Moin Erich, ich sehe deine Meinung zur Zusage zu (k)einer potenziellen Nato Ost-Erweiterung durchweg kritisch.
Zu deinem ersten Punkt:
Ich halte es für ein falsches Signal, eine Verhandlungsoption bzw. einen weiteren diplomatischen Kanal zu Russland aufzuspannen, indem man einen langfristigen Ausschluss der Ukraine und Georgien aus der Nato in Betracht zieht. Das Signal, das mit einer solchen Handlung gesendet wird ist: Seine Interessen, seien sie geopolitisch, sicherheitspolitisch, dem reinen Machterhalt gewidmet oder geschichtsrevisionistisch, setzt der erfolgreich durch, der den ersten Angriffskrieg in Europa seit dem Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen vom Zaun bricht, die Zivilbevölkerung eines souveränen Staates attackiert, friedliche Demonstranten verhaftet. Und wie man eben sonst noch jedwede Form des Miteinanders und Rechts, auf das sich die meisten Menschen geeinigt haben, mit Füßen tritt. Die Illusionen vom „Wandel durch Handel“ sind meiner Meinung nach erloschen, Wladimir Putin sieht in der freiheitlichen Demokratie eine grundlegende Bedrohung seines Regimes. Länder wie Russland oder auch China begreifen es nicht als Stärke, wenn man auf sie zugeht, sondern als Schwäche und sie wissen bestens darum, diese zu ihren Gunsten zu nutzen.
Zu deinem zweiten Punkt:
Es versteht sich und steht jedem Land dieser Erde zu, seine sicherheitspolitischen Interessen zu kommunizieren. Nun ist es meiner Ansicht nach allerdings so, dass die NATO meilenweit davon entfernt ist, eine sicherheitspolitische Gefahr für in sie nicht integrierte Staaten Europas darzustellen. Die Nato ist ein Verteidigungsbündnis, dessen Zweck die Wahrung von Frieden ist. Es steht einem jeden europäischen Land zu, der Nato beitreten zu wollen. Der Beitrittswille von Ländern wie Georgien, der Ukraine oder Moldau ist in erster Linie getrieben von dem Faktum, dass Russland international seit über einem Jahrzehnt als Aggressor auftritt mit dem Ziel, jedwede Annäherung an demokratische Systeme wie die EU innerhalb Russlands „Einflusssphäre“ auch mit militärischer Gewalt zu unterbinden. Demnach ist Russland und sein aggressives, autokratisches Auftreten der Grund warum Ex-Sowjetrepubliken sich wünschen der Nato beizutreten. Diesen Fakt zu dem Narrativ umzukehren, Russlands Sicherheitsinteressen würden nicht gewahrt werden, wenn Länder wie die Ukraine der Nato beiträten ist demnach im Kern demokratiefeindlich. Ich bin überzeugter Demokrat, weshalb Ich mich folglich entschieden dagegen ausspreche, den kategorischen Ausschluss aus der Nato erwähnter Länder in Betracht zu ziehen.
Wenn wir nun uns von davon abwenden, dass ein solches Angebot an Russland moralisch falsch wäre steht es realpolitisch in keinster Weise zur Debatte, dass Länder wie Georgien und die Ukraine der Nato beitreten aus einem einfachen Grund:
Beide Länder haben eine Grenze zu Russland und sind keine Nuklearmächte. Solange es nicht im russischen Interesse liegt, dass Länder mit Grenze zu Russland in die Nato eintreten ist es für Putin und sein Regime ein leichtes an der Grenze zu jedem dieser Länder einen konventionellen Konflikt direkt oder indirekt (durch z.B. die Finanzierung von Separatisten oder privaten Militärdienstleistern wie der Gruppe Wagner) zu entfachen, welcher etwaiges Land als Nato-Beitrittskandidat disqualifiziert, da es sich in einem solchen Fall um ein Krisengebiet handeln würde.
Ich hoffe meine Antwort war in sich schlüssig, ich freue mich über Kritik wie Zustimmung
LG