LdN275 - Kritik am Begriff ‘Kinderschänder’

Es war bestimmt keine böse Absicht, dass in der aktuellen Folge der Begriff ‘Kinderschänder’ verwendet wurde. Ich möchte dennoch darauf hinweisen, dass dieser Begriff nicht mehr verwendet werden sollte. Der Bezug zum Motiv der ‘Ehre’ machte den Begriff vor allem im Nationalsozialismus relevant und auch heute wird er v.a. in rechtsextremen Kreisen verwendet. Außerdem impliziert er zumindest latent eine Täter:innen-Opfer-Umkehr (bzw. mindestens eine Umkehr der Opfer-Rolle), da es hier das Kind ist, welches von einer ‘Schande’ erfasst wird.

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Mir ging es ähnlich, ich musste jedes Mal, wenn das Wort fiel, ein bisschen schlucken. Ich kann den Reflex verstehen, dass man einer so schlimmen Sache mit einem starken Wort begegnen will. Aber wie oben schon erwähnt, macht es die Kinder zu Geschändeten und produziert dadurch Scham und Stigma.
Beim Interview mit Daniel Moßbrucker ist mir das sehr positiv aufgefallen, dass er sehr sauber und sachlich formuliert hat und sprachlich immer zwischen Menschen mit pädophilen Neigungen und Missbrauchstätern unterschieden hat.

Das möchte ich unterstreichen, mich als Betroffene trifft diese Bezeichnung sehr, da sie für mich impliziert, dass die betroffenen Kinder danach in Schande leben würden. Das trifft übrigens in nicht wenigen Fällen zu, dass den Kindern hinter die Schuld daran eingeredet wird. Bitte wählt diesen Begriff nicht.

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Ich benutze diesen Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch auch.

Stimmt, dass würde ich auch als Hauptgrund für die Verwendung für mich (und wahrscheinlich auch für viele andere) reklamieren. Der Gedanke, damit irgendeine Schuld oder sonstiges Negatives beim Kind zu platzieren, ist mir noch nie gekommen, da Täter und Opfer hier absolut glasklar zuzuordnen sind.

Welchen Begriff sollten man den am besten benutzen?

So geht es mir da intuitiv auch. Das ist aber vielleicht auch eine Generationenfrage. Ich kenne Geschichten von Frauen, die in der frühen Nachkriegszeit von Besatzungssoldaten vergewaltigt wurden. In diesem Zusammenhang wurde dann auch von „Schande“ gesprochen, die diese Frauen über ihre Familie gebracht haben und dass sie sich gefälligst dafür schämen sollten.

Diese völlig absurde Logik haben sicher auch noch viele Opfer von Kindesmissbrauch bewusst oder unbewusst vor Augen, wenn man diesen Begriff nennt. Ohne da irgendjemandem einen Vorwurf machen zu wollen, würde ich daher auch empfehlen ihn gerade vor einem großen Publikum nicht zu verwenden.

Es hört sich nicht ganz so „stark“ an, aber ich würde tendenziell von sexuellem Missbrauch oder Vergewaltigung sprechen.

Missbrauch sollte man auch nicht verwenden, da das suggeriert, es gebe eine akzeptable Art, Kinder „zu gebrauchen“.
Eingebürgert hat sich „sexualisierte Gewalt“.
Vergewaltigung im Sinne des üblichen Sprachgebrauchs liegt bei Kindern oft nicht vor. Stattdessen wird sich zu Nutze gemacht, dass Kinder die Situation nicht richtig einschätzen können, aufgrund eines Vertrauensverhältnisses das von der Vertrauensperson vorgegebene widerspruchlos als korrekt hinnehmen oder aufgrund der Abhängigkeitsbeziehung in Kauf nehmen.

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