Liebes Forum,
Ich ärgere mich oft über Verwaltungen, die geltendes Recht nicht oder nur sehr zögerlich umsetzen (z.B. beim Umweltschutz, Tierschutz etc.). Eine Nummer kleiner erlebe ich gerade den Unwillen einer bayrischen Behörde, Anzeigen von Falschparkern überhaupt zur Kenntnis zu nehmen:
Als aktiver Radler (Arbeitsweg 2x15km am Tag) störe ich mich an Falschparkern und zeige diese manchmal auch an. Dazu schreibe ich etwa 10 Mal pro Jahr eMails mit angehängten Beweisfotos an die zuständigen Behörden. Die Fotos erstelle ich anlassbezogen mit meinem Smartphone, Kennzeichen unbeteiligter Fahrzeuge sind unkenntlich gemacht und es befinden sich keine identifizierbaren Personen auf den Fotos. Ich kommuniziere ausschließlich mit der zuständigen Behörde und veröffentliche keine Daten im Internet oder auf öffentlich zugänglichen Plattformen.
Eine Polizeiinspektion stört sich daran und hat den Vorgang der bayerischen Datenschutzaufsicht gemeldet: Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht hält die Anzeigen per eMail mit angehängten Fotos für unzulässig und beabsichtigt, mir eine Verwarnung gem. Art. 58 Abs. 2 Buchstabe b DS-GVO auszusprechen.
Die Argumentation der Behörde lautet wie folgt:
a) Das Anfertigen von Bildaufnahmen von Kfz-Kennzeichen zu Zwecken der Weitergabe stelle eine Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 6 DS-GVO dar,
b) diese sei nur zulässig, wenn mindestens eine der in Art. 6 DS-GVO genannten Bedingungen erfüllt sei.
c) Die einzige Rechtgrundlage für das Fotografieren von Kennzeichen sei in diesem Fall Art. 6 Abs. 1 Buchst. F „zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen (für die Datenverarbeitung)“.
d) Bei allgemeinen Verkehrsverstößen, die mich nicht unmittelbar behindern, sei ein solches berechtigtes Interesse jedenfalls nicht anzunehmen,
e) mithin sei meine Datenverarbeitung unzulässig.
Wenn die Argumentation zuträfe, wäre es sehr schwer, Vergehen bei Behörden mit Fotos anzuzeigen. Man müsste jedes Mal prüfen, inwieweit ein berechtigtes Interesse der Anzeigenden vorläge und könnte sich nie auf den Schutz der Allgemeinheit berufen. Eine zugeparkte Durchfahrt, die mit dem Fahrrad gerade noch passierbar ist, dürfte nur von direkt betroffenen Autofahrenden angezeigt werden, nicht von Radfahrenden.
Frage an das Forum und Anregung für die Lage
- Welche Rolle können und sollen private Anzeigen in unserer Rechtsordnung idealerweise spielen (zwischen Denunziantentum und Wegschauen)?
- Hat jemand schon ähnliche Erfahrungen gemacht?
- Wie kann ich mich rechtlich wehren bzw. politisch einbringen? Wenn sich der Fall für eine grundsätzliche gerichtliche Klärung eignet, bin ich gerne bereit, den Weg zu beschreiten
Ich freue mich über jeden inhaltlichen Hinweis und über Tipps zu weiteren Kontaktpersonen.
Liebe Grüße aus München
Heiner