine Clique nicht mehr an der Macht sind (und: uns ist völlig egal, wie dies geschieht!) und
(2) alle Kriegshandlungen gestoppt sind,
wird mit Russland ernsthafte, konstruktive Gespräche und Verhandlungen aufgenommen mit dem Ziel:

  • Rückzug aller fremden Truppen hinter die international anerkannten Grenzen der Ukraine
  • Beendigung der Sanktionen gegen Russland (Zug um Zug, anfänglich zur Vertrauensbildung einen symbolisch spürbaren Schritt)
  • Beendigung der Isolierung Russlands (Zug um Zug, wie oben)
  • Vertrauensbildung, insbesondere
  • Aufnahme von ernsthaft entschlossener Gesprächen über Sicherheit und Waffenkontrolle, die einen fairen Kompromiss zwischen den Sicherheitsbedürfnisse der europäischen Ländern (einschl. Russland u.a.) gewährleisten und eine multilaterale nukleare und konventionelle Abrüstung ermöglicht. Denn wir alle brauchen unsere Ressourcen sehr dringender für Klimaschutz, Mindest-Wohlstand, Bildung, Pandemiebekämpfung, etc. als für Abschreckungswaffen, die ja nie zum Einsatz kommen sollen.

2b. Allen Russen (außer Putin und seine klar definierte Clique), die ernsthaft an (1) und (2) mitwirken, wird eine umfassende globale Amnestie zugesichert (Ausnahme: Schwere Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit)

Editiert: 13.3.2022

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Na dann geht’s los. Wie sieht der Weg aus, die UN zu reformieren?

Naja eigentlich war es eher anders herum. Die USA hatten eine Art kubanische Söldnerarmee aufgestellt und versucht damit die kubanische Regierung zu stürzen:

Ich sage das im Moment nicht gerne, aber es gibt kaum eine internationale Schweinerei, die die Amerikaner nicht so ähnlich auch schon mal irgendwo abgezogen hätten.

Hoffen wir das der momentane Krieg in der Ukraine auch für uns im Westen eine Warnung ist, uns nicht leichtfertig in sogenannte „Militäroperationen“ in anderen Ländern zu stürzen.

Wäre natürlich der Ausgang, bei dem es eine Art Strafe für Putin selbst gibt. Aber die Frage ist, wenn bekommt man danach. Und wäre eine neue rusische Regierung stabil und vor allem demokratischer und friedlicher?
Bei Sturz des Schahs im Iran ging das ja nacch hinten los, auch wenn der Schah ein Despot war, die Muhllas sind mindestens genau schlimm. Bei Sturz von Mubarak in Ägypten sah es danach ähnlich aus.

Den Kontakt zur Realität verloren hat glaube ich eher der Westen, der immer noch nicht begriffen hat, dass sich die globale Weltordnung gewandelt hat. Solange China hinter Putin steht und vom Westen nicht sanktioniert und isoliert wird, wird Russland nicht implodieren. Sicher werden durch die Sanktionen und den Krieg die Nahrungsmittel- und Rohstoffpreise weiter steigen, aber China ist nicht so abhängig vom Import, dass sie das nicht einkalkuliert haben. Leiden dürften vor allem die Länder in Afrika und das könnte China als Chance sehen ihren Einfluss auf dem Kontinent auszubauen.

Ich fürchte Georg Restle wird am Ende Recht behalten:

Nur 20% der Deutschen waren im Februar für Waffenlieferungen an die Ukraine. Obwohl da jedem Beobachter klar war, dass es bald knallen würde. Optimisten haben bloß gehofft, dass es sich auf den Osten der Ukraine beschränken wird. Sobald der Krieg in der Ukraine aus den Nachrichten raus und „Normalität“ geworden ist, werden die Forderungen nach einer Lockerung der Sanktionen laut. War ja bei Corona genauso, in der ersten Welle hatten noch alle Respekt vor dem Virus und jetzt sind 200 Covid-Tote pro Tag keine Meldung mehr wert.

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Tatsächlich war die Mehrheitsmeinung doch bis zum 24.02., dass Putin keinen Krieg mit der Ukraine beginnen wird, sondern nur Manöver abhält um seinen politischen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Erst mit der Invasion hat sich die Meinung gedreht und die meisten Bürger sind nun richtigerweise für einen klaren Anti-Russland Kurs inklusive Sanktionen und Waffenlieferungen am die Ukraine.
Was natürlich stimmt ist, dass die stark steigenden Benzin- und Gaspreise diese Haltung bei vielen auch wieder drehen können. Die bislang beschlossenen „Gegenmaßnahmen“ wie die Streichung der EEG-Umlage sind da eher Tropfen auf heiße Steine.

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Ja, leider. Aber da könnte man in den sauren Apfel dann beißen. In dem Fall haben gewisse Fehler der Ukraine dies auch begünstigt - somit kann man nicht sagen, dass es universell als Blaupause gilt. Und zwar meine ich, dass man seit 2014 eine Bevölkerung im Osten hatte, die sich separiert und zu Russland hinzugezogen gefühlt hat und die Ukraine hat das Problem auch in all den Jahren (seit Minsker Vertrag) nicht angegangen.

Quelle: Putin, die Ukraine und danach? | Mit offenen Karten Spezial Ukraine | ARTE

Vor allem wäre das ein Apfel den wir nicht verdauen müssten sondern andere.
Das Hauptproblem dieses Konflikts war doch, dass viel über aber nur wenig mit der Ukraine geredet wurde.

Da meine Meinung zu diesem Thema anscheinend nicht zur Veröffentlichung geeignet sind, macht es wenig Sinn hier zu verweilen. Deswegen möchte ich mich hiermit aus dem Forum verabschieden und wünsche allen ein friedliches Leben.

Weil ich gerade diesen Artikel (Xi, Macron und Scholz: Gemeinsam für eine diplomatische Lösung? | tagesschau.de) gelesen habe, ist mir noch eine, zumindest theoretische, Option in den Sinn gekommen, welche eine schnelle Beendigung des Konflikts herbeiführen könnte. Sie ist nicht völlig neu und wurde schon hier und da diskutiert, könnte aber tatsächlich zum Erfolg führen.

Der Schlüssel für eine Beilegung des Konflikts könnte China sein. Die chinesische Regierung hat bisher mehr oder weniger auf der Seite Russlands gestanden. Die Verlautbarungen in den Pressekonferenzen waren tendenziell neutral und in der UN hat man die den Krieg verurteilenden Resolutionen abgelehnt.
Wie wichtig dieser Rückhalt für Putin ist, kann man wahrscheinlich gar nicht hoch genug einschätzen. Warum sonst sollte er sich wenige Wochen vor dem Angriff mit der chinesischen Führung getroffen haben? Gerüchteweise sollen die Chinesen in seine Angriffspläne eingeweiht gewesen sein.

Nur China ist wirtschaftlich potent genug um Russland, Angesichts der bestehenden Sanktionen, als Rettungsanker in Sachen wirtschaftlichen Außenhandels zu dienen. China könnte quasi als eine Art Nabelschnur fungieren, welche das Putinregime unter den jetzigen Umständen am Leben erhält. Das ist eine sehr verlockende Position für die Chinesen, solange sie keine negativen Konsequenzen hat. Denn man schafft dadurch Abhängigkeiten und macht Russland zu einer wirtschaftlichen/politischen Marionette, welche man gezielt gegen den Westen einsetzten kann. Eigentlich passiert aktuell genau das und man könnte es als Testballon für den Taiwankonflikt betrachten.

ABER China kämpft selbst mit einer schwächelnden Konjunktur und ist daher eventuell durchaus empfänglich gegenüber wirtschaftlichen Druck von Seiten der EU und den USA. Das autoritäre Modell Chinas mit seinem Sozialkredit-System ist letztlich zu wirtschaftlichen Erfolg verdammt. Nur wenn alle Chinesen wirtschaftlich davon profitieren kann man dieses System der Bevölkerung langfristig verkaufen, zumindest meiner Meinung nach. Daher sollten Wirtschaftssanktionen gegenüber China einen für die chinesische Regierung durchaus brisanten innenpolitischen Sprengstoffcharakter haben.

Möglicherweise, und ich schreibe hier bewusst im Konjunktiv, könnte man über den Hebel wirtschaftlicher Sanktionen gegenüber China deren außenpolitische Position zu Gunsten der „westlichen Welt“ ändern. Damit würde Putin seine Rückendeckung verlieren und das könnte der entscheidende Anstoß sein, der den Stein ins Rollen bringt um Putin zu Fall zu bringen. Einen friedliche Lösung mit Putin halte ich für sehr sehr unwahrscheinlich. Ich sehe keine realistische Möglichkeit wie er diese ohne Gesichtsverlust dem eigenen Machtapparat, geschweige denn der Bevölkerung verkaufen kann.

Trump hat schon versucht, die chinesische Wirtschafts- und Handelspolitik auf diese Art zu beeinflussen, und ist damit eigentlich nicht besonders weit gekommen. Unter anderem, weil China selbst genug wirtschaftliche Macht hat, um Gegendruck zu erzeugen. Sanktionen gegen China werden auf jeden Fall teuer als gegen Russland, wenn sie wirken sollen.
Dann darf man den chinesischen Nationalstolz nicht unterschätzen. Die Chinesen sitzen da auf einem ziemlich hohen Ross, und lassen sich von so kleinen und jungen Völkern wie den Deutschen oder Franzosen sicher nicht vorschreiben, wo es langzugehen hat.
Der Blick Chinas auf den Westen ist ohnehin nicht sonderlich vorteilhaft. Letzte Woche hat die Sprecherin des Außenministeriums Hua Chunying z.B. angemerkt, dass sie die USA nicht für qualifiziert hält, China über den richtigen Umgang mit der nationalen Souveränität und territorialen Integrität anderer Staaten zu belehren, um dann auf die noch offene Blutschuld des Westens für die Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad vor etwas über 20 Jahren hinzuweisen (verbunden mit dem obligatorischen Verweis auf die 100 Jahre der Erniedrigung).
China auf die Seite des Westens zu ziehen wird definitiv nicht einfach.Neutralität geht vielleicht, aber auf mehr würde ich nicht hoffen.

Sehe ich genau so. Sobald wir wirtschaftlichen Druck nach China ausüben, kaufen die Chinesen z.B. (vereinfacht gesagt) weniger deutsche Autos. Dann stehen z.B. die Quandts ruckzuck bei unseren Politikern auf der Matte und das Thema Sanktionen ist schnell durch.

In Deutschland bestimmen am Ende eben doch die Firmenchefs, die genug Mitarbeiter zum drohen und genug Aufsichtsrats-Posten zum locken haben.

Nochmal drei etwas abwegigere Ideen unter der Prämisse: „Wir bewerfen das Problem mit Geld“

Prämie für russische Soldaten:
Wir stellen irgendwo ein paar Flugzeug hin, und drücken jedem russischen Soldaten der seine Waffen abgibt einen Koffer voller Geld in die Hand und fliegen ihn nach Europa/Amerika.
Sind ja primär eher Wehrdienstleistende, also jüngere Leute, bei denen jetzt zu Hause nicht unbedingt ein Haus mit Frau, Hund und drei Kindern wartet. Egal was das kostet: Es wird billiger, als der Krieg (Rechenexempel 100.000 Soldaten und 100.000 Euro Prämie, würde das nur 10. Milliarden kosten).

Private Söldnertruppen:
Ein paar große Unternehmen á la Apple, Amazon, Google & Co schmeißen zusammen und kaufen sich einfach Equipment und eine kleine Privatarmee, um in der Ukraine einzureiten und Putin zu zeigen wo der Hammer hängt. Ein schicker kleiner Flugzeugträger mit Prime Logo :rofl:

Noch schräger:
Kopfgeld auf Putin aussetzen! Irgendwelche Superreichen haben ja schon eine Million Kopfgeld ausgesetzt. Glaube, aber nicht, dass das Leute mit denen sich Putin umgibt groß reizt.
Die Frage ist was passiert, wenn man da noch drei Nullen dranhängt…

Ich bin nicht ganz sicher, wie ernst du das meinst, aber ich antworte trotzdem mal einigermaßen ernsthaft. :wink:

Ich finde, das ist eine witzige Idee. Da fragt man sich nur, wer das dann zahlen wird. Solange es keine Spritpreisbremse ist, kann man da nicht mit der FDP rechnen. :stuck_out_tongue_winking_eye:
Aber man müsste die Deserteure erstmal sicher aus ihren Verbänden rausbekommen. Dann müsste man sie festhalten, sonst reisen die mit dem Geld zurück, geben es der russischen Regierung, um sich freizukaufen und/oder stellen sich wieder an die Front. Und den gesellschaftlichen Unfrieden möchte ich mir auch nicht vorstellen, wenn man hier ehemalige Soldaten hätte, die man auch noch „belohnt“.

Das halte ich für fast schon dystopisch. Privatunternehmen, die ihre eigenen Truppen befehligen, dazu gibt’s verstörende Science Fiction. Außerdem sind Söldnertruppen praktisch immer mit einer Verschärfung der Gewalt in Kriegsgebieten verbunden.

#Selbstjustiz und eine Welt, die irgendeinem Musk oder Bezos was „schuldet“… Und man muss sich auch fragen, wer Putin nachfolgen würde und ob das dann eine Verbesserung wäre.

Der Vorschlag mit dem Kopfgeld hat Charme. Für die Veröffentlichung würde ich Mel Gibson als Sprecher verschlagen, der hat das im Film „Ransom“ (deutscher Titel: Kopfgeld - einer wird bezahlen) schon gut gemacht…:wink:

Was von privaten Unternehmen bezahlte Söldner anbelangt, hätte ich eher Bauchschmerzen. In den 90er Jahren haben die Regierungen und Bergbaufirmen in Sierra Leone und Angola die Söldnerfirma Executive Outcomes angeheuert, um gegen Rebellenmilizen zu kämpfen. Kurzfristig waren sie auch militärisch erfolgreich. Ob Söldner gegen eine reguläre Armee bestehen könnten, kann ich natürlich nicht sagen. Ich fände den Gedanken einer ukrainischen Fremdenlegion oder internationaler Brigaden wie im spanischen Bürgerkrieg aber sympathischer.

Danke @Dave - Du hast den Vogel abgeschossen. Es ist Zeit diesen Thread zu schließen und vielleicht doch bald in eine echte Strategiedebatte einzutreten. Dieser Krieg ruiniert sonst noch die besten Nerven :wink:

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